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Die
Erfindung betrifft ein Implantat mit einem Grundkörper,
der ganz oder in Teilen aus einer biokorrodierbaren Legierung der
Elemente Magnesium, Eisen, Zink, Molybdän und Wolfram besteht.
Ein weiterer Aspekt der Erfindung liegt in der Bereitstellung eines
Verfahrens zur Herstellung eines solchen Stents.
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Technologischer Hintergrund
und Stand der Technik
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Implantate
haben in vielfältiger Ausführungsform Anwendung
in der modernen Medizintechnik gefunden. Sie dienen unter anderem
der Unterstützung von Gefäßen, Hohlorganen
und Gangsystemen (endovaskuläre Implantate), zur Befestigung
und temporären Fixierung von Gewebeimplantaten und Gewebstransplantationen,
aber auch zu orthopädischen Zwecken, zum Beispiel als Nagel,
Platte oder Schraube.
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So
hat sich zum Beispiel die Implantation von Stents als eine der wirkungsvollsten
therapeutischen Maßnahmen bei der Behandlung von Gefäßerkrankungen
etabliert. Stents haben den Zweck, in Hohlorganen eines Patienten
eine Stützfunktion zu übernehmen. Stents herkömmlicher
Bauart weisen dazu eine filigrane Tragstruktur aus metallischen
Streben auf, die zur Einbringung in den Körper zunächst
in einer komprimierten Form vorliegt und am Ort der Applikation
aufgeweitet wird. Einer der Hauptanwendungsbereiche solcher Stents
ist das dauerhafte oder temporäre Weiten und Offenhalten
von Gefäßverengungen, insbesondere von Verengungen
(Stenosen) der Herzkranzgefäße. Daneben sind beispielsweise
auch Aneurysmenstents bekannt, die zur Stützung beschädigter
Gefäßwände dienen.
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Der
Grundkörper jedes Implantats, insbesondere von Stents,
besteht aus einem Implantatwerkstoff. Ein Implantatwerkstoff ist
ein nicht lebendes Material, das für eine Anwendung in
der Medizin eingesetzt wird und mit biologischen Systemen in Wechselwirkung
tritt. Grundvoraussetzungen für den Einsatz eines Werkstoffes
als Implantatwerkstoff, der bei bestimmungsgemäßem
Zweck mit der Körperumgebung in Kontakt steht, ist dessen
Körperverträglichkeit (Biokompatibilität).
Unter Biokompatibilität wird die Fähigkeit eines
Werkstoffes verstanden, in einer spezifischen Anwendung eine angemessene Gewebereaktion
hervorzurufen. Dies beinhaltet eine Anpassung der chemischen, physikalischen,
biologischen und morphologischen Oberflächeneigenschaften
eines Implantats an das Empfängergewebe mit dem Ziel einer
klinisch erwünschten Wechselwirkung. Die Biokompatibilität
des Implantatwerkstoffs ist weiterhin abhängig vom zeitlichen
Ablauf der Reaktion des Biosystems in das implantiert wird. So treten
relativ kurzfristig Reizungen und Entzündungen auf, die
zu Gewebeveränderungen führen können. Biologische
Systeme reagieren demnach in Abhängigkeit von den Eigenschaften
des Implantatswerkstoffs in verschiedener Weise. Entsprechend der
Reaktion des Biosystems können die Implantatswerkstoffe
in bioaktive, bioinerte und degradierbare/resorbierbare Werkstoffe
unterteilt werden. Für die Zwecke der vorliegenden Erfindung
sind lediglich degradierbare/resorbierbare, metallische Implantatwerkstoffe
von Interesse, die nachfolgend als biokorrodierbare metallische
Werkstoffe bezeichnet werden.
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Der
Einsatz biokorrodierbarer metallischer Werkstoffe bietet sich insbesondere
schon deshalb an, da zumeist nur ein zeitweiliger Verbleib des Implantats
im Körper zur Erfüllung des medizinischen Zweckes
erforderlich ist. Implantate aus permanenten Werkstoffen, also Werkstoffen,
die im Körper nicht abgebaut werden, sind gegebenenfalls
wieder zu entfernen, da es mittel- und langfristig auch bei hoher
Biokompatibilität zu Abstoßungsreaktionen des Körpers
kommen kann.
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Ein
Ansatz zur Vermeidung eines weiteren chirurgischen Eingriffs besteht
demnach darin, das Implantat ganz oder in Teilen aus einem biokorrodierbaren
metallischen Werkstoff zu formen. Unter Biokorrosion werden mikrobielle
Vorgänge oder schlicht durch die Anwesenheit von Körpermedien
bedingte Prozesse verstanden, die zu einem allmählichen
Abbau der aus dem Werkstoff bestehen Struktur führen. Zu
einem bestimmten Zeitpunkt verliert das Implantat oder zumindest
der Teil des Implantates, der aus dem biokorrodierbaren Werkstoff
besteht, seine mechanische Integrität. Die Abbauprodukte
werden vom Körper weitgehend resorbiert. Die Abbauprodukte
haben, wie beispielsweise beim Magnesium, im günstigsten
Fall sogar eine positive therapeutische Wirkung auf das umgebende
Gewebe. Geringe Mengen nicht resorbierbarer Legierungsbestandteile
sind – sofern sie nicht toxische sind – tolerierbar.
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Bekannte
biokorrodierbare metallische Werkstoffe umfassen Reineisen und biokorrodierbare
Legierungen der Hauptelemente Magnesium, Eisen, Zink, Molybdän
und Wolfram. In
DE
197 31 021 A1 wird unter anderem vorgeschlagen, medizinische Implantate
aus einem metallischen Werkstoff zu formen, dessen Hauptbestandteil
ein Element aus der Gruppe Alkalimetalle, Erdalkalimetalle, Eisen,
Zink und Aluminium ist. Als besonders geeignet werden Legierungen
auf Basis von Magnesium, Eisen und Zink beschrieben. Nebenbestandteile
der Legierungen können Mangan, Cobalt, Nickel, Chrom, Kupfer, Cadmium,
Blei, Zinn, Thorium, Zirkonium, Silber, Gold, Palladium, Platin,
Silizium, Calcium, Lithium, Aluminium, Zink und Eisen sein. Weiterhin
ist aus der
DE 102
53 634 A1 der Einsatz einer biokorrodierbaren Magnesiumlegierung
mit einem Anteil von Magnesium > 90%,
Yttrium 3,7–5,5%, Seltenerdmetallen 1,5–4,4% und
Rest < 1% bekannt,
die sich insbesondere zur Herstellung einer Endoprothese, z. B.
in Form eines Stent, eignet. Ungeachtet der erreichten Fortschritte
auf dem Gebiet biokorrodierbarer Metalllegierungen sind die bisher
bekannten Legierungen aufgrund ihres Korrosionsverhaltens nur beschränkt einsatzfähig.
Insbesondere limitiert die relativ rasche Biokorrosion der Magnesiumlegierungen
deren Einsatzgebiet.
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Herkömmliche
technische Einsatzgebiete von Formkörpern aus metallischen
Werkstoffen, insbesondere Magnesiumlegierungen, außerhalb
der Medizintechnik erfordern in der Regel eine weitgehende Unterbindung
korrosiver Prozesse. Dementsprechend ist die Zielstellung der meisten
technischen Verfahren zur Verbesserung des Korrosionsverhaltene
eine vollständige Inhibierung korrosiver Prozesse. Dagegen
sollte die Zielstellung zur Verbesserung des Korrosionsverhaltens
der hier vorliegenden biokorrodierbaren metallischen Werkstoffe nicht
in der vollständigen Unterbindung, sondern nur in der Hemmung
korrosiver Prozesse liegen. Schon aus diesem Grunde eignen sich
die meisten bekannten Maßnahmen zur Verbesserung des Korrosionsschutzes
nicht. Ferner müssen für einen medizintechnischen
Einsatz auch toxikologische Aspekte berücksichtigt werden.
Des Weiteren sind korrosive Prozesse stark von dem Medium abhängig,
in dem sie ablaufen, und daher dürfte eine Übertragbarkeit der
unter herkömmlichen Umweltbedingungen auf technischem Gebiet
gewonnenen Erkenntnisse zum Korrosionsschutz auf die Prozesse in
physiologischer Umgebung nicht uneingeschränkt möglich sein.
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Ein
Ansatzpunkt bekannter technischer Verfahren zur Verbesserung des
Korrosionsverhaltens (im Sinne einer Verstärkung des Korrosionsschutzes) sieht
vor, eine korrosionsschützende Schicht auf dem aus dem
metallischen Werkstoff bestehenden Formkörper zu erzeugen.
Bekannte Verfahren zur Erzeugung einer korrosionsschützenden
Schicht wurden unter dem Gesichtspunkt eines technischen Einsatzes
des beschichteten Formkörpers – jedoch nicht medizintechnischen
Einsatzes in biokorrodierbaren Implantaten in physiologischer Umgebung – entwickelt
und optimiert. Diese bekannten Verfahren umfassen beispielsweise:
das Aufbringen von Polymeren oder anorganischen Deckschichten, das
Erzeugen einer Emaille, die chemische Konversion der Oberfläche,
Heißgasoxidation, Anodisieren, Plasmaspritzen, Laserstrahl-Umschmelzen,
PVD-Verfahren, Ionenimplantation oder Lackieren.
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EP 0 993 308 B1 beschreibt
einen permanenten Stent, der mittels eines PVD-Verfahrens mit einem
Trägerpolymer beschichtet wird, an das Perfluoralkylketten
gebunden sind. Aus
EP
0 560 849 B1 ist ein Implantat mit einer fluorier ten, polymeren Oberfläche
bekannt, die durch das Eintauchen des Implantats in eine Lösung
und anschließende Trocknung des Implantats erzeugt wird.
US 5,246,451 offenbart ein
Plasmabeschichtungsverfahren für permanente vaskuläre
Prothesen, bei dem eine polymere, fluorhaltige Schicht durch eine
Plasmabehandlung erzeugt werden kann. Diese Polymerschicht wird
anschließend – wiederum unter Einsatz eines Plasmas – funktionalisiert.
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Der
vorliegenden Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte
oder zumindest alternative Beschichtung für ein Implantat
aus einem biokorrodierbaren metallischen Werkstoff bereitzustellen, die
eine temporäre Inhibition, aber nicht vollständige Unterbindung
der Korrosion des Werkstoffs in physiologischer Umgebung bewirkt.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Die
Erfindung geht aus von einem Implantat mit einem Grundkörper,
der ganz oder in Teilen aus einem biokorrodierbaren metallischen
Werkstoff besteht. Das Implantat zeichnet sich dadurch aus, dass zumindest
die aus dem biokorrodierbaren metallischen Werkstoff bestehenden
Teile des Grundkörpers vollständig oder teilweise
mit einer Beschichtung aus einer vernetzten CFX-Schicht
mit einem F/C-Verhältnis im Bereich von 0.5 bis 1.5 bedeckt sind.
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Das
F/C-Verhältnis gibt neben der Oberflächenzusammensetzung
auch Auskunft über die Vernetzungsanteile bzw. Vernetzungsgrad
der aufgebrachten Schicht. Ein geringes F/C-Verhältnis
wird durch eine stark vernetzte F/C-haltige Schicht verursacht.
Ein hohes F/C-Verhältnis wie das von kommerziellem PTFE
(F/C = 2) deutet auf eine kettenförmige, sehr wenig vernetzte
F/C-haltige Schicht. Vorzugsweise sind die aus dem biokorrodierbaren
metallischen Werkstoff bestehenden Teile des Grundkörpers
vollständig mit der CFx-Schicht
bedeckt. Über das F/C-Verhältnis kann man das
Korrosionsverhalten steuern. Bei gleicher Schichtdicke führt eine
Erhöhung des F/C-Verhältnisses zu einer Verminderung
der Korrosionsrate.
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Es
hat sich gezeigt, dass die Aufbringung einer Beschichtung der genannten
Zusammensetzung nicht zur Ausbildung einer permanent vollständig oder
weitgehend die Korrosion in physiologischer Umgebung inhibierenden
Schutzschicht führt. Mit anderen Worten, in physiologischer
Umgebung erfolgt dennoch eine Korrosion des Implantats, jedoch mit deutlich
verzögerter Geschwindigkeit.
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Nach
einer bevorzugten Ausführungsform besitzt die CFx-Schicht eine Schichtdicke im Bereich von
1 nm bis 10 μm. Sofern das Implantat ein Stent ist, liegt
eine Schichtdicke der CFx-Schicht vorzugsweise
im Bereich von 1 nm bis 2 μm, insbesondere 50 nm bis 100
nm. Bei Schichtdicken unterhalb der angegebenen Untergrenze ist
eine homogene Bedeckung der zu beschichtenden Bereiche des Grundkörpers
nicht mehr sichergestellt, so dass eine reproduzierbare Einstellung
eines gewünschten Korrosionsverhaltens erschwert ist. Oberhalb
der genannten Grenze für die Schichtdicke können
Eigenspannungen innerhalb der Schicht auftreten, die zu Inhomogenitäten
führen, was wiederum eine reproduzierbare Einstellung des
gewünschten Korrosionsverhaltens bedingen kann. Es versteht
sich, dass mit steigender Schichtdicke die korrosionshemmende Wirkung
der CFx-Schicht zunimmt. Zur Erzielung eines vorgebbaren
Korrosionsverhaltens kann der Fachmann wie folgt vorgehen:
Es
werden Probenkörper aus dem biokorrodierbaren metallischen
Werkstoff hergestellt und diese werden nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren beschichtet bis sich eine jeweils vorgebbare Schichtdicke
der CFx-Schicht einstellt. Auf diese Weise
können beispielsweise fünf Probenkörper
mit unterschiedlich definierter Schichtdicke hergestellt werden,
deren Korrosionsverhalten anschließend quantifiziert wird (zum
Beispiel durch Bestimmung der Korrosionsrate) und die eine qualitative
Voraussage des Zusammenhangs zwischen Schichtdicke und Korrosionsverhalten
erlauben. Die erhaltenen Daten für das Korrosionsverhalten
werden mit dem gewünschten Korrosionsverhalten verglichen.
Zeigt der Vergleich noch signifikante Abweichungen zu jedem der
von den Probenkörpern erhaltenen Werte, wird ausgehend
von dem am nächsten liegenden Wert die Schichtdicke in weiteren
Probenkörpern variiert. Letztendlich kann der Fachmann
durch routinemäßiges Abarbeiten dieser Optimierungsprozedur
eine Schichtdicke für das gewünschte Korrosionsverhalten
ermitteln.
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Vorzugsweise
ist der biokorrodierbare metallische Werkstoff eine biokorrodierbare
Legierung ausgewählt aus der Gruppe der Elemente Magnesium,
Eisen, Zink, Molybdän und Wolfram; insbesondere ist der
Werkstoff eine biokorrodierbare Magnesiumlegierung. Unter Legierung
wird vorliegend ein metallisches Gefüge verstanden, deren
Hauptkomponente Magnesium, Eisen, Zink, Molybdän oder Wolfram
ist. Hauptkomponente ist die Legierungskomponente, deren Gewichtsanteil
an der Legierung am höchsten ist. Ein Anteil der Hauptkomponente
beträgt vorzugsweise mehr 50 Gew.-%, insbesondere mehr
als 70 Gew.-%.
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Besonders
bevorzugt ist eine Magnesiumlegierung der Zusammensetzung Seltenerdmetalle 5,2–9,9
Gew.-%, davon Yttrium 3,7–5,5 Gew.-%, und Rest < 1 Gew.-%, wobei
Magnesium den auf 100 Gew.-% fehlenden Anteil an der Legierung einnimmt. Diese
Magnesiumlegierung bestätigte bereits in klinischen Versuchen
ihre besondere Eignung, d. h. zeigt eine hohe Biokompatibilität,
günstige Verarbeitungseigenschaften, gute mechanische Kennwerte.
Durch in vivo Studien konnte gezeigt werden, dass die Magnesiumlegierung
abgebaut beziehungsweise durch körpereigene Bestandteile
ersetzt wird. Unter der Sammelbezeichnung „Seltenerdmetalle"
werden vorliegend Scandium (21), Yttrium (39), Lanthan (57) und
die 14 auf Lanthan (57) folgenden Elemente, nämlich Cer
(58), Praseodym (59), Neodym (60), Promethium (61), Samarium (62),
Europium (63), Gadolinium (64), Terbium (65), Dysprosium (66), Holmium
(67), Erbium (68), Thulium (69), Ytterbium (70) und Lutetium (71)
verstanden. Bevorzugt sind weiterhin Magnesiumlegierungen die bis
zu 6 Gew.-% Zink enthalten. Besonders bevorzugt ist weiterhin eine Magnesiumlegierung
der Zusammensetzung Yttrium 0,5–10 Gew.-%, Zink 0,5–6
Gew.-%, Calcium 0,05–1 Gew.-%, Mangan 0–0,5 Gew.-%,
Silber 0–1 Gew.-%, Cer 0–1 Gew.-% sowie Zirkonium
0–1 Gew.-% oder Silizium 0–0,4 Gew.-%, wobei sich
die Angaben auf Gew.-% an der Legierung beziehen und Magnesium sowie
herstellungsbedingte Verunreinigungen den auf 100 Gew.-% verbleibenden
Restanteil an der Legierung einnehmen.
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Die
Legierungen der Elemente Magnesium, Eisen, Zink, Molybdän
oder Wolfram sind so in ihrer Zusammensetzung zu wählen,
dass sie biokorrodierbar sind. Als biokorrodierbar im Sinne der
Erfindung werden Legierungen bezeichnet, bei denen in physiologischer
Umgebung ein Abbau/Umbau stattfindet, so dass der aus dem Werkstoff
bestehende Teil des Implantates ganz oder zumindest überwiegend
nicht mehr vorhanden ist. Als Prüfmedium zur Testung des Korrosionsverhaltens
einer in Frage kommenden Legierung dient künstliches Plasma,
wie es nach EN ISO 10993-15:2000 für Biokorrosionsuntersuchungen
vorgeschrieben ist (Zusammensetzung NaCl 6,8 g/l, CaCl2 0,2
g/l, KCl 0,4 g/l, MgSO4 0,1 g/l, NaHCO3 2,2 g/l, Na2HPO4 0,126 g/l, NaH2PO4 0,026 g/l). Eine Probe der zu untersuchenden
Legierung wird dazu in einem verschlossenen Probenbehälter
mit einer definierten Menge des Prüfmediums bei 37°C
gelagert. In zeitlichen Abständen – abgestimmt
auf das zu erwartende Korrosionsverhalten – von wenigen
Stunden bis zu mehreren Monaten werden die Proben entnommen und
in bekannter Weise auf Korrosionsspuren untersucht. Das künstliche
Plasma nach EN ISO 10993-15:2000 entspricht einem
blutähnlichen Medium und stellt damit eine Möglichkeit
dar, eine physiologische Umgebung im Sinne der Erfindung reproduzierbar
nachzustellen.
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Der
Begriff Korrosion bezieht sich vorliegend auf die Reaktion eines
metallischen Werkstoffes mit seiner Umgebung, wobei eine messbare
Veränderung des Werkstoffs bewirkt wird, die – bei
Einsatz des Werkstoffs in einem Bauteil – zu einer Beeinträchtigung
der Funktion des Bauteils führt. Ein Korrosionssystem besteht
vorliegend aus dem korrodierenden metallischen Werkstoff sowie einem
flüssigen Korrosionsmedium, das in seiner Zusammensetzung die
Verhältnisse in physiologischer Umgebung nachstellt oder
ein physiologisches Medium, insbesondere Blut ist. Werkstoffseitig
beeinflussen die Korrosion Faktoren, wie die Zusammensetzung und
Vorbehandlung der Legierung, mikro- und submikroskopische Inhomogenitäten,
Randzoneneigenschaften, Temperatur- und mechanischer Spannungszustand und
insbesondere die Zusammensetzung einer die Oberfläche bedeckenden
Schicht. Auf Seiten des Mediums wird der Korrosionsprozess durch
Leitfähigkeit, Temperatur, Temperaturgradienten, Azidität, Volumen-Oberflächen-Verhältnis,
Konzentrationsunterschied sowie Strömungsgeschwindigkeit
beeinflusst.
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An
der Phasengrenzfläche zwischen Werkstoff und Medium laufen
Redox-Reaktionen ab. Für eine schützende bzw.
hemmende Wirkung müssen vorhandene Schutzschichten und/oder
die Produkte der Redox-Reaktionen eine gegen das Korrosionsmedium
ausreichend dichte Struktur ausbilden, eine bezogen auf die Umgebung
erhöhte thermodynamische Stabilität aufweisen
und im Korrosionsmedium wenig löslich oder unlöslich
sein. In der Phasengrenzfläche, genauer in einer sich in
diesem Bereich ausbildenden Doppelschicht, laufen Ad- und Desorptionsprozesse
ab. Die Vorgänge in der Doppelschicht sind geprägt
von den dort ablaufenden kathodischen, anodischen und chemischen
Teilprozessen. Fremdstoffablagerungen, Verunreinigungen und Korrosionsprodukte
beeinflussen den Korrosionsprozess. Die Vorgänge bei der
Korrosion sind demnach hoch komplex und lassen sich gerade im Zusammenhang mit
einem physiologischen Korrosionsmedium, also Blut oder künstlichem
Plasma, nicht oder nur im geringen Umfang voraussagen, da Vergleichsdaten fehlen.
Schon aus diesem Grunde ist das Auffinden einer korrosionshemmenden
Beschichtung, d. h. einer Beschichtung, die nur zur temporären
Herabsetzung der Korrosionsrate eines metallischen Werkstoffs der
weiter oben genannten Zusammensetzung in physiologischer Umgebung
dient, eine außerhalb der Routine eines Fachmanns liegende
Maßnahme.
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Der
Vorgang der Korrosion lässt sich durch Angabe einer Korrosionsrate
quantifizieren. Ein zügiger Abbau ist mit einer hohen Korrosionsrate
verbunden, und umgekehrt. Bezogen auf den Abbau des gesamten Formkörpers
wird eine im Sinne der Erfindung modifizierte Oberfläche
zur Herabsetzung der Korrosionsrate führen. Im Fall von
Koronarstents sollte vorzugsweise die mechanische Integrität
der Struktur über ein Zeitraum von drei Monaten oder mehr
nach Implantation aufrechterhalten werden.
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Implantate
im Sinne der Erfindung sind über ein chirurgisches Verfahren
oder minimalinvasives Verfahren in den Körper eingebrachte
Vorrichtungen und umfassen Befestigungselemente für Knochen, beispielsweise
Schrauben, Platten oder Nägel, chirurgisches Nahtmaterial,
Darmklammern, Gefäßclips, Prothesen im Bereich
des Hart- und Weichgewebes, beispielsweise Stents, und Ankerelemente
für Elektroden, insbesondere von Schrittmachern oder Defibrillatoren.
Das Implantat besteht ganz oder in Teilen aus dem biokorrodierbaren
Werkstoff. Wenn das Implantat nur in Teilen aus dem biokorrodierbaren Werkstoff
besteht, so ist dieser Teil entsprechend zu beschichten.
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Vorzugsweise
ist das Implantat ein Stent. Stents herkömmlicher Bauart
weisen eine filigrane Struktur aus metallischen Streben auf, die
zur Einbringung in den Körper zunächst in einem
nicht-expandierten Zustand vorliegt und die am Ort der Applikation
dann in einen expandierten Zustand aufgeweitet wird. Bei Stents
bestehen besondere Anforderungen an die korrosionshemmende Schicht:
Die mechanische Belastung des Materials während der Expansion
des Implantats hat Einfluss auf den Verlauf des Korrosionsprozesses
und es ist davon auszugehen, dass die Spannungsrisskorrosion in
den belasteten Bereichen verstärkt wird. Eine korrosionshemmende
Schicht sollte diesen Umstand berücksichtigen. Weiterhin
könnte eine harte korrosionshemmende Schicht während
der Expansion des Stents abplatzen und eine Rissbildung in der Schicht
bei Expansion des Implantats dürfte unvermeidbar sein. Schließlich
sind die Dimensionen der filigranen metallischen Struktur zu beachten
und es sollte nach Möglichkeit nur eine dünne,
aber auch gleichmäßige korrosionshemmende Schicht
erzeugt werden. Es hat sich nun gezeigt, dass das Aufbringen der
erfindungsgemäßen Beschichtung ganz oder zumindest weitgehend
diesen Anforderungen genügt.
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Ein
weiterer Aspekt der Erfindung liegt in der Bereitstellung eines
Verfahrens zur Herstellung eines Implantats mit einem Grundkörper,
der ganz oder in Teilen aus einem biokorrodierbaren metallischen Werkstoff
besteht, wobei zumindest die aus dem biokorrodierbaren metallischen
Werkstoff bestehenden Teile des Grundkörpers vollständig
oder teilweise mit einer Beschichtung aus einer vernetzten CFx-Schicht mit einem F/C-Verhältnis
im Bereich von 0.5 bis 1.5 bedeckt sind. Das erfindungsgemäße
Verfahren umfasst die Schritte:
- (i) Bereitstellen
einer Plasmabeschichtungsanlage sowie eines Implantatrohlings mit
einem Grundkörper, der ganz oder in Teilen aus dem biokorrodierbaren
metallischen Werkstoff besteht; und
- (ii) Beschichten der Rohlingsoberfläche in der Plasmabeschichtungsanlage
durch Plasmabehandlung in Gegenwart einer oder mehrerer Verbindungen
ausgewählt aus der Gruppe umfassend Fluoralkane der Formel
CnF2n+2, Fluoralkene der
Formel CnF2n und
Fluoralkine der Formel CnF2n-2 sowie
zyklische Fluorkohlenstoffverbindungen mit 3 bis 10 Kohlenstoffatomen,
wobei n = 2 bis 10 ist, und unter den folgenden Bedingungen während
der Plasmabehandlung:
– einem Druck im Bereich von
0,01 bis 10 mbar,
– einer Flussrate im Bereich von
1 bis 100 sccm und
– einer eingekoppelten Leistung
im Bereich von 300 bis 1000 W im Falle eines Mikrowellenplasmas
oder einer eingekoppelten Leistung im Bereich von 10 bis 500 W im
Falle eines Radiofrequenzplasmas.
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Dem
erfindungsgemäßen Verfahren liegt die Erkenntnis
zugrunde, dass die Beschichtung von biokorrodierbaren metallischen
Werkstoffen für Implantate sich besonders effektiv mit
Hilfe eines Plasmaverfahrens durchführen lässt.
Weiterhin ist die Wahl des Reaktivgases für die Plasmabeschichtung
als auch der Betriebsparameter während der Plasmabehandlung
ein wesentliches Element des erfindungsgemäßen
Verfahrens, um zur gewünschten CFX-Schicht zu gelangen.
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Für
die Behandlung mit Plasma kann eine herkömmliche Plasmabeschichtungsanlage
Einsatz finden. Das zu beschichtende Implantat sollte sich außerhalb
der aktiven Zone im sogenannten „afterglow" des Plasmas
befinden. Arbeiten im „afterglow" hat den Vorteil, dass
keine elektrischen Felder auf die zu beschichtenden Proben (beispielsweise
ein metallischer Stent) eingekoppelt werden können, die
den Prozess durch unzulässige Überhitzungsgefahr
stören könnten.
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Vorzugsweise
liegt die eingekoppelte Leistung im Falle einer Anregung des Plasmas
durch Mikrowellen im Bereich von 500 bis 900 W.
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Eine
weiter bevorzugte Verfahrensvariante sieht vor, dass der herrschende
Druck sowohl im Fall des Radiofrequenzplasmas als auch des Mikrowellenplasmas
im Bereich von 0,1 mbar bis 5 mbar liegt.
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Weiterhin
ist bevorzugt wenn eine Kettenlänge n der eingesetzten
Fluoralkanen, Fluoralkenen und Fluoralkinen Fluorcycloalkanen im
Bereich von n = 3 bis n = 6 liegt. Zyklische Fluorkohlenstoffverbindungen
mit 3 bis 10 Kohlenstoffatomen im Sinne der Erfindung umfassen alle
Ringverbindungen mit einem ringförmigen Kohlenstoffgrundgerüst
aus 3 bis 10 Kohlenstoffatomen, dessen freie Valenzen an den einzelnen
Kohlenstoffatomen durch Fluor abgedeckt sind. Die zyklischen Fluorkohlenstoffverbindungen können
C-C-Doppelbindungen und C-C-Dreifachbindungen enthalten und gegebenenfalls
ein aromatisches System bilden. Besonders bevorzugt ist Hexafluorbenzol.
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Schließlich
ist bevorzugt, wenn die Flussrate, die sich über das Trägergas
realisieren lässt, im Bereich von 30 bis 60 sccm, insbesondere
bei 50 sccm liegt.
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Ein
weiterer Aspekt der Erfindung liegt in der Bereitstellung eines
Implantats, das mit Hilfe des zuvor beschriebenen erfindungsgemäßen
Verfahrens hergestellt wurde.
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Die
Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels
näher erläutert.
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Ein
Stent aus der kommerziell erwerbbaren Magnesium-Legierung WE43 (nach
ASTM) mit einem Seltenerdmetallanteil von etwa 3 Gew.-% ohne Yttrium
und einem Yttriumanteil von etwa 4 Gew.-% wird in einer Plasmabeschichtungsanlage
der Firma Plasma-finish GmbH eingebracht. Die Lage des Stents in
der Beschichtungsanlage wird so vorgegeben, dass er sich im „afterglow"
des zu erzeugenden Plasmas befindet. Anschließend wird
als Reaktivgas Hexafluorbenzol C6F6 mit einer Flussrate von 50 sccm zugeführt,
wobei Argon als Trägergas agiert. Der Prozessdruck beträgt
0.5 mbar. Die eingekoppelte Plasmaleistung wird auf 800 W geregelt,
wobei die Anregung des Plasmas durch Mikrowellen erfolgt. Die Beschichtungszeit
beträgt 2 min.
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Nach
der Entnahme des Stents kann die erhaltene vernetzte CFx-Schicht
mit oberflächensensitiven Methoden strukturell nachgewiesen
werden. Ein F/C-Verhältnis beträgt 0,6. Die Schichtdicke
beträgt ca. 150 nm.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- - DE 19731021
A1 [0007]
- - DE 10253634 A1 [0007]
- - EP 0993308 B1 [0010]
- - EP 0560849 B1 [0010]
- - US 5246451 [0010]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- - EN ISO 10993-15:2000 [0018]
- - EN ISO 10993-15:2000 [0018]