DE19831873A1 - Verfahren und Einrichtung zur therapeutischen Immunmodulation - Google Patents
Verfahren und Einrichtung zur therapeutischen ImmunmodulationInfo
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Abstract
Technisches Problem der Erfindung DOLLAR A Viele Krankheiten (z. B. Sepsis) sind u.a. durch eine Störung des Immunsystems gekennzeichnet. Trotz der bisherigen Therapie mit Antibiotika ist die Sterblichkeit noch immer sehr hoch. Auch die Gabe einzelner Zytokine hat bisher keine überzeugenden Resultate erbracht. DOLLAR A Lösung des Problems DOLLAR A Der Einsatz von Zellen in einem extrakorporalen Kreislauf, die immunmodulierend wirkende Stoffe adsorbieren bzw. selbst freisetzen können, ist ein völlig neuartiger komplexer Therapieansatz solcher Erkrankungen, der zu einer Besserung des Gesundheitszustandes der betroffenen Patienten führt. DOLLAR A Anwendungsgebiet DOLLAR A Medizin
Description
Medizin
Das heutige Wissen über den Verlauf und die Pathogenese einer Sepsis stammt wesentlich aus
Untersuchungen über die Wechselwirkungen zwischen Gram-negativen Bakterien und dem
menschlichen Organismus (Chest 1992; 101; 1644-1655). Die Hauptagenzien der Einleitung
einer Sepsiskaskade stellen demnach die bakteriellen Endotoxine, eine Gruppe von
Lipopolysacchariden aus der Zellwand Gram-negativer Bakterien, das (Reviews Infect Dis.
1983; 5; 733-747). Endotoxine, die wahrscheinlich potentesten fiebererzeugenden Substanzen
(Pyrogene) überhaupt, aktivieren vor allem Monozyten und Endothelzellen. Durch die
Freisetzung von Mediatoren bzw. Ausbildung von Adhäsionsmolekülen wird das
Immunsystem aktiviert, ein Leukozytensticking vorbereitet. Es kommt zur Migration der
Leukozyten in Gewebe mit hohem Chemotaxingehalt (Orte lokaler Entzündung). Kann die
lokale Ursache beseitigt werden, dann sistiert der Entzündungsprozeß. Kommt es über längere
Zeit intermittierend oder kontinuierlich zum übermäßigen Einschwemmen von Bakterien,
Endotoxinen oder anderen antigen wirkenden Zellprodukten ins Blut, schlägt die sinnvolle
Abwehrreaktion von Monozyten und Endothelzellen in einen autoaggressiven Prozeß mit
schwersten Kreislaufdysregulationen, sekundären Organversagen, Gerinnungsstörungen (DIC)
etc. um: eine Sepsis (mit positivem Erregernachweis) bzw. ein Systemic Inflammatory
Response Syndrome (SIRS, kein Erreger nachweisbar) entwickeln sich und führen bei
einfacher Sepsis in bis zu 30% der Fälle und im septischen Schock sogar bei bis zu 90% der
Patienten zum Tod (Sepsis. An interdisciplinary challenge. Berlin, Heidelberg, New York:
Springer Verlag, 1989).
Gram-positive Erreger als Ursache für Sepsis sind in den letzten Jahren verstärkt in das
Blickfeld der Forschung gerückt. Zahlreiche Arbeiten beschäftigen sich mit der steigenden
Inzidenz der Gram-positiver Sepsis im letzten Jahrzehnt. Statistiken zeigen, daß bereits jetzt
30 bis 40% aller Fälle von Sepsis auf Gram-positive Erreger zurückzuführen sind (Am J Med.
1991; 91 (suppl 3B): 72-89).
Die Behandlung der bakteriellen Sepsis in den intensivmedizinischen Zentren wird auf Grund
der zunehmenden Antibiotikaresistenz zusätzlich erschwert.
Gegenwärtig wird die Sepsis als mehrphasiges Krankheitsbild betrachtet, bei dem sich an die
Phase der Keimeinschwemmung eine sogenannte Hyperinflammationsphase mit einer
übersteigerten Ausschüttung pro-inflammatorischer Zytokine, wie z. B. an Tumor-Nekro
se-Faktor alpha (TNF alpha) oder einigen Interleukinen (z. B. Interleukin-1 und Interleukin-6),
anschließt. Im weiteren Verlauf kommt es auf Grund von negativen
Rückkopplungsmechanismen zu einem überschießenden Umschlag zugunsten der anti
inflammatorischen Zytokine (Transformierender Wachstumsfaktor beta = TGF beta,
Interleukin-4, Interleukin-10, Interleukin-13) und damit zur sogenannten Immunpara
lyse-Phase, welche schließlich zum Tod des Patienten führt (Internist 1997; 38; 541-552). Eine
klare Definition der einzelnen Phasen auf Grundlage konkreter paraklinischer Werte ist bisher
jedoch noch nicht erfolgt.
Die ursächliche Behandlung der bakteriellen Sepsis ist bis heute nur in Ansätzen möglich. Die
Hoffnungen stützten sich neben der Antibiotikatherapie auf die Anwendung
antiinflammatorischer Stoffe, die derzeit auf ihre Effekte bei Gram-negativer Sepsis überprüft
werden (Nature. 1990; 348: 550-552, FASEB J. 1991; 5: 338-343). Einige Studien hierzu sind
bereits abgeschlossen und haben bisher eher enttäuschende Resultate erbracht. So konnten
weder gegen Endotoxin-LipidA gerichtete Antikörper (N. Engl. J. Med. 1991; 324; 429-436,
JAMA 1991; 266; 1097-1102) noch anti-Zytokin-Therapien gegen Tumor-Nekrose-Faktor
alpha (Crit Care Med. 1993; 21; 318-327, JAMA 1995; 273; 934-941) bzw. Interleukin-1
(JAMA 1994; 271; 1836-1842) zu einer Senkung der Gesamtmortalität beitragen. Es scheinen
jedoch Patienten mit sehr hohen Zytokinspiegeln zumindestens teilweise zu profitieren (Crit
Care Med. 1993; 21; 318-327, Crit. Care Med. 1996; 24; 733-742). Die Studien sind jedoch
durch eine große Heterogenität der Patientengruppen sowie die bisher nur unzureichende
klinische Stadieneinteilung des Sepsisverlaufs gekennzeichnet.
Ein neuer Ansatz ist der Einsatz pro-inflammatorischer Zytokine (Interferon gamma) in der
Phase der Immunparalyse, der in ersten nicht-randomisierten Studien erfolgversprechend
scheint, jedoch bisher noch eine Sterblichkeit von über 30% zeigte (Nature Medicine 1997; 3;
678-681). Patentrechlich angemeldete immunmodulatorische Ansätze sind insbesondere die
Gabe von einzelnen immunmodulatorischen Substanzen, wie z. B. einigen oben beschriebene
Zytokinantagonisten (WO 9406431 A1, US 5 585 486, US 5 585 357, US 5 565 430,
US 5 552 400), Mistel-Lektine (DE 42 21 836 A1), Fosfomycin (JP 09183730 A), Macrocyclische
Substanzen (US 5 527 907, US 5 541 189, US 5 541 193, US 5 561 139, US 5 561 140 oder
bakterielle Extrakte (WO 8909607 A, EP 363491 A1). Keiner dieser Ansätze konnte
entscheidende therapeutische Gewinne bei der Therapie der Sepsis zeigen.
Die bisher bekannten immunmodulatorisch- therapeutischen Ansätze wurden vorwiegend
durch in-vivo Gabe von gegen Zytokine gerichtete Antikörper beziehungsweise andere die
Zytokine bindende Eiweißpräparate durchgeführt und haben keinen bzw. nur geringen
therapeutischen Nutzen gebracht. (Internist 1997; 38: 541-552, vgl. 2. Stand der Technik)
Bei Zuständen der Hyperinflammation bzw. Immunparalyse kommt es zum Anstieg der
Blutplasmakonzentrationen einer Vielzahl von immunmodulierenden Stoffen wie z. B.
Zytokinen, welche die Vorgänge der Abwehr von Infektionen z. T. erheblich stören. Die
Auslöschung bzw. Zugabe eines einzelnen Zytokins hat bisher keinen überzeugenden
therapeutischen Erfolg erbracht. Vielmehr sind die sinnvolle Entfernung von zu hohen
Konzentrationen einzelner Zytokine sowie die Substitution anderer Zytokine, welche in zu
geringer Konzentration vorhanden sind, gefragt, um das aus der Bahn gebrachte Immunsystem
zu stabilisieren.
Die Komplexität des Problems der wechselnden Zytokin-Konzentrationen erfordert einerseits
die sensible Messung, andererseits aber auch die Fähigkeit der schnellen Substitution der
Zytokine. Allein durch die Zeitverzögerung bei der Bestimmung der Zytokin-Konzentration
werden Substitutionstherapien in Form von Injektionen/Infusionen zukünftig nur bedingt zur
Lösung beitragen können. Der Einsatz von Zellen, die mit ihren spezifischen
Oberflächenrezeptoren Zytokine selektiv adsorbieren und damit der Zirkulation entziehen,
andererseits aber auch selbst die im Blut unterrepresentierten Zytokine bzw. andere
immunmodulatorisch wirksame Moleküle bilden und freisetzen können, stellt einen neuen
Therapieansatz dar.
Blut wird durch Filtration oder Differentialzentrifiigation in korpuskuläre Bestandteile (u. a.
Blutzellen) und das Blutplasma getrennt (Plasmapherese) und das Blutplasma bzw.
Blutplasmabestandteile anschließend durch einen Bioreaktor geleitet, in dem sich
immunmodulierende Zellen befinden (z. B. Vitamin D stimulierte HL60 Zellen). Diese
Bioreaktorzellen binden über spezifische Oberflächenrezeptoren immunmodulierende Stoffe
(z. B. binden HL60 Zytokine wie Interferon gamma und Wachstumsfaktoren wie
Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktor) und senken dadurch deren Konzentration im
Plasma, setzen andererseits jedoch auch selbst als Reaktion auf äußere Reize
immunmodulierende Stoffe frei (z. B. setzen stimulierte HL60 Zellen nach Inkubation mit
opsoniertem Zymosan Interleukin 6 und Tumor-Nekrose-Faktor alpha frei) deren
Konzentration hierdurch im Bioreaktoreluat bzw. Plasma ansteigt. Durch geeignete Verfahren
(z. B. Zellfilter) wird sichergestellt, daß die Zellen vollständig im Bioreaktor zurückgehalten
werden. Das Bioreaktoreluat wird anschließend mit den korpuskulären Blutbestandteilen
wieder zusammengeführt und dem Patienten reinfundiert.
Z. B. überlebten CD-Ratten, die mit Escherichia coli Bakterien behandelt wurden, wesentlich
länger, wenn das Plasma mit HL60 Zellen inkubiert wurde. Hierbei konnte einerseits eine
Freisetzung von Zytokinen durch die HL60 Zellen nachgewiesen werden, andererseits zeigten
die behandelten Tiere deutlich geringere eigene Zytokinspiegel z. B. an Tumor-Nekrose-Faktor
alpha.
Mit der beschriebenen Erfindung erfolgt erstmalig ein kausaler Therapieansatz der Störung der
Regulation des körpereigenen Immunsystems.
Der Einsatz von Zellen, welche einerseits sehr sensitiv die Konzentrationen von
immunmodulierenden Stoffen durch Adsorption an spezifische Oberflächenrezeptoren
detektieren und andererseits immunmodulierend wirkende Substanzen freisetzen, stellt einen
komplexen Regelmechanismus dar, welcher geeignet ist, die während einer schweren
Infektion auftretende Störung der Regulation des körpereigenen Immunsystems zu verbessern.
Der Einsatz der technischen Einrichtung der Erfindung gewährleistet zu jedem Zeitpunkt
höchstmögliche Sicherheit für die Patienten. Aufgrund der Art der Ausführung der
technischen Einrichtung ist eine Barriere zwischen den Patientenzellen und den
Bioreaktorzellen zu jeder Zeit gewährleistet.
Claims (9)
1. Verfahren zur therapeutischen Immunmodulation, gekennzeichnet dadurch, daß Zellen
mit der Fähigkeit, immunmodulatorisch wirksame Moleküle aktiv zu sezernieren bzw. zu
adsorbieren, in einem Bioreaktorsystem mit Patientenblutplasma-Bestandteilen in Kontakt
gebracht werden, wobei eine therapeutisch günstige Beeinflussung der Zusammensetzung
besagter Patientenblutplasma-Bestandteile dadurch erfolgt, daß besagte Zellen potentiell
schädliche immunmodulierende Moleküle (insbesondere hyperinflammatorische oder
immunsuppressive Zytokine) über Oberflächenrezeptoren adsorbieren bzw. selbst
immunmodulierende Moleküle freisetzen, die ihrerseits einen therapeutisch günstigen Einfluß
ausüben.
2. Verfahren nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die besagten Zellen
Leukozyten sind, die vorzugsweise aus einer humanen Zellinie stammen oder aus
hämatopoetischen Stammzellen durch Differenzierung gewonnen wurden.
3. Verfahren nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die besagten
Oberflächenrezeptoren vorzugsweise Wachstumsfaktor- oder Zytokinrezeptoren sind (z. B.
Interferon gamma Rezeptor, Interleukin 6 Rezeptor, TNF alpha Rezeptor, Interleukin 2
Rezeptor, Interleukin 4 Rezeptor, TGF beta Rezeptor).
4. Verfahren nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die besagten Zellen
Hepatozyten sind, die durch die Freisetzung (vorzugsweise von Akut-Phase-Proteinen) bzw.
Adsorption von immunmodulierenden Substanzen einen therapeutisch günstigen Einfluß
ausüben.
5. Verfahren nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die besagten Zellen
Endothelzellen sind, die durch die selektive Adsorption bzw. Freisetzung von
immunmodulierenden Substanzen einen therapeutisch günstigen Effekt ausüben.
6. Verfahren nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die Zellen nach Anspruch
(2), (4), (5) in Kombinationen zum Einsatz kommen.
7. Verfahren nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die besagten
immunmodulatorisch wirksamen Moleküle Wachstumsfaktoren oder Zytokine (vorzugsweise
Interleukine, Interferone) sind.
8. Verfahren nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die besagten
immunmodulatorisch wirksamen Moleküle Endotoxine (Lipopolysaccharide aus der Zellwand
gram-negativer Bakterien) sind.
9. Einrichtung nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß dem Patienten über eine
ein Blutgefäß penetrierende Kanüle und ein daran angeschlossenes Schlauchsystem Blut
entnommen wird, welches dann zeitgleich oder nacheinander einem geeigneten
Plasmaseparator zugeführt wird und dort vorzugsweise durch Filtration oder
Differentialzentrifugation in seine korpuskulären Bestandteile (u. a. Blutzellen) und das
Blutplasma getrennt wird (Plasmapherese), wobei das Blutplasma bzw.
Blutplasmabestandteile zeitgleich oder nacheinander durch einen Bioreaktor geleitet werden,
in dem sich immunmodulierende Zellen befinden, wobei der Bioreaktor eine Apparatur
darstellt, welche die Funktionsfähigkeit der besagten immunmodulierenden Zellen sicherstellt,
vorzugsweise durch Regulation der Temperatur, der Begasung sowie der Nährstoffzufuhr.
Ausgangsseitig wird das Bioreaktoreluat durch geeignete Zellrückhaltesysteme (vorzugsweise
Zellfilter) von den immunmodulierenden Zellen vollständig befreit und die so behandelten
Blutplasmabestandteile anschließend dem Patienten reinfundiert. Die korpuskulären
Blutbestandteile werden mit oder ohne Verdünnung in geeigneten Lösungen separat oder nach
geeigneter Vermischung mit den prozessierten Blutplasmabestandteilen dem Patienten
reinfundiert.
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