Nationale Naturlandschaften in Sachsen – Bewahren. Erleben. Nutzen.

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einmalig.
Bewahren. Erleben. Nutzen.
LEIPZIG DRESDEN CHEMNITZ ELBE MULDE WEI ßE ELSTER DIE NATIONALEN NATURLANDSCHAFTEN IN SACHSEN STAATS MINIST ER IU M FÜ R ENERGI E, KL IM AS CH UT Z, UM WE LT UN D LA ND WI RT SC HA FT Bewahren. Erleben. Nutzen. einmalig.
Naturlandschaften in Sachsen
Oberlausitzer Heideund Teichlandschaft Naturpark Zittauer Gebirge Naturpark Erzgebirge/Vogtland Wildnisgebiet Königsbrücker Heide Naturpark Dübener Heide Nationalparkregion Sächsische Schweiz 6 22 40 58 76 96
im Nationalpark Sächsische Schweiz
Nationale
Biosphärenreservat
Titelfoto: Blick auf die Schrammsteine

Herr Staatsminister Günther, wie steht es um unsere Natur?

Das Bundesamt für Naturschutz erstellt regelmäßig umfassende Berichte zum Zustand der Natur. Der jüngste stammt aus dem Jahr 2020. Darin wird in rund 14.000 Stichproben der Zustand von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen erfasst. Die erschreckende Erkenntnis: Die überwiegende Mehrheit der untersuchten Arten und Lebensräume befindet sich in einem unzureichenden bis schlechten Zustand. Auch in Sachsen steigt die Zahl der ausgestorbenen oder vom Aussterben bedrohten Arten. Die Herausforderung lautet also, den Rückgang der Biodiversität zu bremsen und umzukehren. Wir brauchen Biodiversität auch als Basis unseres Wohlstands. Die gute Nachricht: Wir haben uns in Sachsen auf den Weg gemacht, Artenvielfalt und Lebensräume zu retten.

Wie wird die Einmaligkeit unserer Natur in Sachsen geschützt?

Zum Beispiel durch die Einrichtung von National- und Naturparken oder Biosphärenreservaten – das sind unsere Nationalen Naturlandschaften – zusammen mit dem Wildnisgebiet Königsbrücker Heide. Daneben gibt es weitere Kategorien für den Schutz von Arten und Lebensräumen. Diese Schutzgebiete dienen dem Erhalt der Biodiversität, sind jedoch aufgrund ihrer Naturausstattung und landschaftlichen Schönheit auch für den Naturtourismus attraktiv. Nationale Naturlandschaften eignen sich in besonderer Weise, Menschen für die Einmaligkeit und Schutzwürdigkeit der Natur zu sensibilisieren.

Außerdem sind sie Modellregionen, in denen zum Beispiel ausgewählte Bewirtschaftungsmethoden erprobt und bei Eignung auch auf andere Gebiete übertragen werden können. Rechtsverordnungen zu den einzelnen Schutzgebieten enthalten Regelungen zum Beispiel zu Land-, Forstund Fischereiwirtschaft, um den Schutz dieser besonderen Landschaften nachhaltig sichern zu können.

Mit Sicherheit gibt es dafür eine gesetzliche Grundlage?

Das Bundes- und das Sächsische Naturschutzgesetz stellt verschiedene Möglichkeiten des gebietsbezogenen Naturschutzes bereit. Das ist der rechtliche Rahmen. Die unterschiedlichen Schutzgebiete können hinsichtlich ihrer Größe, ihres Schutzzwecks und ihrer Schutzziele und den daraus abzuleitenden Nutzungseinschränkungen unterschieden werden. Die verschiedenen Möglichkeiten erlauben es uns, auf die speziellen Gegebenheiten vor Ort bestmöglich einzugehen und die jeweils geeignete Schutzkategorie zu etablieren.

Im Bild: Der Sächsische Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft

Herzlich willkommen in der einmali g en Natur Sachsens. Wir können stolz sein auf die Vielfalt unserer Landschaften. Felsen, Berge, Wälder, Moore, Flüsse und Seen
machen Sachsens Natur aus. Unverzichtbar
VORWORT | IM GESPRÄCH MIT DEM STAATSMINISTER
wie die Menschen, die sich hier für unsere Natur engagieren.
Wolfram
Günther
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Was zeichnet einen Nationalpark aus? Und was macht unseren so besonders?

Nationalparke sind etwas ganz Besonderes, Wertvolles. Sie schützen einmalige, noch großflächig erhaltene Naturlandschaften internationalen Rangs. Dementsprechend streng ist die Anerkennung: Derzeit gibt es in ganz Deutschland nur 16 Nationalparke. Eine große Rolle spielt in ihnen die naturverträgliche Erholungsnutzung. Der überwiegende Teil der Nationalparkflächen soll vom Menschen unbeeinflusst oder nur wenig beeinflusst sein. Für die Natur wird so ein Freiraum geschaffen, in der sie sich ihrer eigenen natürlichen Dynamik folgend frei entwickeln darf. Die entstehende Wildnis soll neben dem Schutz der Arten und Biotopvielfalt auch Platz für wissenschaftliche Umweltbeobachtungen, Umweltbildung und Naturerlebnis bieten – im Einklang mit der Natur und den Schutzzielen. Nach den internationalen Standards der Weltnaturschutzunion (IUCN) sollen Nationalparke großflächig sein und mindestens 75 Prozent der Fläche soll von wirtschaftlicher Nutzung ausgenommen sein. Dieses Ziel hat der Nationalpark Sächsische Schweiz erreicht.

Ein Biosphärenreservat ist dann wohl etwas anderes?

Während Nationalparke der Natur freien Lauf lassen, schützen Biosphärenreservate gerade die durch Menschenhand entstandenen wertvollen Lebensräume. Das sind historisch gewachsene Kulturlandschaften mit einer einmaligen Arten- und Biotopvielfalt. Die gilt es zu erhalten, zu pflegen und künftig zu entwickeln. Ein Fokus liegt in den Wechselbeziehungen zwischen Menschen und Biosphäre.

Die werden in einem umfangreichen Monitoring untersucht und daraus Forschungsthemen abgeleitet. In Biosphärenreservaten ist ein menschliches Wirken und Wirtschaften im Einklang mit der Natur möglich, das heißt sie streben eine umwelt- und sozialverträgliche Lebensund Wirtschaftsweise an und sollen zu entsprechenden Modellregionen entwickelt werden. Biosphärenreservate sind in Kern-, Pflege- und Entwicklungszonen eingeteilt, die sich je nach Nutzungsintensität unterscheiden. Ein Markenkern unseres Biosphärenreservates sind seine zahlreichen reichstrukturierten Teichgebiete, die auch künftig nur durch eine im Einklang mit den Schutzbestrebungen erfolgende Teichbewirtschaftung erhalten werden können.

Besonders beeindruckt mich das bizarre Wesen unseres Nationalparks: Sandsteinnadeln, Felsriffe, Buchenwälder und Wildbäche. Diese Ausstattung aber auch die gute Erreichbarkeit zum Beispiel über den Schienenweg und die Großstadtnähe führen zu einem sehr hohen Besucheraufkommen. Unsere Aufgabe ist es, die Bewahrung der Natur und den naturverträglichen Tourismus miteinander in Einklang zu bringen. Gerade dieser nachhaltige Tourismus bietet große Wertschöpfungspotenziale für die Menschen in der Region und schont zugleich die Natur.

Dann gibt es noch den Naturpark. Wie kommt man zu der Ehre, einer zu werden?

Naturparke bestehen überwiegend aus Natur- und Landschaftsschutzgebieten und dienen in gleichem Maße den Interessen der Menschen und dem Schutz der Natur. Naturparke sind besonders geeignet, eine nachhaltige Regionalentwicklung zu fördern; so wird dort eine dauerhaft umweltgerechte Landnutzung angestrebt.

Die Nutzung der vorhandenen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen (zum Beispiel besondere Landschaften, traditionelles Handwerk oder typische Bräuche) sollen zur Identitätsstiftung beitragen und die Potenziale der Regionen nutzen, um sie als Ganzes aufzuwerten. Ein Großteil der Naturparkflächen wird von Kulturlandschaften eingenommen, die Bewirtschaftung der Flächen erfolgt umweltverträglich und historische Kulturlandschaftselemente werden geschützt. Durch Bildungsund Öffentlichkeitsmaßnahmen werden die Besucherinnen und Besucher eines Naturparks über die natürlichen und kulturellen Besonderheiten sowie die Bedeutung des Parks innerhalb der Region informiert und sensibilisiert. Beim Naturpark steht eine touristische Eignung des Gebietes im Einklang mit naturschutzfachlichen Forderungen im Vordergrund: In den drei sächsischen Naturparken können sich die Menschen erholen.

Schließlich gibt es noch die Kategorie Wildnisgebiet. Wie wild geht es da wirklich zu?

Wildnis in Deutschland ist keine unberührte Natur mehr. Die lässt sich auch nicht wiederherstellen; dort, wo sich der Mensch jedoch zurückzieht, entsteht eine Dynamik natürlicher Prozesse, die sehr wertvoll ist. Wildnisgebiete sind unzerschnittene, großräumige Landschaften, die sich frei und natürlich, das heißt nicht nach einem vom Menschen geplanten Ziel entwickeln. Das bringt faszinierende Gebiete hervor; Lebensräume für wildlebende Tiere und Pflanzen, die auf natürliche Prozesse und große, ungestörte Flächen angewiesen sind. Die Bundesregierung hat mit ihrer Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt das Ziel ausgerufen, dass

sich die Natur auf mindestens zwei Prozent der Fläche Deutschlands wieder nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten entwickeln soll. Das kann beispielsweise in Bergbaufolgelandschaften, an Fließgewässern und in Mooren erfolgen, oder auf ehemaligen Truppenübungsplätzen wie bei uns in der Königsbrücker Heide. Wildnisgebiete ermöglichen das Erleben und Erfahren einer ungelenkten Natur, in welcher der Mensch nicht im Mittelpunkt steht. Darüber hinaus sind sie bedeutsame Lernorte für die Erforschung natürlicher Prozesse und Entwicklungen. Die Wildnisentwicklung ergänzt Naturschutzkonzepte, die auf den Erhalt von bestimmten Zuständen und Arten ausgerichtet sind, um einen dynamischen und ergebnisoffenen Ansatz. Sie schaffen dauerhaft Nischen und Lebensräume, die in der Kulturlandschaft und in den meisten anderen Schutzgebieten kaum zu finden sind.

Was kann jede Person tun, um zu helfen?

Sie sind eingeladen, sie zu entdecken. Lernen Sie Ihre Heimat kennen und schätzen. Halten Sie sich bei Ihrem Besuch an die gängigen Verhaltensregeln, indem Sie Müll vermeiden, nur auf zugelassenen Wegen verkehren und unnötige Störungen vermeiden. Viele Akteure vor Ort suchen außerdem regelmäßig nach tatkräftiger Unterstützung, helfende Hände sind immer gebraucht. Über das von meinem Haus unterstützte Portal RegioCrowd können Sie persönlich in vielen sächsischen Regionen aktiv für Natur- und Umweltschutz werden.

75
2000
Prozent der Fläche in Nationalparks soll unberührt bleiben
VORWORT | IM GESPRÄCH MIT DEM STAATSMINISTER VORWORT | IM GESPRÄCH MIT DEM STAATSMINISTER 4 5
Quadratkilometer belegen allein die drei Naturparke in Sachsen, das sind 10,8 Prozent der Landesfläche

UNESCO-Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft

In der Heide- und Teichlandschaft gibt es vielfältige Möglichkeiten
Naturbeobachtungen und -erlebnisse.
für

Die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft ist das größte zusammenhängende Teichgebiet Deutschlands. In dieser einzigartigen Kulturlandschaft gelingt nachhaltiges Wirtschaften genauso wie der Schutz von Biodiversität und Klima. So leben hier Menschen im Einklang mit der Natur – mit Fischotter, Seeadler, Kranich, der seltenen Wiesengladiole, Moorveilchen, Sumpfschwertlilie und Wacholder.

Lieber Lorenz Richter, Sie sind als Ranger in der Oberlausitzer Heide unterwegs. Wie hat es Sie hierher verschlagen?

Manche Dinge ergeben sich einfach. Ich wollte immer draußen arbeiten, habe eine Ausbildung im Forst gemacht und zwei Jahre auf dem Forstrevier gearbeitet. Ursprünglich komme ich aus Dresden, aber mit der Arbeit stellte sich ein Bezug zur Region ein; ich war draußen unterwegs, lernte die Leute kennen, die sich hier engagieren. Da wird eine Region auch zur Heimat. Schließlich bewarb ich mich auf eine freie Stelle im Biosphärenreservat.

Als Titel klingt „Ranger“ schon einmal sehr cool, aber was beinhaltet der Job eigentlich?

Viele Erfassungsarbeiten draußen. Wir sind hier zu sechst für das Reservat zuständig, kartieren Flora und Fauna, organisieren Artenschutz, schieben Naturschutzprojekte an. Es ist ein sehr vielfältiger Beruf. Daten, die wir im Gelände erfassen, werten wir anschließend am Schreibtisch aus. Hinzu kommen Führungen für Gäste und die Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen.

In welchen Bereichen beziehungsweise Zonen sind Sie hauptsächlich unterwegs?

Das lässt sich so pauschal nicht sagen. In erster Linie ist das Biosphärenreservat eine Kulturlandschaft, das heißt hier ist der Faktor der nachhaltigen Bewirtschaftung wichtiger als der Prozessschutz – anders als zum Beispiel in Nationalparken.

Biosphärenreservate entwickeln die durch menschliches Wirken entstandenen Kulturlandschaften weiter. Eine Besonderheit sind die Regenerationsflächen ehemaliger Braunkohletagebaue. Auf den Bergbaufolgeflächen entstehen in kurzer Zeit spannende neue Lebensräume mit vielen seltenen Arten. Dort hat sich zum Beispiel der Wiedehopf eingestellt. Das ist ein echter Erfolg des Naturschutzes, galt die Art in Sachsen doch als nahezu ausgestorben.

Im Bild: Lorenz Richter ist Ranger im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft

5 14 6 15 8 9 18 10 11 12 SCHLOSS- UND PARKANLAGEN, RITTERGÜTER MUSEEN, FREIZEITEINRICHTUNGEN BÄRWALDER SEE RIETSCHEN KREBA -NEUDORF BÄRWALDE UHYST/SPREE KLITTEN MÜCKA LOHSA KNAPPENRODE GRO ß SÄRCHEN KÖNIGSWARTHA NESCHWITZ HAUPTATTRAKTIONEN GUTTAU WARTHA GRO ß DUBRAU 4 2 3 16 17 19 Weitere Informationen finden Sie im Kapitel „Natur und Umgebung“ ab Seite 18. 13 1
BIOSPHÄRENRESERVAT | IM GESPRÄCH MIT RANGER LORENZ RICHTER OBERLAUSITZER HEIDE- UND TEICHLANDSCHAFT 9 8

Quadratkilometer groß ist die Gesamtfläche des Reservates

Ein Leitmotiv im Zusammenhang mit Biosphärenreservaten ist „Einklang mit der Natur“, aber wie sieht das praktisch aus?

Das bedeutet: Möglichkeiten zu finden, in der Region nachhaltig zu leben und zu wirtschaften; dazu gehört auch, natürliche Stoffkreisläufe besser zu berücksichtigen. In der Regel sind Biosphärenreservate Gebiete mit einer reichhaltigen Kulturlandschaft. Der Freistaat hat in den 1990er-Jahren einen Ausschnitt der teichwirtschaftlich geprägten Oberlausitz als Biosphärenreservat festgesetzt. Hier soll untersucht werden, wie sich die Kulturlandschaft gemeinsam mit den Menschen vor Ort weiterentwickeln und in eine tragfähige Zukunft überführen lässt. So hat sich durch die Teichwirtschaft eine Vielzahl an Arten überhaupt einstellen können. Ein Beispiel: Der Seeadler hat aufgrund der Teichbewirtschaftung hervorragende Bedingungen bei uns, findet er doch ganzjährig ausreichend Nahrung und in den Kernzonen des Biosphärenreservates ungestörte Brutplätze. Dadurch konnte sich die Population hier besonders gut entwickeln.

Was zeichnet den Lebensraum Teiche aus?

Teiche sind grundsätzlich künstlich angelegte Gewässer, meist mit Zu- und Ablauf. So lässt sich der Wasserstand steuern. Zum geeigneten Lebensraum für im und am Wasser lebende Tiere und Pflanzenarten werden Teiche durch ihre verschiedenen Zonen. An den feuchten Randzonen wachsen robuste Gräser, die als Schilfgürtel Kleinsttieren Schutz bieten. In den dicht bewachsenen Flachwasserzonen – mit einer Tiefe von lediglich 20 bis 60 Zentimetern – verstecken sich gern Frösche und Amphibien. In tieferen Zonen wachsen verschiedene Wasserpflanzen und leben Fische, die Nahrung für Fressfeinde sind.

Was ist Ihr Antrieb, sich hier zu engagieren?

Im Naturschutz haben wir zwei große Probleme: die Folgen des Klimawandels und die schwindende Biodiversität. Wir haben einen massiven Artenverlust zu verzeichnen. Arten, die vor 30 Jahren noch in der Oberlausitz von Ornithologen und Fachleuten als häufig beschrieben wurden, sind heute gefährdet und stehen auf der Roten Liste. Meine Sorge: Irgendwann bleibt das Frühjahr still. Umso wichtiger ist es mir, meinen Beitrag zum Artenschutz zu leisten.

wurde das Gebiet

als Biosphärenreservat durch die UNESCO anerkannt

Ein paar Zahlen verleihen der Dramatik Ausdruck: Tatsächlich gibt es im Gebiet des Biosphärenreservats circa 5.200 verschiedene Tier- und Pflanzenarten, von denen mehr als 1.200 Arten auf Roten Listen geführt werden. Was passiert, wenn die wirklich verschwinden?

Mir gibt zu denken, dass sich so viele Arten auf den Roten Listen finden. Die Natur stellt uns Ökosystemleistungen kostenlos zur Verfügung. Dazu zählen Ressourcen wie Nahrung, Wasser, Holz; die Regulierung des Klimas; die Reinigung von Luft und Wasser. Diese Leistungen sind für uns alle von enormer Bedeutung: werden natürliche Ökosysteme beeinträchtigt, hat das gesundheitliche und wirtschaftliche Folgen. Eine nicht nachhaltige Land-, Forst- aber auch Teichwirtschaft kann zum Beispiel die Bodenfruchtbarkeit, das Grundwasser aber auch die Eignung der Flächen als Lebensraum negativ beeinflussen. Ein ganz anderer Aspekt – und hier schließe ich mal von mir auf andere: Wir sind ja alle gern draußen unterwegs. Die Natur ist auch Dank einer hohen Artenvielfalt Ort unserer Ruhe, Kraft, Sehnsucht, Entspannung. Auch das ist eine Leistung der Natur.

Apropos Erholung, welchen Stellenwert hat Tourismus im Biosphärenreservat?

Durch mehrere Lehrpfade, den Seeadlerrundweg – eine Radroute durch das Biosphärenreservat –und unser Besucherinformationszentrum HAUS DER TAUSEND TEICHE wird den Gästen schon jetzt viel geboten. Dennoch wollen wir die touristische Infrastruktur nachhaltig weiter entwickeln, um die Entwicklung des Biosphärenreservates erlebbar zu machen.

Was ist Ihr persönliches Highlight, oder haben Sie noch einen Geheimtipp?

Ab Oktober werden viele Teiche abgelassen, dann sind Scharen von Vögeln auf Nahrungssuche, legen Reserven für ihren Zug nach Süden an. Das ist besonders in diesen Dimensionen beeindruckend.

Vögel kommen im Frühjahr aus Ost- oder Westafrika nach Europa, machen hier Rast und ziehen weiter nach Skandinavien und Russland in ihre Brutgebiete. Im Herbst nehmen sie den beschwerlichen Rückweg wieder auf sich. Das ist unvergleichlich, morgens rauszugehen und das Trompeten der Kraniche zu hören. Ich empfinde das als Luxus, das erleben zu können.

Was können Naturfreunde tun, um sich im Biosphärenreservat zu engagieren?

Wir haben ehrenamtliche Naturschutzhelfer, die sich je nach ihren Interessen und Fähigkeiten einbringen. Wer ornithologisch interessiert ist, beobachtet und erfasst Bestände. Natürlich gibt es auch die klassischen Arbeitseinsätze. Da werden immer viele Hände gebraucht. Kinder und Jugendliche sind als Junior-Ranger regelmäßig vor Ort. Dann vermitteln wir ihnen, welche Abläufe in der Natur stattfinden. Es ist wichtig, dass Kinder ihre Heimat auf diese Weise entdecken. Was man nicht kennen und schätzen lernt, das wird man später auch nicht vermissen.

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5.221

Tier- und Pflanzenarten

gedeihen in Sachsens Biosphärenreservat.

Davon werden mehr als 1.200 auf Roten Listen besonders seltener und gefährdeter Arten geführt.

Gladiolenwiese im Daubaner Wald – Deutschlands Naturwunder 2017
OBERLAUSITZER
TEICHLANDSCHAFT BIOSPHÄRENRESERVAT | FLORA UND FAUNA
HEIDE- UND

Bedeutend sind hier Seltenheiten wie Moor­

Wiesengladiole Gladiolus imbricatus

Einst war die Wiesengladiole, auch Dachziegelige Siegwurz genannt, eine charakteristische Pflanze wechselfeuchter Wiesen und Wälder in der Oberlausitz. Im Gegensatz zur Sumpf-Gladiole, die in Sachsen ausgestorben ist, konnte sie auf einigen feuchten Pfeifengraswiesen überleben. Auf diesen seltenen, zumeist im Wald liegenden Wiesen wächst sie oft zusammen mit Orchideen und blüht ab Ende Mai bis in den Juli hinein.

Das größte deutsche Vorkommen der Wiesengladiole liegt im Biosphärenreservat auf einer Fläche des ehemaligen Truppenübungsplatzes Dauban, deren Eigentümer heute die Naturerbe GmbH der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ist. Diese Gladiolenwiese wurde in einem deutschlandweiten Wettbewerb der Heinz-Sielmann-Stiftung und des Nationale Naturlandschaften e. V., ehemals EUROPARC Deutschland e. V. als Naturwunder 2017 zur schönsten Wiese Deutschlands gewählt. Auf geführten Wanderungen und Exkursionen können sich die Gäste des Biosphärenreservates einen Eindruck von der Blütenpracht holen.

Seeadler Haliaeetus albicilla

Erhaben kreist der Seeadler über die Teichlandschaft. Mit bis zu 2,40 Meter Flügelspannweite ist er der größte einheimische Greifvogel. Erst seit den 1970erJahren brütet er wieder im Gebiet des Biosphärenreservates und erreicht hier eine der höchsten Bestandsdichten in Mitteleuropa. In den Wäldern und an Waldrändern finden die Adler für ihren Nestbau alte, gut versteckte Bäume, die freien Anflug bieten. Das Weibchen legt ein bis drei Eier, die circa 38 Tage bebrütet werden, ehe ein oder mehrere Jungen schlüpfen. Schon kleine Störungen am Brutplatz können zum Gelegeverlust führen.

Seeadler fühlen sich dort wohl, wo ausgedehnte Wälder und große oder viele Gewässer vorhanden sind. Der majestätische Vogel kann im Gebiet überall beobachtet werden. Zum Beispiel entlang des 88 Kilometer langen Seeadlerrundweges. Auf dessen Verlauf lässt sich viel Wissenswertes über die Natur sowie die Kultur- und Dorfgeschichte hautnah in Erfahrung bringen.

Auch in Zukunft sollen Gladiolen und Orchideen wild in der Oberlausitz wachsen. Daher müssen die feuchten Wiesen fachkundig mit leichter Technik, oft sogar in Handarbeit, gemäht werden. Hierbei ist auch ehrenamtliches Engagement willkommen. Die Auflichtung und Strukturierung der Waldränder ist eine weitere Maßnahme, um artenreiche Wiesen zu erhalten. Die Oberlausitz trägt deutschlandweit die Verantwortung für das Überleben der Wiesengladiole. Im Biosphärenreservat laufen Versuche zur Umsetzung und Wiederansiedlung von selten gewordenen Arten an geeigneten Standorten. Bei der Wiesengladiole klappt das am besten durch das Auspflanzen von vorher vermehrten Zwiebeln.

Fischotter Lutra lutra

Im Biosphärenreservat ist der Fischotter flächendeckend vorhanden. Die ruhige, gewässer- und fischreiche Landschaft ist wie geschaffen für ihn. Schutzmaßnahmen wie Fischotterdurchlässe an Straßen- und Eisenbahnstrecken reduzieren die Gefährdung der Tiere erheblich. Fischotter haben keine feste Paarungszeit. Nach rund 60 Tagen werden ein bis vier Junge im Bau geworfen – in der Teichlausitz vorwiegend im Spätsommer und Herbst.

Am ehesten sieht man ihre Spuren. Ihre kaum verwechselbaren Fußabdrücke (Schwimmhäute) findet man neben oder unter Brücken beziehungsweise am Ufer. Jeder erwachsene Otter hat ein gut abgegrenztes, aber saisonal durchaus variables Revier im Bereich seiner Nahrungsgewässer. Grenzen und beliebte Plätze werden mit Kot und einem riechenden Sekret markiert. Es gehört schon etwas Glück und vor allem Geduld dazu, die Otter am Tage zu beobachten. Die regelmäßig angebotenen Naturführungen „Mit dem Ranger unterwegs“ ermöglichen einen fachkundigen Einblick in die Tier- und Pflanzenwelt der Heide- und Teichlandschaft.

OBERLAUSITZER HEIDE- UND TEICHLANDSCHAFT
veilchen, Steppensesel, Scheidenblütgras und Wiesengladiole. Auch die Tierwelt geizt nicht mit erstaunlichen Vorkommen.
BIOSPHÄRENRESERVAT FLORA UND FAUNA
Wolf, Fischotter, Biber, Seeadler, Kranich, Rohrdommel, Wiedehopf und Kiebitz sind hier zu finden.
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Wiedehopf Upupa epops

Einer der auffälligsten Bewohner der Heide und des Offenlandes ist der Wiedehopf. Der tropisch anmutende Vogel kommt ab April aus Afrika zurück und ruft dann vor allem am Morgen sein typisches „upupup“. Vorrangig braucht er offene und trockene Lebensräume mit vielen Insekten, die er mit seinem gebogenen Schnabel vom Boden aufsammelt. Diese findet er im Biosphärenreservat vor allem auf typischen Heideflächen, auf Streuobstwiesen, Trockenrasen sowie auf Flächen früherer Braunkohlentagebaue. Leider wachsen die dringend benötigten offenen Flächen stetig zu, so dass sein Lebensraum zu verschwinden droht. Zudem benötigt er aufgrund fehlender Höhlen auch künstliche Nisthilfen.

Im Idealfall wird der Wiedehopf irgendwann wieder ganz ohne menschliche Hilfe im Gebiet brüten können. Dazu müssen alte und höhlenreiche Bäume besonders an Waldrändern, in Feldgehölzen aber auch auf Streuobstwiesen und in Obstgärten erhalten bleiben.

Die Rückkehr des Wiedehopfs – Ein Artenschutzprojekt Auf Initiative der NABU-Ortsgruppe Wittichenau begann 2005 unter fachlicher Begleitung der Vogelschutzwarte Neschwitz ein Projekt zum Schutz des Wiedehopfs. Nisthilfen wurden errichtet und Jungvögel beringt. Weiterhin wurden Flächen entbuscht, Heiden und Trockenrasen gepflegt sowie ein intensives Monitoring der Bestandsentwicklung durchgeführt. Von 2017 bis 2021 wurde das Projekt von der Allianz-Versicherung mit Spenden unterstützt. Die Gelder flossen in konkrete Artenschutzmaßnahmen der Naturschutzstation Neschwitz.

Auch zukünftig benötigt der Wiedehopf unsere Hilfe. Ehrenamtliches Engagement ist vor allem bei Aktionstagen zur Entbuschung von Offenland oder beim Bau der Nisthilfen gefragt.

OBERLAUSITZER HEIDE- UND TEICHLANDSCHAFT
Strukturreiche Teichgruppen prägen das Bild der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft.
BIOSPHÄRENRESERVAT | NATUR UND UMGEBUNG 16
Im Biosphärenreservat kann eine einzigartige Kulturlandschaft erlebt werden: entlang von Erlebnispfaden, bei Veranstaltungen oder bei den Gastgebern der Region.

HAUS DER TAUSEND TEICHE

Das 2012 errichtete Besucherinformationszentrum ist der zentrale Anlaufpunkt im Biosphärenreservat. Es steht auf einem Vier-Seiten-Hof in Wartha, der um 1800 als Vorwerk des früheren Rittergutes Guttau entstand. Die barrierefrei zugängliche multimediale Ausstellung im Haus widmet sich der jahrhundertealten Tradition der Teichwirtschaft im heutigen UNESCO-Biosphärenreservat. Lassen Sie sich entführen in das Land der tausend Teiche und beginnen Sie den Rundgang mit einem Film. Er zeigt Ihnen phantastische Bilder über Mensch und Natur im UNESCO-Schutzgebiet.

Besonders lohnenswert ist die Besichtigung des Riesenaquariums, in dem die Fischwelt der Teiche erlebbar wird. Einen ersten Eindruck können sie sich im 360–Grad–Panorama auf der Internetseite holen (www.haus-der-tausendteiche.de).

Naturerlebnispfad Biologische Vielfalt und Heimatgeschichte KrebaNeudorf

Auf drei Rundwegen, mit einer Gesamtlänge von 14 Kilometern, lässt sich die Vielfalt der Kultur- und Naturlandschaft in und um Kreba-Neudorf besonders gut entdecken. Abwechslungsreich und eng beieinander liegen an diesem Ort Lebensräume verschiedener Naturausstattungen sowie historischer Nutzungsformen, wie der Verhüttung von Raseneisenstein. Zusammen und mit den dort vorkommenden Tier- und Pflanzenarten lässt sich ein sehenswertes Mosaik der biologischen Vielfalt vorfinden. Die zahlreichen Themenpfade können gut mit dem Fahrrad oder zu Fuß erkundet werden. Einzelne Teilstrecken sind barrierefrei gestaltet und ermöglichen ein Naturerleben für alle Menschen.

Naturerlebnispfad Guttauer Teiche und Olbasee

Mitten im zauberhaften Land der tausend Teiche, die wie Edelsteine zwischen Wäldern und Wiesen funkeln, können Sie Natur sehen, hören, riechen und fühlen. Lassen Sie sich faszinieren vom wogenden Röhricht, vom glitzernden Wasserspiegel oder von wolkig weißen Nebelschwaden. Bestaunen Sie im Frühjahr die Blütenteppiche der Buschwindröschen, hören Sie die Rufe der Unkenchöre und die Konzerte ganzer Froschorchester. Erleben Sie im Herbst das Geschnatter hunderter Wildgänse oder nehmen Sie einfach nur die Stimmung der Teichlandschaft mit ihren riesigen knorrigen Eichen auf!

Auf verschiedenen Routen, mit barrierefreien Teilstrecken, bietet der insgesamt 8,3 Kilometer lange Lehrpfad an zahlreichen Stationen Wissenswertes über die Natur und die Entstehung der Kulturlandschaft und lädt Groß und Klein zum aktiven Mitmachen ein.

Schloss- und Parkanlagen, Rittergüter

Radibor

Neschwitz (Sächsische Vogelschutzwarte)

Milkel

Spreewiese

Guttau

Petershain

Kreba (Grundschule)

Uhyst/Spree

Schloss Königswartha

Seeadlerrundweg –mit dem Rad unterwegs

Dieser 88 Kilometer lange Rundweg führt zu den landschaftlichen Schönheiten und kulturellen Besonderheiten der Teichlausitz, den kleinen und großen Attraktionen des Biosphärenreservats. Entlang des Weges werden Sie mit Hilfe von 13 Stationen durch die Lebensräume seltener Tier- und Pflanzenarten geleitet. Hier wird auch gezeigt, was unter nachhaltiger Nutzung verstanden wird. Lassen Sie sich zu Aussichtspunkten, Beobachtungsplattformen, Natur- und Kulturdenkmalen, Hofläden, Kunsthandwerkern und Heimatmuseen führen.

Naherholungsziele:

Biotopverbund Caminau mit Totholzpark, dendrologischem Lehrpfad und Feuchtbiotop

_Gröditzer Skala

_Stausee Bautzen

_Naherholungsgebiet „Blaue Adria“

_Olbasee

_Bärwalder See

Museen, Freizeiteinrichtungen

Erlichthof Rietschen (Wolfsausstellung, Museumsgehöft, Theaterscheune, Handwerk und Handel, Schlemmen und Übernachten)

Energiefabrik Knappenrode

Findlingspark Nochten

Elektroporzellanmuseum

Margarethenhütte Großdubrau

Sorbisches Schulmuseum in Wartha

Aussichtsturm Monumentberg

BIOSPHÄRENRESERVAT | NATUR UND UMGEBUNG
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Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 8.

Urlaub genießen –nachhaltig und natürlich

Das Miteinander von Mensch und Natur steht im UNESCO-Biosphärenreservat in einem besonderen Fokus. Gäste schätzen die Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, da sie hier Ruhe und Erholung finden. Mit der Auszeichnung „Biosphärenreservats-Partner“ werden seit dem Jahr 2016 Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe sowie Anbieter von Ferienwohnungen und Pensionen gewürdigt, die zur Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe, zur Schonung der Umwelt und Erhaltung der Kulturlandschaft beitragen. Über 20 nachhaltig wirtschaftende Partner sorgen auf diese Weise im UNESCO-Schutzgebiet dafür, dass Besucherinnen und Besucher einen Urlaub im Einklang mit der Natur verbringen können. Die Betriebe werden nach deutschlandweit einheitlichen Qualitäts- und Umweltstandards ausgezeichnet. Sie verwenden beispielsweise heimische Produkte, gehen sparsam mit Wasser und Energie um oder setzen sich beim Schutz gefährdeter Arten ein.

Neben der Partnerinitiative werden seit über 20 Jahren durch die Biosphärenreservatsverwaltung zwei mal jährlich Naturmärkte in Wartha ausgerichtet. Diese sind auch ein beliebter Präsentationsort für Partner des Biosphärenreservats.

biosphärenreservat-oberlausitz.de/de/br-partner

Highlight der Region

Traditionelles Handwerk, den Duft frisch gebackener Teigwaren oder Darbietungen sorbischer Volkskünstler erleben? Auf den Naturmärkten der Biosphärenreservatsverwaltung ist das möglich. Immer am letzten Samstag im April und am Samstag des zweiten Septemberwochenendes herrscht auf dem idyllischen Vierseitenhof in Wartha reges Markttreiben. Ein Markt wie aus dem Bilderbuch: Prall gefüllte Obstkörbe, frisch geerntetes Gemüse, Käse, Wurst und Fisch in vielen Variationen, Blumen, Kräuter sowie gewebte Stoffe lassen die Herzen der Gäste höher schlagen. Hier trifft man insbesondere kleinere Landwirtschafts- und Handwerksbetriebe, die für eine regionaltypische und umweltverträgliche Produktion stehen.

Weitere Informationen über Beherbergungs- und Freizeiteinrichtungen, Wander- und Radwanderrouten im Gebiet finden Sie zum Beispiel unter: Biosphärenreservatsverwaltung mit Haus der Tausend Teiche: biosphaerenreservat-oberlausitz.de Marketinggesellschaft Oberlausitz: oberlausitz.com Touristische Gebietsgemeinschaften: Bautzen und die Oberlausitzer Heide und Teichlandschaft oberlausitz-heide.de, Neißeland neisseland.de, Lausitzer Seenland lausitzerseenland.de Infoportale der Landkreise Bautzen landkreisbautzen.de und Görlitz kreis-goerlitz.de

Die Besenheide – Relikt einer alten Kulturlandschaft OBERLAUSITZER HEIDE- UND TEICHLANDSCHAFT BIOSPHÄRENRESERVAT AN DER RICHTIGEN ADRESSE

Wildnisgebiet Königsbrücker Heide

Blick in die vielgestaltige Landschaft der Pulsnitzaue

Weitere Informationen finden Sie im Kapitel „Natur und Umgebung“ ab Seite 34.

Ungezähmte Natur? Das ist heutzutage möglich? Aber sicher. Im Wildnis g ebiet Königsbrücker Heide. Nach Jahrhunderten

landwirtschaftlicher und militärischer Nutzung darf sich Natur nach ihren eigenen Gesetzen entwickeln. Das Wildnisgebiet ist Refugium für viele gefährdete Pflanzenund Tierarten.

Lieber Klaus Richter, in der Königsbrücker Heide darf Natur Natur sein. Ist das schon Wildnis?

Ich würde das immer mit dem Prozessschutz koppeln, also dem Nicht-Eingreifen des Menschen in natürliche Abläufe. Wir gestalten Wildnis nicht, sondern sind Beobachter, um zu lernen: Was kann die Natur leisten? Das liefert uns zum Beispiel Erkenntnisse darüber, wie wir andere Gebiete im Sinne des Naturschutzes managen können. Dazu brauchen wir große, komplexe Gebiete. Und dafür ist die Königsbrücker Heide aus verschiedenen Gründen prädestiniert.

Warum?

Da ist zum einen die Flächengröße von circa 7.000 Hektar; zum anderen die kompakte Form: Dadurch sind die Grenzlinien kürzer als bei vielen anderen Naturschutzgebieten in Deutschland. Während dort immer viele Einflüsse von außen nach innen getragen werden, haben wir hier wirklich ungestörte Bereiche. Das ergibt eine sehr kompakte Prozessschutzzone auf circa 80 Prozent der Fläche, auf der faktisch nicht eingegriffen wird.

War das Zufall oder bewusst so gestaltet?

Das hat sich aus der Nutzungsgeschichte des Gebiets ergeben, einem ehemaligen Truppenübungsplatz. Da denkt man zunächst, das sei eine Katastrophe, weil die militärische Nutzung die ganze Landschaft verwüstet. Bei genauerem Hinsehen finden wir viele positive Faktoren. Frühere „Fürsten“ gründeten ihre Truppenübungsplätze einst an Standorten, die ohnehin für eine ertragsreiche Landwirtschaft ungünstig waren. Das heißt, wir hatten hier über mehr als 100 Jahre keine Düngung, kaum Einsatz von Bioziden, es gab keine großen Infrastrukturmaßnahmen. Ebenfalls positiv zu bewerten, sind hier die kleineren Flüsse, die das Gebiet durchziehen und nur an wenigen Stellen begradigt wurden. Durch diese natürliche Flussdynamik entstand ein außerordentlich komplexes Biotopmosaik aus Flussauen, Wäldern und verschiedenen Offenlandbiotopen, vor allem Heideflächen.

KÖNIGSBRÜCK ORTRAND KROPPEN SCHMORKAU SCHWEPNITZ 1 5 6 7 10 2 4 8 PULSNITZ ZEISHOLZ ZSCHORNA 11 12 13 14 15 SCHLÖSSER, BURGEN, GÄRTEN, SEHENSWÜRDIGKEITEN MUSEEN, FREIZEITEINRICHTUNGEN 3 16 GROSSTEICH HAUPTATTRAKTIONEN
WILDNISGEBIET IM GESPRÄCH MIT PROF. KLAUS RICHTER
KÖNIGSBRÜCKER HEIDE
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Im Bild: Klaus Richter ist Professor i. R. an der Hochschule Anhalt im Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung

Quadratkilometer

Raum für Urwaldreliktarten wie den Großen Erlenprachtkäfer oder vom Aussterben bedrohte Pflanzen wie den Lungenenzian machen das Wildnisgebiet zum Hotspot der Biodiversität im Freistaat.

Sie wirkten damals an der Ausweisung des Naturschutzgebiets Königsbrücker Heide mit. Wie wurde aus dem Truppenübungsplatz ein Wildnisgebiet?

Bereits Anfang der 1990er-Jahre konnte das Naturschutzgebiet gesichert werden – ein Verdienst von insbesondere Heinz Kubasch. Es galt militärische Infrastruktur weitgehend zurückzubauen; ein erster Pflege- und Entwicklungsplan wies Naturentwicklungszonen und zu erhaltende Offenlandbiotope aus. Unter Federführung der Schutzgebietsverwaltung wurde später die Entwicklung zum Wildnisgebiet vorangetrieben. Dazu bedurfte es einer neuen Zonierung mit einer kompakten, zentralen Prozessschutzfläche und der geplanten Verlagerung von zwingend zu erhaltenden Offenlandlebensraumtypen im Sinne von Natura 2000 in die Pflegezone an der Peripherie des Gebietes. Im Jahr 2016 erfolgte die Aufnahme in die Familie der Nationalen Naturlandschaften als erstes Wildnisgebiet Deutschlands.

Das Wildnisgebiet Königsbrücker

Heide schickt sich außerdem an, als erste Naturlandschaft Deutschlands die Schutzkategorie Ib nach den Richtlinien der International Union for Conservation of Nature (IUCN) zu erlangen. Was bedeutet das?

Die IUCN erkennt auf internationaler Ebene Schutzgebiete an, nutzt dafür ihre eigenen Kategorien. Die Kategorie I ist die strengste. Ib bezeichnet wilderness areas, große unzerschnittene Flächen ohne menschliche Eingriffe. Eine solche Anerkennung für die Königsbrücker Heide wäre einmalig in Deutschland.

Natürlich ist Naturschutz in Deutschland und Mitteleuropa in erster Linie Kulturlandschaftsschutz, schließlich hat sich die Natur hier immer unter Einfluss von Menschen entwickelt. Und wir verdanken einen Großteil unserer Artenvielfalt der Kulturlandschaft. Dennoch benötigen wir einige Beispielgebiete, wo wir Natur Natur sein lassen, um ihr Potenzial zu erkennen und Befunde im Sinne des Nachhaltigkeitsgedankens auf die Kulturlandschaft übertragen zu können.

Dazu führt die Schutzgebietsverwaltung seit mehr als 20 Jahren ein Naturschutzmonitoring in der Königsbrücker Heide durch. Wie gehen Sie dabei vor?

Wir betrachten reichlich 50 Flächen, die repräsentativ sind für die Lebensräume im Gebiet. Auf diesen Probeflächen zu je einem Hektar finden regelmäßig Untersuchungen statt. Wir schauen uns die Vegetation an, zum Beispiel im Hinblick auf Veränderungen in der Artenzusammensetzung der Pflanzen und ihrem Zusammenspiel. Regelmäßig werden verschiedene Tiergruppen erfasst, beispielsweise Laufkäfer, Heuschrecken, Tagfalter und Amphibien. Wir entnehmen Bodenproben und analysieren die enthaltenen Nährstoffe. Zusätzlich finden ein Monitoring der Brutvögel und ein Wildmonitoring statt.

verließ die Rote Armee das Gebiet. Schon zwei Jahre zuvor untersuchten engagierte Bürg erinnen und Bürger in den Schießpausen die Schutzwürdigkeit der Königsbrücker Heide unter dem Motto „Frieden mit der Natur“.

Und wie hat sich das Gebiet im Laufe der Zeit entwickelt?

Es ist immer wieder beeindruckend, welche Dynamiken sich entfalten und wie viel „Landschaftspflege“ zum Beispiel Hirsch und Biber betreiben. Die Biber gestalten Gewässer nach eigenem Gutdünken, da entstehen Biberdämme von fast bis zu 500 Metern Länge und somit temporäre Stauseen von etlichen Hektar. Wird so ein Damm nicht zerstört, stirbt dahinter der Wald ab. Wird ein Damm nicht mehr gepflegt, beginnt die Sukzession ausgehend von den „Biberwiesen“ von neuem. Genauso beeindruckend ist die Entwicklung von Heiden, die hier unter den spezifischen Standortbedingungen in Königsbrück – wohl aber auch unter dem Äsungsdruck der Hirsche –ungewöhnlich lange ohne menschliche Eingriffe bestehen.

Wie, denken Sie, wird sich das Wildnisgebiet zukünftig entwickeln?

Für das Wildnisgebiet gilt der Satz: Der Weg ist das Ziel. Also ist die Entwicklung völlig ergebnisoffen.

Eine Vermutung: Die Sukzession wird weiterhin nur langsam fortschreiten, Heide wird es weiterhin auch ohne Eingriffe zumindest noch sehr lange geben und die Wälder, die sich etablieren, werden licht bleiben. Darauf deuten insgesamt auch die Ergebnisse aus dem langjährigen Monitoring hin.

Aus Schutzgründen und wegen der hohen Kampfmittelbelastung besteht ein Betretungsverbot im Wildnisgebiet: Wie können Besucherinnen und Besucher dennoch Wildnis entdecken?

Dazu gibt es mehrere Optionen. Zum einen werden Führungen im Geländebus auf festen Routen angeboten, um Störungen zu minimieren. An verschiedenen Ausstiegspunkten werden Besucherinnen und Besucher an Biotope herangeführt, die sie sonst nirgends sehen würden. Ähnliches erleben Wanderer und Radfahrer auf dem äußeren Rundweg, wo immer wieder Sichtfenster und Aussichtstürme Einblicke in das Gebiet geben. Das ist insbesondere im späten Frühjahr beeindruckend, wenn der Ginster blüht. Im Spätsommer und Frühherbst wiederum blüht die Heide, soweit das Auge reicht. Und auch die Wahrscheinlichkeit, Hirsche und Seeadler zu sehen, ist hier besonders hoch. Vielleicht zeigt sich sogar ein Wolf…

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1992
KÖNIGSBRÜCKER HEIDE WILDNISGEBIET IM GESPRÄCH MIT PROF. KLAUS RICHTER 27 26

667

Arten der Roten Liste sind hier nachgewiesen –darunter zehn Neuund Wiederfunde für Sachsen, 51 vom Aussterben bedrohte Arten in Sachsen und 27 in Deutschland.

KÖNIGSBRÜCKER HEIDE
WILDNISGEBIET FLORA UND FAUNA
Wiedergefunden in der Wildnis: Der Heide-Steppenrüssler (Coniocleonus nebulosus) – eine von vielen Rote-Liste-Arten in der Königsbrücker Heide

Die deutschlandweite Bedeutung für seltene Tiere und Pflanzen belegt das Monitoring seit über 20 Jahren. Gleich sieben Fledermaus ­ und 111 Vogelarten – teilweise mit herausragender Populationsdichte wie bei Bekassine, Heidelerche und Ziegenmelker oder 132 Moos ­ und 157 Flechtenarten gedeihen hier prächtig und ganz natürlich.

Lungenenzian Gentiana pneumonanthe

Im 19. Jahrhundert galt der Lungenenzian als verbreitet, wurde als Blaufärberpflanze, Aphrodisiakum und zur Heilung von Lungenkrankheiten genutzt. Zu finden war er noch 1919 häufig auf Pfeifengraswiesen im Flachland, verstreut im Hügelland. Seine Hauptverbreitungsgebiete in Sachsen lagen im Dresdner und Leipziger Raum sowie in der Lausitz. Zunächst schleichend, verschwand der Lungenenzian ab 1950 immer schneller. Hauptursachen für den Rückgang waren großräumige Meliorationsmaßnahmen, die Aufgabe von Wiesen und eine damit einhergehende Wiederbewaldung. Der Lungenenzian ist vom Aussterben bedroht (Rote Liste 1).

Mittlerweile sind 60 Prozent der sächsischen Fundorte erloschen, für weitere 30 Prozent fehlt seit mehr als drei Jahrzehnten der Nachweis. Gegenwärtig liegt das Hauptverbreitungsgebiet für Sachsen in der Königsbrücker Heide. Dort blühen bisweilen circa 1.000 Exemplare vergesellschaftet mit Glockenheide.

Zunderschwamm-Schwarzkäfer

Neomida haemorrhoidalis

Das Wildnisgebiet gibt insbesondere Urwaldreliktarten eine neue Heimat. Der gehörnte Zunderschwamm-Schwarzkäfer findet hier für ihn lebensnotwendige hohe

Anteile an urwaldartigen Strukturen wie beispielsweise anbrüchige Birken im Aubereich. Hier hat nämlich wiederum sein Habitat- und Brutpilz, der holzzersetzende Zunderschwamm, ein kontinuierliches Vorkommen. Der rund fünf Millimeter große Käfer mit zwei markanten Hörnchen am Kopfschild ist eine naturschutzfachlich hochrelevante Art. Genauso wie der ebenfalls in der Königsbrücker Heide vorkommende Große Erlenprachtkäfer stellt er spezifische Ansprüche an die Quantität und Qualität der zur eigenen Ausbreitung benötigten Lebensräume. Beide sind hervorragende Indikatoren für die Naturnähe von Wäldern.

Bekassine Gallinago gallinago

Die Bekassine gehört zu den „Verlierern der Kulturlandschaft“ und ist im gesamten Bundesgebiet vom Aussterben bedroht (Rote Liste 1). Der kleine Schnepfenvogel mit dem langen geraden Schnabel ist in seinem Bestand auf Flächen mit stehendem Gewässer angewiesen. Strukturreiches Feuchtgrünland oder feuchte Brachflächen sind aber durch Drainierung und intensive landwirtschaftliche Nutzung von Flächen selten geworden.

In der Königsbrücker Heide bekommen die circa neun Brutpaare der Bekassine Unterstützung durch den Biber. Dieser sorgt durch seine Biberstaue für ein abwechslungsreiches Mosaik an Feuchtflächen und stehenden Gewässern.

Elbebiber Castor fiber albicus

Biber sind die größten Nagetiere

Europas, messen bis zu 100 Zentimeter Körperlänge – und das ohne Schwanz! Dessen flache Schuppen lassen erahnen, dass diese Art bereits mehr als 20 Millionen Jahren existiert. Die bis zu 30 Kilogramm schweren Tiere werden zehn bis zwölf Jahre alt. Nach der Paarungszeit vom Januar bis Februar kommen zwischen April und Juni zwei bis vier Junge zur Welt. Im Familienverband lebt das Elternpaar mit zwei Kindergenerationen. Ihre Vorderpfoten ähneln menschlichen Händen und eignen sich sehr zum Graben und Dammbauen. Die Hinterpfoten sind mit Schwimmhäuten besetzt. Biber besitzen sehr große, ständig nachwachsende Nagezähne mit enormer Beißkraft. Die dämmerungs- und nachtaktiven Pflanzenfresser vertilgen Blätter, Knospen, Rinde und Wurzeln von 170 verschiedenen Pflanzenarten. Bei Gefahr können sie bis zu 15 Minuten unter Wasser tauchen. Ihr Lebensraum sind fließende und stehende Gewässer und deren Uferbereiche. Das Alles finden sie in der Königsbrücker Heide.

Wirklich imposant sind Biberstaue: Die mehrere Hektar großen Wasserflächen fördern die Wildnis im Gebiet und schaffen Lebensraum für andere Tier- und Pflanzenarten. Einst verschollen, wurden Biber Mitte der 1970er-Jahre erstmals wieder nachgewiesen. Nach 1992 wuchs ihr Bestand rasant. Im Jahr 2011 gab es im Naturschutzgebiet 44 Biberreviere.

WILDNISGEBIET FLORA UND FAUNA
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Wolf Canis lupus

Seit 2011 gibt es im Wildnisgebiet Wölfe. Ihr gelblich- bis dunkelgraues Fell ist mit hellen Zeichnungen versehen, hinter den Schulterblättern meist mit einem hellen Sattelfleck. Im Unterschied zum Deutschen Schäferhund sind sie hochbeiniger und mit einer geraden Rückenlinie versehen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal sind die innen dicht behaarten dreieckigen Ohren sowie der buschige, meist gerade herabhängende Schwanz mit schwarzer Spitze. Wölfe leben im Familienverband bestehend aus dem Elternpaar, den Welpen und den Jährlingen. Rüden sind mit einer Schulterhöhe von 70 bis 90 Zentimetern und einer Länge von bis zu 140 Zentimetern etwas größer als die Fähen. Sie stehen mit einer Höhe von 60 bis 80 Zentimetern und messen von 97 bis 124 Zentimetern.

In Deutschland lebende Wölfe erreichen ein Gewicht von 30 bis 50 Kilogramm und werden bis zu zehn Jahre alt. 2017 konnte in der Königsbrücker Heide ein neues Paar territorial nachgewiesen werden: Die Fähe mit dem seltenen Haplotyp HW02 kommt aus Polen, der Rüde aus dem Milkener Rudel. Ihr erster Wurf brachte fünf Welpen zur Welt, von denen jedoch nur zwei das erste Jahr überlebten. Das Paar, das 2011 das Rudel der Königsbrücker Heide bildete, zog mindestens 23 Welpen auf.

Davon ernähren sich die Wölfe in der Königsbrücker Heide: Wölfe sind Fleischfresser. Im Jahr 2012 wurden bei einer Nahrungsanalyse 157 Losungsfunde ausgewertet.

Das Ergebnis: Auf dem Speisezettel der Wölfe stehen zuoberst Rehe, gefolgt von Wildschweinen, Rothirschen und Bibern. So ist auch der Rückgang der Biberreviere seit 2011 zu erklären. Wölfe brauchen keine Wildnisgebiete, um überleben zu können. Bei ausreichend großen Rückzugsräumen können sie fast überall leben.

WILDNISGEBIET NATUR UND UMGEBUNG
Der Haselbergturm ermöglicht atemberaubende Aussichten vom Erzgebirge bis ins nördliche Tiefland.
KÖNIGSBRÜCKER HEIDE
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Hier können Besucherinnen und Besucher Wildnis entdecken – im Geländebus, auf dem Rad, auf ausgewiesenen Wanderwegen oder auf Aussichtstürmen.

Aus der Vogelperspektive:

Turmpfad führt zu hohen Zielen

Die zweithöchste Erhebung des Schutzgebietes haben Sie schnell erklommen. Aber auf die 190 Meter des Haselbergs kommen mit dem Haselbergturm noch einmal 34 Meter drauf. Von dessen Aussichtsplattform genießen Sie einen fantastischen Rundblick, der vom Erzgebirge und Westlausitzer Berg- und Hügelland über die Königsbrücker Heide reicht.

Im Schutzgebiet verläuft der Turmpfad auf der Grauwackenschwelle. Dort wandern Sie über die nährstoffreichsten Böden der Königsbrücker Heide. Der Pfad ist umgeben von einem natürlichen Wald, der sich Ihnen in unterschiedlichen Stadien präsentiert: als Gebüsch mit Besenginster, Weißdorn und Schlehe bis hin zum Hainbuchen-Eichenwald. Verstreut wachsen Wildobstbäume, Wildbirne, Vogelkirsche und Eberesche.

Start und Ziel:

Infothek des Naturschutzgebiets

Königsbrücker Heide

In der Infothek in Königsbrück bekommen Sie alle notwendigen Informationen für Ihren Besuch des Wildnisgebiets. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses nehmen nicht nur Ihre Anmeldungen für Bustouren, geführte Wanderungen oder sonstige Bildungsangebote entgegen. Sie kennen sich in der Königsbrücker Heide bestens aus und haben den ein oder anderen Geheimtipp für Entdeckungen auf eigene Faust für Sie. Hier erhalten Sie auch Informationsmaterial, Bücher und kleine Andenken. Der Aktionsraum mit multimedialer Technik bildet außerdem den Start- und Zielpunkt für alle Führungen mit dem Geländebus.

Wildnis verstehen: Bildungsprogramm in der Wildnisstation

Mehr über die ungestörten, natürlichen Prozesse im Wildnisgebiet können Sie in der Wildnisstation erfahren. In der Königsbrücker Heide gelegen, dient sie als Basisstation für das Umweltbildungsprogramm der Naturschutzgebietsverwaltung. Tagsüber werden hier nach Anmeldung in erster Linie Wildnistage und Führungen für Bildungseinrichtungen, Kindergärten und Vereine angeboten. Interessierte Einzelpersonen und Familien können die Wildnisstation zur After-Work-Wildnis oder den wilden Familiennachmittagen besuchen (Anmeldung erforderlich).

Safari in Sachsen: Durch die Wildnis im Geländebus

Die ungezähmte Landschaft, die holprigen und nicht ausgebauten Wege bewältigt unser Geländebus locker und bequem für „Naturforscher“ jeden Alters. Die Abenteuerfahrt zeigt den Wandel von der mittelalterlichen Kulturlandschaft über die Militärbrache hin zur natürlichen und artenreichen Waldlandschaft im Schnelldurchlauf von nur drei Stunden. Unsere Naturführer und Naturführerinnen begleiten Sie mit spannenden Geschichten. Gehalten wird an markanten Geländepunkten wie Biberburgen, Binnendünen, großen Heideflächen oder ausgedehnten Silbergrasfluren.

Auch geführt werden Touren auf allen Besucherpfaden und auf dem Radrundweg. Im Jahresverlauf wechselnde Angebote, wie Frühlings- oder Herbstspaziergänge finden Sie auf unserer Webseite unter koenigsbrueckerheide.eu Voraussetzung für die hier genannten besonderen Naturerlebnisse ist immer eine Anmeldung bei der Naturschutzgebiets-Verwaltung (siehe Kontaktangaben S. 39)

Kinder, Kinder: Biberpfad mit großen Nagern

Begeben Sie sich am Südrand des Schutzgebietes auf den circa sieben Kilometer langen Biberpfad und mit etwas Glück kreuzt Europas größtes Nagetier ihren Weg. Für Ausflüge mit der ganzen Familie ist die kurze und erlebnisreiche Strecke perfekt geeignet. Der Pfad führt Sie durch die Biberreviere am Bohraer Wasser, am See der Freundschaft und an der Pulsnitz. Für die ganz Kleinen existiert alternativ ein nur 1,4 Kilometer kurzer Weg rund um den See.

Die Biberhütte am See der Freundschaft bietet Unterschlupf und eine Grillstelle. Halten Sie Ausschau nach Biberburgen und -dämmen. Die können mehr als einhundert Meter Länge messen. In kleinen Quellbächen entstehen manche hektargroße Wasserflächen. Wo Biber sich ansiedeln, entsteht in kürzester Zeit Wildnis. Seit dem Jahr 1992 haben sie sich in der Königsbrücker Heide rasant ausgebreitet.

Rundum-Genuss:

Der Radrundweg Königsbrücker Heide

Aktiv Natur zu spüren gehört in der Königsbrücker Heide zum Erholungs- und Unterhaltungsprogramm. Und wer weiß schon, welches außergewöhnliche Naturschauspiel sich Ihnen bei Ihrem Besuch bietet. Immer noch als Geheimtipp gehandelt führt Sie ein 47 Kilometer langer Radrundweg um die Wildnis und durch die Region. Zwischenstopps sind lohnenswert, denn Abstecher zu den Besucherpfaden im Wildnisgebiet sind von den Ortschaften aus leicht möglich. In den Ortschaften sind die Wege dahin ausgeschildert. Gaststätten und Pensionen finden Sie entlang der Radstrecke ausreichend. Mehr über den Radrundweg erfahren Sie in der Infothek.

Geografische Orientierung
Ihnen
Karte auf Seite 24. WILDNISGEBIET NATUR UND UMGEBUNG KÖNIGSBRÜCKER HEIDE
gibt
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Imkerei am Wegesrand: Heidepfad Altes Dorf

Auf den nährstoffreicheren Böden im Raum Schwepnitz garantieren Heidekraut und Besenginster eindrucksvolle Natureindrücke. Im Westen grenzen Naturschutz- und Naturerlebnisgebiet aneinander. Hier starten während der Heideblüte tausende Bienen, um den beliebten Heidehonig zu bereiten. Schafe und Ziegen weiden dort, wo Offenland erhalten bleiben soll.

Von Mai bis September hallt das Schnurren der Ziegenmelker über den Pfad. Diesen Charaktervogel der Königsbrücker Heide erspäht, wer entweder lange wach bleibt oder sehr früh aufsteht. Die „Nachtschwalbe“ wird kurz nach Sonnenuntergang aktiv und ruht ab der Morgendämmerung.

Froschkonzert und Spechtklopfen: Der Walschkenpfad

Von Schwepnitz aus führt Sie der Walschkenpfad als Teil des Radrundweges gen Norden nach Zeisholz und direkt ins Wildnisgebiet. Und das hat hier einiges zu bieten. Am Juhrenteich brüten Höcker schwan und Kranich, gehen Fischotter, Seeadler und Eisvogel auf Nahrungssuche. Im Frühjahr erklingen lautstarke Froschkonzerte, später rufen die Unken. Es gibt einige botanische Kostbarkeiten zu entdecken: Hüllt sich die Wasserfläche in ein weißes Kleid, blüht der Wasserhahnenfuß. Besonders farbenfreudig präsentieren sich die größeren Heideflächen. In Kombination mit dem standortgerechten Kiefern-Eichenwald haben hier Rotwild, Wildschwein, Sperlingskauz, Zaunkönig und Schwarzspecht ihr Revier.

Purpurfarbener Sommer: Heidepfad mit Heideturm

Eine Wanderung zum Heideturm lohnt sich zu jeder Jahreszeit, denn die Heide weiß hier immer wieder mit intensiven Farben zu beeindrucken. Im Mai zum Beispiel blüht der Besenginster strahlend gelb und im Spätsommer macht das Heidekraut in Purpur Freude. Aus sechs Metern Höhe bietet sich Ihnen vom Turm die volle Pracht über die Zochauer Heide zum Nordwestlausitzer Hügelland. Im Frühherbst setzt dann das vielstimmige Röhren der Rothirsche ein. Die Hirschbrunft ist ein außergewöhnliches akustisches Naturereignis und mit etwas Glück sogar ein visuelles. War das Gebiet einst versteppt, ist die Sandheide heute wichtiger Lebensraum auch für Falter, Insekten und Würmer sowie seltene Vögel wie das Schwarzkehlchen.

Der Flurname „Walschken“ stammt – typisch für die Region – aus dem Altsorbischen und bedeutet Erle beziehungsweise Erlengehölz. Inzwischen sind die Erlen verschwunden, weil die benachbarten Wiesen entwässert wurden. Zurück blieben nur einige Wegetümpel, deren Ursprung auch die hier im 15. Jahrhundert kultivierte Teichkette ist.

Geschichtsträchtig und entspannt:

Der Heidewaldpfad im Norden Informationstafeln entlang des Heidewaldpfades erzählen von der wechselvollen Geschichte der Region. Die „Alte Straße“ war im Mittelalter eine wichtige Verbindung zwischen Kroppen und Zeisholz. In der Umgebung wurden Holzköhlereien und Pechöfen betrieben. Im 19. Jahrhundert entstanden durch die Rodung der Feuchtwälder Wiesen, die wichtiger Lebensraum und Nahrungsquelle für zahlreiche seltene Pflanzen und Tiere sind. Biber legten in einem kleinen Wiesengraben einen Weiher an. Dort lassen sich manchmal Seeadler und Kraniche beobachten. Durchwandern Sie entspannt die Flur des ehemaligen Rohna auf dem 3,5 Kilometer langen Besucherpfad oder nutzen Sie bequem das Rad.

Naherholungsziele:

Wandergebiet Keulenberg

Wandergebiet Bucksche Schweiz

Wildgehege Moritzburg

Heinrich-Zille-Stadt Radeburg

Schloss & Kamelienausstellung Königsbrück

KÖNIGSBRÜCKER HEIDE WILDNISGEBIET NATUR UND UMGEBUNG
13 15 11
Burgen, Gärten, Sehenswürdigkeiten
Stadtpark
Königsbrück
Schmorkau Dorfkirche Schmorkau Weitere Sehenswürdigkeit Aussichtsplattform am See der Freundschaft 11 16 12 13 14 15
Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 24.
Schlösser,
Schloss Königsbrück Hauptkirche mit
Königsbrück Viadukt
Schloss
7 8 9 10 12 16 14 37 36

Rotwild fühlt sich in der Königsbrücker Heide wohl und pflegt durch sein Fressverhalten die Heidelandschaft natürlich.

Natur pur on tour erleben

Die Königsbrücker Heide erkunden Sie, wie es Ihnen gefällt: zu Fuß, mit dem Rad oder im Geländebus. Der macht Ihnen sogar die holprigen, nicht ausgebauten Wege zugänglich, die durch die ehemalige „Militärwüste“ führen. Dort entwickelt sich eine natürliche Waldlandschaft aus Bachtälern, Binnendünen und Heidefluren. Tatsächlich betreten werden darf das weiterhin munitionsbelastete Schutzgebiet nur dort, wo die öffentliche Sicherheit bereits gewährleistet ist und die Schutzziele dies erlauben. Auf den ausgewiesenen Besucherpfaden ist das bedenkenlos möglich.

Auf der Website der Region finden Sie eine Übersicht aller Pfade, genaue Beschreibungen sowie Karten. Die Geheimnisse des Wildnisgebiets erschließen sich Ihnen auf einer geführten Wanderung. Als Angebot der NSGVerwaltung setzen sie im Jahresverlauf thematische Schwerpunkte wie zum Beispiel auf den Frühlingsspaziergängen. Voraussetzung zur Teilnahme an diesen besonderen Naturerlebnisangeboten ist eine rechtzeitige Anmeldung unter: koenigsbrueckerheide.eu.

Highlight der Region

Zur Blütezeit der Besenheide lädt die Schutzgebietsverwaltung jährlich am letzten Sonntag im August ein zum traditionellen Heidefest. Und dies abwechselnd und gemeinsam mit und in den Gemeinden rund um die Heide. Dabei kommen die Mitarbeitenden der Schutzgebietsverwaltung in ganz besonderer Weise in Kontakt mit den Anwohnerinnen und Anwohnern der Region sowie deren Gästen. Neben Exkursionen mit Geländebus und Kremser in das lila blühende Heidemeer nutzen jährlich mehrere Tausend Besucherinnen und Besucher auf dem Festgelände bei Musik und Kulinarik die zahlreichen Angebote rund um Natur und Kultur der Region.

Weitere Informationen über Beherbergungs- und Freizeiteinrichtungen, Wander- und Radtouren im Wildnisgebiet finden Sie zum Beispiel unter:

NSG-Verwaltung Königsbrücker Heide / Gohrischheide Zeithain: koenigsbrueckerheide.eu

Bundesprojekt Wildnis in Deutschland: wildnisindeutschland.de

Tourismusbüro der Stadt Königsbrück: koenigsbrueck.de

Infoportal des Landkreis Bautzen: landkreis-bautzen.de

WILDNISGEBIET | AN DER RICHTIGEN ADRESSE
KÖNIGSBRÜCKER HEIDE
Blick in die Krone einer alten Rotbuche
Naturpark Dübener Heide

HAUPTATTRAKTIONEN

Weitere Informationen finden Sie im Kapitel „Natur und Umgebung“ ab Seite 52.

Mitteldeutschlands. Der Naturpark

Dübener Heide besticht mit artenreichen Wiesen und romantischen Teichen.

Lieber Nico Fliegner, der Naturpark Dübener Heide ging aus einer Bürgerinitiative hervor; nehmen Sie uns bitte mit in die Entstehungsgeschichte …

Der Naturpark Dübener Heide liegt in Sachsen und Sachsen-Anhalt, die territoriale Grenze verläuft mitten durch den Naturpark. 1992 wurde dieser von den Bundesländern ausgerufen. Das war ein völliges Novum und geschah auf Betreiben des Vereins Dübener Heide. Der hat seine Ursprünge in den 1930er-Jahren. Damals war das noch ein Heimat-, Wander- und Naturschutzverein, der auch schon Gäste und Wanderfreunde insbesondere aus den Großstädten Leipzig und Halle zum Wochenendausflug in die Region lockte. Im Jahr 1990 erfolgte die Wiedergründung des Vereins aus den Grünen Tischen heraus. Zu dieser Zeit herrschte eine Aufbruchsstimmung, sowohl politisch als auch in der Umweltbewegung. Im Verein schlossen sich Akteure aus den verschiedenen Ortschaften zusammen.

Die Dübener Heide war von Braunkohlebaggern bedroht, bei Gräfenhainichen sollte der Tagebau erweitert werden. Der wiedergegründete Verein sollte als Instrument dienen, die Dübener Heide zu schützen und die Region mittelfristig zu entwickeln. Das Bestreben und schließlich die Entscheidung, die Dübener Heide zum Naturpark zu machen, lag nahe und war Ergebnis der Initiative.

Wie ging es nach der Gründung des Naturparks ab 1992 weiter?

Verschiedene Faktoren trugen zum Niedergang der Braunkohleindustrie bei und der Anspruch zur Ausdehnung löste sich bald in Wohlgefallen auf. Neben der Entwicklung des Naturparks gab sich der Verein das Ziel, Kultur-, Boden- und Naturdenkmale zu erhalten und die geschichtlichen Zeugnisse der Region zu bewahren. Oberstes Anliegen war und ist die Natur- und Landschaftspflege sowie der Umweltschutz – jedoch ohne die wirtschaftliche Entwicklung zu verhindern.

Um diesen Spagat zu meistern, bietet der Naturpark viele Möglichkeiten. Hier sollen und können Menschen im Einklang mit der Natur leben, sich eine Existenz aufbauen; sei das ein Landwirtschaftsbetrieb, ein familiengeführter Ferienhof oder ein kleines Hotel. Und natürlich spielt in der Dübener Heide mit ihren Wäldern auch die Forstwirtschaft eine wichtige Rolle.

Im Bild: Nico Fliegner aus Bad Düben ist Vorstandsmitglied im Dübener Heide e. V. und kümmert sich um die Mitgliederpflege und Öffentlichkeitsarbeit

GRÄFENHAINICHEN ORANIENBAUM KEMBERG BITTERFELD BAD DÜBEN BAD SCHMIEDEBERG EILENBURG DOBERSCHÜTZ DOMMITZSCH TORGAU DELITZSCH 1 2 3 6 7 MULDESTAUSEE ELBE 8 9 10 11 12 13 14 15
FREIZEITEINRICHTUNGEN 5
SCHLÖSSER, BURGEN, GÄRTEN, SEHENSWÜRDIGKEITEN MUSEEN,
MULDE 17 4
NATURPARK IM GESPRÄCH MIT DEM VEREINSVORSTAND NICO FLIEGNER
Im Norden des Freistaats erstreckt sich über eine sanfte hügelige Landschaft der größte Mischwald
DÜBENER HEIDE
43 42

Kilometer

ausgewiesene Rad- und Wanderwege durchkreuzen die Dübener Heide.

Die Dübener Heide zählt 80.000 Einwohner. Wie fördert Ihr Verein deren Heimatverbundenheit?

Unser Verein besteht aus neun Ortsgruppen, die einen geselligen Umgang pflegen. Da treffen sich Mitglieder und Freunde zum Feiern und Wandern, zum Beisammensein mit ihren Familien und Kindern. So entwickelt sich ein Gemeinschaftsleben. Die Ortsgruppen bilden Anlaufstellen, an denen es sonst im ländlichen Raum oftmals mangelt.

Wie sind Sie dazu gekommen, sich im Verein zu engagieren?

Ich stamme aus Bad Düben und bin hier groß geworden. Seit mittlerweile 15 Jahren bin ich mit dem Verein verwoben, wenn auch zunächst noch nicht als Mitglied. Aber ich bekam mit, was und wie viel der Verein bewegte und welch breites Spektrum die Arbeit umfasste – von der Regionalentwicklung bis zur Heimatgeschichte. Außerdem imponierte mir das Anliegen des Vereins, als Mittler zu agieren. Es geht darum, verschiedene Interessen zu berücksichtigen, um auch Neues entstehen zu lassen.

Abgesehen von der Entstehungsgeschichte – was ist das Besondere am Naturpark Dübener Heide?

Das zeigt bereits der Titel: „Naturpark“ engt die Nutzung vergleichsweise wenig ein. In den Natur- und Vogelschutzgebieten sowie Naturschurschutzgroßprojekten

ist zwar Vorsicht geboten und es können dort weniger Entwicklungen stattfinden, aber wer die Natur entdecken will, der kann das auch – im besten Fall mit jemandem, der sich auskennt.

Unsere Naturpark- und Landschaftsführer wissen genau, welche Tiere und Pflanzen es zu sehen gibt. So lohnt sich ein Ausflug gleich doppelt. Mehr als die Hälfte unserer Fläche ist bewaldet und die Dübener Heide somit das größte geschlossene Mischwaldgebiet Mitteldeutschlands. Hervorzuheben sind die Erlenbruchwälder und Moore, die im Rahmen eines Naturschutzgroßprojektes renaturiert werden und die sich durch eine besonders hohe Artenvielfalt auszeichnen. Dort finden wir insbesondere viele Insekten, die vom Aussterben bedroht sind, zum Beispiel die Hochmoor-Mosaikjungfer und den Moorlaufkäfer.

Der Naturpark ist Lern- und Entwicklungsraum. Wie wird das vor Ort gelebt?

Da erfolgt viel ehrenamtliche Arbeit über den persönlichen Antrieb der Beteiligten. Angebote und Projekte zu Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) sind zumeist über Fördermittel und Spenden finanziert. Unser Verein unterhält in Bad Düben ein Naturparkhaus, in dem BNE- und Naturschutzstation untergebracht sind.

Hektar umfasst das Kerngebiet des Presseler

Heidewald- und Moorgebiets, ein Naturschutzprojekt von internationaler Bedeutung.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen in Schulen und KiTas. Andersherum lassen sich die Bildungseinrichtungen in der Region als Naturparkschulen und -kindergärten zertifizieren. Ihr Lernangebot ist dann so angelegt, dass vieles draußen stattfindet. Die Kinder und Jugendlichen nehmen an verschiedenen Exkursionen teil, lernen die Tier- und Pflanzenwelt ihrer Heimat kennen. Das wird sehr spielerisch verpackt und schafft Bewusstsein für das, was es zu bewahren gilt.

Wie können sich Interessierte für den Naturpark Dübener Heide engagieren?

Das geht am besten über die Plattform unseres Vereins: RegioCrowd. Dort stellen wir Projekte und Themen ein, richten uns an Mitglieder und Externe, an Menschen, die an Landschafts- und Naturgestaltung teilhaben wollen. Das Monetäre steht dabei nicht im Fokus. Das Motto ist eher: spende Zeit und aktive Arbeitskraft. Da geht es meist um simple Dinge wie eine anstehende Wiesenmahd, für die wir helfende Hände benötigen.

Das Schöne: Es finden sich immer Leute, häufig auch ohne Bezug zum Verein, viele aus Halle und Leipzig, die einfach am Wochenende draußen was machen und anpacken wollen. Und das involviert längerfristig, weil die Menschen dann noch Jahre später wiederkommen und

sich das Resultat ihrer Arbeit anschauen: wie sich die gepflanzten Bäume entwickeln oder wie der Storchenhorst genutzt wird. Das Prinzip hat sich bewährt: RegioCrowd wird mittlerweile auch in anderen Regionen genutzt, wo Akteure ihre Mitmach-Aktionen darüber verbreiten.

Zum Abschluss: Was ist Ihr persönliches Highlight im Naturpark? Und haben Sie noch einen Geheimtipp für Besucherinnen und Besucher?

Sicherlich der Kranichzug im Herbst. Der lässt sich wunderbar zum Beispiel im Presseler Heidewaldund Moorgebiet betrachten. Dort gibt es bei Torfhaus eine Beobachtungsplattform. Ansonsten empfiehlt sich eine Wanderung oder Radfahrt über die Heide-Biber-Tour.

Das ist der erste Qualitätswanderweg in der Region und verbindet die beiden Kurstädte Bad Düben in Sachsen und Bad Schmiedeberg in Sachsen-Anhalt. Auf circa 30 Kilometern lässt sich die ganze Vielfalt der Dübener Heide sehen und erleben.

1000
7000
DÜBENER HEIDE
NATURPARK IM GESPRÄCH MIT DEM VEREINSVORSTAND NICO FLIEGNER 44 45

180

Arten, die hier vorkommen, stehen auf der Roten Liste. Jede dieser gefährdeten Arten findet in der Dübener Heide sehr gute Bedingungen. Auch das macht den Naturpark einzigartig und schützenswert.

DÜBENER HEIDE NATURPARK FLORA UND FAUNA
Die grazilen und majestätischen Bewegungen des Kranichs zu beobachten, ist ein faszinierendes Naturschauspiel.

Wildkatze Felis silvestris

einer braun-grau gemusterten Hauskatze; doch die Wildkatze besitzt einen buschigen Schwanz mit dunklen Ringen und stumpfem, schwarzen Ende. Ihre Fellzeichnung ist nicht kontrastreich, sondern verwaschen. Im Winterfell wirkt sie – bei einem Gewicht von vier bis fünf Kilogramm gedrungen und kräftiger als eine Hauskatze.

Die Dübener Heide einschließlich des Presseler Heidewald- und Moorgebiets ist als Lebens raum für Wildkatzen geeignet. Die scheue Wildtierart lebt zurückgezogen und versteckt in großen, naturnahen und möglichst unzerschnittenen Laub- und Mischwäldern. Dort jagt sie nach Mäusen und erlegt gelegentlich Kaninchen, Eidechsen, Frösche und Kleinvögel. Baumund Felshöhlen sowie Wurzeln und abgestorbenes Geäst dienen der Wildkatze als Tagesver steck und als Versteck zur Aufzucht ihrer Jungen.

Die Europäische Wildkatze steht in Europa unter strengem und besonderem Schutz. In Deutsch land gibt es noch circa 5.000 bis 10.000 Wildkatzen. Mehr als 100 Jahre wurde keine Wildkatze in Sachsen gesichtet. Doch seit einem ersten Nachweis im Jahr 2015 ist ihr Vorkommen im Naturpark wieder gesichert. Die Bestandsentwicklung wird durch ein Monitoring überwacht.

Seit der Antike ist der Kranich ein Symbol für Klugheit und Wachsamkeit. Kein Wunder – schreitet er mit einer Höhe von bis zu 130 Zentimetern auf langen Beinen geradezu erhaben durch Sumpf- und Moorlandschaften. Das Gefieder ist überwiegend aschgrau. Jungvögel sind bräunlichgrau gefärbt. Kennzeichnend sind die schwarz-weiße Kopf- und Halszeichnung und die federlose rote Kopfplatte. Zur Balz und im Flug lässt der Kranich weithin hörbar

des Wildenhainer Bruchs sowie die Seen der umgebenden Bergbaufolgelandschaften bieten dem Kranich einen idealen Rastplatz auf seinen langen Reisen gen Süden. Die umliegenden Mais- und Getreidestoppelfelder dienen ihm als Nahrungsquelle. Dort findet er ein abwechslungsreiches Buffet aus tierischer sowie pflanzlicher Nahrung: Kleinsäuger, Frösche, Schnecken, Körner, Beeren, Wurzeln etc. Erfreulich: Der Bestand hat in den vergangenen Jahrzehnten zugenommen. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Kranichschutz betreuen ehrenamtlich zahlreiche Brutpaare in der Dübener Heide, insbesondere im Presseler Heidewald- und Moorgebiet.

Königs-Rispenfarn Osmunda regalis

Mit einer Höhe von mehr als 160 Zentimetern erreicht der Königsfarn eine beeindruckende Größe. Seine aufrecht stehenden, hellgrünen Wedel verleihen ihm ein erhabenes Erscheinungsbild und gaben dem Königsfarn seinen Namen. Anders als bei vielen anderen Farnen befinden sich die Sporenträger nicht auf der Unterseite der Blätter. Stattdessen bildet der Farn nach einigen Jahren zusätzliche Sporenwedel. Die Sporen reifen zwischen Juni und Juli heran und bleiben nur wenige Tage keimfähig.

In Deutschland besiedelt der Königsfarn feuchte Erlenbruchwälder, Quellmoore und Bereiche entlang feuchter Gräben. Als Standort benötigt der Königsfarn einen leicht sauren bis neutralen, kalkfreien und humusreichen Sand- beziehungsweise Tonboden. Staunässe ist ein Standortvorteil. Die Art gilt aufgrund von Bestandsrückgängen infolge von Biotopzerstörungen als stark gefährdet und steht unter Naturschutz.

NATURPARK FLORA UND FAUNA DÜBENER HEIDE 49 48
Nach der letzten Eiszeit entstand hier eine hügelige Endmoränenlandschaft, auf der sich schattige Waldgebiete vereinen mit sonnenbeschienen Ackerflächen, romantischen Seen und Teichen, einmaligen Mooren und artenreichen Wiesen.

Elbebiber Castor fiber albicus

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stand der Elbebiber in Mitteleuropa kurz vor dem Aussterben. In Mitteldeutschland blieben lediglich entlang Elbe und Mulde kleine Restpopulationen erhalten. Dank umfangreicher Schutzmaßnahmen und ehrenamtlichen Engagements erholten sich die Bestände. Derzeit gibt es circa 1.200 Elbebiber in Sachsen. Verbreitungsschwerpunkt im Freistaat ist die Region Nordwestsachsen. Dem Stellenwert des Elbebibers wird nicht zuletzt im Wappen des Naturparks Ausdruck verliehen. Wie keine andere heimische Tierart verändert und gestaltet der Elbebiber seinen Lebensraum. Zwar bringt das viele positive Effekte für Artenvielfalt, Gewässerqualität und Hochwasserschutz, aber das Fällen von Bäumen und Anlegen von Dämmen führt zu Landnutzungskonflikten – dort wo die Interessen von Mensch und Tier aufeinander treffen.

Seit 2010 verfügt der Naturpark Dübener Heide über ein regionales Bibermanagement mit ehrenamtlichen Revierbetreuern. Das Bibermanagement nimmt Schadensmeldungen entgegen und leitet diese an zuständige Behörden weiter. Aus dieser Arbeit entstand eine Kontaktstelle Bibermanagement, die als permanent erreichbarer Berater und Dienstleister fungiert. Im Naturpark Dübener Heide verortet, finden Landeigentümer und Landnutzer, Behörden und Bevölkerung einen Ansprechpartner zur Konfliktvermeidung und -minimierung im Umgang mit dem Elbebiber.

Mopsfledermaus

Barbastella barbastellus

In Sachsen kommen 20 Fledermausarten vor. Sie sind von großer ökologischer Bedeutung, tragen zur biologischen Vielfalt bei und bereichern das Artenvorkommen der heimischen Natur. In der Dübener Heide finden sie gute Lebensbedingungen und reichhaltig Nahrung. Doch in Siedlungsgebieten führen Eingriffe des Menschen für Fledermäuse zu Problemen: Abrisse und Sanierungen, der Einsatz von Pestiziden, das Fällen von Bäumen beeinflusst Lebensräume und Jagdreviere. Mit einfachen Maßnahmen engagieren sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Naturparkverwaltung gemeinsam mit Freiwilligen aus der Region für die Nachtschwärmer.

Ihre kurze aufgewölbte Schnauze verleiht der Mopsfledermaus ihr unverwechselbares Aussehen: eine mittelgroße dunkel schwarzbraun gefärbte Fledermausart mit breiten, vorn miteinander verbundenen Ohren. Ihre Flügelspannweite von 26 bis 29 Zentimeter weiß die Mopsfledermaus gut einzusetzen, ist schnell und wendig im Flug. Auf Jagd begibt sie sich in Hecken, Feldgehölzen und an Baumreihen, bevorzugt dabei kleine weichhäutige Insekten wie Kleinschmetterlinge und Mücken. In den Sommermonaten besiedelt die Mopsfledermaus waldreiche Gebiete. Winterquartier bezieht sie als extrem frostunempfindliche Art zum Beispiel in Baumhöhlen und -spalten.

Zwar ist die Mopsfledermaus in ganz Deutschland weit verbreitet, aber meist nicht sehr zahlreich. Sie gilt als bundesweit vom Aussterben bedroht.

DÜBENER HEIDE
NATURPARK NATUR UND UMGEBUNG
Der Presseler Teich lädt Ruhe- und Erholungssuchende zum Baden fernab von Trubel und Hektik ein.
50
Im Naturpark müssen Gäste keine Annehmlichkeiten missen, entdecken idyllische Natur gleichsam wie Glanzlichter menschlichen Schaffens.

Information und Orientierung: NaturparkHaus Bad Düben

Der ideale Startpunkt für Ihre erlebnisreichen Entdeckungstouren durch die Region ist das NaturparkHaus. 2012 öffnete das Besucherzentrum am Ortseingang von Bad Düben seine Tore. Seither hat sich das NaturparkHaus zu einem Gäste-, Besucher- und Kommunikationszentrum im Naturpark Dübener Heide entwickelt. Mit abwechslungsreichen Ausstellungen und wissenswerten Veranstaltungen werden Einheimische und Gäste über die umliegende Flora und Fauna informiert. Fotografien von Wildtieren, Mooren und Veränderungen der Landschaft durch Menschenhand zeigen die Naturraumausstattung der Dübener Heide. Besucherinnen und Besucher erhalten zahlreiche wertvolle Tipps für Ausflüge in die Natur sowie in die umliegenden Städte und Kommunen.

Sommerfrische tanken: Kurort Bad Düben

Als Herzstück der Dübener Heide darf wohl der Kurort Bad Düben gelten. Einen ausgiebigen Ausflug ist die Stadt an der Mulde in jedem Fall wert. Sie hat eine stolze Geschichte: Eine erste Erwähnung der Burg Düben datiert aus dem Jahr 981. Noch immer ist sie das Wahrzeichen der Stadt und beherbergt ein neu gestaltetes Landschaftsmuseum. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Düben zum Kurort. Die umliegende Landschaft lockte mit gesunder Luft zur heilsamen Sommerfrische mit reichhaltigen Moorvorkommen. Bereits 1846 wurde der Kurpark als einer der ersten Bürgerparks in Deutschland angelegt und umfasst heute eine 80.000 Quadratmeter große Parkanlage, die zum Flanieren und Spazieren einlädt. Im Jahr 1915 wurde das Moorbad eingeweiht.

Technische Denkmale: die Mühlen von Bad Düben

Einst zählte der kleine Ort Düben stattliche zwölf Mühlen. Heute sind es noch fünf. Sie sind technische Denkmale und Zeitzeugen traditionellen Handwerks. Die ideale Tour beginnt beim NaturparkHaus. Auf gerade einmal fünf Kilometern sind die bis heute funktionstüchtige Stadtmühle, die Dübener Bockwindmühle, die im Jahr 1434 erstmalig urkundlich erwähnte Obermühle sowie die Bergschiffmühle am Wallgraben der Burg zu sehen. Etwas weiter außerhalb liegt außerdem die Bockwindmühle Sommerfeld. Insbesondere auf dem historischen Mühlenhof der Obermühle wird das regionale Brauchtum gepflegt und lebendig gehalten: mit Mühlenführungen und Einblicken in die Schauwerkstätten sowie vielfältigen Veranstaltungen.

Unterwegs auf dem Qualitätswanderweg: die Heide-Biber-Tour

Wer seine Wanderstiefel einer Härteprobe unterziehen will, begibt sich auf die Heide-BiberTour. Die Route verläuft von Bad Düben nach Bad Schmiedeberg, sammelt auf 30 Kilometern knapp 200 Höhenmeter. Den Weg weist Ihnen – wie sollte es anders sein – ein Biber auf den Markierungen. So denn säumen Biberburgen die Landschaft und mit etwas Glück erspähen Sie sogar die possierlichen Tiere selbst. Sie durchqueren das reizvolle Hammerbachtal und können die letzte in der Dübener Heide produzierende Köhlerei bestaunen. Weitere sehenswerte Stationen sind die Kurparks in Bad Düben und Bad Schmiedeberg, das Wasserschloss Reinharz samt Parkanlage und der Kaiser-Wilhelm-Turm. Der bietet Ihnen einen prächtigen Ausblick über die Dübener Heide. Für den Rückweg empfiehlt sich die Biber-Linie, die als Rufbus zwischen den Kurorten verkehrt.

Kleine Gäste begeben sich mit Maskottchen Billi Bockert auf eine Teilstrecke der Tour. Dort erklärt der gewitzte Billi den Kindern auf spielerische Art, welche Schönheiten und Reichtümer es in der Natur zu entdecken gibt.

Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 42.

1 3 DÜBENER HEIDE 4 2 NATURPARK NATUR UND UMGEBUNG 53 52

Unendliche Weiten: der Planetenwanderweg bei Eilenburg

Auf knapp drei Kilometern durchwandern Sie auf dieser Tour sowohl die reizvolle Muldenaue als auch das gesamte Sonnensystem: Der Planetenwanderweg führt Sie in einem Maßstab von 1:2,1 Milliarden vom Merkur bis Neptun. Urknall, also Ausgangspunkt der Tour ist die Pionierbrücke in Eilenburg. Im Sommer 2021 neugestaltet, erstrahlen die insgesamt 13 Infotafeln entlang des Wegs in neuem Glanz und vermitteln Wissenswertes zur Sonne, den Planeten und unserem Universum. Der Weg lässt sich zu Fuß und per Rad erkunden, bietet auf Höhe des Saturns eine Möglichkeit zur Einkehr und lässt sich ideal mit einem Abstecher zur Sternwarte und Planetarium in Eilenburg verbinden.

Fürstenhof der Renaissance: Schloss Hartenfels

Es ist ein prachtvolles Anwesen, das Kurfürst Friedrich III. und seine Nachfolger in Torgau als Residenz nutzten. In unmittelbarer Nähe zum Elbufer ließen sie ab dem 15. Jahrhundert das Schloss Hartenfels errichten. Es ist das größte vollständig erhaltene Schloss der deutschen Frührenaissance, eines der Hauptwerke der Sächsischen Renaissance und Schauplatz von echter Weltgeschichte. Im Jahr 1544 wurde die Schlosskapelle durch Martin Luther geweiht und 1627 die erste deutschsprachige Oper uraufgeführt. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten und Gedenkstätten bezeugen die einstige Bedeutung, die von diesem europäischen Kulturerbe ausging. Dauerausstellungen im Schloss erzählen von der Geschichte Torgaus, den früheren Fürsten sowie von regionaler Kunst und Kultur. Bei einer Führung können Sie außerdem die hervorragend restaurierte Architektur des Schlosses und seine reiche Geschichte entdecken.

Klein, aber fein: der Tierpark Eilenburg

Ein Geheimtipp unter Fans zoologischer Gärten befindet sich inmitten des Stadtparks von Eilenburg. Der ist vom Bahnhof aus in fünf Minuten zu Fuß zu erreichen. Eingebettet in schönem altem Baumbestand sind die circa vier Hektar des Tierparks eine wahre Oase. Hier leben mehr als 300 Tiere von 50 verschiedenen heimischen und exotischen Arten. Ein besonderes Highlight sind die Hutaffen, die nur in wenigen deutschen Zoos zu sehen sind. Das Tropicana, ein Neubau aus dem Jahr 2019, ist tropischen Arten vorbehalten und bietet Kaimanen und Leguanen sowie zahlreichen Insekten und Vögeln ein artgerechtes Zuhause. Gleich nebenan leben Känguru und Mara. Während Sie und die Kleinen mit Eseln, Ponys und Ziegen auf der Koppel auf Tuchfühlung gehen dürfen, sollten Sie Damwild und Luchse lieber aus sicherer Entfernung betrachten.

länderübergreifende Naherholungsziele:

_FERROPOLIS – Stadt aus Eisen

_Gartenreich Dessau-Wörlitz

_Irrgarten Altjessnitz

_Großer Goitzschesee mit Pegelturm

_Tiergarten Delitzsch

Schlösser, Burgen, Gärten, Sehenswürdigkeiten: Burg Düben

Kurpark Bad Düben

St. Bartholomäuskirche Belgern

Rathaus Belgern mit Rolandstatue

Schlosspark Zschepplin

Schlosspark Hohenprießnitz

Barockschloss Delitzsch

Museen, Freizeiteinrichtungen

Museumsdorf Dübener Heide

NABU-Naturschutzstation Biberhof Torgau

Freizeit- und Erholungszentrum Eilenburg

Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 42.

DÜBENER HEIDE NATURPARK NATUR UND UMGEBUNG
13 19 9 15 10
NaturSportBad Bad Düben 8 16 15 9 17 10 18 11 12 13 14
5 6 7
18 55 54

Wanderwege führen den Besucher durch eine abwechslungsreiche Landschaft

Kunst mit Kettensägen

Seit mehr als 20 Jahren pilgern am letzten Wochenende im Juli tausende Besucherinnen und Besucher in das malerische Hammerbachtal. Zwischen der Kurstadt Bad Düben und dem Heidedorf Tornau liegt die treffend benannte Skulpturenwiese. Und auf eben jener findet alljährlich der Internationale Holzskulpturenwettbewerb statt. Profis und ambitionierte Hobbyisten stellen ihr künstlerisches Können an der Kettensäge unter Beweis. Aus zwei bis drei Meter hohen, wuchtigen Baumstämmen sägen und schnitzen sie imposante Holzfiguren, die anschließend auf der Wiese verbleiben – bis zum nächsten Wettbewerb. Ein buntes Rahmenprogramm mit Musik und Kulinarik macht aus dem Spektakel ein kleines Festival. Die Besucherinnen und Besucher schlendern über einen Heidemarkt mit regionalen Spezialitäten und Handwerkskunst, kehren dann im größten Sommerbiergarten des Naturparks ein.

Vom Gro ß stadtdschungel in die echte Natur

Die Dübener Heide ist das ideale Ausflugsziel für gemeinsame Erlebnisse im Grünen. Schattige Wälder, artenreiche Wiesen, einzigartige Moore und malerische Gewässer laden zum Durchatmen fernab ein. Entdecken Sie die reizvolle Natur zu Fuß oder mit dem Rad auf mehr als 500 Kilometern ausgeschilderten Wegen. Unterwegs finden Sie verstreute Heidedörfer, in denen Sie noch traditionelles Handwerk und altes Brauchtum hautnah erleben können. Die renommierten Kurorte Bad Düben und Bad Schmiedeberg verwöhnen Sie mit wohltuenden Gesundheits- und Wellnessangeboten, kulturellen Highlights und einer frischen, regionalen Küche.

Weitere Informationen über Beherbergungs- und Freizeiteinrichtungen, Wander- und Radwanderrouten im Gebiet finden Sie zum Beispiel unter: Der offizielle Online-Auftritt des Naturparks naturpark-duebener-heide.de sowie der Städte Bad Düben bad-dueben.de, Dommitzsch dommitzsch.de Torgau torgau.eu und Eilenburg eilenburg.de

Touristische Gebietsgemeinschaft für die Region Leipzig region.leipzig.travel sowie der Tourismusverband WelterbeRegion Anhalt-Dessau-Wittenberg anhalt-dessau-wittenberg.de

Besondere Führungen und Naturerlebnisse können individuell unter naturpark-duebener-heide.de gebucht werden. Körperliche und seelische Entspannung finden Erholungssuchende beim Waldbaden waldbader.de

NATURPARK | AN DER RICHTIGEN ADRESSE
DÜBENER HEIDE

Naturpark Erzgebirge/Vogtland

Natur und Kultur gehen Hand in Hand
im Naturpark Erzgebirge/Vogtland

SCHLÖSSER, BURGEN, GÄRTEN, SEHENSWÜRDIGKEITEN

MUSEEN, FREIZEITEINRICHTUNGEN

HAUPTATTRAKTIONEN

Weitere Informationen finden Sie im Kapitel „Natur und Umgebung“ ab Seite 70.

Liebe Anke Haupt, beim Blick auf die Karte des Naturparks fällt sofort die ungewöhnliche Form ins Auge. Warum ist genau dieses Gebiet ein zusammenhängender

Naturpark?

Tatsächlich ist der Naturpark Erzgebirge/ Vogtland mit einer Ausdehnung von 120 Kilometern der längste Naturpark in Deutschland. Das hat seine Tücken.

Bei Naturparks heißt es immer: Naturschutz und nachhaltiger Tourismus sollten ausgewogen entwickelt werden. Zu Beginn gab es durchaus Diskussionen, aus dem Gebiet mehrere Naturparke zu machen. Es ging um die oberen Lagen des Erzgebirges und des Vogtlandes, also den Erzgebirgskamm und das Obere Vogtland. Damals waren es noch acht Landkreise, die sich da zusammentaten und dieses Gebilde in Angriff nahmen. Heute erstreckt sich der Naturpark über drei Landkreise.

Wie ging es nach der Gründung des Naturparks ab 1991 weiter?

Wir sind ein Zweckverband der Landkreise. Auf dem Naturparkgebiet leben mehr als 260.000 Menschen in circa 70 Städten und Gemeinden. Die Kommunen profitieren, weil wir uns gebietsübergreifend um Naturschutz und nachhaltige Regionalentwicklung kümmern, eine gemeinsame Linie zur Entwicklung finden und dabei regionale Besonderheiten herausstellen.

Als Interessenverband kommen die Kräfte aller gebündelt zum Einsatz. Zielrichtung und Inhalte unserer Arbeit sind im Pflege- und Entwicklungskonzept festgeschrieben, welches zuletzt im Jahr 2021 aktualisiert wurde.

Sie sind im Naturpark als Fachberaterin tätig; wen beraten Sie denn?

Bürgerinnen und Bürger, Touristinnen und Touristen, Studierende, Fachpublikum. Wir sind insgesamt sieben Mitarbeitende für das Gebiet. Wir sind Ansprechpersonen in allen Fragen rund um das Thema Natur, können Kontakte zu Spezialisten vermitteln. Ansonsten befassen wir uns hauptsächlich mit Projektarbeit. Und das Schöne ist, dass hier kein Tag dem anderen gleicht. Häufig gilt es kreativ und schnell auf Probleme zu reagieren. Das wird auch nach 26 Jahren nicht langweilig.

Im Bild: Anke Haupt aus Marienberg ist Fachberaterin im Naturpark Erzgebirge/Vogtland

9
AUERBACH ANNABERGBUCHHOLZ ZWICKAU CHEMNITZ PLAUEN STOLLBERG 10 11 14 SCHÖNECK SEIFFEN SCHNEEBERG JOHANNGEORGENSTADT FICHTELBERG 6 7 1 4 4 4 5 3 2 MULDENHAMMER 12 13 16 15 ADORF ERLBACH
ERZGEBIRGE/VOGTLAND
NATURPARK | IM GESPRÄCH MIT DER FACHBERATERIN ANKE HAUPT
Wo einst Wälder, Moore und Felsen die Landschaft prägten, entstanden durch Bergbau Halden, Stollen und Steinbrüche. Die Natur eroberte sich diese Areale zurück und füllte Sie mit neuem Leben.
61 60

Kilometer

Längenausdehnungeines Naturparkes

Mit welchen Projekten befassen Sie sich derzeit?

Ganz oben steht die Revitalisierung von Moorlandschaften. Das ist wichtig, weil Moore bei Niederschlag Wasser aufnehmen und es nach und nach an die umliegenden Bäche abgeben. Moore sind sehr individuell, die Pflanzen und Tiere sind an den Standort gebunden und können nicht einfach irgendwohin umsiedeln. Die Torfschichten speichern u.a. Kohlenstoff. Nun sind die Moore aber durch Entwässerung in ihrer Funktion beeinträchtigt. Mittlerweise weist nicht mal mehr ein Viertel der Moore im Erzgebirge eine Mächtigkeit von 80 und mehr Zentimeter auf. Unsere Maßnahmen dienen daher zunächst dem Anstau der Entwässerungsgräben, um den Wasserrückhalt zu sichern. Moore leben eben vom Wasserüberschuss. Wie schnell sich positive Effekte zeigen, hängt von vielen Faktoren ab. Im Erzgebirge haben wir es zumeist mit Mooren in Hanglage zu tun, da dauert die komplette Vernässung eines Moores länger.

Das Moor klingt nicht gerade nach einem einladenden Arbeitsgebiet …

Anfangs durften wir nur manuell bauen, das war Knochenarbeit. Mittlerweile kommen auch Bagger zum Einsatz. Aber: Ich steige jetzt seit mehr als 30 Jahren in Mooren herum und finde das immer wieder faszinierend. Wir lernen immer noch dazu und optimieren unser Vorgehen. Aber letztlich geben wir nur einen Anschub; danach muss sich die Natur selbst helfen.

Was sind weitere Aspekte Ihrer Arbeit?

Seit einigen Jahren geben wir Handlungsempfehlungen in Bezug auf die Wanderwege im Naturparkgebiet. Da ist eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen und Tourismusverbänden bei Wegeführung und Markierung nötig. Ansonsten wären wir bei 5.000 Kilometer Wanderwegen zu siebt eine Weile unterwegs. Wir geben daher eher Anregungen und setzen auf das Motto Klasse statt Masse, also auf die Optimierung bestehender Wege. Zwei im wahrsten Sinne ausgezeichnete Exemplare sind die Qualitätswanderwege „Vogtland Panorama Weg“ und der „Kammweg Erzgebirge-Vogtland“, die das Prädikat bereits vor über zehn Jahren erhalten haben. Kommunen können auf unsere Analysen für ihre Umsetzung zurückgreifen, setzen dann jedoch unterschiedliche Prioritäten.

Wir haben eine Kartierung der Bergwiesen durchführen lassen und dabei die aktuell unter Biotopschutz stehenden Bergwiesen flurstückgenau erfasst sowie auch Wiesen, die bei einer extensiven Nutzung wieder zu Bergwiesen entwickelt werden könnten. Während wir wie bei den Mooren vieles selbst machen, sind wir beim Erhalt der Bergwiesen auf Partner angewiesen. Dazu zählen die Landschaftspflegeverbände, die im Naturpark wirken, die Bergwiesen pflegen beziehungsweise Landwirte diesbezüglich beraten.

Meter machen den Fichtelberg zum höchsten Berg im Freistaat.

Was ist das Besondere an einer Bergwiese?

Bergwiesen sind mit Blick auf die Artenvielfalt das absolute Highlight. Das betrifft nicht nur die Pflanzen, sondern insbesondere auch die Insektenwelt. Eine Bergwiese wird über Kräuter definiert, wodurch das Heu einer Bergwiese ganz besonders duftet. Zudem sind Bergwiesen ein touristischer Magnet. Wer durch den Wald läuft und dann das Offenland erspäht … das erfreut doch das Auge.

Wie wirkt sich die Nutzungsgeschichte heute auf den Naturpark aus?

Es heißt ja nicht umsonst „Erzgebirge“. Wir sind hier überall mit dem Bergbau konfrontiert, den es auch im Vogtland gab. Das zeigt sich in Floßgräben, Stollen und Halden. Wir haben noch aktive Steinbrüche im Naturparkgebiet. Der Stellenwert des Bergbaus ist enorm. Im Rahmen des UNESCO-Welterbes versuchen wir uns einzubringen und zeigen, was aus dem Bergbau geworden ist. Dazu gab es ein Projekt zur Biologischen Vielfalt der Montanregion. Bei Bergbaufolgelandschaften denken viele zuerst an große Seen. Hier sieht das anders aus.

So dienen zum Beispiel die Bergbaustollen als Quartier für Fledermäuse. Auf den Halden, je nachdem welches Gestein abgebaut wurde, haben sich ganz besondere Pflanzen angesiedelt. Ein Alleinstellungsmerkmal sind die Serpentinit-Steinbrüche von Zöblitz, wo zum Beispiel Serpentin-Streifenfarn wächst. In den offen gelassenen Steinbrüchen brüten Uhus und andere Greifvögel. Auch Bergbaufolgelandschaften sind Lebensräume für Pflanzen, Insekten und Tiere.

In der Entwicklung, die der Naturpark in Ihrer Zeit durchlief, was sind Ihre persönlichen Highlights?

Ein Highlight sind die Studien und Maßnahmen zur Rettung der Flussperlmuschel im Vogtland. Das nahm irgendwann Größenordnungen an, die ein Naturpark allein nicht stemmen konnte. Wir sind noch als Partner in einem länderübergreifenden Artenschutzprojekt beteiligt. Oft haben wir Dinge angeschoben, oder ein erstes Bewusstsein für Probleme geschaffen, was von anderen fortgeführt wurde. Das ist eine schöne Rückmeldung für die eigene Arbeit.

120
sind deutschlandweit einmalig.
1215
NATURPARK | IM GESPRÄCH MIT DER FACHBERATERIN ANKE HAUPT ERZGEBIRGE/VOGTLAND 63 62

Bis zu 70

Pflanzenarten zeigen den enormen Artenreichtum von Bergwiesen, ein Feuerwerk an Farben im Au g e des Betrachters und Nahrung vieler Insekten. Nährstoffarme Böden und eine extensive Nutzung tragen wesentlich zu diesem Bild bei.

NATURPARK
ERZGEBIRGE/VOGTLAND
Die Bergwiesen um Sosa erfreuen im Juni nicht nur das Auge sondern auch die Nase.
FLORA UND FAUNA

Die Kammregionen und oberen Lagen des Naturparks sind ökologisch wertvolle Landschaften. Die Moore und Quellgebiete, die Bergwiesen und Feuchtgründe sind als Flächennaturdenkmale ausgewiesen oder in Schutzgebiete integriert.

Grüne Hohlzunge Coeloglossum viride

Auf bis zu 2.500 Meter steigt die Grüne Hohlzunge. In unseren Breitengraden ist sie vereinzelt und in kleinen Gruppen auf Kalkmagerrasen und in lichten Wäldern zu finden. Als typische Orchidee der Bergwiesen bevorzugt die Grüne Hohlzunge mäßig feuchte, nährstoffarme Böden. Dort gilt sie als Magerkeitszeiger, markiert also die stickstoffärmsten insgesamt unterversorgten Standorte.

Ihr Name verweist auf den ausgehöhlten Sporn und die dicke, dreilappige Lippe. Die unauffällige

P flanze kann Wuchshöhen von bis zu 30 Zentimeter erreichen. Ihre Blütezeit ist abhängig von Höhenlage, Standort und Klima, erstreckt sich von Anfang Mai bis Ende Juni. Die Bestäubung erfolgt durch kleine Käfer, Blattwespen und Furchenbienen.

Birkhuhn Tetrao tetrix

Im Frühjahr ist das Kullern und Zischen der balzenden Hähne mehrere Kilometer weit zu hören. In der Morgendämmerung stehen sich die Männchen auf gemeinschaftlichen Balzplätzen gegenüber, präsentieren ihr glänzend blauschwarzes Gefieder mit weißen Unterflügel- und Unterschwanzdecken. Mit 55 bis 60 Zentimeter sind sie etwas größer als die Weibchen. Deren Gefieder ist braun bis gelbbraun gefärbt mit einer weißen Flügelbinde und einem gegabelten Schwanz. Die Hennen brüten auf Nestern am Boden in dichter Vegetation.

An ihren befiederten Füßen erkennt man, dass die Birkhühner zur Familie der Rauhfußhühner gehören. Einst waren sie in Sachsen vom Tiefland bis in die Mittelgebirge verbreitet. Verlust und Zerschneidung ihrer Lebensräume führte zum Bestandseinbruch. Nun umfasst ihre Gesamtpopulation nicht mehr als 20 bis 30 Hähne und insgesamt 40 bis 60 Tiere in den Kammlagen des Erzgebirges. Dort bevorzugen sie Wald- und Baumgrenzen mit vielgestaltiger Zwergstrauchvegetation. Die Nahrung der scheuen Tiere besteht aus Beeren, Früchten, Knospen und gelegentlich Insekten.

In den oberen Lagen des Naturparks bezeugen blütenbunte duftende Bergwiesen die historisch gewachsene Kulturlandschaft. Im Spätfrühling erfreuen die Gräser und Kräuter die Sinne der interessierten Besucherinnern und Besucher; im Sommer lassen sich Schmetterlinge, Wildbienen und andere Insekten beobachten. Geführte Wanderungen und Exkursionen machen die Bergwiesen erlebbar und schärfen das Bewusstsein für die Gefährdungen. Der Naturpark engagiert sich gemeinsam mit den Naturschutzbehörden, Landschaftspflegeverbänden, weiteren Organisationen sowie Kommunen und Landwirten für eine intensive Zusammenarbeit zum Erhalt und zur Entwicklung der Bergwiesen. Besondere Bedeutung kommt den bedrohten Arten zu: Alpenflachbärlapp, Alpenweißzüngel, Grüne Hohlzunge, Zwergbuchs, Schneeheide, Blauer Tarant, Alpen und Arktische Smaragdlibelle, Hochmoorgelbling, Alpenringdrossel.

Flussperlmuschel

Margaritifera margaritifera Bis zum 18. Jahrhundert war ihr unerlaubter Wildfang mit drakonischen Strafen belegt: Wer sich an Flussperlmuscheln vergriff, konnte seine Hand verlieren. Ein hohes Risiko, zumal selbst nach optimistischen Schätzungen nur circa vier Prozent der Muscheln tatsächlich Perlen enthalten. Ursprünglich war die Flussperlmuschel in Sachsen weit verbreitet. Der Raubbau ganzer Bestände sowie die Verschmutzung von Gewässern durch Abwasser und Überdüngung trugen zur Gefährdung der Flussperlmuschel bei. Mittlerweile gilt sie in ganz Deutschland als vom Aussterben bedroht. Dabei kann die Flussperlmuschel ein bemerkenswert hohes Alter von bis zu 130 Jahren erreichen.

Die Flussperlmuschel zählt zu den größten Süßwassermuscheln, misst in kälteren Gebieten bis zu 15 Zentimeter. Als Lebensraum bevorzugt die Flussperlmuschel kalkarme, schnell fließende, sommerkühle, sauerstoffreiche Bäche und Flüsse. Ein Instrument im Arten- und Naturschutz ist die Renaturierung begradigter und eingetiefter Gewässer. Ein Projekt im Naturpark versetzt ehemals intensiv genutzte Bachtäler in naturnahen Zustand zurück.

NATURPARK FLORA UND FAUNA ERZGEBIRGE/VOGTLAND 67 66

Arnika Arnica montana Seit Jahrhunderten wird die Arnika gegen vielerlei Beschwerden eingesetzt, lindert Gicht, Rheuma und Venenentzündungen. Bis 1950 war sie deutschlandweit verbreitet. Ihre vielfältige Verwendung als Heilpflanze trug sicher zu ihrem Verschwinden bei. Geeignete Lebensräume verlor sie jedoch an eine veränderte Landnutzung und Überdüngung. Viele Standorte sind erloschen, weshalb sie in Sachsen mittlerweile extrem selten ist (Rote Liste 2).

Colias palaeno

Palaeno war – so die Sage – eine Nymphe, die anmutig in Mooren und Wiesen tanzte. Eben dort ist auch der Hochmoorgelbling zu finden, der trotz gelber Färbung seiner Flügel zur Familie der Weißlinge gehört. Der Hochmoorgelbling ist ein Eiszeitrelikt und gilt als typische Art der Moore mit angrenzenden blütenreichen Nasswiesen. Wichtig ist das Vorkommen der Futterpflanze der Raupe. Die Rauschbeere ist die einzige Nahrungspflanze des monophagen Hochmoorgelblings. Als Nektarpflanzen gelten Arnika und Blutwurz.

Die Weibchen legen ihre Eier einzeln auf den Blattoberseiten der Rauschbeere ab. Etwa ein bis zwei Wochen später schlüpfen die Raupen, spinnen Haltefäden an das Blatt und beginnen, die Blattoberseite mit einem Schabefraß abzufressen. Im Herbst lassen sie sich mit dem Blatt zu Boden fallen, um sich im folgenden Frühjahr zu verpuppen. Ausgewachsen erreicht der Falter eine Flügelspannweite von 40 bis 55 Millimeter. Am besten lässt sich die seltene Art zur Flugzeit im Juni und Juli beobachten. Zum Artenschutz sollte erst im Anschluss dieser Flugzeit eine Mahd auf Wiesen in der Umgebung der Moore erfolgen.

Das Glück ist mit den Tüchtigen: Im Erzgebirge und im Vogtland wird jeder Aufstieg mit prächtigen Panoramablicken belohnt.

NATURPARK NATUR UND UMGEBUNG ERZGEBIRGE/VOGTLAND
Über sonnengeflutete Hochflächen oder durch kühle Bachtäler – der Naturpark hat für alle eine Wanderung im Angebot
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Steile Anstiege und spektakuläre Aussichten

Die wanderfreudigen Besucherinnen und Besucher des Naturparks Erzgebirge/Vogtland dürfen sich über ein gut markiertes Wegenetz freuen: Insgesamt sind 5.000 Kilometer Wanderwege ausgeschildert, auf denen Sie eine abwechslungsreiche Landschaft und eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten erkunden können. Der Kammweg Erzgebirge-Vogtland bringt Sie auf circa 285 Kilometern von Geising nach Blankenstein und sogar auf den Fichtelberg. Neben den nationalen und europäischen Fernwanderwegen gibt es reizvolle Gebietswanderwege durch ausgedehnte Wälder und romantische Bachgründe zu spektakulären Aussichtspunkten. Je nach Routenwahl stellen Sie sich einer sportlich anspruchsvollen Herausforderung, oder brechen zu einem lockeren Spaziergang samt Picknick auf. Thematische Touren zu Märchen und Sagen aus der Region begeistern auch den Wandernachwuchs.

Von Rechenberg nach Holzhau: die Bergwiesenwanderung

Die Ortschaft Holzhau ist von einem der schönsten Bergwiesengebiete des Naturparks umgeben. Ausgangspunkt für eine malerische Wanderung ist eine ehemalige Burg aus dem 13. Jahrhundert in RechenbergBienenmühle. Auf einer abwechslungsreichen Route wandern Sie elf Kilometer lang durch kühlende Wälder mit Fichten, Ebereschen und Buchen. Unterwegs öffnet sich Ihnen die Landschaft zu ausgedehnten Wiesen und Weiden, auf denen Bärwurz, Alantdistel, Weicher Pippau und Waldstorchschnabel für ein herrliches Farbenspiel sorgen.

Entlang des Waldes leuchten die Blüten der Nesselblättrigen Glockenblume blau und lila, schimmert das Fuchsgreiskraut gelb, das Schmalblättigre Weidenröschen rosa.

Viele Informationstafeln geben Auskunft über die historische Entwicklung von Holzhau, zum Beispiel über Bauerngüter, den Anbau und die Verarbeitung von Flachs und die touristischen Angebote in der Region.

Das Dach Sachsens: der Fichtelberg

In unmittelbarer Nähe zur deutsch-tschechischen Grenze erhebt sich der mächtige Fichtelberg. Mit reichlich 1.215 Metern ist er der höchste Berg im Naturpark Erzgebirge/Vogtland und in ganz Sachsen. Seinen Namen erhielt der Fichtelberg vom einst vorhandenen natürlichen Fichtenwald, der erst menschlicher Nutzung, später dem Waldsterben anheimfiel. Nun bietet der Fichtelberg vielen seltenen montanen Pflanzen einen Lebensraum die sonst in den Alpen oder in Nordeuropa vorkommen, zum Beispiel Hohlzunge, Mondraute und Weißzüngel. Den Fichtelberg erklimmen Sie auf einem der zahlreichen Wanderwege, oder mit der ältesten Luftseilbahn Deutschlands. Die Schwebebahn wird seit 1924 betrieben und befördert Sie binnen drei Minuten von der Talstation über 300 Höhenmeter hinweg zum Gipfelplateau. Dort angekommen genießen Sie einen prächtigen Panoramablick.

Zwei gekreuzte Hämmer: das Welterbe im Erzgebirge Mehr als 800 Jahre Bergbaugeschichte haben ihre Spuren im Naturpark Erzgebirge/Vogtland hinterlassen. Auf zahlreichen Bergbaulehrpfaden in und um den Naturpark erkunden Sie stillgelegte Stollen, Bergwerke, Hütten und Schmieden. In ihrer Gesamtheit sind die Denkmale und Kulturlandschaften Zeugnis des Montanwesens und von der UNESCO als Welterbe anerkannt und ausgezeichnet. Insgesamt 22 Bestandteile sind repräsentativ für die Bergbaugeschichte, machen diese erlebbar: So wagen Sie sich im Besucherbergwerk von Annaberg-Buchholz unter Tage, besichtigen im Frohnhauer Hammer das älteste Schmiedemuseum Deutschlands. In Altenberg entdecken Sie die Historische Zinnwäsche, in Olbernhau die Geheimnisse des Hüttenwesens. Oder lassen Sie sich in Schneeberg von der Vielfältigkeit bergmännischer Volkskunst begeistern. Glück auf!

Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 60.
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2 71 70

Skilanglauf: Kammloipe, Skimagistrale und weitere Touren

Im Winter entdecken Sie den Naturpark Erzgebirge/Vogtland am besten auf Skiern. Vom Musikwinkel aus führt Sie die Kammloipe durch das verschneite Vogtland, anschließend über die Skimagistrale und die Osterzgebirgsloipe bis nach Altenberg. Das allein sind stolze 200 Kilometer Skiwanderstrecke, die in sieben regelmäßig gespurte Abschnitte unterteilt ist. Wer dann noch Kraft übrig hat, begibt sich auf eine der zahlreichen weiteren Skilanglauftouren durch die Region. So sind Sie im Einklang mit der Natur unterwegs: Bleiben Sie auf den ausgewiesenen Loipen und fahren Sie nur bei geschlossener Schneedecke, um die Vegetation zu schonen. Vermeiden Sie Touren bei Dämmerung oder Nacht, um keine Tiere aufzuschrecken. Und: Genießen Sie bei aller sportlicher Ertüchtigung einfach einmal die verschneite Landschaft.

Geschichte zum Anfassen: das Erzgebirgische Spielzeugmuseum

Seiffen

Der Kurort Seiffen im Erzgebirge ist eine kleine Gemeinde mit reichlich 2.000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Viele verdingen sich als Spielzeugmacher. Denn die Produktion erzgebirgischer Volkskunst hat in Seiffen eine stolze Tradition. Bereits im 18. Jahrhundert wurde die Seiffener Ware über die Umschlagsplätze Leipzig und Nürnberg europaweit gehandelt. Im Jahr 1852 entstand im Ort eine staatliche Spielwarenfachschule. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts präsentiert sich das regionale Handwerk in Ausstellungen und Museen, seit 1953 im Erzgebirgischen Spielzeugmuseum Seiffen. Dort ist Anfassen und Ausprobieren ausdrücklich erlaubt. Über drei Etagen hinweg entdecken Sie anhand von Tausend Exponaten die erzgebirgische Spielwaren- und Weihnachtstradition. Die ältesten Exponate stammen aus der Zeit um 1800. Abschnitte der Ausstellung widmen sich der Originalität und Vielgestaltigkeit einstiger Miniaturspielzeuge. Im angrenzenden Erzgebirgischen Freilichtmuseum beweisen Drechslermeister ihre Kunstfertigkeit im Reifen- und Spaltringdrehen.

Märchenhaftes Ambiente und gelebte Gastfreundschaft

Annaberg-Buchholz ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert: Während Sie im Sommer durch die malerische Altstadt schlendern, können Sie sich im Winter an den regionalen Köstlichkeiten des traditionellen Weihnachtsmarkts laben. Mit reichlich 19.000 Einwohnerinnen und Einwohnern ist Annaberg-Buchholz die zweitgrößte Stadt im Erzgebirgskreis. Ihr Wahrzeichen ist weithin sichtbar: die St. Annenkirche ist eines der bedeutendsten Beispiele spätgotischer Baukunst. Besonders sehenswert ist der 1521 geweihte Bergaltar. Seine beeindruckenden Bildtafeln erzählen vom bergmännischen Leben. Als berühmtester Bürger der Stadt darf wohl Adam Ries gelten. Dem Rechenmeister ist ein eigenes Museum gewidmet. Noch mehr Stadtgeschichte und Lokalkolorit erleben Sie auf einer Führung in erzgebirgischer Mundart.

Naherholungsziele:

Naturtheater Greifensteine und Geyerischer Teich

_Freilichtmuseum Landwüst/Eubabrunn

_Kinderwanderweg „Moosmännleinspuren“ Schöneck

_Brauereien Rechenberg-Bienenmühle und Wernesgrün

Schlösser, Burgen, Gärten, Sehenswürdigkeiten:

Wehrgangskirche Großrückerswalde Zschopauer Tor

Museen, Freizeiteinrichtungen

Perlmutter- und Heimatmuseum Adorf

Modellbahnausstellung

Musikinstrumentenmuseum Markneukirchen

Wurzelrudis Erlebniswelt Eibenstock

Zigarren-

NATURPARK NATUR UND UMGEBUNG
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Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 60.
10 8 11 9 12 14 13 11 15 16
und Heimatmuseum Schöneck Harmonikamuseum Zwota Suppenmuseum Neudorf
6 7 ERZGEBIRGE/VOGTLAND
5 10 12 9 73 72

Bergparaden und Wiesenfeste

Vielerorts finden im Erzgebirge zu besonderen Anlässen wie Stadtfesten und Jubiläen prachtvolle Bergparaden statt: die größte davon traditionell am vierten Advent in Annaberg-Buchholz. Dann ziehen Hunderte Habitträger (traditionelle Kleidung) und Bergmusiker durch die Gassen der Stadt bis vor die St. Annenkirche, wo das große Abschlusskonzert stattfindet. Die Tradition der Bergmanns-, Knappen- und Hüttenvereine gehört mittlerweile zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland. Kaum weniger fest verankert im Vogtland und im Erzgebirge sind die Bergwiesenfeste und Naturmärkte zum Beispiel in Eubabrunn, Grumbach, Markneukirchen, Pobershau und Stützengrün. Die stimmungsvollen Feste laden zum Schlendern und Schlemmen ein.

Ganzjährig eine Reise wert

Erzgebirge und Vogtland bilden eine einzigartige Kulturlandschaft. Grundlage einer ganzjährigen Erholungsnutzung sind die landschaftliche Schönheit der Region, ihre mittelgebirgstypischen klimatischen Verhältnisse, umfangreiche Beherbergungskapazitäten sowie ein gut markiertes Wanderwegenetz und vielfältige Sportmöglichkeiten. Für positive Urlaubserlebnisse und eine besondere Verbundenheit mit der erzgebirgischen Natur sorgt der regionseigene Natururlaub mit Bergwiesenpflege. Außerdem locken zahlreiche Exkursionen mit Zertifizierten Natur- und Landschaftsführern sowie Fachberaterinnen und Fachberatern.

Weitere Informationen über Beherbergungs- und Freizeiteinrichtungen, Wander- und Radwanderrouten im Gebiet finden Sie zum Beispiel unter: Zweckverband Naturpark: naturpark-erzgebirgevogtland.de Regionale Tourismusverbände im Erzgebirge: erzgebirge-tourismus.de sowie im Vogtland: vogtland-tourismus.de und der Montanregion: montanregion-erzgebirge.de Aktionen und Termine zur Bergwiesenpflege u. a. auf regiocrowd.de Qualitätswanderwege zum Beispiel auf erzgebirge-tourismus.de

Offizielle Auftritte der Städte Annaberg-Buchholz: annaberg-buchholz.de Oberwiesenthal: oberwiesenthal.de und Bad Elster: badelster.de

Jedes Jahr am 4. Advent findet die
NATURPARK | AN DER RICHTIGEN ADRESSE
letzte Bergparade der Saison in Annaberg-Buchholz statt. Das Große Abschlusskonzert an der St. Annenkirche bildet den Aufsehen erregenden Höhepunkt.
ERZGEBIRGE/VOGTLAND
Die Kelchsteine bei Oybin
Naturpark Zittauer Gebirge

Weitere Informationen finden Sie im Kapitel „Natur

Es mag eines der kleinsten deutsche Mittelgebirge sein, doch das Zittauer Gebirge besticht durch seine malerischen Sandsteinberge und imposanten vulkanischen Kuppen. Hier besteht die Natur in ihrer ungezähmten

Schönheit fort: Entlang der Bäche und Flüsse entwickelten sich in den Tälern Waldhufendörfer. So ist der Naturpark Zittauer Gebirge mit seinen Wäldern und Auen Heimat für Reh, Dachs und Otter, Uhu, Wanderfalke und Wachtelkönig.

Lieber Peter Pachl, Sie sind Naturparkbeauftragter. Wie kamen Sie dazu?

Ich bin im Naturpark beheimatet und aufgewachsen. Meine Eltern haben mir frühzeitig den Bezug zur Natur vermittelt, was mich immer noch prägt. Meinen Freizeitaktivitäten an der frischen Luft gehe ich noch heute nach, was mir Spaß, Erholung und Entspannung gleichermaßen vermittelt. Durch meine berufliche Tätigkeit in zwei Gemeindeverwaltungen im Naturpark nach der politischen Wende war der Naturpark quasi schon immer auf meinem Schreibtisch präsent, wodurch ich mich frühzeitig mit dieser Gebietskulisse beschäftigt habe. Die Bildung eines Naturparks war also ein Herzenswunsch. Als mich der Vorsitzende unseres Naturparks vor einigen Jahren fragte, ob ich Naturparkbeauftragter werden möchte, musste ich also nicht lange überlegen.

Was beinhaltet Ihr Job?

Mein Job ist sehr vielfältig. Die Aufgaben werden ständig erweitert. Mein Hauptaugenmerk liegt in den Handlungsfeldern Naturschutz, Erholung, Bildung und Regionalentwicklung, welche zugleich dem Leitbild des Naturparks entsprechen. Zusammengefasst betrachte ich meine Rolle neben der Erfüllung der Pflichtaufgaben als Geschäftsführer des Naturpark Zittauer Gebirge e. V. als Moderator, Bindeglied und Netzwerker. Das ist in unserem kleingliedrigen und vielseitigen Naturpark mitunter nicht einfach, doch andererseits gerade deswegen sehr interessant.

Was ist das Besondere am Naturpark Zittauer Gebirge? Welche Landschaften und Lebensräume finden sich hier und welche seltenen Tiere und Pflanzen leben darin?

Wirklich einzigartig ist die Berg- und Hügellandschaft, bestehend aus vulkanischen Kuppen aus Phonolit und Basalt sowie Sandsteinformationen. Die alten Buchenwaldbestände auf Phonolit gehören zu den wertvollsten Lebensräumen im Naturpark. In der Krautschicht des Buchenmischwaldes finden sich charakteristische und seltene Pflanzenarten, zum Beispiel Weiße Pestwurz, Einbeere, Quirlweißwurz oder Waldmeister. Auf einigen Wiesen gibt es seltene Pflanzen wie Arnika oder das Breitblättrige Knabenkraut.

Im Bild: Peter Pachl aus Jonsdorf ist Geschäftsführer und Naturparkbeauftragter im Naturpark Zittauer Gebirge

16 ZITTAU OLBERSDORF OYBIN HAINEWALDE MITTELHERWIGSDORF SPITZKUNNERSDORF GRO ß SCHÖNAU WARNSDORF SEIFHENNERSDORF 3 9 10 11 12 HERRNHUT SCHLÖSSER, BURGEN, GÄRTEN, SEHENSWÜRDIGKEITEN MUSEEN, FREIZEITEINRICHTUNGEN 2 5 6 4 8 13 19 14 15 18
HAUPTATTRAKTIONEN
Umgebung“
Seite 90. ERHOLUNGSORT WALTERSDORF LUFTKURORT JONSDORF
und
ab
NATURPARK | IM GESPRÄCH MIT DEM NATURPARKBEAUFTRAGTEN PETER PACHL ZITTAUER GEBIRGE 79 78

verschiedene Vogelarten brüten im Naturparkgebiet, darunter die Wasseramsel und der Wachtelkönig.

In den verwitterten Sandsteinformationen nisten Uhus und Wanderfalken. Im Gebiet des Naturparks lassen sich mehr als 40 verschiedene Säugetierarten beobachten, u. a. Fischotter, Haselmaus und einige bedrohte Fledermausarten. Hier finden auch Kreuzottern, Blindschleichen und Ringelnattern Habitatflächen. Zwar wirkt der Alpenstrudelwurm unscheinbar, aber er ist eine der bemerkenswertesten Arten.

Was macht die Nutzungsgeschichte dieser Region aus?

Der Naturpark ist von altem Handwerk geprägt. Die Weberei hat eine lange, stolze Tradition. Schon im 13. Jahrhundert entwickelte sich die Leinenweberei zu einem eigenständigen Gewerbe. Die zahlreichen Webstuben in den Oberlausitzer Umgebindehäuser, später in Fabriken, prägen die Industrie bis heute. Und bereits seit dem Jahr 1539 wurde im Gebirge Sandstein abgebaut. Die Jonsdorfer Mühlsteine waren ein Exportschlager. Aber auch im Bau kam Sandstein zum Einsatz: Die prächtigen Türstöcke in Waltersdorf sind noch heute ein Zeugnis dafür.

Welche Spuren hat der Braunkohletagebau hinterlassen?

Das gesamte Zittauer Becken ist mit Braunkohleflözen aufgefüllt. Schon im Jahr 1800 fand man in Olbersdorf Braunkohle und erkannte ihren Wert zur Energiegewinnung.

Der Abbau erfolgte in einem 50 Meter mächtigen Oberflöz, war ein erheblicher wirtschaftlicher Aufschwung für die Region und fand bis kurz nach der Wende statt. Heute ist das Tagebaurestloch ein bedeutendes Freizeitgebiet –der Olbersdorfer See.

Mit welchen Klimawandelfolgen hat die Landschaft zu kämpfen?

In den vergangenen Jahren verursachten die warmen Sommer eine nahezu explosionsartige Verbreitung von Forstschädlingen wie dem Borkenkäfer. Er befällt vor allem die Fichte, daher mussten riesige Waldgebiete gefällt werden. Ein Ende ist nicht in Sicht. Der so unerlässliche ökologische Waldumbau wird das Landschaftsbild in den kommenden Jahren wesentlich verändern.

Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung des Naturparks?

Dank des Prinzips „Schutz durch Nutzung“ haben wir die Chance, wirkungsvolle Impulse für die Entwicklung unseres Wirtschaftsraums und seiner Kulturlandschaft zu setzen. Insbesondere die Tourismuswirtschaft wird davon weiter profitieren. Die Lage des Naturparks im Dreiländereck Deutschland, Tschechien, Polen wird diesen Effekt verstärken. Wenn es uns gelingt, die vielfältigen Nutzungen nachhaltig in Einklang mit der Natur zu bringen, wird sich der Naturpark als ein wichtiger Standort mit Entwicklungspotenzial etablieren. Davon bin ich überzeugt.

Quadratkilometer

Was ist Ihr persönliches Highlight, oder haben Sie noch einen Geheimtipp?

Das ist die schier unerschöpfliche Vielfalt auf engstem Raum. Hier lassen Sie von fantastischen Aussichtspunkten den Blick in die Ferne schweifen. Sie wandern durch tiefe Wälder, machen an klaren Bächen und Gewässern Rast, beobachten seltene Tiere und Pflanzen, bewundern eine einzigartige Felslandschaft. Da fällt es leicht, sich in die Zeit der Romantik zu versetzen, in stillen grünen Tälern die Einsamkeit zu genießen und an duftenden Bergwiesen die Seele baumeln zu lassen. Möglich macht das die komfortable touristische Infrastruktur mit einer Vielzahl von Erholungs- und Freizeiteinrichtungen.

Apropos Tourismus; was sollten Besucherinnen und Besucher auf keinen Fall verpassen?

Da gibt es so einiges: zuerst der höchste Berg, die Lausche, mit ihren knapp 793 Metern Höhe und dem neuen Aussichtsturm und der für seine fantastischen Sandsteinformationen bekannte Töpfer. Dort finden Sie auch die Jonsdorfer Nonnenfelsen, die Jonsdorfer Felsenstadt bei den gleichnamigen Mühlsteinbrüchen, die Oybiner Felsengassen.

Und die Kelch- und Rosensteine in Oybin sind als markante Felsformationen einen Besuch wert. Der Berg Oybin mit seiner historischen Burg- und Klosteranlage ist ohnehin ein Muss im Naturpark. Auf der Südseite des Gebirges finden Sie an den lieblichen Bergwiesen in Lückendorf Zeit für ausgedehnte Spaziergänge mit einem fantastischen Blick ins Böhmische. Dies alles und noch viel mehr kann auf über 400 Kilometern markierten Wanderwegen erlebt werden, wobei Ihnen ausgebildete Naturparkführerinnen und Naturparkführer gern zur Verfügung stehen.

Wie können sich Interessierte für den Naturpark engagieren?

Da gibt für alle Altersgruppen Möglichkeiten: Kinder und Jugendliche können zum Beispiel in zwei Naturparkkindergruppen oder in den beiden Naturschutzstationen „Naturschutzzentrum Zittau gGmbH“ und „Landschaftspflegeverband Zittauer Gebirge und Vorland e. V.“ auf spielerische und informative Art und Weise die Natur entdecken und schützen lernen. Mit einer „Guten Tat für den Naturpark“ können die Jüngsten zum „Naturparkhelfer“ werden und ein entsprechendes Bändchen erwerben. Für die Erwachsenen gibt es eine Vielzahl an Betätigungsmöglichkeiten wie zum Beispiel die Mitarbeit bei der Beräumung von Waldschadensflächen oder Pflanz- und Pflegemaßnahmen.

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misst das Gebiet des Naturparks, bietet dort eine vielgestaltige Naturlandschaft auf kleinstem Raum.

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Biotope, mehr als hundert Naturdenkmale, mehrere Natur- und Landschaftsschutzgebiete zeugen von einer hohen Dichte an geeignetem Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten.

Kaum hörbar – der Uhu im Gleitflug. NATURPARK FLORA UND FAUNA ZITTAUER GEBIRGE

Im Naturpark Zittauer Gebirge schufen erstarrte Lava und verwitterter Sandstein ein mannigfaltiges Mosaik verschiedener Biotope auf kleinstem Raum. Hier finden eine Vielzahl seltener und vom Aussterben bedrohter Tierarten Lebensraum.

Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling

Phengaris nausithous In den Sommermonaten zeigen sich zahlreiche farbenfrohe Tagfalterarten über den Wiesen und Feldern des Naturparks. Ein besonderer Vertreter ist der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Der Falter erreicht eine Flügelspannweite von 28 bis 33 Millimeter. Die Flügeloberseiten der Weibchen sind einfarbig dunkelbraun; die der Männchen dunkelblau geschuppt und mit schwarzen Punkten versehen.

Für die Aufzucht seiner Larven bedient sich der Ameisenbläuling einer List, die der Art ihren Namen beschert: Ernähren sich die jungen Raupen zunächst von Blütenköpfen des Großen Wiesenknopfs, imitieren sie später den Geruch von Ameisenlarven. Daraufhin werden sie von Ameisen in deren Bau geschleppt, wo sie sich räuberisch von ihren Gastgebern ernähren. Die Raupen überwintern im Ameisenbau, verpuppen sich dort im Frühjahr.

Kreuzotter Vipera berus

Von den in Sachsen heimischen vier Schlangenarten ist die Kreuzotter die einzig giftige. Ihr Biss ist für Menschen nicht lebensgefährlich, wohl aber für Kleinsäuger, wie Wühlmäuse, sowie Frösche, Blindschleichen und Eidechsen. Auf dem Rücken trägt die Kreuzotter ein charakteristisches Zickzackband, ihr Farbspektrum reicht von schwarz zu grau bis rotbraun. Auffällig sind auch ihre Augen: Die viperntypische senkrechte Pupille ist von einer kupferfarbenen bis dunkelroten Iris umgeben.

In den Sommermonaten bevorzugt sie feuchte und dichte Wälder, Heideflächen und Moorränder als Jagdgebiete, im Winterhalbjahr sucht sie nach ungestörten Sonnenplätzen und Versteckmöglichkeiten in Stubben, liegendem Totholz oder Wurzeltellern. Plump und gedrungen, werden Kreuzottern als erwachsene Tiere 50 bis 70 Zentimeter lang, die Weibchen größer als die Männchen. Im Freiland erreichen sie ein Alter von acht bis zwölf Jahren. Die Kreuzotter gilt in Sachsen als stark gefährdet, der Erhalt von Mooren und besonnten Flächen in Wäldern ist für ihren Schutz von besonderer Bedeutung.

Bachneunau g e Lampetra planeri

Das Neunauge ist eine wahre Mogelpackung: weder besitzt es neun Augen, noch ist es ein Fisch. Auf beiden Seiten seines aalförmigen, bleistiftdicken Körpers trägt es jeweils eine Nasenöffnung, das eigentliche Auge und sieben Kiemenspalten. Ungenau beobachtet, attestierten ihm frühe Beobachter zweimal neun Augen. Charakteristisch sind zudem die zwei miteinander verbundenen Rückenflossen. Zu den Neunaugen gehören Meer-, Fluss- und Bachneunauge, die sich in Körperlänge und Lebensraum unterscheiden.

Der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling besiedelt bevorzugt Feuchtwiesenkomplexe, Ränder von Flachmooren und Gewässern. Dort benötigt der Falter für seine Entwicklung Bestände des Großen Wiesenknopfes und eine genügende Anzahl von Nestern der Wirtsameisen. In Sachsen ist die nach der Roten Liste gefährdete Art noch relativ verbreitet. Zu Gefährdungsfaktoren zählen u. a. die Zerstörung der Lebensräume und Entwässerung.

Das Bachneunauge wird bis zu 20 Zentimeter lang und lebt stationär im Oberlauf von klaren, sauerstoffreichen Bächen und kleinen Flüssen. Biologisch zählt das Neunauge nicht zu den Fischen, sondern zu den Rundmäulern, entwicklungsgeschichtlich Vorgänger der Fische. Es besitzt keinen Kiefer, sondern ein rundliche mit Hornzähnchen besetzt Mundscheibe. Mit seinem Saugmaul heftet sich das Neunauge an seine Beute, echte Fische, und raspelt Fleischstücke heraus. Die geschlechtsreifen Tiere wandern flussaufwärts zum Laichen an sandig-kiesigen Laichgruben und sterben danach ab. Die blinden Larven leben drei bis fünf Jahre vergraben in Schlamm und Sand, ernähren sich von organischen Substanzen, Algen und Kleinsttieren. Seit etwa 15 Jahren wird eine deutliche Zunahme der Bestandszahlen und geografischen Ausbreitung des Bachneunauges in Sachsen nachgewiesen. Es ist ein Indikator für intakte Gewässerökosysteme mit guter bis sehr guter Wasserqualität.

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Wasseramsel Cinclus cinclus

Sie ist ein Wahrzeichen des Naturparks

Zittauer Gebirge: Die Wasseramsel ist ein etwas rundlich wirkender Singvogel mit typisch weißer Kehle. Sie verfügt über ein reichhaltiges Stimmrepertoire, am besten und häufigsten ist ihr Gesang in der Vorbrutzeit von Februar bis März zu vernehmen und erklingt unweit der mehr als 120 Quellen, die Bäche und Flüsse im Naturpark speisen. Die Wasseramsel ist eng an das Leben entlang schnellfließender, klarer Gewässer gebunden. Als Standvogel harrt sie dort sogar in harten

Wintern aus; zieht nur weiter, wenn ihre Nahrungsgewässer zufrieren. Darin erbeutet sie nämlich tauchend Krebse, Larven und Insekten. In unmittelbarer Nähe baut sie umfangreiche Kugelnester, bevorzugt in (Halb-)Höhlen, in Uferverbauungen sowie unter Brücken. Bereits in ihrem ersten Herbst versucht die Wasseramsel, ein Revier zu gründen und wird erst im Spätwinter geschlechtsreif. Prägnant für das Balzverhalten der Wasseramsel: Die Männchen buhlen mit eindrucksvollen Flügen und anschließendem „Imponiertauchen“ um die Gunst der Weibchen. Sind sie erfolgreich, führen die Wasseramseln eine weitgehend monogame Saisonehe. Der Bestand der Wasseramsel ist auf hohem Niveau stabil.

Türkenbundlilie Lilium martagon

Mit ihren auffällig geformten Blüten und großer Wuchshöhe ist die Türkenbundlilie eine der prächtigsten in Europa heimischen Lilienarten. Die ausdauernde, krautige Pflanze erreicht Wuchshöhen zwischen 30 und 150 bis vereinzelt 200 Zentimetern. Ihre Blüten sind meist rosafarben und mit purpurnen Flecken besetzt und vor allem nachts geöffnet. Zu dieser Zeit duften sie am stärksten – schwer süßlich, nach Zimt. Das lockt Nachtschwärmer wie Eulenfalter und Taubenschwänzchen an, die sich am Nektar unter den Blütenblättern laben.

Im Mittelalter galt die Pflanze als vielseitiges Heilmittel; Die goldfarbene Wurzel verlieh der Pflanze verschiedene Namen wie Goldwurz und Goldapfel. Alchemisten versuchten aus der Zwiebel echtes Gold herzustellen – ohne belegten Erfolg. Ihr heute geläufiger Name geht vermutlich auf das türkische Wort „martagan“ zurück, das die zurückgekrümmten Blüttenblätter als „Turban“ bezeichnet. Der Türkenbund gedeiht auf kalkhaltigen Böden in krautreichen Laub- und Nadelwäldern. In Sachsen gilt die Pflanze als gefährdet. Zu finden ist sie im Roschertal zwischen Hainewald und Mittelherwigsdorf und unweit der Koitsche bei Bertsdorf-Hörnitz sowie an der Lausche.

Schwarzstorch Ciconia nigra

Zwar ist er im Vergleich zum Weißstorch scheu, dafür aber stimmbegabt: der Schwarzstorch verfügt über ein breites Repertoire an lauten und leisen Rufen und Gesängen. Die erklingen in alten, unberührten Laub-, Nadel- und Mischwäldern, wo er zurückgezogen lebt. Bevorzugt sind Lebensräume mit angrenzenden Feuchtwiesen, Sümpfen, Teichen und kleineren Fließgewässern. Darin sucht er nach Nahrung: Fische, Amphibien, Wasserinsekten, seltener Mäuse und Reptilien. Die Nahrungshabitate befinden sich idealerweise im näheren Umkreis des Brutplatzes, doch begibt sich der Schwarzstorch durchaus auch auf längere Nahrungsflüge von mehreren Kilometern.

Diese Art brütet einmal jährlich; das Gelege enthält in der Regel drei bis fünf Eier. Nach der Brut von rund 35 Tagen benötigen die Jungvögel nochmal die doppelte Zeit, um flügge zu werden. Zwei weitere Wochen dient der Horst dann noch als Fütterungs- und Schlafplatz. Der Schwarzstorch misst im Durchschnitt einen Meter Körperhöhe, ist damit etwas kleiner als der Weißstorch. Sein Gefieder ist schwarz, schimmert metallisch, grün-violett. Während Schnabel und Beine der Jungvögel noch graugrün gefärbt sind, leuchten sie bei Altvögeln zur Brutzeit leuchtend rot. Der Schwarzstorch ist ein Langstreckenzieher. Er überwintert in Ostafrika und im tropischen Westafrika. Der Gesamtbestand in Sachsen wird auf 40 bis 60 Brutpaare geschätzt. Im Freistaat steht der Schwarzstorch auf der Vorwarnliste.

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Uhu Bubo bub o Der Uhu bringt bis zu drei Kilo auf die Waage, ist damit ein echtes Schwergewicht und die größte europäische Eule. Kennzeichnend sind neben dem massigen Körper der dicke Kopf mit den orangegelben Augen. Das Gefieder des Uhus ist braun und dunkel gezeichnet. Mit seinen langen und breiten Flügeln fliegt beziehungsweise gleitet der Uhu fast geräuschlos. Tagsüber ruht der Uhu in Baumkronen und Felsnischen, wird zur Dämmerung aktiv und begibt sich auf die Jagd nach Hasen, Kaninchen, Igeln, Mäusen sowie anderen Vögeln. Bodenbewohnende Säuger erspäht der Uhu im offenen Gelände mit hohem Grünlandanteil. Seine Beute trägt der Uhu im Flug davon.

Die Art ist streng geschützt. Ihr Gesamtbestand beläuft sich in Sachsen auf 70 bis 100 Brutpaare. Im Naturpark werden jährlich Horstschutzzonen ausgewiesen, um verschiedenen Vogelarten eine möglichst ungestörte Jungtieraufzucht zu ermöglichen. Der Uhu baut selbst kein Nest, nutzt als Brutplatz zum Beispiel Felsen, Steinbrüche und Gruben. Der Uhu lebt in monogamer Saison- oder Dauerehe, das Gelege enthält meist zwei bis drei Eier. Überleben Junguhus die Gefährdung durch andere Beutegreifer, wie Füchse und Marder, die ihre Brutplätze erreichen, können sie ein beachtliches Alter erreichen – in freier Wildbahn nachweislich bis zu 27 Jahre.

Silberdistel Carlina acaulis

Auf den sonnenexponierten Hügeln rund um Mittelherwigsdorf sprießt die Silberdistel. Diese Art braucht stickstoffarme, trockene, basenreiche Böden, bevorzugt Halbtrockenrasen, Trockengebüsche und extensiv genutzte Weiden. Dann erreicht sie Wuchshöhen von fünf bis zwanzig Zentimetern. Die Blütenstände haben einen kurzen Stiel oder sitzen unmittelbar auf der Wurzel.

Von Juli bis September blüht die Silberdistel silbrig-weiß. Ihre steifen Laubblätter sind auf der Oberseite kahl, auf der Unterseite kahl bis etwas spinnwebig. Eine Besonderheit: Bei bevorstehendem Regen verschließt sie ihre Blütenstände und wird daher auch als „Wetterdistel“ bezeichnet. Entdecken Sie auf einer Wanderung im Naturpark also geschlossene Silberdisteln, sollten Sie rasch das Trockene suchen.

Mehr als 30 Aussichtspunkte verhelfen im Naturpark zu hervorragenden Panoramablicken.

NATURPARK NATUR UND UMGEBUNG ZITTAUER GEBIRGE
Der Nonnenfelsen in Jonsdorf bietet einen wunderbaren Ausblick in das Lausitzer Gebirge
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Eine erste Orientierung: Erholungsort

Waltersdorf mit Naturparkhaus

Im Erholungsort Waltersdorf befindet sich der ehemalige Niederkretscham. Die erste urkundliche Erwähnung des ehrwürdigen Gebäudes datiert aus dem Jahr 1409; seit dem Jahr 2011 beherbergt es das Naturparkhaus Zittauer Gebirge im Dreiländereck. Getreu dem Motto „Drinnen erfahren – Draußen entdecken“ informieren sich Besucherinnen und Besucher über die Naturschönheiten der Region. In Bild und Video betrachten sie die Schätze des Naturparks über alle Jahreszeiten hinweg – aus atemberaubenden Perspektiven – wie rechts der Blick auf die Lausche mit Aussichtsturm – nah und fern, in Detailaufnahmen und begleitet von übersichtlichen und erkenntnisreichen Erläuterungen. So wagen sich Besucherinnen und Besucher bestens gerüstet auf Entdeckungsreise.

Flauschig in der Au: Großschönau

Der Name Schönau beschreibt die Lage des Ortes im Tal der Mandau. Zu überregionaler Bekanntheit verhalf dem Ort seine Textilindustrie. Die widmete sich ab dem 17. Jahrhundert der sehr aufwändigen Damastweberei. Im Jahr 1856 ging in Großschönau der erste Frottierhandwebstuhl Deutschlands in Betrieb. Das Deutsche Damast- und Frottiermuseum erzählt von der fortlebenden Textiltradition Großschönaus und beherbergt u. a. eine Schauwerkstatt. Ein Textillehrpfad verbindet wichtige Stätten zu einem Spaziergang. Was Ihnen dabei im Ortsbild auffallen wird: die zahlreichen Umgebindehäuser. Es sind mehr als 650 – das größte intakte Ensemble in der Oberlausitz. Zieht es Sie weiter hinaus, erreichen Sie fußläufig Finkenhübel, Hutberg und Lausche – die höchste Erhebung im Zittauer Gebirge. Auf knapp 800 Metern genießen Sie einen herrlichen Rundumblick vom neu erbauten Aussichtsturm.

Idyllische Kleinstadt: Zittau

Im äußersten Südosten des Freistaats liegt, im Zittauer Becken beinahe verborgen, die Stadt Zittau. Über das Lausitzer Gebirge führte einst eine alte Handelsstraße nach Böhmen. An der ließen sich im 13. Jahrhundert deutsche Kolonisten nieder. Ihr Ort prosperierte dank der strategisch günstigen Lage. Als Gründungsmitglied im Oberlausitzer Sechsstädtebund trug Zittau bald den Beinamen „Die Reiche“. Tuch und Bier und der Salzhandel begründeten den Wohlstand, der sich in einer Vielzahl von Sakral- und Profanbauten zeigte. Zittau zählt, bei knapp 25.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, acht Kirchengebäude. Die Johanniskirche im Stadtzentrum ist ein barocker Neubau aus dem 18. Jahrhundert und besitzt einen 60 Meter hohen Aussichtsturm. Erklimmen Sie die 266 Stufen, liegt Ihnen die einmalige architektonischen Glanzlichter Zittaus zu Füßen: zum Beispiel das Johanneum, das Stadtbad, der historische Wasserturm und das Rathaus. Der ausgewiesene Kultur- und Denkmalpfad verbindet mehr als 50 Sehenswürdigkeiten in einem ausgiebigen Spaziergang.

Bizarre Felsgebilde: die Mühlsteinbrüche bei Jonsdorf

Ab dem 16. Jahrhundert dienten die Sandsteinvorkommen südlich von Jonsdorf der Herstellung von Mühlsteinen. Im Laufe der Zeit entstand so ein bizarres Felsgebilde, das Sie nun auf dem Naturlehrpfad Mühlsteinbrüche erkunden. Die Tour führt Sie in etwa drei Stunden durch die sehenswertesten Schluchten des Gebiets. Ihnen offenbart sich ein einmaliges geologisches Schauspiel wie bereits die Namen der bekanntesten Formationen und Gebilde vermuten lassen: Sie passieren die Drei Tische, die Mausefalle, Große und Kleine Orgel sowie die Teekanne. An zahlreichen Stationen erhalten Sie Einblicke in die stillgelegten Steinbrüche, am größten und tiefsten Bruch, dem Schwarzen Loch, ist zudem ein Schaubergwerk. Der Lehrpfad eignet sich hervorragend für einen Rundgang mit der ganzen Familie.

Mit Dampf ins Gebirge: die Zittauer Schmalspurbahn

Seit dem Jahr 1890 sind die Orte Zittau, Oybin und Johnsdorf durch die Zittauer Schmalspurbahn verbunden. Die Strecke war von Beginn an für den touristischen Betrieb geplant und bezeugt die historisch große Beliebtheit der Erholungsregion. Noch immer verkehrt die Bahn täglich und wird mit verschiedenen Dampflokomotiven betrieben. Hier ist der Weg beziehungsweise die Fahrt das Ziel. Denn für die 12 Kilometer von Zittau nach zum Beispiel Oybin benötigt die Bahn eine knappe Stunde – genügend Zeit also, um aus dem Fenster die vorbeiziehende Landschaft zu bewundern, oder im Speisewagen einzukehren. Bei einer Mitfahrt im Führerstand erklären Ihnen die fachkundigen Lokführer die Funktionsweise der alten Dampfloks. Sonderfahrten inszenieren Musik und Theater an Bord, entführen Sie auf eine Zeitreise in die Jahre 1915 oder 1930, oder bitten an den Zwischenstationen zu Stadtrundgängen. Im Bahnhof Oybin unterhält der Interessenverband Zittauer Schmalspurbahn e. V. ein Museum, das sich der historischen Entwicklung der Bahn widmet.

Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 78. NATURPARK NATUR UND UMGEBUNG ZITTAUER GEBIRGE 1 2 3 4
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Hoch hinaus:

Klettersport im Naturpark

Bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden im Zittauer Gebirge die ersten Felsen für den Klettersport erschlossen. Noch heute ist der Naturpark ein bedeutendes Klettergebiet mit circa 1.800 Kletterwegen. Die meisten Routen finden Kletterfreunde rund um den Berg Oybin, u. a. den markanten Kelchstein mit seiner eigenwilligen Form. Weitere beliebte Gipfel sind der Nonnenfelsen, der Falkenstein, die Uhusteine, der Ernst-Schulze-Stein, der Jonsdorfer Mönch, der Waldtorwächter und die Zwillinge. Wer sich erstmals in die Vertikale wagt, probiert sich an den Kletterwänden in Jonsdorf und Zittau, im Kletterwald Großschönau oder sucht sich in freier Natur eine dankbare Route mit geringem Schwierigkeitsgrad.

Ruhmreiche Ruinen: Burg und Kloster Oybin

Zwar ist der Oybin nur 514 Meter hoch, aber der kleine Berg ist ein wahres Kleinod. Im Jahr 1364 ließ

Kaiser Karl IV. dort das Kaiserhaus errichten, seinen Alterssitz; wenig später folgte der Bau einer gotischen Kirche.

Angriffe, Blitzeinschläge und Erdrutsche setzten den beiden Bauten zu. Die Überreste bilden heute ein einmaliges Ensemble aus Architektur und Natur. Den Gipfel des Oybin erreichen Sie vom gleichnamigen Ort geschwind in 15 Minuten zu Fuß. Mehr Zeit sollten Sie sich für die Erkundungstour der Ruinen nehmen. Mithilfe von 31 Stationen erschließen Sie sich die bewegte Geschichte der Bauten – entweder selbstständig oder auf einer Führung. Zusätzliche Ausstellungen widmen sich dem einstigen Burgleben sowie den Künstlern, die das Kloster als Kulisse für ihre Werke nutzten. Übrigens: Burg und Kloster sind auch aus der Entfernung einen Blick wert. Der gegenüberliegende, markante Scharfenstein bietet Ihnen eine prächtige Aussicht über den Oybiner Talkessel.

Einmalige Volksbauweise: die Umgebindehäuser

Seit dem 15. und 16. Jahrhundert prägen die Umgebindehäuser die Ortsbilder im Naturpark Zittauer Gebirge. Die traditionelle Bauweise verbindet Elemente des slawischen Blockbaus mit dem deutschen Fachwerkbau. Daraus resultiert eine europaweit einmalige Kombination, charakterisiert durch das Umgebinde. Die hölzerne Balkenkonstruktion umbindet die Blockstube und trägt das Obergeschoss beziehungsweise Dach des Gebäudes. Mehr als 1.500 denkmalgeschützte Umgebindehäuser befinden sich im Naturpark, viele davon zum Beispiel in Großschönau, Hainewalde und dem Luftkurort Jonsdorf. Auf einem Spaziergang durch die heimeligen Orte entdecken Sie viele liebevoll restaurierte Details an den Gebäuden: schmiedeeiserne Fenstergitter, prunkvolle Sandsteintürstöcke und bunt gestaltete Gärten.

Naherholungsziele:

Freizeitoase Olbersdorfer See

_Trixi-Bad Großschönau

_Skulpturenpark Olbersdorf

_Barfußweg Mittelherwigsdorf

_Naturparkgarten Waltersdorf

Schlösser, Burgen, Seen, Sehenswürdigkeiten

Schloss Hainewalde

Oybiner Bergkirche

Olbersdorfer See Kirche Großschönau Museen, Freizeiteinrichtungen

Trixi Park Großschönau

Schmetterlingshaus Jonsdorf

Motorrad- und Technikmuseum Großschönau

Deutsches Damast- und Frottiermuseum Großschönau

Waldbühne Jonsdorf

Volkskunde- und Mühlenmuseum Waltersdorf

Karasek-Museum Seifhennersdorf

Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 78.

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7 NATURPARK NATUR UND UMGEBUNG
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Das volle Programm: der Oberlausitzer Bergweg

Auf 107 Kilometern führt Sie der Oberlausitzer Bergweg von Neukirch über das Zittauer Gebirge bis Zittau. Der Qualitätswanderweg ist in sechs Etappen unterteilt und bietet Ihnen einen einmaligen Einblick in die kulturelle Vielfalt der Region. Startpunkt ist ein kleiner Töpferort: Seit Mitte des 18. Jahrhunderts ist Neukirch das Zentrum des Oberlausitzer Töpferhandwerks. Heute demonstrieren Schauwerkstätten das traditionelle Handwerk. Unterwegs empfehlen sich Abstecher zum Aussichtsturm am Valtenberg, zur Himmelsbrücke in Sohland und den Bockwindmühlen von Oderwitz. Allerorten entdecken Sie die traditionellen Umgebindehäuser. Besonders sehenswert ist zum Beispiel das Ortsbild von Großschönau. Unterwegs präsentiert sich Ihnen das phänomenale Panorama der abwechslungsreichen Gebirgslandschaft. Zum Abschluss der Wanderung vertreten Sie sich bei einem Rundgang durch die historische Altstadt von Zittau noch einmal die Beine.

Urlaub nach Lust und Laune

Der Naturpark Zittauer Gebirge bietet Erholung für Körper, Geist und Seele. Bei einer Landpartie zu historischen Plätzen und musealen Kostbarkeiten, in der urwüchsigen Natur und beim Spaziergang durch idyllische Dörfer entdecken Sie Einzigartiges. Ein grenzüberschreitendes, gut beschildertes Wegenetz von über 400 Kilometern bietet zuverlässige Orientierung. Im traditionellen Klettergebiet sind circa 130 Gipfel.

Weitere Informationen über Beherbergungs- und Freizeiteinrichtungen, Wander- und Radwanderrouten im Gebiet finden Sie zum Beispiel unter: Naturparkhaus Zittauer Gebirge: naturpark-zittauer-gebirge.de, Übernachtungsmöglichkeiten und touristische Angebote: zittauer-gebirge.com, Naturkundliche Informationen: naturparkblicke.de, Qualitätswanderwege: oberlausitzer-bergweg.de Tourismus-Infoportale des Luftkurorts Jonsdorf jonsdorf.de von Oybin oybin.de und von Großschönau grossschoenau.de

NATURPARK | AN DER RICHTIGEN ADRESSE
Wanderer genießen die Aussicht auf Oybin

Nationalparkregion Sächsische Schweiz

Die
berühmte Felsformation der Sächsischen Schweiz – Die Basteibrücke, im Hintergrund der Lilienstein

SCHLÖSSER, BURGEN, GÄRTEN, SEHENSWÜRDIGKEITEN

MUSEEN, FREIZEITEINRICHTUNGEN

HAUPTATTRAKTIONEN

Weitere Informationen finden Sie im Kapitel „Natur und Umgebung“ ab Seite 108.

Tiefe kühle

und

feuchte Schluchten

durchziehen den Nationalpark Sächsische Schweiz. Im Gegensatz dazu herrscht auf den charakteristischen Sandsteinfelsen im Sommer Trockenheit und Hitze und im Winter große Kälte. Mit diesen Aus g angsbedingungen der Natur kommen nur besonders spezialisierte Tiere und Pflanzen zurecht.

Lieber Frank Strohbach, Sie kennen hier jeden Felsspalt. Was ist das Besondere am Nationalpark Sächsische Schweiz?

Wir sind der einzige Felsennationalpark in Deutschland außerhalb der Alpen. Die häufig stark zerklüfteten und zergliederten Felsbereiche prägen den Nationalpark, verbunden mit einem kleinräumigen Wechsel von exponierten, höher gelegenen Felsrevieren und tief eingeschnittenen Schluchten und Felsgründen. Eine Besonderheit ist hier die Höhenstufenumkehr. Normalerweise ist es im Gebirge oben kalt und unten warm, bei uns ist das andersrum. Durch die engen Schluchten fällt wenig Sonne in die Täler; der Sandstein gibt kühlere Luft ab. Das wirkt sich auf die Vegetation aus: Wir haben hier Eiszeitrelikte, zum Beispiel das Gelbe Veilchen. Das finden Sie sonst nur im Riesengebirge und in den Alpen.

Was zeichnet den Lebensraum Felsen aus?

Auf unseren Felsen können im Sommer Temperaturen von 60 Grad Celsius erreicht werden. Dass dort überhaupt, bei einer ganz geringen Bodenauflage, Pflanzen überleben, ist schon etwas Besonderes. Die Felsen sind zumeist aus Sandstein, der sehr wasserdurchlässig ist. Somit ist oben auf den Felsriffen wenig Wasser vorhanden. Dort finden wir Spezialisten unter den Pflanzen, die eben diese Bedingungen bevorzugen, u. a. die Heidelbeere, Preiselbeere, Heidekraut und Riffkiefer. Gleiches gilt für die Tiere. So brütet der Wanderfalke an senkrechten Felswänden, denn er braucht die Sicht.

Wie hat die Nutzungsgeschichte den Nationalpark geprägt?

Wir befinden uns hier an der Lausitzer Überschiebung, wo Granit gegen Sandstein drückt. Da ließ sich Kalk abbauen. Es gab auch Versuche im Bergbau nach Edelsteinen zu graben – mit mäßigem Erfolg. Hier wurde immer überall gearbeitet. Der Wald diente den Betrieben umliegender Gemeinden als Holzlieferant. Die Sächsische Schweiz ist zu fast 60 Prozent bewaldet. Da wurde Holzkohle gemacht, Pech gesiedet, Holz geflößt. Fichten wuchsen schnell und wurden daher bevorzugt angepflanzt. Aber: In solchen Monokulturen entwickeln sich Insekten, die einen ganzen Wald absterben lassen können. Eine Änderung gab es erst mit Gründung des Nationalparks. Dort wo es möglich und sinnvoll war, sollten mehr Strukturen geschaffen werden.

Im Bild: Frank Strohbach aus Hinterhermsdorf arbeitet bei der Nationalparkwacht und leitet Führungen durch das Gelände

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KÖNIGSTEIN BAD GOTTLEUBA PIRNA BAD SCHANDAU SEBNITZ KURORT RATHEN HOHNSTEIN GRAUPA 6 7 8 9 11 12 15 10 13 14
KIRNITZSCH HINTERHERMSDORF NATIONALPARKREGION | IM GESPRÄCH MIT RANGER FRANK STROHBACH
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NATIONALPARKREGION NATIONALPARK
SÄCHSISCHE SCHWEIZ
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3,5 Millionen Besucherinnen und Besucher zieht der Nationalpark

Sächsische Schweiz jährlich an.

Mit lenkenden Eingriffen wurden in den vergangenen 30 Jahren heimische Baumarten eingebracht, um für die künftige Entwicklung der Natur eine bessere Ausgangssituation zu schaffen. Langfristig sollen aus den instabilen und einförmigen früheren Fichtenforsten gemischte, strukturreichere Mischwälder werden. Der Klimawandel und seine Folgen haben die natürliche Entwicklung massiv beschleunigt. Trockene und warme Witterung ist Fichten nicht zuträglich. Die bevorzugen als montane Art ein kühleres, feuchteres Milieu. So waren die Fichten in den besonders trockenen Jahren 2018 bis 2020 geschwächt und der Borkenkäfer konnte großflächig abräumen. Wir sind selbst erstaunt, wie schnell sich mittlerweile die Natur regeneriert und neuer vielfältiger Wald entsteht.

Wie schützen Sie diese besonderen Lebensräume?

Dazu ist die Nationalparkwacht im Gebiet unterwegs, sucht zum Beispiel im Frühjahr die Horste von Schwarzstörchen und Wanderfalken. In einem gewissen Umkreis richten wir Horstschutzzonen ein, die Größe geben unsere Artenschützer vor. Dort gilt ein befristetes Betretungsverbot, sodass Vögel in Ruhe brüten können. Eingriffe in den Waldbestand nehmen wir nur noch selten vor. Wir müssen vielmehr aufpassen, dass kein Unsinn passiert, wie Feuermachen oder das Wandern abseits der zugelassenen Wege.

Hektar

Die Vegetation, zum Beispiel die Zwergstrauchheide, ist sehr trittempfindlich. Aber wer mit offenen Augen unterwegs ist, sieht das auch. Die meisten unserer Besucherinnen und Besucher bringen die nötige Wertschätzung mit. Ansonsten kümmert sich die Natur selbst.

Mit der Nationalparkwacht bieten Sie Führungen im gesamten Gebiet an. Wie sind Sie dazu gekommen?

Ich bin hier geboren und seit meiner Kindheit im Wald unterwegs. 1986 habe ich auf dem Forstrevier angefangen. Je mehr ich über die Natur wusste, desto mehr wollte ich mich für ihren Schutz und Erhalt einsetzen. Das war mein Antrieb, bei der Nationalparkwacht anzufangen. Die Sächsische Schweiz ist seit jeher Tourismusgebiet. Ich will unseren Besucherinnen und Besuchern erklären, was hier wichtig ist, worauf es ankommt und was es zu schützen gilt.

Wie bringen Sie den Besucherinnen und Besuchern die Zusammenhänge näher?

In unserer Waldhusche, einem Informationsund Freigelände, stellen wir verschiedene Waldbau- und Waldnutzungsformen vor. Das bringen wir Kindern – und Erwachsenen – spielerisch bei. Sie lernen, wie Wald und Natur funktionieren, wie sie erhalten bleiben und sich ungestört entwickeln können.

misst der Nationalpark

Sächsische Schweiz und zählt damit

zu den kleineren in Deutschland.

Zusammen mit dem unmittelbar angrenzenden Nationalpark

Böhmische Schweiz ergeben sich

16.350 Hektar

großräumiger

Schutz für Tier- und Pflanzenarten.

Das wird von Schulklassen und Familien sehr gut angenommen mit zwei bis drei Führungen jede Woche. Außerdem betreut die Nationalparkwacht die Junior-Ranger. Das sind Kinder und Jugendliche aus den umliegenden Gemeinden, die sich für Naturschutz interessieren und engagieren.

Was können Besucherinnen und Besucher tun, um die Natur im Nationalpark zu schützen?

Vor allem sollten sie sich an das Wegegebot im gesamten Nationalpark halten. In der Kernzone dürfen nur die markierten Wege benutzt werden. Außerhalb der Kernzone können auch Wege unabhängig von einer bestehenden Wegemarkierung begangen werden, sofern diese eindeutig als Wanderweg zu erkennen sind. Abseits der Wege ist Tierland. Dort befindet sich eben Vieles, was kaputt gehen kann. Ansonsten ist natürlich Feuer machen im Wald ein Frevel. Das ist gefährlich und stresst die Tiere. Und den Müll sollten auch alle wieder mit nach Hause nehmen.

Wie lässt sich der Nationalpark am besten genießen?

Wir sind mit 400 Kilometern markierter Wanderwege ausgestattet. An jeder Kreuzung finden sich Wegweiser, dazwischen farbige Markierungen. Das lädt zum Erkunden ein. Ganz groß ist bei uns auch der Klettersport. An vielen Felsen lässt es sich hier wunderbar klettern. Der Kontakt Mensch / Felsen ist wirklich hautnah, denn außer der Sicherung wird am Felsen nichts gemacht, kein Magnesia verwendet oder Griffe angebracht. Immer wieder schön zu sehen: Bergsteiger sind Naturschützer, die darauf achten, was im Gebiet passiert.

Haben Sie noch einen Geheimtipp?

Bei uns gibt es so viele markierte Wege, da finden alle einen Lieblingsort. Für mich ist aber immer wieder die Kirnitzschklamm beeindruckend, eine schmale Felsschlucht. Das Tal ist schon seit Mitte der 1960er-Jahre geschützt. Dort konnte sich seither die Natur frei entwickeln und lässt sich live erleben. Zwar sind viele Fichten abgestorben. Aber es wird spannend sein, wie sich der Wald entwickelt.

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SÄCHSISCHE SCHWEIZ
NATIONALPARKREGION | IM GESPRÄCH MIT RANGER FRANK STROHBACH 101 100

und mehr der einst 4600 ha naturferner

Fichtenforst starben durch Klimawandel und darauf folgende Borkenkäfer. Der neue Wald wächst schnell, vielfältig und naturnah nach. Das gibt Hoffnung.

SÄCHSISCHE SCHWEIZ
NATIONALPARKREGION
2000
Wie hier am Hochhübel entsteht die nächste Waldgeneration ohne Zutun des Menschen, nachdem 2007 zunächst Wintersturm Lothar und danach viele Borkenkäfer alle Fichten zum Absterben brachten.
FLORA UND FAUNA

In altehrwürdigen Buchenwäldern wandert man vor allem am Großen Winterberg, der höchsten Erhebung im Nationalpark. Eindrucksvolle Wetterkiefern und Birken behaupten sich auf den kargen Felsriffen. Nach dem Absterben der früheren Fichtenforste wächst von alleine vielfältiger j unger Mischwald nach.

Grüner Streifenfarn Asplenium viride

Ein einmaliger Reichtum an Farnen verleiht der Flora der Sächsischen Schweiz ein unverwechselbares Aussehen. Im Gebiet konnten viele der 38 sächsischen Farnarten nachgewiesen werden, darunter floristische Kostbarkeiten wie die Natternzunge, der Dornige Schildfarn und der Prächtige Dünnfarn. Dieser wächst unmittelbar an den Sandsteinfelsen, bevorzugt in den weitgehend frostsicheren typischen Felsspalten oder an Höhlendecken. Wichtig ist für ihn ganzjährig hohe Luftfeuchte oder gar, wenn aus den porösen Felsen regelmäßig Sickerwasser austritt.

Atlantischer Lachs Salmo salar

Bis vor etwa 100 Jahren war der Atlantische Lachs eine Charakterart der Flüsse der Sächsischen Schweiz. Zwar verbringt diese Art die meiste Zeit ihres Lebens im Meer, zum Laichen zieht sie aber mehrere hundert Kilometer flussaufwärts, stieg einst auch in Elbe und angrenzende Bäche hinauf. Die zunehmende Gewässerverunreinigung und der Flussverbau mit Wehren und Schleusen trugen zum Erlöschen der Bestände bei. Der letzte Fang in der Region ist für das Jahr 1930 verbrieft: ein 120 Zentimeter langer Kupferlachs. Mitte der 1990er-Jahre begann ein Wiederansiedlungsprojekt. Seitdem ist er in den Laichgewässern von Lachsbach, Polenz und Sebnitz wieder heimisch.

Die Süßwasser-Phase variiert je nach Flusslage zwischen einem und vier Jahren. In dieser Phase sind die Jungfische sehr anfällig gegenüber Räubern – anderen Fischen und Vögeln. Die Jungfische wiederum ernähren sich zunächst von kleinen wirbellosen Tieren; mit der Zeit wächst auch die Größe ihrer Beute. Erwachsene Lachse ernähren sich von Fischen, Krebsen, Garnelen. Während die jungen Lachse noch blaue und rote Punkte tragen, nehmen sie in der Reifephase einen silbrig-blauen Schimmer an.

Feuersalamander Salamandra salamandra

Seit Mitte der 1990er-Jahre widmen sich in Sachsen verschiedene Projekte dem Artenschutz gefährdeter Farne. Im Nationalpark sind ihre Vorkommen gesichert. Außerhalb bedarf es verschiedener Artenschutzprojekte.

Der Feuersalamander ist überwiegend nachtaktiv, sein Aktionsradius bei der Nahrungssuche mit mehreren hundert Metern eng abgesteckt. Zumindest verschmäht er als Nahrungsgeneralist keine Kost, sondern nimmt jede Beute an, die er überwältigen kann, u. a. Schnecken, Regenwürmer, Raupen und Käfer. Die Tiere können im Freiland mehr als 20 Jahre alt werden. Ihre Hauptlaichzeit erstreckt sich von Anfang März bis in den Mai. Dabei zeigen die Weibchen eine hohe Laichplatztreue. Eine Ausbreitung der Art erfolgt durch die Abwanderung von Jungtieren, deren Aktivitätsphase zwischen Ende Mai und Mitte Oktober liegt. Der Feuersalamander bevorzugt feuchte Lebensräume in Mischwäldern mit naturnahen Bachläufen. Einheimische Arten erreichen eine maximale Körperlänge von 23 Zentimetern und ein Körpergewicht von etwa 40 Gramm. Markant und namensgebend ist die schwarz-gelbe Färbung, je nach Unterart gefleckt oder gestreift. Diese Warntracht ist ein wichtiger Schutz gegen Fressfeinde. Außerdem kann der Feuersalamander über Drüsen an Ohren und Rücken ein giftiges Sekret absondern – bei besonders hohem Stress über mehrere Meter hinweg.

SÄCHSISCHE SCHWEIZ NATIONALPARKREGION FLORA UND FAUNA 105 104

Wanderfalke Falco peregrinus

Die steilen Sandsteinwände der Sächsischen Schweiz scheinen wie gemacht für Wanderfalken. Unterschieden wird zwischen Fels- und Baumbrütern: Während Felsbrüter steil aufragende Felswände oder hohe Felsklippen benötigen, siedeln Baumbrüter in abwechslungsreichen Wald- und Wasserlandschaften. Dabei zeigt der Wanderfalke eine ausgeprägte Nistplatztreue. In Mitteleuropa kreist er ganzjährig in seinem Revier; aus kälteren Gefilden zieht er im Winter gen Süden. Der Wanderfalke jagt fast ausschließlich andere Vögel, die er im schnellen Flug in der Luft erbeutet. Im Sturzflug erreicht er dabei Geschwindigkeiten von mehr als 300 Kilometer pro Stunde.

Bemerkenswert: die Weibchen sind deutlich größer als die Männchen. Beide sind oberseits schiefergrau gefärbt; markant ist die Gesichtszeichnung mit breitem dunklen Bartstreif. Galt der Wanderfalke in den 1970er-Jahren in Sachsen als ausgestorben, brüteten hier zwischenzeitlich bis zu 20 Paare Diese Zahlen haben in den letzten Jahren abgenommen, und die Nationalparkverwaltung stimmt mit Bergsport- und Naturschutzverbänden wirksame Maßnahmen zum langfristigen Schutz der Wanderfalken ab.

Kiefern wie dieser von Wind, Wetter und Schwerkraft geformte Baum sind wahre Überlebenskünstler

Sum p fp orst Rhododendron tomentosum In den tiefen kühlen Schluchten der Sächsischen Schweiz und dort, wo an den kühlen Nordseiten der Felsen Wasser aus den Sandsteinklüften sickert, sind Pflanzen zu finden, die sonst nur im Hochgebirge gedeihen, zum Beispiel die Krähenbeere, das Zweiblütige Veilchen und der Sumpfporst – die hier häufigste alpine Art. Sonst in Skandinavien und Nordamerika zu finden, bevorzugt der Sumpfporst nasse, kalkfreie Torfböden. Der immergrüne Strauch erreicht eine Wuchshöhe von bis zu 1,5 Metern und trägt von Mai bis Juli weiße Blütendolden. Die Blätter verbreiten einen aromatischen würzigen Geruch und wurden früher als Brauzusatz verwendet; ihre ätherischen Bestandteile sollten die berauschende Wirkung des Bieres verstärken.

auf den Sandsteinfelsen, kommen sie doch mit extrem wenig Wasser und Nährstoffen aus. Zusammen mit dem unscheinbaren Heidekraut müssen sie im Sommer Bodentemperaturen bis 60 Grad und winterliche Fröste aushalten.

Morgenstimmung über dem Wehlgrund bei Rathen.
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Malerische Aussichten: die Bastei

Dieses Felsmassiv beim Kurort Rathen ist das absolute Highlight im Nationalpark Sächsische Schweiz. Die Bastei ist eine 305 Meter hohe Felskanzel, die 194 Meter über die Elbe emporragt. Noch beeindruckender als das Felsmassiv selbst ist das Panorama, das sich Ihnen von den verschiedenen Aussichtspunkten bietet. Deutlich sind die drei Stockwerke des Elbsandsteingebirges erkennbar: tief eingegraben fließt zuunterst die Elbe, darüber die Ebenheiten mit ihren fruchtbaren landwirtschaftlich genutzten Lößböden und darüber die Felsreviere und die Tafelberge. Der Blick auf die großen Tafelberge, die Schrammsteinkette und den Großen Winterberg inspirierten schon Ludwig Richter und Caspar David Friedrich. Heute führt der Malerweg jährlich zahlreiche Besucherinnen und Besucher durch das pittoreske Basteigebiet. Von der Stadt Wehlen ist die Bastei über einen zehn Kilometer langen Rundweg gut zu erreichen. Wagen Sie sich dort über die steinerne Basteibrücke, gelangen Sie zu den Überresten der Felsenburg Neurathen. Um das Jahr 1250 wurde die Festung zur Sicherung der Mark Meißen aus dem Stein gehauen.

NationalparkZentrum

Sie möchten sich auf Natur und Kultur der Sächsischen Schweiz einstimmen? Sie reisen mit Ihren Kindern in die Region? Oder suchen Sie interessante Veranstaltungen, egal zu welcher Jahreszeit? Das NationalparkZentrum Sächsische Schweiz in Bad Schandau ist das zentrale Besucher- und Informationszentrum des Nationalparks. Dauer- und Wechselausstellungen sowie eine große Multivisionsschau vermitteln einzigartige Eindrücke aus dem Nationalpark. Das NationalparkZentrum punktet mit vielen interaktiven Erlebnis- und Informationsangeboten bei Kindern und Erwachsenen. Themen wie Geologie, Pflanzen- und Tierwelt, Nutzungsgeschichte sowie Kulturlandschaft der Region präsentieren sich auf spannende Art. Durch seine zentrale Lage und Erreichbarkeit ist das NationalparkZentrum der perfekte Ausgangspunkt für Wanderungen.

Ein eindrucksvolles Ensemble: die Festung Königstein

Inmitten des Elbsandsteingebirges liegt die imposante Festung Königstein. Die Wehranlage thront über dem gleichnamigen Ort und ist ein einzigartiges Zeugnis europäischer Festungsbaukunst. Das 9,5 Hektar große Felsplateau erhebt sich 240 Meter über die Elbe. Dort entstand über mehr als 750 Jahre hinweg ein eindrucksvolles Ensemble von Bauwerken aus Spätgotik, Renaissance und Barock. Kein Feind wagte es jemals, die Festung anzugreifen. So nutzten die sächsischen Herzöge und Kurfürsten die Festung als Jagd- und Lustschloss sowie als gefürchtetes Gefängnis. Vom einstigen Leben und Leiden in der Anlage erzählen heute Ausstellungen und Dokumentation in den verschiedenen Gebäuden. Nur einige Highlights der mehr als 30 Bauwerke: ein Brunnenhaus mit restaurierter Wasserfördertechnik, die älteste sächsische Garnisonskirche und die älteste in Deutschland erhaltene Kaserne aus den Jahren 1589/90. Bei einer Führung entdecken Sie außerdem die unterirdischen Befestigungsanlagen.

Walderlebnisgelände in Hinterhermsdorf: die Waldhusche Gehen Sie auf Entdeckungstour mit vielen Aktivelementen vor allem für Ihre Kindern durch das 66 Hektar große Ausstellungs- und Erlebnisgelände Waldhusche in der Hinteren Sächsischen Schweiz. Als „Husche“ wurde früher von den Forstleuten eine aus Holzstämmen errichtete Rutsche bezeichnet, auf der die geschlagenen Holzstämme von den Berghängen ins Tal „huschten“. Auf vier miteinander vernetzten Themenwegen können Sie Naturphänomene und die Praktiken der historischen Waldwirtschaft bei den Mitmachangeboten der Stationen erleben.

Geografische Orientierung gibt Ihnen die Karte auf Seite 98. SÄCHSISCHE SCHWEIZ
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Gipfelstürmer: die Schrammsteine

Östlich von Bad Schandau befinden sich die Schrammsteine, eine langgestreckte, urwüchsige, stark zerklüftete Felsgruppe. Begrenzt werden sie im Norden durch das Kirnitzsch-, im Süden vom Elbtal und im Osten von den Affensteinen. Die gesamte Kette umfasst 80 Gipfel und wird in die Vorderen und Hinteren Schrammsteine unterteilt. Drei mächtige senkrechte Felsöffnungen durchbrechen die Kette und bezeugen Jahrmillionen der Erosion. Bergsteiger und Wanderer finden in den Schrammsteinen ein komplexes Felsenmassiv mit einer Vielzahl verschiedener Wanderwege und Kletterfelsen. Die höchsten Gipfel messen mehr als 420 Meter. Auf die touristisch zugängliche Schrammsteinaussicht hinauf führen mehrere Routen. Die sind teils beschwerlich, aber immer lohnend.

Kahnfahrt auf der Kirnitzsch

Entlang der deutsch-tschechischen Grenze hat sich die Kirnitzsch tief in den Sandstein gegraben und einen tiefen Canyon geschaffen. Der 700 Meter lange Wildbach wurde einst für die Flößerei genutzt. Bereits im Jahr 1410 wurde die Kirnitzsch als Grenzfluss erwähnt, 1567 auf Geheiß von Kurfürst August von Sachsen durch den Bau einer hölzernen Sperre angestaut. Beim Öffnen der Staumauer entstand eine Flutwelle, die das Flößen geschlagener Baumstämme bis zur Elbe ermöglichte. 1816/17 wurde eine steinerne Staumauer errichtet und schon im Jahr 1879 wurden touristische Fahrten bis zur Oberen Schleuse angeboten. Ein Rundweg führt über das Hermannseck nach Hinterhermsdorf zurück.

Naherholungsziele:

Kleine Sächsische Schweiz in Dorf Wehlen

Solivital – Kletterhalle, Kindertobeland und Fitnesswelt in Sebnitz

Toskana Therme in Bad Schandau

Feldbahnmuseum Herrenleite

Schlösser, Burgen, Gärten, Sehenswürdigkeiten

Burg Stolpen

Barockgarten Großsedlitz

Schloss Weesenstein

Burg Hohnstein

Museen, Freizeiteinrichtungen

DDR Museum Pirna

StadtMuseum Pirna

Elbe-Freizeitland Königsstein

Felsenbühne Rathen

Richard-Wagner-Stätten Graupa

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Gut geplant ist halb gewonnen

Der Nationalpark Sächsische Schweiz liegt nur rund 40 Kilometer südlich von Dresden, der Landeshauptstadt Sachsens. Das sind beste Voraussetzungen, Ihre Reiseroute nachhaltig zu planen.

Gerade am Wochenende empfiehlt sich die S-Bahn, die im Halbstundentakt Wandernde aus Dresden und Umgebung zu den sieben Bahnhöfen entlang der Elbe bringt. Wanderbusse sichern das Weiterkommen und die historische Kirnitzschtalbahn macht dies sogar mit historischem Flair.

Der Wanderfahrplan der Nationalparkverwaltung zeigt die wichtigsten Verbindungen zu allen Wanderzielen in der Sächsischen und Böhmischen Schweiz. Die Nationalparkregion verfügt über unzählige Möglichkeiten, wie Sie von A nach B kommen. Dieses komfortable Netz ist unter deutschen Nationalparks einmalig!

In guten Händen: NationalparkPartner

Nationalpark-Partner sind Ihre Gastgeber: Sie haben sich auf die Fahnen geschrieben, Urlaub am Nationalpark zu einem nachhaltigen Erlebnis zu machen. Als Partner unseres Schutzgebietes liegt ihnen die Natur am Herzen. Sie haben die besten Urlaubstipps in der Nationalparkregion, immer mit Rücksicht auf die Belange geschützter Natur. Sie bemühen sich, das Beste der Region in Topf und Pfanne zu verwenden. Oder sie empfehlen Ihnen bewährte Verbindungen, um mit dem Öffentlichen Personennahverkehr die Landschaft zu erfahren.

Weitere Informationen über Beherbergungs- und Freizeiteinrichtungen, Wander- und Radtouren in der Nationalparkregion finden Sie zum Beispiel unter: Tourismusverband Sächsische Schweiz: saechsische-schweiz.de Mobilität, Fahrpläne und Wanderfahrplan: nationalpark-saechsischeschweiz.de/besucherinformation/mobil-vor-ort/ geführte Touren mit unseren zertifizierten Nationalparkführern: nationalpark-saechsischeschweiz.de/wir-ueber-uns/netzwerk/zertifiziertenationalparkfuehrer/

Der erste Nationalparkbahnhof
NATIONALPARKREGION AN DER RICHTIGEN ADRESSE
Deutschlands steht in Bad Schandau. Die Fährüberfahrt bietet Aussicht auf den Lilienstein, das Wahrzeichen der Sächsischen Schweiz.
SÄCHSISCHE SCHWEIZ

In den Naturlandschaften finden sich viele Lebensräume, die spezielle Anforderungen an ihre Bewohner stellen. Die europäischen FFH ­ Richtlinien weisen insgesamt 231 verschiedene Lebensraumtypen aus, die besonders schützenswert sind. Sie werden in der Regel über vegetationskundliche Kriterien unterschieden.

In Deutschland kommen 91 Lebensraumtypen vor, einige der wichtigsten sowie weitere charakteristische Landschaftselemente stellen wir Ihnen hier vor. Denn sie prägen die Naturlandschaften und besitzen eine hohe Bedeutung für bedrohte Tier­ und Pflanzenarten.

Auwälder sind sehr vielgestaltig und kommen in Flussauen vor. Werden Uferbereiche häufig überschwemmt, dominieren dort Weichhölzer wie Weidenarten, Eschen und Pappeln. In weniger häufig überschwemmten Zonen der Flussaue kommen langlebige Harthölzer hinzu wie Eiche oder Ulme sowie eine ausgeprägte Krautschicht. Strukturvielfalt und ökologische Nischen bieten einer Vielzahl (z. T. seltener) Tierarten Lebensraum, vom Biber bis zum Kranich.

Basaltberge sind ein Relikt eines längst erloschenen Vulkanismus. Im Erzgebirge sind der Pöhlberg und der Scheibenberg eindrucksvolle Beispiele. Dort sind die Basaltsäulen infolge ehemaligen Steinbruchabbaus gut sichtbar. Wo sich auf dem Basalt Böden bilden, sind diese vergleichsweise nährstoffreich. So etablieren sich unter natürlichen Bedingungen artenreiche Buchenwälder.

Naturnahe Fließgewässer

mit Unterwasser-Vegetation sind wertvolle Lebensräume. Hier variieren Fließgeschwindigkeit, Untergrund, Wasserqualität und dementsprechend die ansiedelnden Pflanzen, Tiere und Insekten. In intensiv genutzten Kulturlandschaften kommt ihnen bei der Biotopvernetzung eine besondere Bedeutung zu.

Moorwälder sind Laub- und Nadelwälder auf nassen, nährstoffarmen und sauren Torfsubstraten. Dort dominieren Moorbirke, Waldkiefer, Bergkiefer und Fichte. Kennzeichnend sind außerdem Zwergsträucher und Torfmoose.

Stillgewässer

Binnendünen formten sich aus Sandverwehungen nach den Eiszeiten. Substratverlagerung, Nährstoffarmut und Trockenheit kennzeichnen diesen Lebensraum. Aufgrund der extremen Standortbedingungen weisen Binnendünen eine hochspezialisierte Flora und Fauna auf. Die Lebensraumtypen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Vegetation in Binnendünen mit Sandheiden respektive offenen Grasflächen. Bei geringer Substratverlagerung können durch Flechten geprägte, lückige Kiefernwälder entstehen.

Felsen sind exponierte, feste, kompakte Gesteine, die von Verwitterung und Erosion gekennzeichnet sind. Die Lebensraumtypen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Ausgangsgesteins in Kalkfelsen und Silikatfelsen. Kennzeichenende Pflanzenarten sind Farne, Moose und Flechten, die in Felsspalten wachsen.

Feuchte Heiden sind

niedrig wüchsige Pflanzengesellschaften auf feuchten, torfig-moorigen Böden und sind meist am Rande von Mooren und Sümpfen zu finden.

Feuchte

Hochstauden-

fluren sind von hoch wachsenden, mehrjährig krautigen Pflanzen bestandene Flächen auf eutrophen Standorten. In Sachsen sind Hochstaudenfluren vom Tiefland bis in die Mittelgebirge verbreitet, mit Vorkommensschwerpunkt in den Auen von Fließgewässern. Einzelne Bestände können sehr unterschiedlichen Vegetationseinheiten zugeordnet werden.

Hochmoore sind saure und nasse Lebensräume, die ausschließlich durch Regenwasser gespeist werden. Hochmoore sind sehr nährstoffarm. Die kennzeichnende Pflanze ist das Torfmoos. In Sachsen finden sich Hochmoore nur in den höheren beziehungsweise höchsten Lagen des Erzgebirges und sind allesamt in Naturschutzgebieten gesichert. Die außerordentlichen Standortverhältnisse bedingen eine hochspezialisierte, einzigartige Flora und Fauna mit zahlreichen gefährdeten Arten, zum Beispiel den Hochmoor-Laufkäfer und die Torf-Mosaikjungfer.

Höhlen sind geprägt von einer im gesamten Jahresverlauf zumeist gleichbleibenden Temperatur oberhalb des Gefrierpunkts sowie einer hohen und wenig schwankenden Luftfeuchtigkeit. Im Eingangsbereich wachsen Moose, im Inneren allenfalls Pilzarten. Höhlen sind ein wichtiger Lebensraum für zum Beispiel Fledermäuse, Lurche und Insekten.

Mähwiesen sind extensiv genutzte, artenreiche Grünland-Flächen auf mäßig trockenen bis mäßig feuchten Standorten. Die Lebensraumtypen unterscheiden sich in Flachland- und BergMähwiesen, die ab einer Höhenlage von etwa 500 Meter ü. NN auftreten.

Niedermoore sind sehr nasse Standorte mit einer vielfältigen Flora und Fauna. Die Beschaffung des Untergrundes prägt die Zusammensetzung der Pflanzenwelt und bedingt eine Unterscheidung zwischen kalkreichen Niedermooren und anderen moorigen Lebensräumen. In kalkreichen Niedermooren dominieren Seggen, Binsen und Moose.

sind natürlich oder künstlich geschaffene Gewässer ohne oder mit sehr geringer Fließgeschwindigkeit, zum Beispiel Seen, Teiche und Weiher. Naturnahe Stillgewässer sind vielgestaltige und artenreiche Ökosysteme mit einer hohen Bedeutung für gefährdete Pflanzen- und Tierarten, u. a. Vögel, Amphibien, Fische, Insekten. Die Lebensraumtypen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Gehalts an Nährstoffen von sehr nährstoffarm bis sehr nährstoffreich.

Sümpfe

Quellen sind Orte, an denen das Grundwasser an die Erdoberfläche tritt. Eine Klassifizierung erfolgt zum Beispiel nach dem Austrittsverhalten des Wassers in Sicker-/Sumpfquellen, Tümpelquellen und Fließquellen. An Quellen hat sich eine Tier- und Pflanzenwelt angesiedelt, die ein kühles, nährstoffarmes und wenig in der Temperatur schwankendes Wasser benötigt.

Sandfluren

ähneln Binnendünen, ihnen fehlt es jedoch an der typischen Dünenform und meist auch an Substratverlagerungen. Sie können somit in geringem Maße Nährstoffe akkumulieren und eine daran angepasste Vegetation ausbilden.

entstehen auf zeitweise stark vernässten Böden. Sümpfe bilden sich in Niederungen und an flachen Ufern. Zwar werden die Begriff Sumpf und Moor häufig synonym verwandt, jedoch bilden Sümpfe an ihrer Oberfläche keinen Torf – anders als in Mooren. In Sümpfen wird organische Substanz vollständig zu Humus umgesetzt (mineralisiert) oder ausgeschwemmt. Auf Grund des damit einhergehenden höheren Nährstoffgehaltes bilden sich andere Artengemeinschaften aus als auf Mooren.

Trockene Heiden

sind mehr oder weniger baumfreie Lebensräume, in denen Zwergsträucher dominieren. Dazu zählen Besenheide, Krähenbeere und Heidelbeere. Heiden sind zumeist durch menschliche Nutzung, zum Beispiel Beweidung mit Schafen, entstanden, die zu einer Nährstoffverarmung der Boden führte.

Trockenrasen

bilden sich an trockenen, nährstoffarmen Standorten mit nur gering entwickeltem, flachgründigen Böden. Die Lebensraumtypen unterscheiden sich in Kalk- beziehungsweise Steppen-Trockenrasen und sind in Sachsen sehr selten, oft nur kleinflächig ausgeprägt. Sie weisen überdurchschnittlich viele gefährdete und seltene Arten auf und sind daher u. a. für den floristischen Artenschutz von hoher Bedeutung

GLOSSAR | GUT ZU WISSEN GLOSSAR | GUT ZU WISSEN 115 114

Herausgeber:

Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL)

Postfach 10 05 10, 01075 Dresden

Telefon: +49 351 564-20500

E-Mail: info@smekul.sachsen.de | www.smekul.sachsen.de

Diese Veröffentlichung wird mitfinanziert durch Steuermittel auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

Redaktion:

SMEKUL, Referat Nationale Schutzgebiete, Eingriffsregelungen, Landschaftsplanung mit freundlicher Unterstützung der Schutzgebietsverwaltungen der sechs Nationalen Naturlandschaften

Gestaltung und Satz: genese Werbeagentur GmbH

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Druck:

MÖLLER PRO MEDIA GmbH

Redaktionsschluss:

9. Dezember 2022

Auflagenhöhe:

15.000 Exemplare, 1. Auflage

Bezug:

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