WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Geschichte
  3. Zweiter Weltkrieg
  4. Zweiter Weltkrieg: Ardennen 1944 – der allerletzte Sieg der Wehrmacht

Zweiter Weltkrieg Zweiter Weltkrieg

Ardennen 1944 – der allerletzte Sieg der Wehrmacht

Am 16. Dezember 1944 griffen drei deutsche Armeen mit den letzten Reserven an Kriegsmaterial die Amerikaner in Luxemburg und Belgien an. Zunächst hatte es den Anschein, als würde der Plan gelingen.
Leitender Redakteur Geschichte

Der erste Hinweis kam von hoher See. Seit Anfang Dezember 1944 sendeten deutsche U-Boote auf dem Atlantik deutlich häufiger als sonst Wettermeldungen. Nur Angaben über Luftdruck, Regen und Windgeschwindigkeiten, nicht mehr. Offenbar arbeitete das Oberkommando der Wehrmacht mit detaillierten Vorhersagen. Die braucht man, wenn man einen Großangriff vorbereitet.

Doch die Brisanz dieser Information kam nicht an bei den Truppen der 1. US-Armee, die zwischen Lüttich und Longwy lagen und sich für den Winter eingruben. Ganz Luxemburg hatten sie im Herbst 1944 besetzt, bis die Stellungen des deutschen Westwalls ihren weiteren Vormarsch stoppten.

Zwar erwarteten ihre Generäle eine deutsche Offensive, aber höchstens einen lokalen Angriff der Wehrmacht, um vor Weihnachten die Moral der deutschen Bevölkerung zu heben. Doch auch diese Attacke würde, so ihre Erwartung, bei Aachen gestartet werden, keinesfalls jedoch durch Luxemburg und Ostbelgien führen, also die Ardennen.

„Das alles erschien äußerst logisch“, schreibt der Militärhistoriker Detlef Vogel: „Was die Alliierten freilich nicht einkalkulierten, war die Tatsache, dass es im deutschen Lager kaum mehr um Logik und vernünftiges Handeln ging.“ So traf die militärisch unlogische Ardennenoffensive sie am 16. Dezember 1944 fast völlig unvorbereitet.

Ziel der Ardennenoffensive war die alliierte Nachschubbasis Antwerpen. Die drei deutschen Armeen, die am 16. Dezember 1944 angriffen, kamen nicht einmal in die Nähe der Hafenstadt
Ziel der Ardennenoffensive war die alliierte Nachschubbasis Antwerpen. Die drei deutschen Armeen, die am 16. Dezember 1944 angriffen, kamen nicht einmal in die Nähe der Hafenstadt
Quelle: Infografik Die Welt

Sämtliche irgendwie verfügbaren Reserven und alles moderne Kriegsgerät der Wehrmacht und der Waffen-SS war zwischen Bonn und Trier zusammengezogen worden. Hitler-Deutschland setzte alles auf eine, seine letzte Karte. Das Ziel war die alliierte Nachschubbasis Antwerpen.

Mit einem mörderischen Trommelfeuer aus 5000 Geschützen und Granatwerfern begann die Offensive an diesem Sonnabend vor dem vierten Advent gegen 5.30 Uhr morgens. Um sieben Uhr dann setzten sich die 6. SS- und die 5. Panzer-Armee in Bewegung. Südlich davon deckte die 7. Armee den Angriff.

Die Spitze bildeten mehrere Volksgrenadier-Divisionen, eilig aufgestellte, ungenügend ausgebildete und ausgerüstete Einheiten. Sie sollten den anfänglich zu erwartenden Widerstand der US-Truppen brechen, notfalls unter schweren eigenen Verlusten, und dann nachstoßenden Eliteverbänden das Schlachtfeld überlassen.

Doch allein das würde nicht reichen, um die bestens ausgestatteten und versorgten US-Streitkräften zu schlagen. Deshalb setzte der Angriffsplan auf zwei weitere Operationen, eine klassische und eine kriegsrechtlich völlig unzulässige Aktion.

Beim „Unternehmen Stößer“ sollten 3000 Fallschirmjäger hinter den feindlichen Linien abgesetzt werden und den Gegner in dessen Rücken angreifen. Das war ein übliches Vorgehen. Das „Unternehmern Greif“ dagegen war ein schwerer Verstoß gegen das Kriegsrecht. Englisch sprechende deutsche Soldaten sollten in erbeuteten US-Uniformen und amerikanischen Fahrzeugen im Hinterland Verwirrung stiften. Kampfeinsätze in fremden Uniformen waren aber strikt unzulässig; wer unter falscher Flagge kämpfte, durfte als Spion sofort erschossen werden.

Anzeige

Aufgestellt hatte die zu Tarnungszwecken 150. Panzer-Brigade genannte Spezialeinheit der Oberstleutnant Hermann Wulf, der aber das Kommando am 14. Dezember 1944 an Otto Skorzeny übergab. Dem SS-Obersturmbannführer, absolut skrupellos und zudem ein glänzender Selbstdarsteller, ging ein abschreckender Ruf voraus.

Für das „Unternehmen Greif“ standen 2676 Soldaten bereit, von denen aber nur knapp jeder 100. ausreichend amerikanisches Englisch sprach. Auch die Ausstattung war weit schlechter als versprochen. Gerade einmal zwei erbeutete Sherman-Panzer, standen bereit. Die Uniformen aus den Beständen von Kriegsgefangenenlagern waren oft mit Ölfarbe gekennzeichnet und damit unbrauchbar. Um überhaupt schwere Waffen einsetzen zu können, wurden zwölf Panther mit aufgeschweißten Stahlplatten dem Umriss von US-Panzerjägern des Typs „Wolverine“ angepasst.

Trotz all dieser Mängel begann die Offensive. Das schlechte Wetter – Schneefall, stark sinkende Temperaturen und niedrig hängende Wolken – war eine gute Voraussetzung, denn es hinderte die überlegene alliierte Luftwaffe am Eingreifen.

Doch nach dem eindrucksvollen Trommelfeuer blieb schon der erste Angriff der 6. SS-Panzer-Armee rasch stecken. Die Amerikaner am Nordrand des Operationsgebietes, zwischen Monschau und Malmedy, gaben eben nicht so rasch auf wie erwartet. Weiter südlich dagegen brach die 5. Panzer-Armee binnen 36 Stunden durch fast ganz Luxemburg durch.

In der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember 1944 diktierte Propagandaminister Joseph Goebbels seinem Sekretär: „Der erste Erfolg unseres Offensivstoßes ist überraschend.“ Das stimmte noch: Der Auftakt der Ardennenoffensive konnte durchaus als Sieg der Wehrmacht interpretiert werden. Es sollte allerdings der letzte bleiben.

Die beiden Sondenunternehmen schlugen fehl

Schon Goebbels’ nächster Satz nämlich war mehr Wunschdenken als Wirklichkeit: „Man kann feststellen, dass die Ziele, die wir uns für die ersten beiden Tage gestellt haben, schon am ersten Tage erreicht werden.“

Just als er das diktierte, scheiterte jedoch westlich von Malmedy das „Unternehmen Stößer“. Statt 3000 waren nur rund 1200 Fallschirmjäger zusammengekommen, von denen die meisten noch nie im Ernstfall abgesprungen waren. Für die Piloten der Transportmaschinen war es ebenfalls in der Regel der erste Einsatz. Starker Wind machte den Absprung zu einem lebensgefährlichen Einsatz.

Anzeige

200 Fallschirmjäger fielen den Wetterbedingungen direkt zum Opfer, und nur 140 meldeten sich eine Stunde nach dem Absprung einsatzbereit an ihren Sammelpunkten. Mit so wenigen Männern war die geplante Operation aussichtslos; die Soldaten schlugen sich so unauffällig wie möglich zu den deutschen Linien durch.

Auch das „Unternehmen Greif“ erwies sich als Fehlschlag. Zunächst musste der Einsatz um 24 Stunden verschoben werden, weil die 6. SS-Panzer-Armee kein Loch in die amerikanische US-Front hatte schlagen können. Dann zeigte sich, dass es nicht so einfach war, US-Einheiten zu verwirren. Ein Panzerregiment und eine Infanteriekompanie wurden in die falsche Richtung geschickt, ein Munitionsdepot erobert – aber das war es dann auch.

Schnell machte sich bei den deutschen Truppen in den Ardennen das Gefühl breit, die Offensive könnte steckenbleiben. Das war zusammen mit dem extrem hohen Erwartungsdruck auf die Frontoffiziere und der ideologischen Aufhetzung der deutschen Soldaten eine höchst gefährliche Mischung. Der ohnehin seit der Invasion in der Normandie äußerst hart geführte Kampf im Westen eskalierte jetzt vollends.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema