Waldzustandsbericht 2020

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STAATSMINISTERIUM FÜR ENERGIE, KLIMASCHUTZ, UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT

Waldzustandsbericht 2020



Inhalt

Zusammenfassung

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Summary

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Shrnuti

Podsumowanie

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Einflüsse auf den Waldzustand

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25 Jahre Waldklimastationen – K ­ limawandel diagnostizieren, ­Wirkungen ­analysieren, Waldumbau als Prozess gestalten

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Der aktuelle Kronenzustand – Allgemeine Situation

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Kronenzustand an Nadelbäumen

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Kronenzustand an Laubbäumen

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Anhang

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Tabellen

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Glossar

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Zusammenfassung

Der negative Trend des Waldzustandes in Sachsen setzte sich 2020 weiter fort. Die trockene und heiße Witterung der Jahre 2018 und 2019 hatte die Bäume bereits massiv geschwächt. Seit August 2019 bis zur Erhebung lagen die mittleren Temperaturen in nahezu jedem Monat über dem langjährigen Mittel. Von August 2019 bis Juli 2020 (Berichtszeitraum) war es 2,1 Grad Celsius im Vergleich zum langjährigen Mittel zu warm. Eine Ausnahme bildete nur der Mai 2020. Der Bodenwasserspeicher wurde über die Wintermonate 2019/20 nur unzureichend gefüllt. Dies führte auf vielen Standorten während der Vegetationsperiode zur Austrocknung des Waldbodens mit ungünstigen Folgen für die Vitalität der Bäume. Bis zur Ermittlung des Waldzustandes im Juli 2020 fehlten mehr als 20 Prozent der sonst üblichen Niederschlagsmenge. Zusammen mit den ausgebliebenen Niederschlägen vorausgegangener Trockenjahre belief sich das gemittelte Defizit auf über 450 Liter je Quadratmeter (Stand September 2020). Dies entspricht einem kumulativen Niederschlagsdefizit von knapp zwei Drittel eines Jahresniederschlages! Die hohen Temperaturen führten innerhalb der Vegetationszeit zu einer ansteigenden Verdunstung, die sich deutlich über dem Niederschlagsangebot bewegte. Die daraus abgeleitete klimatische Wasserbilanz war auch in diesem Jahr für einen Großteil der Standorte und Monate negativ. Eine Versickerung fand praktisch nicht statt. Lediglich im September/Oktober 2019 und Februar 2020 lag das Niederschlagsangebot kurzzeitig über der Verdunstung. Seit 1766 hat es in Sachsen nach Mitteilung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung in Leipzig keine derartige zweijährige Sommerdürre wie 2018 und 2019 gegeben. Diese setzte sich 2020 in den (Wald-)Böden während der Vegetationsperiode fort. Zur Erfassung des Waldzustandes wurden an 6.720 Bäumen neben der Kronenverlichtung (Blatt- bzw. Nadelverlust) und dem Vergilbungsgrad weitere Merkmale wie Blüte, Fruchtbildung, Anzahl der Nadeljahrgänge sowie biotische (z. B. durch Insekten und Pilze verursachte) und abiotische (z. B. durch Dürre, Feuer und Sturm versursachte) Schäden aufgenommen. Innerhalb der dreißigjährigen Beobachtungszeitreihe erreichte der mittlere Nadel- und Blattverlust aller sächsischen Bäume 2020 ein neues Maximum und liegt bei 26,1 Prozent. Dies entspricht einem Anstieg von fast 3 Prozent zum Vorjahr und 5 Prozent zum Trockenjahr 2018. Dieser Wert liegt deutlich über dem langjährigen Mittelwert von 17,2 Prozent. Für jeden bonitierten Baum erfolgte über die Kombination von Nadelbzw. Blattverlust und Verfärbungen eine Einordnung in eine der fünf Schadstufen. Danach weisen 35 Prozent der Waldbäume eine deutliche Beeinflussung (Schadstufen 2 bis 4), 44 Prozent eine schwache Beeinflussung (Schadstufe 1) und 21 Prozent keine erkennbare Beeinflussung des Kronenzustandes (Schadstufe 0) auf. Die Werte heben sich noch einmal deutlich von den beiden Vorjahren ab. Noch nie wurden bei der Erhebung des Waldzustandes so wenige Bäume ohne

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erkennbare Schäden erfasst und noch nie waren gleichzeitig so viele Bäume deutlich geschädigt. Der Anteil der Bäume mit schwacher Beeinflussung blieb konstant. Der mittlere Nadelverlust der Fichten stieg seit dem letzten Jahr an und liegt aktuell bei 26,4 Prozent und damit fast 10 Prozentpunkte über dem langjährigen Mittel. Der Anstieg der Schadholzmengen der vergangenen Jahre setzte sich fort. Während noch Anfang der 1990er Jahre hohe Schadstoffeinträge in Form von Schwefel für eine intensive Schädigung der Wälder verantwortlich waren, führte die anhaltende Trockenheit der letzten drei Jahre zu weitaus größeren Waldschäden. Besonders in den unteren Berglagen und im Hügelland wirkten die Trockenheit bis Dürre in Kombination mit günstigen Bedingungen für holz- und rindenbrütende Schadinsekten, vor allem dem Buchdrucker, als auslösende Faktoren für Nadelverluste. Bis Ende September 2020 entsprach die registrierte Menge des Befalls von lebenden Bäumen im Gesamtwald mit circa 1.075.000 Kubikmetern etwa dem 0,9-fachen des Vorjahresvergleichswertes. Verglichen mit dem Vorjahreswert stieg der Nadelverlust der Kiefern in diesem Jahr um drei Prozentpunkte auf 25,1 Prozent an und liegt damit deutlich über dem langjährigen Mittel der gesamten Zeitreihe (16,5 Prozent). Erstmals wiesen nahezu ein Drittel aller Kiefern deutliche Nadelverluste auf. Lediglich 16 Prozent haben keine nennens­werten Schäden. Auch in diesem Jahr wurden die Kiefernbestände intensiv durch Borken- und Prachtkäferarten befallen. Infolge der e­ xtremen Witterungsverläufe stiegen die Befallsmengen auf 175.000 Kubik­ meter bis Ende September 2020 an. B ­esonders die Landkreise in Nordostsachsen verzeichneten im Vergleich zu 2019 tendenziell eine Befallszunahme. Der deutliche Trend steigender N ­ adelverluste in der Gruppe der sonstigen Nadelbäume hielt 2020 nicht weiter an und ging im Vergleich zum Vorjahr um 2 Prozent auf 18,3 Prozent zurück. Insektenschäden wurden in dieser Baumartengruppe in geringerem Umfang festgestellt. Lediglich der Stehendbefall durch den Großen Lärchenborkenkäfer weist mit 13.000 Kubik­metern (Juni bis September 2020) den zweithöchsten Wert nach 2019 auf. Die mehrjährige Borkenkäferkalamität vor allem im Nadelholz hat eine Schadholzhöhe erreicht, wie sie seit Beginn der geregelten Forstwirtschaft in Sachsen vor über 200 Jahren unbekannt ist. Seit 2018 sind v. a. durch Stürme und Insektenbefall über 12 Prozent der (Stichproben-) Bäume über 60 Jahre ausgefallen, mithin abgestorben. Im Jahre 2020 waren es 3,7 Prozent. Auch im dritten Jahr in Folge blieb der Blattverlust der Eichen nahe­zu unverändert bei 32,1 Prozent. Im Vergleich mit allen anderen Baumarten zeigte die Eiche in den zurückliegenden Jahren die höchste Kronenverlichtung. Mehr als die Hälfte der untersuchten Bäume weist deutliche Blattverluste auf. Auch bei der Eiche nahm der Befall durch holz- und rindenbrütende Insekten wie Eichensplintkäfer und Eichen-


prachtkäfer zu. Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit der Schwächung von überwiegend zwischen- und unterständigen Eichen in Folge der langanhaltenden warm-trockenen Witterungslage. Die angespannte meteorologische Situation induzierte wie auch 2018 bei der Eiche eine intensive Fruchtbildung an mehr als der Hälfte der untersuchten Bäume. Die mittlere Kronenverlichtung der Buche ging im Vergleich zum Vorjahr minimal zurück und liegt jetzt bei 24,5 Prozent. Der Anteil der als gesund eingestuften Buchen stieg leicht an und lag bei knapp 30 ­Prozent. Insgesamt reagierte die Buche weniger stark als die anderen Baumarten, insbesondere andere Laubbäume. Ein Grund ­könnte sein, dass die Stichprobe der untersuchten Buchen in Sachsen vor ­allem Standortbereiche in den mittleren Berglagen umfasst, die ­weniger stark von der Trockenheit betroffen waren. Ähnlich wie bei den Eichen konnten Käferarten, die vor allem geschwächte ­Buchen

besiedeln, wie der Kleine Buchenborkenkäfer, von der Dürre der Vorjahre und der lang­anhaltenden trockenen Witterungslage in diesem Jahr profitieren. Die Gruppe der sonstigen Laubbäume wird von der Birke dominiert, die in der Gesamtstichprobe stärker vertreten ist als Eiche und Buche. Der mittlere Blattverlust von knapp 28 Prozent hat im Vergleich zum Vorjahr geringfügig abgenommen. Der Anteil der ungeschädigten Bäume lag bei 23 Prozent und damit deutlich unter dem langjährigen Mittel von 37 Prozent. Gleichzeitig war der Anteil der deutlich geschädigten Bäume leicht rückläufig und erreichte mit 34 Prozent das Niveau von 2018. Das Eschentriebsterben ist im Freistaat nach wie vor ausgeprägt, was sich jedoch auf einzelne Individuen bezieht. Ein flächiges Absterben konnte bisher nicht beobachtet werden. Infolge von Trockenstress und großer Hitze nimmt das Auftreten der Rußrinden­ krankheit am Ahorn auch 2020 weiter zu.

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Summary

The negative trend of the forest condition in Saxony continued in 2020. The dry and hot weather in 2018 and 2019 had already ­weakened the trees severely. The mean temperatures exceeded the long-term a­ verage in almost every month from August 2019 up to the time of the survey. From August 2019 to July 2020 (monitoring ­period), the temperature was 2.1 degrees Celsius above the ­long-term cli­matic ­average, the only exception being May 2020. The soil water r­eservoir could only be replenished insufficiently over the winter months 2019/20. As a result, the forest soil dried out in many sites during the vegetation period, with unfavourable consequences for the trees' ­vitality. By the time the forest condition was determined in July 2020, precipitation was more than 20 percent below the u­ sual amounts. Along with the absence of precipitation in the previous dry years, the mean deficit amounted to more than 450 ­litres per square metre (as per September 2020). This corresponds to a cumulative precipitation deficit of almost two thirds of a year's precipitation! The high temperatures led to increasing evaporation that clearly exceed­ed precipitation in the vegetation period. Once again, the climatic water balance determined on this basis is negative for a large number of sites and months this year. There was practically no see­page from precipitation. Only in September/October 2019 and F­ebruary 2020, was precipitation higher than evaporation for a short time. According to information from the Helmholtz Centre for Environmental Research in Leipzig, this kind of two-year summer drought as recorded in 2018 and 2019 has not occurred in Saxony since 1766. This drought continued in the (forest) soils during the vegetation period in 2020. Apart from crown defoliation (leaf/needle loss) and the degree of yellowing, further characteristics such as blossom, fruit formation, number of needle age groups as well as biotic damage (caused by insects and fungi, etc.) and abiotic damage (caused by drought, fire and storm) were also recorded during the forest condition survey of 6,720 trees. The average needle and leave loss of all trees in Saxony reached a new peak within the 30-year monitoring time series and now amounts to 26.1 percent. This corresponds to an increase of almost 3 percent over the previous year and 5 percent compared to the dry year 2018. This value clearly exceeds the long-term average value of 17.2 percent. Each evaluated tree is classified in one of five damage classes based on needle/leaf loss in combination with any discolouration that may have occurred. Accordingly, the classification indicates a considerable ­impact on crown condition for 35 percent of forest trees (damage classes 2 to 4), a slight impact on crown condition for 44 percent (damage class 1) and no detectable impact on crown condition for 2 ­ 1 ­percent (damage class 0). Once again, the values contrast ­strongly with those of the two previous years. There have never been so few trees w ­ ithout detectable damage, yet at the same

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time so many trees with clear signs of damage, since forest condition surveys began in the Free State of Saxony. The share of trees for ­which ­a slight impact on crown condition was found remained constant. The mean needle loss for spruce has risen since the previous year. It is currently at 26.4 percent and thus almost 10 percentage points above the long-term average. The steady rise in the amount of ­damaged wood over the past few years has continued this year. ­Whereas high air pollution by sulphur was responsible for intense damage to the forests at the beginning of the 1990ies, the persistent dryness of the past three years has caused much severer damage to the forests. Moderate to severe drought in combination with favourable conditions for harmful wood and bark-breeding insects, especially the eight-toothed European spruce bark beetle, were the main factors ­responsible for needle loss, particularly in the lower mountain ranges and hill country. By the end of September 2020, the amount of infested living trees recorded in the total forest area was approximately 1,075,000 cubic meters, corresponding to around 0.9 times the figure for the same period last year. Compared to last year's figures, the needle loss in pine increased by three percentage points to 25.1 percent in the current year, and is thus clearly above the long-term average for the overall time series (16.5 percent). Almost one third of all pine trees showed considerable needle losses for the first time. Only 16 percent had no significant damage. Bark and metallic wood boring beetles, have once again caused an intense infestation of pine stands this year. Due to the extreme weather conditions, the amount of wood infested rose to 175,000 cubic metres by the end of September 2020. The rural districts in the northeast of Saxony in particular exhibited an increasing infestation trend compared to 2019. The clear trend of increasing needle losses in the group of other conifers did not continue in 2020 but dropped by 2 percent over the previous year to 18.3 percent. This group of tree species showed only minor damage caused by insects, apart from the eight-toothed larch bark beetle infestation of larch stands that resulted in 13,000 cubic metres of infested wood (June to September 2020), the second highest value after 2019. The severe bark beetle infestation in coniferous trees that has ­persisted for several years led to an unheard-of amount of damag­ ed wood since the beginning of regulated forestry in Saxony some 200 years ago. More than 12 percent of the (sample) trees aged 60 years and older have been lost and died due to storms and pest infestation since 2018. The figure was 3.7 percent in 2020. Similarly, defoliation in oak almost remained unchanged at 32.1 percent for the third year in a row. Oak has suffered the highest crown ­defoliation of all tree species in the past years. Significant ­defoliation was found in more than half of the trees examined. Infestation by


wood and bark-breeding insects such as oak bark b­ eetles and oak borers also increased in oak. This development is connected with the weakening of mainly intermediate and over­topped (understory) oak due to the prolonged warm and dry w ­ eather. The strained weather conditions ­induced intensive fruit formation in oak for more than half of the trees examined, as it was in 2018. Compared to the previous year, the average crown defoliation in beech dropped minimally and is now at 24.5 percent. The share of beech classified as healthy increased slightly to almost 30 percent. All in all, beech coped better with drought than other tree species, in particular other deciduous trees. One possible reason may be that the ­sample of trees examined in Saxony mainly includes sites l­ocated in the medium mountain ranges, which have been less ­affected by drought. ­Similar to oak, beetle species that mainly colo-

nize weakened beech, such as the beech bark beetle, benefitted from the drought in the previous years and the prolonged dry weather this year. The group of other deciduous trees is dominated by birch, which is much more common than oak and beech in the entire sample. Average defoliation in this group was just below 28 percent, a slight drop compared to the previous year. The share of undamaged trees was 23 percent, and thus clearly below the long-term average of 37 percent. At the same time, the share of trees with clear damage symptoms declined slightly to 34 percent, reaching the level of 2018. The level of damage due to ash dieback is still high in the Free State of Saxony, though only individual trees are affected. No die-off has been found on larger areas so far. Sooty bark disease occurrence in maple also increased in 2020 due to drought stress and intense heat.

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Shrnuti

Negativní směr vývoje stavu lesů v Sasku pokračoval i v roce 2020. Suché a horké počasí již v letech 2018 a 2019 stromy masivně oslabilo. Od srpna 2019 do doby průzkumu byly průměrné teploty téměř každý měsíc nad dlouhodobým průměrem. Od srpna 2019 do července 2020 (sledované období) bylo ve srovnání s dlouhodobým průměrem o 2,1 stupně Celsia tepleji. Jedinou výjimku tvořil květen roku 2020. Zásobárna podzemní vody byla naplněna pouze v zimních měsících let 2019/20 a to nedostatečně. To vedlo na mnoha místech k vysychání lesního porostu během vegetačního období, což mělo nepříznivé důsledky pro vitalitu stromů. Do doby šetření stavu lesa v červenci roku 2020, chybělo více než 20 procent obvyklého množství srážek. Spolu s nedostatkem srážek v předchozích suchých letech dosahuje průměrný schodek více než 450 litrů na metr čtvereční (k září 2020). To odpovídá kumulativnímu srážkovému deficitu téměř dvou třetin ročních srážek! Vysoké teploty vedly během vegetačního období ke zvýšení odpařování, které se pohybovalo výrazně nad množstvím srážek. Z toho odvozená klimatická vodní bilance je také v letošním roce pro velkou část lokalit negativní. Nedošlo prakticky k žádnému vsakování. Pouze v září/říjnu roku 2019 a v únoru roku 2020 bylo množství srážek dočasně nad výparem. Od roku 1766 nedošlo v Sasku dle Helmholtzova centra pro výz­ kum životního prostředí v Lipsku k takovému dvouletému suchu jako v ­letech 2018 a 2019. To pokračovalo v roce 2020 během vegetačního období v (lesních) půdách. Pro zachycení stavu lesa byly na 6720 stromech kromě defoliace ­koruny (ztráta listů nebo jehličí) a stupně zažloutnutí, zaznamenány další charakteristiky poškození, jako je květenství, plodnost, počet ­jehličnatých let, jakož i poškození biotické (např. způsobené hmyzem a houbami) a abiotické (např. způsobené suchem, ohněm a bouří). ­Během třicetileté časové řady pozorování dosáhla průměrná ztráta jehličí a listů všech saských stromů v roce 2020 nového maxima a leží na 26,1 procentech. To odpovídá nárůstu o téměř 3 procenta ve srovnání s předchozím rokem a o 5 procent ve srovnání se suchým rokem 2018. Tato ­hodnota je výrazně nad dlouhodobým průměrem 17,2 pro­ centa. Pro každý hodnocený strom byla kombinace ztráty jehličí nebo listů a zabarvení zařazena do jedné z pěti úrovní poškození. Podle toho vykazuje 35 procent lesních stromů významný vliv (stupeň poškození 2 až 4), 44 procent slabý vliv (stupeň poškození 1) a 21 procent žádný znatelný vliv na stav koruny (stupeň poškození 0). Hodnoty opět ­významně vyčnívají z obou předchozích let. Ještě nikdy předtím nebylo při průzkumu stavu lesa zaznamenáno tak málo stromů bez viditelného poškození a nikdy předtím nebylo významně poškozeno tolik stromů naráz. Podíl stromů se slabým vlivem poškození zůstal konstantní.

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Průměrná ztráta jehličí u smrků se od loňského roku zvýšila a v současné době leží na 26,4 procentech, tedy téměř o 10 procentních bodů nad dlouhodobým průměrem. Zvyšování množství poškozeného dřeva v posledních letech pokračovalo. Zatímco na počátku 90. let stálo za intenzivním poškozením lesů stále vysoké množství znečišťujících látek ve formě síry, přetrvávající sucho posledních tří let vedlo k v lesích k smnohem větším škodám. Zejména v nižších horských polohách a na vrchovině působilo sucho v kombinaci s příznivými podmínkami pro škůdce dřeva a kůry, především kůrovce, jako spouštěcí faktor pro ztrátu jehličí. Do konce září roku 2020 odpovídalo evidované množství napadení živých stromů v celém lese na přibližně 1 075 000 metrech krychlových zhruba 0,9 krát vyšší hodnotě než v předchozím roce. Ve srovnání s předchozím rokem se letošní ztráta jehličí u borovic zvýšila o tři procentní body na 25,1 procenta, a je tedy výrazně nad dlouhodobým průměrem indexu celé časové řady (16,5 procenta). Poprvé byla u téměř třetiny všech borovic viditelná jasná ztráta jehličí. Pouze 16 procent je bez významného poškození. Také v letošním roce byla populace borovic intenzivně napadena druhy kůrovců a polníkem zelenavým. V důsledku extrémních povětrnostních podmínek stoupne úroveň napadení do konce září roku 2020 na 175 000 metrů krychlových. Zejména okresy v severovýchodním Sasku vykazovaly ve srovnání s rokem 2019 trend vyššího nárůstu napadení. Významný trend zvyšování ztráty jehličí ve skupině ostatních jehličnanů v roce 2020 nepokračoval a ve srovnání s předchozím rokem poklesl o 2 procenta na 18,3 procenta. U této skupiny dřevin bylo poškození hmyzem zjištěno v menší míře. Pouze stálé zamoření velkým lýkožroutem modřínovým má s 13 000 metry krychlovými (červen až září 2020) druhou nejvyšší hodnotu po roce 2019. Několikaletá kůrovcová kalamita, zejména u jehličnatého dřeva, dosáhla úrovně poškození dřeva, která nebyla známa od počátku regulovaného lesního hospodářství v Sasku před více než 200 lety. Od roku 2018 způsobily především bouře a napadení hmyzem zánik více než 12 procent (dle namátkové kontroly) stromů starších 60 let, a proto uhynuly. V roce 2020 to bylo 3,7 procenta. Třetím rokem za sebou zůstala ztráta listí u dubů téměř beze změny na hodnotě 32,1 procenta. Ve srovnání se všemi ostatními druhy stromů vykazuje dub nejvyšší defoliaci koruny za poslední roky. Více než polovina zkoumaných stromů vykazuje významnou ztrátu listů. Také u dubů se zvýšilo napadení dřeva a kůry škůdným hmyzem, jakým jsou duboví kůrovci a duboví brouci z čeledi „krascovití“. Tento vývoj souvisí s oslabením převážně středních a nižších dubů v důsledku dlouhotrvajících teplých a suchých povětrnostních podmínek. Napjatá meteorologická situace vyvolala, stejně jako v roce 2018 u dubů, intenzivní plodnost u více než poloviny zkoumaných stromů.


Průměrná defoliace koruny buku se ve srovnání s předchozím rokem mírně snížila a nyní činí 24,5 procenta. Podíl buků, klasifikovaných jako zdravé, mírně vzrostl a činil téměř 30 procent. Celkově buk reagoval slaběji než ostatní druhy stromů, zejména jiné listnaté stromy. Jedním z důvodů by mohla být skutečnost, že vzorek zkoumaných buků v Sasku zahrnuje především oblasti ve středních horských polohách, které byly méně zasaženy suchem. Stejně jako u dubů, dokázaly druhy brouků, které kolonizují zejména oslabené buky, jakým je například Malý kůrovec bukový, profitovat ze sucha minulých let a z letošního prodlouženého suchého počasí.

Ve skupině ostatních listnatých stromů dominuje bříza, která je zastoupena v celkovém vzorku silněji než dub a buk. Průměrná ztráta listu těsně pod 28 procenty se ve srovnání s předchozím rokem mírně snížila. Podíl nepoškozených stromů byl na 23 procentech, což je výrazně pod dlouhodobým průměrem 37 procent. Zároveň mírně poklesl podíl významně poškozených stromů a se 34 procenty dosáhl úrovně roku 2018. Odumírání jasanů je ve Freistaatu stále výrazné, ale týká se to jednotlivých kusů. Rozsáhlé odumírání nebylo dosud pozorováno. V důsledku stresu ze sucha a extrémního horka bude v roce 2020 výskyt sazné nemoci kůry u javorů nadále stoupat.

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Podsumowanie

Negatywny trend w zakresie stanu lasów w Saksonii utrzymał się ­także w roku 2020. Sucha i gorąca pogoda w latach 2018 i 2019 ­mocno już osłabiła drzewa. Od sierpnia 2019 roku do ujęcia danych średnie temperatury niemal każdego miesiąca plasowały się powyżej średniej wieloletniej. Od sierpnia 2019 roku do lipca 2020 roku (okres raportu) było w porównaniu z wieloletnią średnią o 2,1° C cieplej. Wyjątek ­stanowił tylko maj 2020 roku. W miesiącach zimowych 2019/2020 ­zasoby wód gruntowych uzupełniły się jedynie w niewystarczającej ilości. Doprowadziło to w wielu siedliskach w okresie wegetacyjnym do wysuszenia gleby leśnej z niekorzystnymi konsekwencjami dla witalności drzew. Do oceny stanu lasów w lipcu 2020 roku brakowało ponad 20 % normalnej zazwyczaj ilości opadów. Wraz z brakującymi opadami w zeszłych suchych latach średni deficyt wynosi ponad 450 litrów na m² (stan: wrzesień 2020 roku). Odpowiada to kumulatywnemu deficytowi opadów w wysokości prawie dwóch trzecich rocznych opadów! Wysokie temperatury doprowadziły w okresie wegetycyjnym do wzrostu parowania, które kształtowało się wyraźnie powyżej ilości opadów. Wynikający z tego klimatyczny bilans wodny jest również i w tym roku dla większości siedlisk i miesięcy negatywny. Praktycznie nie było infiltracji wody opadowej. Jedynie we wrześniu/październiku 2019 roku i w lutym 2020 roku ilość opadów kształtowała się przez krótki czas powyżej parowania. Według informacji Centrum Badań nad Środowiskiem im. Helmholtza w Lipsku od 1766 roku nie występowały w Saksonii tego typu ­trwające pod rząd przez 2 lata posuchy podczas miesięcy letnich, jakie miały miejsce w roku 2018 i 2019. Ta susza utrzymała się ­nadal w roku 2020 w glebach (leśnych) podczas okresu wegetacyjnego. W ramach monitoringu stanu lasów, którym objęto 6 720 drzew, uwzględniono obok defoliacji koron drzew (ubytek liści lub igliwia) i stopnia zżółknięcia listowia dalsze jeszcze cechy, jak pączki kwiatowe, owocowanie, ilość pędów z jednorocznym igliwiem oraz szkody biotyczne (spowodowane np. przez owady i grzyby) oraz abiotyczne ­(np. ­w ­wyniku suszy, ognia i silnych wiatrów). W ciągu 30-letniego szeregu czasowego obserwacji średni ubytek igliwia i listowia wszystkich drzew w Saksonii osiągnął w roku 2020 nową wartość maksymalną i wynosi 26,1 %. Oznacza to wzrost o prawie 3 % w porównaniu z rokiem ubiegłym i o 5 % w odniesieniu do suchego roku 2018. Wartość ta kształtuje się znaczenie powyżej długoletniej wartości średniej, wynoszącej 17,2 %. Na podstawie ubytku igliwia i liści oraz przebarwienia każde badane drzewo zostaje zaszeregowane do jednego z pięciu poziomów uszkodzenia. Zgodnie z tą klasyfikacją 35 % drzewostanu leśnego wykazuje znaczny wpływ szkód na stan koron drzew (poziom uszkodzeń 2 – 4), 44 % słaby wpływ (poziom uszkodzeń 1), a 21 % nie wykazuje żadnego widocznego wpływu na ten stan (poziom uszkodzeń 0). Wartości te jeszcze raz znacznie odbiegają od wartości z dwóch ubiegłych lat.

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Jeszcze nigdy od czasu monitoringu stanu lasów nie stwierdzono tak mało drzew bez widocznych uszkodzeń i jednocześnie jeszcze nigdy nie było tak dużo drzew o znacznych uszkodzeniach. Udział drzew o słabym poziomie uszkodzeń nie zmienił się. Średnia ubytku igliwia świerków wzrosła od ubiegłego roku i wynosi obecnie 26,4 %, co stanowi prawie 10 punktów procentowych powyżej wieloletniej wartości średniej. Nadal wzrosła ilość uszkodzonego drzewostanu, notowana w ubiegłych latach. Podczas gdy jeszcze z początkiem lat 1990. Wysoki dopływ substancji szkodliwych w formie siarki przyczyniał się do intensywnego uszkodzenia lasów, o tyle utrzymująca się w ostatnich trzech latach susza wyrządziła o wiele większe szkody drzewostanu leśnego. Szczególnie w dolnych częściach gór i na terenach pagórkowatych niedobór wody i posucha w połączeniu z korzystnymi warunkami dla szkodników, zasiedlających drewno i korę, przede wszystkim kornika drukarza, były czynnikami wywołującymi utratę igliwia. Do końca września 2020 roku zarejestrowana ilość porażeń drzew stojących wszystkich lasów, wynosząca około 1 075 000 m³, odpowiadała w przybliżeniu zwielokrotnieniu o 0,9 raz wartości z roku ubiegłego. W porównaniu z wartością ubiegłoroczną defoliacja sosen wzrosła w roku bieżącym o 3 punkty procentowe, osiągając wartość 25,1 %, przez co kształtuje się ona wyraźnie powyżej długoletniej wartości średniej całego szeregu czasowego (16,5 %). Po raz pierwszy niemal jedna trzecia wszystkich sosen wykazuje znaczną utratę igliwia. Jedynie 16 % nie wykazuje godnych wzmianki szkód. Również w tym roku drzewostany sosnowe zostały intensywnie porażone przez gatunki kornikowatych i bogatkowatych. W wyniku skrajnych warunków pogodowych wzrósł stan porażenia do końca września 2020 roku do 175 000 m³. Szczególnie okręgi północno-wschodniej Saksonii wykazały zasadniczo tendencję wzrostu porażenia w porównianiu z rokiem 2019. Wyraźny trend wzrostu defoliacji w grupie pozostałych drzew iglastych nie utrzymał się w roku 2020 i w porównaniu z rokiem ubiegłym wartość ta spadła o 2 %, osiągając wartość 18,3 %. Porażenie szkodnikami stwierdzono w tej grupie drzewostanu w mniejszym ­zakresie. Jedynie porażenie drzew stojących przez kornika modrzewiowca Ips cembrae wykazuje ilością uszkodzonych drzew 13 000 m³ (czerwiec – wrzesień 2020 roku) drugą co do wielkości wartość po roku 2019. Wieloletnie katastrofalne szkody wyrządzone przez kornikowate prze­de wszystkim w zakresie drzew iglastych spowodowały tak wysokie szkody drzewostanu, jakich się nie zna od początku usyste­ matyzowanej gospodarki leśnej w Saksonii od ponad 200 lat. Od 2018 roku utracono, zatem obumarło, przede wszystkim w wyniku silnych wiatrów i porażenia szkodnikami, ponad 12 % drzew (próby ­losowej), mających ponad 60 lat. W roku 2020 wartość ta wyno­siła 3,7 %. Również w trzecim roku z kolei defoliacja dębów kształtowała się na prawie niezmiennym poziomie, osiągając wartość 32,1 %. W porównaniu z wszystkimi innymi gatunkami drzew dąb wykazał w ubiegłych


latach najwyższą wartość defoliacji koron. Ponad połowa badanych drzew wykazuje znaczną utratę listowia. Również w przypadku dębu przybrało na sile porażenie szkodnikami zasiedlającymi drewno i korę, jak ogłodek dębowiec oraz zrąbień dębowiec. Ten rozwój jest związany z osłabieniem przede wszystkim międzypiętra i dolnego piętra drzewostanu dębowego w wyniku długo utrzymującej się ciepłej i suchej pogody. Napięta sytuacja meteorologiczna indukowała w zakresie dębów, jak też w roku 2018, intensywne owocowanie w przypadku ponad połowy badanych drzew. W przypadku buka średnia wartości defoliacji spadła minimalnie w porównaniu z rokiem ubiegłym i wynosi obecnie 24,5 %. Udział buków, zakwalifikowanych jako zdrowe, lekko wzrósł i osiągnął prawie 30 %. Buk reagował w sumie słabiej niż inne gatunki drzew, szczególnie inne drzewa liściaste. Powodem tego mogło być przypuszczalnie, że próba losowa badanych buków w Saksonii obejmuje przede wszystkim ­siedliska średnich terenów górzystych, które nie tak mocno są dotknię-

te suszą. Podobnie jak w przypadku dębów gatunki chrabąszczy, zasiedlające przede wszystkim osłabione buki, jak bukowiec Ips fuscus, ­skorzystały w tym roku z posuchy lat ubiegłych i wieloletniej suchej pogody. W grupie pozostałych drzew liściastych dominuje brzoza, która w całej próbie losowej jest liczniej reprezentowana, niż dęby i buki. ­Średnia wartość defoliacji, wynosząca prawie 28 %, spadła nieznacznie w porównaniu z rokiem ubiegłym. Udział nieuszkodzonych drzew wynosił 23 % i dzięki temu był znacznie niższy niż wieloletnia wartość średnia, wynosząca 37 %. Jednocześnie udział drzew wyraźnie uszkodzonych spadł nieznacznie i osiągnął wartością 34 % poziom z roku 2018. Obumieranie pędów jesionu jest w Saksonii ciągle jeszcze ­widoczne, co jednak dotyczy jedynie poszczególnych jednostek. Nie dało się do tej pory zauważyć obumierania całego siedliska. ­W ­wyniku stresu wywołanego suszą i dużymi upałami przybrało ­u klo­nów również w roku 2020 występowanie grzybicy (smołowata plamistość).

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Einflüsse auf den Waldzustand Wald und Witterung

Die Lebensprozesse von Bäumen werden während der Vegetationszeit, aber auch während der Vegetationsruhe maßgeblich durch den Witterungsverlauf bestimmt. Dieser beeinflusst das eigentliche Baumwachstum, aber auch die Fähigkeit, die Einwirkungen von Insekten abzuwehren oder diese auszugleichen. Genauso werden der Aufbau und die Einlagerung von Reservestoffen durch den Witterungsverlauf während der Vegetationsperiode bestimmt. Dabei handelt es sich um ein Energiereservoir, das zum Beispiel für den Aufbau der Widerstands­ fähigkeit gegenüber Winterfrösten, aber auch für die Knospenanlage und den Austrieb im Frühjahr genutzt wird. So war beispielsweise in der ersten Hälfte der 1980er Jahre die Aufeinanderfolge von warm-trockenen Vegetationsperioden, regional in Verbindung mit erheblichem Fraß von Grünem Eichenwickler und Frostspanner, bei einem großen Teil der Stiel- und Traubeneichen die Ursache für einen unzureichenden Aufbau von Reservestoffen. Dieses geringe Potenzial an Reservestoffen führte im Zusammenwirken mit einem verhältnismäßig warmen Herbst und Frühwinter zu einer deutlich eingeschränkten Abhärtung gegenüber starken Winterfrösten, die dann nach einem Temperatursturz eintraten. Vor allem in Eichenbeständen auf trockenheitsexponierten Stand­ orten, deren Vitalitätsstatus neben der Trockenheit noch in Folge des Blattverlustes durch den Raupenfraß der oben genannten Arten negativ beeinflusst war, bedingte dieses Zusammenwirken von äußeren Faktoren (Witterungsverlauf) und der Lebensgemeinschaft eigenen Faktoren (Massenvermehrung von Insekten) ein Absterben der Eichen von regional dramatischem Ausmaß. Inwieweit dieses Zusammen­wirken letztendlich, ungeachtet der unmittelbaren Ertragseinbußen der Forstbetriebe, in den Waldökosystemen eine Strukturdynamik ­auslöst, ohne dass es zu schweren Waldschäden kommt oder ­großflächige ­Waldschäden die Folge sind, wird in hohem Maße durch die Ausgewogenheit des Beziehungsgefüges zwischen dem Standort (Ökotop) und der Wald-Lebensgemeinschaft (Biozönose) bestimmt. Die gegenwärtige Dürre und Borkenkäferkalamität ist ein Beispiel für großflächige, schwere Waldschäden in Fichten- und Kiefern-Reinbeständen bzw. deren initialer Übergangsphase zu Wäldern mit einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung. Die katastrophalen Schäden in Nadelbaum-Reinbeständen stehen eher strukturierenden Effekten in Eichen- und Buchen-Wäldern gegenüber. In den Laubwäl-

dern sind absterbende Bäume der oberen Baumschicht Impulse für die Herausbildung von Strukturvielfalt und auf eine Anpassung der Waldstruktur an den Standort und den Bodenwasserhaushalt gerichtet. In den Nadelbaum-Reinbeständen führt die extrem eingeschränkt entwickelte Alters- und Raumstruktur überwiegend hingegen zu einem Verlust von Waldwirkungen. Mit dem real ablaufenden Klimawandel wird ein weiterer Effekt, vor allem von unmittelbar aufeinanderfolgenden extremen Witterungsverläufen deutlich: Die Verschiebung von natürlichen oder künstlich außerhalb der eigentlichen Verbreitungsgrenzen geschaffenen Baumartenarealen. Die Witterungsverläufe der Jahre 2016 bis 2020 induzierten eine Waldentwicklung, die weit über die unmittelbaren und aktuellen Wirkungen hinausgehend betrachtet werden muss. Diese können wie folgt klassifiziert werden: 1. extreme Witterungsereignisse, die direkt über die Atmosphäre einwirken und unmittelbare mechanische Schäden bewirken (Sturm, Hagel, Nassschnee) 2. extreme Witterungssituationen, die direkt über die Atmosphäre einwirken und unmittelbare physiologische Schäden zur Folge haben können (Frost, Hitze und Strahlung, oftmals in Kombination mit Luftschadstoffen, wie zum Beispiel Ozon) 3. kritische Witterungsverläufe, die über den Boden und die W ­ urzeln einwirken und erst nach einer ausgeprägten Stressphase, auch durch deren Auftreten in mehreren aufeinanderfolgenden Vege­ ta­ tions­ perioden, zu akuten oder chronischen physiologischen ­Schäden führen. Letztere bedingen eine anhaltend hohe Anfälligkeit (Disposition) zum Beispiel gegenüber holz- und rindenbrütenden Insekten Im Berichtszeitraum (August 2019 bis Juli 2020) verursachten der ­Orkan „Sabine“ und der Sturm „Yulia“ im Februar 2020 in Sachsens Wäldern über 210.000 Kubikmeter Wurf- und Bruchholz und verschärften damit weiter die ohnehin sehr angespannte Waldschutz­ situation. Auf Grund der unterdurchschnittlichen Niederschläge im hydrologischen Jahr 2019/20 (circa 83 Prozent, Stand 09/2020) setzt sich der Trend zur Trockenheit weiter fort. Einige stärkere Niederschlagsereignisse führten nur kurzzeitig zu einer Verbesserung des Wassergehaltes im Oberboden bis 30 cm Tiefe.

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Gruppe 3

Gruppe 2

Gruppe 1

Tabelle 1: Wetterereignisse und Witterungsanomalien, die zwischen August 2019 und Juli 2020 auftraten Abiotischer Schaden

Schwellenwerte

Kritische Wetter-/Witterungsanomalie

Sturm

schwerer, orkanartiger Sturm mit Windspitzen über 25 m/s; Orkan > 32 m/s

Orkan „Sabine“ (9. Februar 2020); >100 km/h

Hagel/Starkniederschlag

Niederschlag > 20 mm/Tag

an allen Stationen im Durchschnitt 3,5 Ereignisse (1 bis 9 Ereignisse je Station); Sept./Okt. 2019, Juni 2020

Intensiver Schneefall

20 bis 60 cm bei Temperaturen um 0 °C

Frost/Spätfrost

Tagesminima der Temperatur nach Austrieb < –2 °C

teilweise Frostgefährdung von Mitte März bis Mitte April, starke Spätfröste zu den „Eisheiligen“

Hitze/Strahlung

Tagesmaxima der Temperatur > 35 °C

Trockenheit

innerhalb der Vegetationsperiode mehr als 10 Tage mit Bodenfeuchte < 50 % der nutzbaren Feld­ kapazität (nFK)

Die Trockenheit hielt bis Anfang Oktober an. Es ­bestehen jedoch regionale Unterschiede.

Dürre

innerhalb der Vegetationsperiode sinkt Bodenfeuchte < 20 % der nFK

In den Vegetationsperioden 2019 und 2020 wurde der Schwellenwert erreicht bzw. regional und/oder zeitweise unterschritten.

Staunässe

innerhalb der Vegetationsperiode mehr als 10 Tage mit Bodenfeuchte > 100 % der nFK

kurzzeitig, lokal begrenzt

Spätfröste prägten den Beginn der Vegetationsperiode (Abbildung 1). Die Frostnacht vom 12. zum 13. Mai während der „Eisheiligen“ ist als ein außergewöhnliches Spätfrostereignis einzuordnen, das lokal selbst unter dem Schutz des Altbestandes zu massiven Schäden an der Waldverjüngung geführt hat (Abbildung 2 links). Die etwa 7.500 ha umfassende Fläche mit Spätfrostschäden übertraf den bisherigen Spitzenwert in der langjährigen Statistik seit 1991 deutlich. Diese konnten jedoch zu einem großen Teil durch den Wiederaustrieb ausgeglichen werden (Abbildung 2 rechts). Darüber hinaus waren auch ältere Bäume Abbildung 1 lokal bis regional, z. T. flächig, stärker betroffen. Prinzipiell handelt es sich um einen Hinweis darauf, dass trotz der Klimaerwärmung auch künftig Frostereignisse, beispielsweise bei der Baumartenwahl und den Verjüngungsverfahren, zu berücksichtigen sind. Diese Problematik wird sich insgesamt aufgrund einer Vorverlagerung des Blatt-/Nadelaustriebs sogar noch verstärken.

Von Bedeutung ist dies zum Beispiel bei der anteiligen Einbringung der spätfrostempfindlichen Baumart Traubeneiche in der Stand­ort­region Mittelgebirge. Denn in Folge des Klimawandels kann für ­diese Baumart schon gegenwärtig bis in die mittleren Höhenlagen eine Vitalitätszunahme und damit die zunehmende Standorteignung erwartet ­werden. Der Trend einer deutlich über der Referenzperiode 1971 bis 2000 liegenden mittleren Jahrestemperatur setzte sich 2020 fort. Im Berichtszeitraum war es 2,1 Kelvin (K) zu warm. In fast jedem Monat lag die Lufttemperatur über dem langjährigen Mittelwert. Eine Ausnahme bildete nur der Mai 2020 mit einer Abweichung von –1,5 K. Die Zunahme der Sommertage (Tageshöchsttemperatur ≥ 25 °C) ist ein weiterer Indikator für den realen Klimawandel (Abbildung 3).

15

10

[°C]

5

0

–5

–10

–15 1. Mrz.

8. Mrz.

15. Mrz.

22. Mrz.

29. Mrz.

5. Apr.

12 Apr.

19. Apr.

26. Apr.

3. Mai

10. Mai

17. Mai

34. Mai

31. Mai

Abbildung 1: Spannweite der Tagesminima auf allen sächsischen Waldklimastationen ab März 2020. Mit einem roten Pfeil ist die Frostnacht vom 12. zum 13. Mai 2020 markiert (Eisheilige: 12. bis 15. Mai).

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Abbildung 3

Abbildung 2: Spätfrostschäden an Weiß-Tanne (links); bereits regenerierte Spätfrostschäden an Rot-Buche (rechts)

80 70 60

Tage

50 40 30 20 10

Cunnersdorf

Mittel Görlitz 1971–2000

2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

0

Mittel WKS 1998–2018

Abbildung 3: Entwicklung der Sommertage (Tagestemperatur über 25 °C) seit 1998 auf der Waldklimastation Cunnersdorf (Forstbezirk Neustadt). Stichtag: 30.09.2020; Mittel der DWD-Station Görlitz für den Referenzzeitraum 1971 – 2000

Im Zusammenwirken mit einer deutlich überdurchschnittlichen Lufttemperatur bleiben die jährlichen Niederschlagsmengen und deren Verteilung die entscheidenden Einflussfaktoren auf den Wasserhaushalt von Wäldern sowie die Vitalität von Einzelbäumen. Der Füllstand des Bodenwasserspeichers vor dem Beginn der Vegetationsperiode und die klimatische Wasserbilanz (kWB) während der Vegetationsperiode beeinflussen das Waldwachstum und die Entwicklung der Waldstruktur maßgeblich. Als aggregierte Kenngröße aus dem Niederschlagsangebot und dem Temperaturverlauf ermöglicht die klimatische Wasserbilanz die Einschätzung der bodenhydrologischen Verhältnisse sowie möglicher pflanzenphysiologischer Auswirkungen. Sie wird aus der Verdunstung über Gras als Referenzvegetation berechnet. Die ­positive Differenz ist die Wassermenge, die theoretisch den Bäumen zur Verfügung steht.

Eine deutlich negative klimatische Wasserbilanz während der Vegetationsperiode (Bäume bräuchten mehr Wasser als zur Verfügung steht), bedingt tendenziell einen geringeren Holzzuwachs, wie auch eine geringere Produktion von Pflanzenmasse in der jeweiligen Waldgesellschaft insgesamt und einen kritischen physiologischen Status der Bäume. Insofern es sich dabei nicht um ein singuläres Ereignis, sondern um einen stabilen Trend handelt, löst diese Entwicklung zunächst eine Anpassung der Waldstruktur an die sich ändernden Standortverhältnisse aus. Die Veränderung der Baumartenzusammensetzung folgt mit einem weitaus größeren zeitlichen Abstand, in der Dimension von Waldgenerationen.

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Abbildung 4

Abbildung 4: Niederschlagsverteilung im Berichtszeitraum in mm – Doberschütz, Dübner Heide (links) und Sachsengrund, Vogtland (rechts)

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Für die Gestaltung des Waldumbaus als einem stetigen Anpassungsprozess an sich ändernde Standortverhältnisse ist das von erheblicher Bedeutung, weil bei überwiegenden Fichten- und Kiefernreinbeständen eine natürliche Veränderung der Baumartenzusammensetzung stark vom örtlichen Samenangebot bestimmt wird. In Folge der relativen Knappheit an Mischbaumarten in Sachsen führt die natürliche Verjüngung allein eher selten zu Mischwäldern mit einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung in der folgenden Waldgenera­ tion. Daran ändert auch ein lokal ausgeprägtes Samenangebot von Eiche und Buche zur Initiierung von Naturverjüngung nur bedingt etwas, wenn weitere Mischbaumarten fehlen. Ein weiterer, oft unterschätzter Aspekt ist die oftmals eingeschränkte genetische Vielfalt dieser Naturverjüngung, vor allem dann, wenn diese von nur wenigen Elternbäumen stammt. Waldumbau ist folglich als Anpassungsprozess mit differenzierter Abbildung 5 Intensität zu gestalten.

Das hydrologische Jahr 2018/19 endete im Oktober 2019, scheinbar mit einem Defizit von nur 70,8 mm. Unter Berücksichtigung der negativen Bilanz des vorausgegangenen hydrologischen Jahres vom ­November 2017 bis einschließlich Oktober 2018 (–301,7 mm), ergibt sich kumulativ jedoch eine Bilanz von –372,5 mm.

Der Bezugszeitraum für die Beurteilung des Wasserhaushalts von Wäldern ist das hydrologische Jahr. Dieses beginnt im November nach Abschluss der Vegetationsperiode und des Wurzelwachstums im Herbst und endet mit dem Oktober des darauffolgenden Jahres. Die Winterniederschläge werden somit als Grundlage für die Wasserversorgung der Wälder zu Beginn der folgenden Vegetationsperiode abgebildet.

Exemplarisch sind die Monate September 2019 sowie Februar und Juni 2020 zu nennen, mit Starkregenereignissen von über 100 l pro m² und Spitzenwerten im Juni von über 130 l pro m² (Abbildung 4).

Bis auf die oberen Lagen des Westerzgebirges war nicht davon auszugehen, dass eine nennenswerte Auffüllung des Bodenwasserspeichers im Winter 2019/20 erfolgte. Höhere Niederschlagsmengen im hydrologischen Jahr 2018/19 und der bisherigen Monate des hydrologischen Jahres 2019/20 waren zudem überwiegend mit lokal auftretenden Starkniederschlägen verbunden. Diese bewirkten bis Ende August kaum eine Wiederbefeuchtung der Böden, erzeugten aber einen hohen Anteil des schnellen Oberflächenabflusses mit dem Risiko von Bodenerosion und (lokalen) Hochwasserereignissen.

Bisher liegt die Niederschlagsmenge des hydrologischen Jahres 2019/20 gemessen an den Waldklimastationen unter dem arithmetischen Mittel der Jahre 2010 bis 2019, das lediglich im März erreicht worden war (Abbildung 5).

1200 Mittelwert 2010 bis 2019 2010 – feucht 2018 – trocken 2019 2020

Niederschlag [mm]

1000 800 600 400 200 0 Nov.

Dez.

Jan.

Feb.

Mrz.

Apr.

Mai

Jun.

Jul.

Aug.

Sep.

Okt.

Nov.

Abbildung 5: Vergleich des aktuellen hydrologischen Jahres (November 2019 bis Oktober 2020) mit 2010 als feuchtem Jahr und den Trockenjahren 2018/2019 für alle sächsischen Waldklimastationen (WKS)

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[mm]

[°C]

–30

–5

–60

–10

–90

–15

klimatische Wasserbilanz (kWB) aktuell

langjähriges Mittel der kWB

Lufttemperatur aktuell

langjähriges Mittel der Lufttemperatur

Jul 20

0

Jun. 20

0

Mai 20

5

Apr. 20

30

Mrz.. 20

10

Feb. 20

60

Jan. 20

15

Dez.. 19

90

Nov. 19

20

Okt. 19

120

Sep. 19

25

Aug. 19

150

Abbildung 6: Witterungsverlauf von August 2019 bis Juli 2020 – Monatsmittel der Lufttemperaturen und die klimatische Wasserbilanz aller Waldklimastationen

Im Bereich der einzelnen Waldklimastationen fiel die berechnete klimatische Wasserbilanz recht unterschiedlich aus. Dabei überwogen jedoch Defizite, d. h. die Verdunstung von der Oberfläche (per De­finition Gras) war größer als das Niederschlagsangebot. Eine Versickerung fand mehrheitlich nicht statt. Der Wasserbedarf der Vegetation musste aus dem Bodenwasserspeicher gedeckt werden. Lediglich im September/ Oktober 2019 und im Februar 2020 lag das Niederschlagsangebot

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kurzzeitig über der Verdunstung. Die Monate während der Vege­ta­ tionsperiode weisen durchweg eine negative klimatische Wasser­ bilanz auf. Das gilt auch für den Juni, wo eine höhere Niederschlags­ menge durch sehr hohe Temperaturen und die damit einhergehende hohe Verdunstungsrate nivelliert worden ist. Im Vergleich zum langjährigen Mittel waren der April und der Juli besonders kritisch (Abbildung 6).


140 % Staunässe

Westsachsen (Sandbraunerde) Mittelsachsen (Decklöß-Staugley)

120 %

nutzbare Feldkapazität – bis 30 cm Tiefe

Ostsachsen (Sandbraunerde) 100 %

Optimum

80 %

60 %

40 %

Trockenheit

20 % Dürre

Jul. 20

Jun. 20

Mai 20

Apr. 20

Mrz. 20

Feb. 20

Jan. 20

Dez. 19

Nov. 19

Okt. 19

Sep. 19

Aug. 19

Abbildung 8 0%

Abbildung 7: Verlauf der wöchentlichen Mittelwerte der Bodenfeuchte in 30 cm Tiefe (Prozent der nutzbaren Wasserspeicherkapazität) für West-, Mittel- und Ostsachsen (Tief- und Hügelland)

140 % Staunässe

nutzbare Feldkapazität – bis 30 cm Tiefe

Osterzgebirge Westerzgebirge

120 %

100 %

Optimum

80 %

60 %

40 %

Trockenheit

20 % Dürre

Jul. 20

Jun. 20

Mai 20

Apr. 20

Mrz. 20

Feb. 20

Jan. 20

Dez. 19

Nov. 19

Okt. 19

Sep. 19

Aug. 19

0%

Abbildung 8: Verlauf der wöchentlichen Mittelwerte der Bodenfeuchte in 30 cm Tiefe (Prozent der nutzbaren Wasserspeicherkapazität) für das West- und Osterzgebirge (Bergland)

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Im Bereich der sächsischen Waldklimastationen – z. T. mit unmittelbarem räumlichen Bezug zu waldwachstumskundlichen Versuchs­ flächen – wird unter dem Einfluss von verschiedenen Waldstrukturen und Boden­formen die Bodenfeuchte direkt gemessen. Hieraus ergeben sich unmittelbare Hinweise auf die Menge an pflanzenverfügbarem Wasser bzw. die Entwicklung von Trockenstress. Das insgesamt kritische Angebot von pflanzenverfügbarem Wasser im Boden setzt sich Abbildung 9 weiter fort (Abbildung 7 und Abbildung 8). seit dem Jahr 2018 Im Tief- und Hügelland (Abbildung 7) trat zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 in der oberen Bodenschicht (≤ 30 cm) eine Wassersättigung ein, die im Mai schon wieder in Trockenheit überging. Im Juli wurde der Status einer Dürre erreicht. Das heißt, die pflanzenphysiologisch nutzbaren Bodenwasservorräte waren erschöpft.

Im Osterzgebirge und Oberlausitzer Bergland hingegen bewegte sich die Bodenfeuchte (Abbildung 8) nur von Dezember 2019 bis April 2020 in diesem optimalen Bereich, danach trocknete der Boden relativ schnell wieder aus. Der Verlauf der Vegetationsperiode war wiederholt durch Trockenheit geprägt. Selbst bei Niederschlägen verursachten die ausgetrocknete Bodenoberfläche und obere Bodenschicht einen hohen Widerstand gegenüber der Wiederbefeuchtung. Es kam an Stelle der Versickerung und damit des Aufbaus eines pflanzenverfügbaren Bodenwasservorrats zum Oberflächenabfluss. Abbildung 9 zeigt die monatlichen Abweichungen der Witterung von den klimatischen Mittelwerten der Referenzperiode 1971 bis 2000. Mit Ausnahme des Mai 2020 war es zwischen 1 und 4 K zu warm. Alle anderen Monate der Vegetationsperiode lagen teils weit im trocken-warmen Quadranten (rechts unten)!

Demgegenüber lag die Bodenfeuchte 2020 in den oberen Lagen des Erzgebirges immer im optimalen Bereich einer aufgefüllten nutzbaren Feldkapazität zwischen 70 und 100 Prozent.

Niederschlag (%)

240 % zu feucht – zu kalt

Aug. 19 220 %

Sep. 19

Temperaturdifferenz (K)

200 %

Okt. 19

180 %

Nov. 19

160 %

Dez. 19

140 %

Jan. 20 Feb. 20

120 %

–7

–6

–5

–4

–3

–2

100 % –1 0

8

Mrz. 20 1

2

3

4

5

6

7

Apr. 20

80 %

Mai. 20 60 %

Jun. 20

40 %

Jul. 20

20 % zu trocken – zu warm 0% Abbildung 9: Abweichung der Niederschlagssumme und der Mitteltemperatur (Monatsmittel aller 21 Waldklimastationen) von den klimatischen Vergleichswerten des ­Referenzzeitraumes 1971 – 2000

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Niederschlag (%) 150 % zu feucht – zu kalt

 obere Berglagen

140 %

Temperaturdifferenz (K)

 westliche Berglagen 130 %

 östliche Berglagen

120 %

 Hügelland

110 %

 östliches Tiefland  westliches Tiefland

100 % – 3.0

– 2.0

– 1.0

0.0

1.0

2.0

3.0

 Mittelwert Sachsen

90 %

80 %

70 %

60 % zu trocken – zu warm 50 %

Abbildung 10: Abweichungen der Niederschlagssumme und der Mitteltemperatur von den klimatischen Vergleichswerten des Referenzzeitraumes 1971 – 2000 nach Regionen (Zeitraum November 2019 bis Juli 2020)

Dabei traten innerhalb von Sachsen kaum noch regionale Unterschiede in den Abweichungen dieser Kennwerte von ihrem Klimanormalwert auf. Allein die östlichen Berglagen und das westliche Tiefland wichen etwas ab (Abbildung 10).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich bisher die im Grunde seit 2016 zu verzeichnende Abfolge von ökophysiologisch kritischen Witterungsverläufen auch im Berichtszeitraum fortgesetzt hat.

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25 Jahre Waldklimastationen – ­Klimawandel diagnostizieren, Wirkungen ­analysieren, Waldumbau als Prozess gestalten

Hinweise auf den realen Klimawandel reichen erheblich weiter in die jüngere Vergangenheit zurück als aus der erst in den letzten Jahren in stärkerem Maße wahrnehmbaren politischen und öffentlichen Diskussion abgeleitet werden könnte. FROMM thematisiert bereits 1976 den zu erwartenden Klimawandel aus einer soziologischen bzw. sozial­ psychologischen Perspektive [FROMM 2005]. THOMASIUS [1990] legt eine der ersten systematischen Analysen zu den Auswirkungen auf Wälder und Forstwirtschaft in Deutschland vor, der weitere Arbeiten folgten [1996, 1998]. CRUTZEN [2002], Nobelpreisträger für Chemie, führt den Klimawandel als bestimmenden Faktor des von ihm eingeführten Begriffs des Anthropozäns an, des Zeitalters, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biolo­ gischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist. ­STEFFEN, CRUTZEN & MCNEIL [2007] diskutieren darauf aufbauend die für die Menschheit existenzielle Frage nach der Überwältigung der großen Naturkräfte durch menschliche Einflüsse. In unmittelbarem Bezug dazu spricht TÖPFER [2017] aus globaler Perspektive auf der Tagung des Waldklimafonds (WKF) mit unausweichlicher Eindringlichkeit von einem „Zeitalter des verantwortungsbewussten Geo-Engineerings“. Gegenwärtig wird durch die unmittelbare Abfolge von Jahren mit extre­men warm-trockenen Witterungsverläufen auch in Sachsen die Realität des Klimawandels deutlich, nachdem ein anderes Extrem, nämlich die Hochwasserereignisse 2002, 2006, 2010, 2013, kaum noch präsent ist. Die Auswirkungen beider Extrema sowie der unmittelbaren Abfolge von Dürreperioden und Starkniederschlagsereignissen auf die Funktionalität der sächsischen Kulturlandschaft wird maßgeblich durch den Waldanteil und die Waldstruktur beeinflusst. Der Waldzustand wird sich in den kommenden Jahren in folge der sich weiter aufbauenden Spirale von Waldschäden dramatisch verändern. Die Verletzlichkeit der sächsischen Kulturlandschaft durch den Klimawandel zunehmen. In der Konsequenz werden sich das Niveau und die Struktur der regionalen Holzversorgung deutlich verändern. Gleiches ist für die sozioökonomische Bedeutung des Waldes, vor allem in ländlich geprägten Regionen, zu erwarten. Die rasche Erneuerung der Ökosystemleistungen von Wäldern bzw. die Pufferung der Intensität fortschreitender Waldschäden muss als umweltpolitische Aufgabe von strategischer Bedeutung angesehen werden. Mit dem seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre initiierten und in den 1990er Jahren programmatisch verstetigten Waldumbau von gleichaltrigen Fichten- und Kiefern-Reinbeständen (Forsten) zu Wäldern mit einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung und Strukturvielfalt wurde diesem Risiko lange vor den gegenwärtigen Diskussionen begegnet. Die Intensität und inzwischen fast 30-jährige Kontinuität dieses Prozesses charakterisiert eine neu Ära in der sächsischen Forstgeschichte. Diese schließt die systematische naturwissenschaftliche wie umsetzungsbezogene Untersetzung durch ein konsistentes

Zielsystem der Waldentwicklung ein. Das System der sächsischen Waldklimastationen liefert hierfür im Verbund mit dem meteorologischen Messnetz des Deutschen Wetterdienstes (DWD) und den Messnetzen des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) wesentliche Eingangsinformationen.

A) Historie Motivation und Chance für den Aufbau dieses Monitoring-Systems gehen auf die Gründungsphase der Sächsischen Landesanstalt für Forsten (1991) zurück. Die Möglichkeit, mit dem Aufbau eines Systems von Waldklimastationen repräsentativ alle waldökologischen Naturräume Sachsens zu berücksichtigen, muss als einmalig angesehen werden. Ein wesentlicher Impuls ging dabei von den im europäischen Maßstab dramatischen Waldschäden vom Kamm des Erzgebirges bis in die Dübener Heide aus. Dieser führte zu einer starken umweltpolitischen Unterstützung für den Aufbau des forstlichen Umweltmonitorings und zeitlich parallel zu Niedersachsen, aber eher als in anderen Bundesländern, zur frühen Chance für einen programmatischen Waldumbau in hoher Intensität. In beiden Fällen handelt es sich um Aufgaben mit einer kontinuierlich hohen umwelt- und forstpolitischen Bedeutung. Diese Konstellation begründet auch, warum es beim Aufbau des Systems von Waldklimastationen von Beginn an nicht um die Etablierung eines „Monitorings an sich“, sondern um ein Monitoring ging, das auf die Gestaltung von Waldentwicklung gerichtet ist. Chancen wären ungenutzt vergangen, wenn es nicht Menschen gegeben hätte, die bereit und fähig waren, diese zu ergreifen und mit Leben zu erfüllen. Stellvertretend seien hier genannt: Prof. Dr. habil. Hubert Braun, Dr. Sven Irrgang, Alexander Peters, Henry Barthold und Gisela Küchler. Die strukturelle Verbindung des Systems der sächsischen Waldklimastationen mit einer zielbezogenen Gestaltung der Waldentwicklung, dem Waldbau, entspricht bis heute dem Prinzip des unmittelbaren Anwendungsbezugs – dem Umbau von Fichten- und Kiefernrein­ beständen zu standortgerechten Wäldern. Für einen Gradienten von flächenrelevanten Waldstandorten und Waldökosystemtypen wurden durch die Stationen die technischen Grundlagen für die zeitlich hochauflösende Erfassung von ökophysiologisch bedeutenden meteorologischen und pflanzenphysiologischen Parametern geschaffen. Neben Hinweisen zur Gestaltung der Initialphase des Waldumbaus war es von Beginn an Ziel, eine umfassende Datenbasis zu schaffen, um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung von Wäldern analysieren zu können. Davon ausgehend entstanden durch die räumliche Nähe von Waldklimastationen und Intensivmessflächen des Forstlichen Umweltmonitorings (Level-II) zu Waldumbau- bzw. Durchforstungsversuchen Kristallisationspunkte der angewandten forstlichen Forschung.

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B) Chronologie ❚ ab 1992 Integration meteorologischer, hydrologischer und ökophysiologischer Messungen in das Versuchsflächensystem zum Waldumbau ❚ ab 1996 Freiflächenstationen als Teil des forstlichen Umweltmonitorings (EU-Programm FOREST FOCUS, LEVEL II) ❚ ab 1995 Entwicklung einer SQL-Datenbank für das Datenmanagement ❚ 1999 Einführung der Funkdatenübertragung ❚ 2002 – 2004 Begründung von sieben phänologischen Gärten, davon vier in unmittelbarer räumlicher Nähe zu Waldklimastationen ❚ bis Ende 2005 Komplettierung des Systems der Bestandsmessstationen und Ergänzung durch ökophysiologische Messungen in Durchforstungs- und Verjüngungsversuchen, temporär sind bis zu 31 Messeinheiten am Netz ❚ 2006 – 2018 Verbesserung der Repräsentanz der Freiflächenstatio­ nen für waldökologische Naturräume und Modifikation der Bestandsmessstationen anhand aktueller Projekte in elf Versuchsflächen (Waldumbau Fichte/Kiefer, Durchforstung – Rot-Buche, Stieleiche, Fichte, Kiefer; Verbesserte Risikoabschätzung gegenüber Borkenkäferbefall – IPSpro) ❚ Aktuelles Ziel: Öffentliche Datenverfügbarkeit auf einem für unterschiedliche Anwendungszwecke geeigneten Aggregationsniveau

C) Messen – wofür, was, womit? Das Messprogramm der Waldklimastationen (Abbildung 11) ist darauf ausgerichtet, klimatische, meteorologische und ökophysiologische Einflussfaktoren zu erfassen, die die Lebensprozesse von Bäumen bis zur Entwicklung des Beziehungsgefüges von Wald-Lebensgemeinschaften maßgeblich beeinflussen:

Abbildung 11: Verteilung der Waldklimastationen auf die Regionen in Sachsen

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Lufttemperatur und -feuchte Niederschlag Gesamtstrahlung und photosynthetisch aktive Strahlung Bodentemperatur, Bodenfeuchte und Bodensaugspannung in verschiedenen Tiefenstufen von 0 bis 100 cm ❚ Wasserfluss in den Leitgefäßen (Xylemfluss) und Radialzuwachs ❚ ❚ ❚ ❚

Auf den Freiflächenstationen werden zusätzlich Windrichtung und Windgeschwindigkeit erfasst. Die Analyse von klimatischen Einflüssen ist durch einen lokalen bis regionalen und langfristigen Bezug charakterisiert. Die Messnetze des DWD und des agrarmeteorologischen Dienstes sowie der durch das LfULG auf der Grundlage einer statistischen Regionalisierung bereitgestellte Raster-Klimadatensatz ergänzen, insbesondere bei unmittelbarem räumlichem Bezug zu waldökologischen Naturräumen wie Oberlausitzer Bergland oder Dübener Heide, das Messprogramm. Anwendungsbeispiel: Die gemessenen Informationen werden zu einem Trend aggregiert, der in eine Beziehung zur sogenannten fundamentalen oder physiologischen Nische einer Baumart gesetzt wird. Diese wird im Wesentlichen durch die Abhängigkeit der jeweiligen Baumart vom Temperaturverlauf während des Jahres, von der ­jährlichen Niederschlagsmenge und deren Verteilung im Jahresverlauf, von der Dauer der Vegetationszeit und von der klimatischen Wasserbilanz während der Vegetationsperiode als integrierender Faktor bestimmt.


Konkurrenzbeziehungen zwischen den Baumarten einer Waldgesellschaft und Interaktionen innerhalb der gesamten Wald-Lebensgemeinschaft berücksichtigt diese fundamentale Nische dagegen nicht. Diese Betrachtungsebene ist Gegenstand der ökologischen Nische der jeweiligen Baumart. Diese ökologische Nische ist insbesondere für eine dauerwaldartige Waldbewirtschaftung maßgeblich, die u. a. auf ein ausgeprägtes Potenzial von Wald-Lebensgemeinschaften zur Selbstorganisation und damit einen verhältnismäßig geringen Bewirtschaftungsaufwand (= Energie-Input) gerichtet ist. Die Zusammenführung von beiden Informationsebenen war und ist ein bedeutender Baustein für die Ableitung von dynamischen, sich u. a. durch den Einfluss des Klimawandels ändernden Zielzuständen der Waldentwicklung [SBS 2013]. Die meteorologischen Faktoren werden mit einer zeitlichen Auflösung von ein bis zehn Minuten erfasst und als Stundenmittel aufgezeichnet. Optional werden Extremwerte registriert, was für eine Wirkungs­analyse von Witterungsereignissen – Hitzetage, Frosttage, Spätfrostereignisse, Sturmspitzen, Niederschlagsereignisse – von großer Bedeutung ist. Somit ist die zeitlich hochauflösende Erfassung von meteorologischen Faktoren eine Eingangsinformation, um Einflüsse des jährlichen Witterungsverlaufes auf die Waldentwicklung und die Ausprägung von Ökosystemleistungen von Wäldern, z. B. bei der Pufferung von extremen Witterungsverläufen, ableiten zu können. Aus der Abfolge der Charakteristika jährlicher Witterungsverläufe kann wiederum prinzipiell auf Entwicklungstendenzen von Wäldern im jeweiligen waldökologischen Naturraum geschlossen werden, woraus sich Rückschlüsse für kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen der Waldbewirtschaftung ergeben. Obwohl es sich dabei grundsätzlich um Fallstudien handelt, ermöglicht die naturräumliche Repräsentanz des Messsystems, diese Erkenntnisse bis zu einem gewissen Grad auf flächen­relevante Wald- bzw. Forst-Ökosystemtypen zu übertragen. Der zuvor grob umrissene Einfluss des jährlichen Witterungsverlaufs auf waldwachstumskundliche und waldökologische Prozesse wird wiederum durch Faktoren beeinflusst, die unmittelbar auf diese wirken oder Teil von diesen sind. Hierbei handelt es sich entweder um ökophysiologische Messgrößen wie den Xylemfluss, der den Wassertransport in den Leitgefäßen von Bäumen von der Wurzel bis in die Krone beschreibt oder die Bodensaugspannung, die die Kraft, mit der das Wasser an die Bodenteilchen gebunden ist, charakterisiert und damit Auskunft über die Wasserverfügbarkeit bis zum Einsetzen von Welke gibt. Zusammen mit Bodeninformationen wie der nutzbaren Feldkapazität (vgl. Kapitel Wald und Witterung) sowie der Struktur und Baumartenzusammensetzung von Wäldern handelt es sich um Eingangsgrößen für Wasserhaushaltsmodelle von Wäldern, die einen unmittelbaren Bezug zur Anpassung von konkreten Maßnahmen der Waldentwicklung haben: ❚ Wie muss eine Waldstruktur entwickelt werden, um ein zunehmendes Defizit in der klimatischen Wasserbilanz während der Vegetationsperiode zu kompensieren? ❚ In welchem Maß muss die Konkurrenz zwischen und innerhalb der Vegetationsschichten entkoppelt werden, damit Trocken- oder Dürreperioden nicht zu flächigen Vitalitätsverlusten oder zum Absterben von Bäumen führen, sondern, abgesehen von wirtschaftlichen Verlusten, wahrscheinlich eher strukturierend auf die Waldentwicklung wirken?

❚ Welches nachhaltig und stetig nutzbare Rohstoffpotenzial an Holz resultiert einerseits aus einer sich ändernden standörtlich determinierten Wuchsleistung einzelner Baumarten und andererseits aus der sich ändernden dynamischen Zielstruktur von Wäldern unter dem Einfluss des Klimawandels? ❚ Gibt es Standorte oder Standortmosaike, wo ausgehend von der ­aktuellen Waldstruktur in Verbindung mit dem Zustand der Humusauflage und der Fähigkeit des Mineralbodens, Wasser aufzunehmen bzw. zu speichern, sowohl für die Kunst- als auch für die Naturverjüngung eine Bodenbearbeitung und für die Kunstverjüngung temporär substratverbessernde Maßnahmen zweckmäßig sind? ❚ Wie ist das Verhältnis zwischen Waldstruktur und Baumartenzusammensetzung im oberirdischen Wuchsraum und im Wurzelraum aus einer funktionalen Perspektive zu entwickeln, um durch die potenzielle Ausprägung bestimmter Ökosystemleistungen die Wirkungen von extremen Witterungsverläufen auf die Kulturlandschaft in einem möglichst hohen Maß zu puffern? Für eine ökologisch, ökonomisch sowie eine sozial nachhaltige Waldbewirtschaftung – hier sei auf die entsprechende Definition der Brundtlandt-Kommission1 verwiesen –, wird u. a. die Beantwortung dieser Fragen rasch an Bedeutung gewinnen. Das System der sächsischen Waldklimastationen ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Instrument, um den Waldumbau im Klima­ wandel als ergebnisoffenen, stetigen Anpassungsprozess der Waldbewirtschaftung zu gestalten. Ausgehend von einer Entwicklungsleistung, die vor mehr als 25 Jahren begonnen wurde, werden täglich von jeder Station ca. 28.000 und jährlich mehr als 10,2 Mio. Einzeldaten erhoben. Alle Extreme in den Witterungsverläufen der vergangenen Jahrzehnte sind erfasst. Schon die Gegenwart zeigt, wie zukunftsweisend diese, durch ein konsequentes Datenmanagement nutzbaren ­Daten für die Waldentwicklung und die Forstwirtschaft in Sachsen sind.

D) Kooperation Eine effiziente Kooperation setzt die Kontinuität der entsprechenden eigenen Kernkompetenzen unbedingt voraus. Von Seiten des Kompetenzzentrums für Wald und Forstwirtschaft (KWuF) konnte diese Kontinuität vor allem durch Alexander Peters (seit 1992), Dr. Sven Irrgang (1992 – 2003) und Sven Martens (2007 – 2019) gesichert werden. Diese personelle Kontinuität ist die Grundlage für eine effiziente langjährige Zusammenarbeit mit fachlich etablierten und leistungsstarken kleinen und mittelständischen Unternehmen. Das betrifft vor allem die technische Pflege der Messsysteme, die Absicherung der Datenübertragung, das Datenmanagement und teilweise auch die Kooperation bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. Die Funkübertragung der Messdaten, das SQL-basierte Datenmanagementsystem, die Auswertungen, die Modellentwicklung, -nutzung und -validierung waren und sind ohne die Beteiligung und Unterstützung leistungsfähiger externer Partner nicht möglich. Ohne die eingebundenen mittelständischen Firmen hierfür im Einzelnen zu nennen, soll deren Anteil an der langen und stabilen Funktionsfähigkeit der Waldklimastationen und an den umgesetzten Projekten hier ebenfalls ausdrücklich dankend anerkannt werden.

1 Als nachhaltig wird eine Entwicklung charakterisiert, die die heutigen Bedürfnisse nach intakter Umwelt, sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlichem Wohlstand zu decken vermag, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu beschränken. … . (Nachhaltiges) Wirtschaften entspricht der sparsamsten Nutzung von limitierten natürlichen Ressourcen mit der Garantie deren weitgehender Erneuerung aus sich selbst heraus [vgl. UNITED NATIONS 1987].

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70

70 Bestandesdichte BD

60

Wuchsklasse WK Beeinflussung BE

50 40

HQ(10) – Sommer

30 20 10

Abflussbeiwert Peff/P [%]

Abflussbeiwert Peff/P [%]

60

50 40 HQ(100) – Sommer

30 20 10

0

0 0

10

20

30

40

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70

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90 100

0

10

20

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40

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80

90 100

Abbildung 12: Anteil des Direktabflusses am Gesamtniederschlag in Abhängigkeit vom Kronenschlussgrad (BD), der Wuchsphase (WK) und vom Schädigungsgrad (BE) innerhalb von 6 Stunden bei einem Starkniederschlagsereignis, das Hochwasserereignissen im Sommer mit 10 (HQ10) bzw. 100-jähriger Wiederkehrwahrscheinlichkeit (HQ100) entsprechen würde (Standort: 500 m ü. NN, Hangrichtung N, Hangneigung 10°, Gneis-Braunerde >100 cm durchwurzelbar, Hauptwurzelhorizont 30 – 50 cm, Zielzustand ­Buchen – Tannen – Mischwald): Schon bei einem HQ10 bedingt eine vollständige Schädigung der oberen Baumschicht (z. B. durch Buchdrucker), dass über 40 Prozent des Niederschlages direkt abfließen. Ein ähnlicher Effekt wird für die Aufwuchsphase mit einem geringen Deckungsgrad und damit eingeschränkter Durchwurzelung des Bodenraumes simuliert. Unter „produktiven“ Waldbeständen – Kronenschluss > 50 Prozent, Waldschäden weniger als 50 Prozent der Stammgrundfläche des Bestandes, Wuchsphase ab 2/3 der standörtlich möglichen Baumhöhen – entsteht so gut wie kein Direktabfluss. Für ein HQ100 gilt das entsprechend. Schwere Waldschäden und/oder Jungwaldstadien mit geringer Produktivität bedingen bei diesem Szenario einen Direktabfluss von 60 Prozent (von einem absolut deutlich höheren Gesamtniederschlag!). Erst bei Waldstrukturen, die das Standortpotenzial vollständig ausschöpfen, findet kein Direktabfluss statt.

E) Projekte Die nachfolgend umrissenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben und deren Ergebnisse verdeutlichen exemplarisch die Integration der Waldklimastationen in das Arbeitssystem des KWuF im Staatsbetrieb Sachsenforst. Dieses ist interdisziplinär und anwendungsorientiert ausgerichtet, stützt sich auf eine gewachsene fachliche Vernetzung und eine vorhabenbezogene Finanzierung, die zu einem hohen Anteil durch Forschungsmittel der Bundesregierung getragen wird. Grundlage sind extern begutachtete Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, die in einem bundesweiten Wettbewerb um Forschungsmittel bestehen müssen.

1) Wasserhaushalt und Hochwasserminderung bei Waldumbau und vollständiger Aufforstung von Einzugsgebieten im Osterzgebirge (HydroConsult, KWuF im Sachsenforst, UDATA, LTV; 2006)

Auslöser für dieses Forschungsvorhaben war das Hochwasser im ­August 2002. Der aktuellen Landnutzung, das heißt auch der aktuellen Waldstruktur (2005), wurden die Wirkungen der Entwicklungsszenarien „Waldumbau“ [LFP 2005, SBS 2013] ohne und mit einer vollständigen Aufforstung der Flusseinzugsgebiete des Osterzgebirges gegenübergestellt. Des Weiteren wurden die Auswirkungen von schweren Waldschäden in Fichtenwäldern, vor allem durch Buchdruckerbefall,

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auf die unterschiedlichen Abflusskomponenten analysiert. Die Varianten reichten von einer Auflockerung des Kronenschlusses und sich damit ggf. ausbreitenden konkurrenzstarken Arten der Bodenvegetation oder einer aufwachsenden Verjüngungsschicht bis zu großflächig dominierenden stehenden Totholz. Bei einer vollständigen Schädigung des Baumbestandes durch Buchdruckerbefall wurde davon ausgegangen, dass dieses Szenario zunächst überwiegend eine Kulisse von Baumskeletten (stehendes Totholz) hinterlässt. Die Datengrundlage für die Ableitung ökophysiologischer Parameter von Szenarien flächenrelevanter Waldvegetationsstrukturen entstammt dem System von langfristigen Versuchs- und Monitoringflächen des KWuF im Sachsenforst. Die Witterungsverläufe und deren Einfluss auf ökophysiologische Kenngrößen wurden durch die Messreihen der sächsischen Wald­klima­ stationen mit ihrem unmittelbarem räumlichen Bezug zu den Waldumbauversuchen, Messreihen des LfULG und der LTV (Durchfluss an Messpegeln) abgebildet. Die nachfolgenden Ergebnisse sind gerade vor dem Hintergrund der sich aufbauenden Waldschadensspirale hoch aktuell und zwingend im Sinne einer strategisch erfolgreichen Walderneuerung bzw. bei der planmäßigen Weiterführung des Waldumbaus zu berücksichtigen. Gleichzeitig begründen sie die Notwendigkeit der ab dem Jahre 2006 eingeleiteten deutlichen Intensivierung des Waldumbaus. Essentielles Ziel war es, Risiken für die Funktionalität der sächsischen Kulturlandschaft durch ein systematisches, naturwissenschaftlich begründetes waldbauliches Vorgehen zu reduzieren.


Heute ist zu konstatieren, dass es im Staatswald des Freistaates Sachsen auf einer großen Fläche (81.000 ha von 180.000 ha) gelungen ist, durch eine zweite Baumschicht mit einer weitgehend standortgerechten Baumartenzusammensetzung einen Puffer für funktionale Risiken auf Landschaftsebene zu schaffen. Die Kunstverjüngungsfläche mit Waldumbaubaum­arten wurde von ca. 600 ha (2002) auf durchschnittlich jährliche 1.300 ha (2006 - 2018) bei einer gleichzeitig deutlichen Diversifizierung der Baumartenwahl zu Gunsten einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung erhöht. In Auswertung der Ergebnisse verschiedener Waldinventuren und der aktuellen Borkenkäferkalamität wird im Rückblick jedoch deutlich, dass noch früher ein Abbau des zu hohen risikobehafteten Holzvorrates zu Gunsten von Strukturvielfalt und der nachfolgenden Waldgeneration notwendig gewesen wäre.

❚ Die Wirkungen des Waldumbaus sind differenziert und werden erwartungsgemäß stark vom Waldanteil in den größeren Einzugsgebieten überprägt. Deutlich werden die Effekte des Waldumbaus in kleineren, nahezu vollständig bewaldeten Einzugsgebieten vor allem in dem Maß, wie der aktuelle Waldzustand das Standortpotenzial nicht ausschöpft. Diese Aussage entspricht dem Gradienten in der Intensität des Waldumbaus und ist sowohl für die aktuell zunehmend notwendige räumliche Konzentration der Sanierung von Buchdruckerbefall in eigentumsartenübergreifenden Vorranggebieten als auch für eine funktional differenzierte Intensität der Walderneuerung durch Kunstverjüngung maßgeblich. ❚ Im Fall von Hochwasserereignissen mit zehn- oder hundert­jähriger Wiederkehrwahrscheinlichkeit (HQ10 bzw. HQ100), beeinflusst neben der Ausprägung des Bodenspeichers (Bodenart und durch die Baumwurzeln physiologisch erschließbare Bodentiefe) die Entwicklung der Bodenfeuchte, d.h. die Wassersättigung des Bodenspeichers vor einem Starkniederschlagsereignis, maßgeblich dessen Pufferung. Sehr dichte Waldstrukturen schöpfen den Bodenspeicher intensiv aus, insbesondere dann, wenn der gesamte Bodenraum durchwurzelt wird. Ein HQ10 wird bei einer Niederschlagsdauer von 6 Stunden ab einem Kronenschlussgrad über alle Bestandesschichten von mehr als 40 Prozent nahezu vollständig gepuffert, ein HQ100 erfordert dafür einen Kronenschlussgrad von mehr als 80 Prozent. ❚ In der Standortregion Mittelgebirge führt ein Funktionsverlust der Fichtenforste zu hohen Direktabflüssen in Verbindung mit einem früher einsetzenden Abflussbeginn. Ähnliche Effekte bewirken Ansamungs-, Aufwuchs- und Jungwaldstadien, die den Bodenspeicher weitaus weniger ausschöpfen (Abbildung 12). Folglich ist auf den Schadflächen nach Buchdruckerbefall situations- und funktional bedingt ein differenzierter Input an Kunstverjüngung erforderlich. Priorität in den Hochwasserentstehungsgebieten hat eine schnelle Erneuerung von Waldstrukturen, die das Produktionspotenzial des Standort erneut ausschöpfen.

❚ Durch eine (theoretisch) vollständige Aufforstung von landwirtschaftlich genutzten Flächen könnten kleinere Starkniederschläge (HQ10) gänzlich zurückgehalten werden. Bei Extremniederschlägen wie im August 2002 würde dann der Scheiteldurchfluss je nach Gebiet unterschiedlich stark, im Mittel um 24 Prozent, gemindert. Bei einem Niederschlagsereignis mit einem Wiederkehrintervall von 100 Jahren würde die Scheitelreduktion um 70 Prozent betragen. In Abhängigkeit vom Umfang der aufgeforsteten Fläche kann jedoch die langjährige Reduktion des Gebietsabflusses bis zu 50 Prozent betragen, wodurch mit Auswirkungen auf die Wasserversorgung zu rechnen ist. Folglich sollte sich eine funktional ausgerichtete Waldmehrung in Teileinzugsgebieten auf geohydrologische Einheiten (Geo-Hydrochore) mit kritischem Abflussverhalten und hohem Rückhaltepotenzial konzentrieren.

2) Entwicklung eines Systems zur örtlich und zeitlich differenzierten Abschätzung des Gefährdungspotenzials durch den Buchdrucker (Ips typographus L.) auf der Basis des Modells PHENIPS [KWuF im Sachsenforst, Universität für Bodenkultur Wien]

Für Sachsen wurde ein Modell zur zeitlich und örtlich differenzierten Abschätzung der Phänologie und Entwicklung des Buchdruckers etabliert. Dazu war es zunächst erforderlich, die Veränderungen des Gefährdungspotenzials durch Buchdrucker retrospektiv und anhand eines regionalen Klimaszenarios zu analysieren. Anhand einer Bewertung der standörtlichen und bestandesbedingten Anfälligkeit (Prädisposition) für Buchdruckerbefall wurde darüber hinaus eine räumlich-zeitliche Analyse der Gefährdung fichtenreicher Waldbestände in Sachsen durchgeführt. Für ausgewählte Waldklimastationen in Sachsen erfolgte die Entwicklung eines online-Modells, mit dem der jeweils aktuelle Stand der Buchdruckerentwicklung im Gelände ­dargestellt werden kann. Mit dem Projektabschluss liegen Ergebnisse ­einer langfristigen Waldschutzprognose vor, die für eine differenzierte Intensität des Waldumbaus von Fichtenbeständen in Abhängigkeit von deren Gefährdungssituation maßgeblich ist. Dem entspricht die mit den Waldbaugrundsätzen und der Waldbaustrategie für den Staatswald festgelegte und für die Forstbetriebe der anderen Eigentumsarten empfohlene, auf Risikoprävention und Risiko­ pufferung gerichtete Verteilung von forstbetrieblichen Ressourcen. Die gegenwärtige Waldschadenssituation bestätigt dieses Vorgehen eindringlich. Für die kurzfristige Waldschutzprognose wurde ein Werkzeug ­(PHENIPS) angewendet, das neben der Information über eine regional differenzierte Entwicklung des Buchdruckers eine effiziente Steuerung des Kontroll- und Sanierungsaufwandes ermöglicht (Abbildung 13).

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Abbildung 13: Internetseite zur Darstellung der tagesaktuellen Entwicklung des Buchdruckers anhand der Klimadaten ausgewählter Waldklimastationen und des meteorologischen Messnetzes des DWD (Stand 31.10.2020)

3) Naturverjüngung von Eichenwäldern in Pseudogley-Ökotopen mit eingeschränkter Baumarten- und Strukturvielfalt (KWuF im Sachsenforst)

Die Frage, in welchem Maße eine eher kleinflächig strukturierte Naturverjüngung in Eichenwäldern möglich ist und daraufhin eine größere Struktur- und Habitatvielfalt in diesem Wald-Lebensraumtyp ent­wickelt werden kann, ist für deren ökologisch nachhaltige Bewirtschaftung essentiell. Für die Pseudogley-Ökotopen des sächsischen Löß-Hügellandes ist dies noch von weitaus größerer Bedeutung als für die Bewirtschaftung von Eichenwäldern auf anderen Standorten. Denn für diese Ökotope sind Böden mit einer Tiefe des durch die Baumwurzeln physiologisch erschließbaren Bodenraumes von 30 bis 40 cm und einem extremen, durch Austrocknung und Vernässung ( vgl. Kap. Wald und Witterung) charakterisierten Bodenwasserhaushalt typisch. Hinzu kommt, dass die Standortgerechtigkeit der Baumartenzusammensetzung, vor allem im Fall der Hainbuche, eingeschränkt ist. Das betrifft insbesondere deren Einfluss auf die Erschließung des oberen Mineralbodenhorizontes mit einem entsprechenden Drainageeffekt,

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die Humusform im Zusammenhang mit der Aufnahme und Infiltration von Niederschlägen sowie die Artenzusammensetzung und Struktur der Bodenvegetation. Wird letztere durch flächendeckende, vitale Rasen aus Zittergras-Segge (Seegras) geprägt, bilden diese während, aber auch außerhalb der Vegetationsperiode einen erheblichen Einsickerungswiderstand für Niederschläge. Es überwiegen die Verdunstung von der Oberfläche der Krautschicht und deren Transpiration. Ähnlich wie die Hainbuche wirken die potenziell am Aufbau dieser Waldgesellschaften beteiligten Straucharten. Neben den umrissenen ökophysiologischen Effekten beeinflussen diese maßgeblich die bio­zönotische Stabilität der Waldgesellschaft, insbesondere im Zusammenhang mit der Einschränkung von Massenvermehrung blattfressender Schmetterlingsarten. Der Untersuchungsgegenstand waren im Gegensatz zu Eichenwäldern mit einer standortgerechten Baumartenzusammensetzung und Waldstruktur einschichtige Eichenbestände mit einer mehr oder weniger geschlossenen Krautschicht aus Zittergras-Segge. Die Eiche selbst wurzelt in diesen Böden relativ flach, was den Forschungsergebnissen entspricht, zu denen bereits JENÍK (1957) gelangt war.


Verlauf der Bodenfeuchte in 30 cm Tiefe Vegetationsperiode

Bodenfeuchte

Anzahl Messpunkte 9

50 40

6

30 20

3

10 0

Anzahl der Messpunkte

Volumen-Prozent (%)

60

Sep. 2011

Mai 2011

Jan. 20011

Sep. 2010

Mai 2010

Jan. 2010

Sep. 2009

Mai 2009

Jan. 2009

Sep. 2008

Mai 2008

Jan. 2008

Sep. 2007

Mai 2007

Jan. 2007

Sep. 2006

Mai 2006

Jan. 2006

Spe. 2005

Mai 2005

Jan. 2005

Sep. 2004

Mai 2004

Jan. 2004

Sep. 2003

Mai 2003

Jan. 2003

Sep. 2002

0

Bodensaugspannung zwischen zwei Altbäumen im Abstand von 8 m 0–200

600–800

200–400

0–200 Abstand [m]

8_1

8_1

5_4

5_4

3_6

3_6

2_7

2_7

1_8

1_8

28. Sep.

6_3

14. Sep.

6_3

31. Aug.

7_2

27. Jul.

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13. Jul.

21. Sep.

7. Sep.

24. Aug.

10. Aug.

27. Jul.

13. Jul.

29. Jun.

15. Jun.

1. Jun.

Abstand [m]

400–600

29. Jun.

200–400

15. Jun.

400–600

1. Jun.

600–800

Bodensaugspannung zwischen zwei Altbäumen im Abstand von 8 m 0–200

600–800

200–400

0–200 Abstand [m]

8_1

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5_4

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3_6

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2_7

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1_8

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28. Sep.

6_3

14. Sep.

6_3

31. Aug.

7_2

27. Jul.

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13. Jul.

21. Sep.

7. Sep.

24. Aug.

10. Aug.

27. Jul.

13. Jul.

29. Jun.

15. Jun.

1. Jun.

Abstand [m]

400–600

29. Jun.

200–400

15. Jun.

400–600

1. Jun.

600–800

Abbildung 14: Dynamik der Bodenfeuchte (oben) und der Bodensaugspannung (hPa; mittig und unten) zwischen zwei Alteichen und als Funktion des Abstandes zu einer Alteiche in den Vegetationsperioden 2007 und 2008

Eine vertikal vielschichtige Waldstruktur erfordert in diesen Ökotopen eine eher lockere horizontale Struktur in der einzelnen Vegetationsschicht. Dieser vegetationsökologisch begründeten Hypothese folgte der Versuchsansatz, bei dem über etabliertem Eichen-Aufschlag (Sämlingen) eine Auflockerung der Konkurrenz des Alteichen-Bestandes durch die Entnahme von einzelnen Bäumen bis zur Schaffung von

überschirmungsfreien Verjüngungselementen mit einer Ausdehnung von etwa 0,3 ha (Lochhiebe) erfolgte. Daraufhin wurden meteorologische und ökophysiologische Messwerte wie die Bodensaugspannung entlang eines Gradienten vom nächsten konkurrierenden Altbaum in Beziehung zum Überleben bzw. Aufwachsen des Eichenaufschlags gesetzt, was zu folgenden Ergebnissen führte:

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❚ Das Überleben und Aufwachsen der Eichen-Naturverjüngung war an eine weitgehende Entkopplung zur Wurzel-(Wasser-)Konkurrenz der Alteichen gebunden. ❚ Bei einer einzelbaum- bis truppweisen Konkurrenzauflockerung brachte die Wurzel-Konkurrenz der Altbäume, die sich in einer geringen Bodenfeuchte bzw. hohen Bodensaugspannung manifestiert, die Entwicklung der Naturverjüngung zum Erliegen (vgl. Abbildung 14). ❚ Das Aufwachsen der Eichen-Naturverjüngung ist unter den gegeben Standortbedingungen an Lochhiebe gebunden, bei denen Verjüngungselemente mit einer Flächen von mindestens 0,2 ha entwickelt werden.

Ein derartiges waldbauliches Vorgehen entspräche dem Vorrang einer möglichst hohen Lebensraumkontinuität. Ein „integrativer“ Ansatz, der auf die Ausgewogenheit zur Produktionsfunktion – die Erzeugung von höherwertigem Eichen-Stammholz – gerichtet ist, würde ausgehend von diesen relativ kleinflächigen Verjüngungselementen während der Initialphase der Verjüngung, in einem relativ kurzen Gesamtverjüngungszeitraum für den Bestand zu deren „Zusammenfließen“ führen. Maßgeblich dafür ist die Wertschöpfung im Altbestand in Verbindung mit der potenziellen technischen Holzqualität der folgenden Waldgeneration. Prinzipiell bedingt dieses Vorgehen keinen Widerspruch zum Belassen von Alteichen, die reich an Mikrohabitaten sind und lokale Ausgangssituationen für eine Totholzanreicherung und die Entwicklung von Zerfallsstadien bilden.

In einer Vegetationsperiode mit einem relativ günstigen Niederschlagsangebot wie 2007 bleibt bei einem Abstand zwischen den Stammfuß-Peripherien zweier Eichen von 8 m ein unbedeutender Korridor mit reduzierter Wasserkonkurrenz, d. h. mit einer Bodensaugspannung von weniger als 400 hPa (Abbildung 14). Bei einem trockenen Witterungsverlauf wie 2008 existiert selbst eine solche schmale Konkurrenznische nicht. Unter diesen Konkurrenzverhältnissen sind die Etablierung und das Aufwachsen der Eichen-Verjüngung ausgeschlossen. Bezogen auf eine einzelne Eiche werden in der Zone zwischen 6 und 9 m von deren Stammfuß-Peripherie auch bei einem kritischen Witterungsverlauf während der Vegetationsperiode Saugspannungen erreicht, die mit Werten zwischen 200 und 400 hPa einer temporären Konkurrenzentkopplung zwischen Alteiche und Verjüngung entsprechen. Prinzipiell handelt es sich um einen Übergangsbereich, in dem das Aufwachsen der Verjüngung möglich wird. Erst in der Zone ab 9 m von der Stammfuß-Peripherie ist gegenüber der Konkurrenz der Alteiche nur noch die der Bodenvegetation und innerartliche Konkurrenz der Verjüngung für deren Aufwachsen maßgeblich. Die reale Struktur der Verjüngungsschicht in den Eichenwäldern bestätigt inzwischen die Plausibilität dieser Ergebnisse.

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4) Analyse von Bestandesstruktur und Wasserhaushalt in den Waldumbau-Beständen der Gemeinen Kiefer (KWuF, UDATA, FIB Finsterwalde e.V.)

Zur Prüfung der Eignung verschiedener, besonders aussichtsreicher Waldumbaubaumarten unter Gemeiner Kiefer (Pinus sylvestris L.) wurden in den 1990er Jahren sechs Versuchsflächen im nordsächsischen Tiefland angelegt. Etwa zwei Jahrzehnte nach deren Etablierung variiert die Bestandesstruktur in Abhängigkeit von der Bodenbearbeitung, der Parzellengröße, von Baumart und -alter, der Oberstandsdichte sowie vom Pflanzverband. Zwei der Versuchsflächen befinden sich auf Sonderstandorten der Lausitzer Bergbaufolgelandschaft. Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: ❚ Die Nährstoffverfügbarkeit von Sandböden bestimmt, inwieweit die nutzbare Wasserspeicherfähigkeit der Böden als differenzierendes Merkmal für das Waldwachstum wirkt; oder: hohe Gehalte an Kalium und eine bessere Versorgung mit basischen Kationen gleichen eine geringe Speicherkapazität der Böden aus. ❚ Als Indikatoren für Wasserstress dienten die sogenannte Transpirationsdifferenz zwischen Wasserverbrauch und Wasserverfügbarkeit sowie die Menge des verfügbaren Bodenwassers. Als kritische Grenze wurde ein Sättigungsniveau unter 40 Prozent der Wasserspeicherkapazität angenommen. Dabei fiel vor allem die Dauer der Unterschreitung dieses kritischen Wertes ins Gewicht. ❚ Bei den Buchenbeständen auf den Sandböden des altpleistozän (Elster-Saale-Kaltzeit) geprägten Tieflands wird dieser Grenzwert oft und lang anhaltend unterschritten. Diese Situation korrespondiert mit den gegenwärtigen Vitalitätsverlusten und dem Absterben von Rot-Buchen. ❚ Für Eichenbestände ist diese Situation standörtlich wesentlich stärker differenziert und wird vor allem durch höhere Feinbodenanteile in den unteren Bodenschichten modifiziert, die im Fall von Buchenbeständen in Phasen eines angespannten Bestandeswasserhaushalts offensichtlich weniger als Puffer wirken. Bei dementsprechenden Bodeneigenschaften wird der kritische Grenzwert unter Eichenbeständen weniger häufig und für kürzere Zeit unterschritten. ❚ Die langjährige Transpirationsdifferenz ist in Eichenbeständen überwiegend niedriger als in Buchen- und Roteichenbeständen. Die Unterschiede sind durch die Phänologie der jeweiligen Baumart, im Fall der Eiche durch den späteren Blattaustrieb, oder durch eine häufigere und längere Unterschreitung der kritischen Grenze der Wasserspeicherkapazität bedingt. Begründet ist diese Situation durch den Anteil des Wasserverbrauchs durch Interzeption (Wasserrückhalt durch die Vegetations- und Bodenoberfläche) und Evapotranspiration (Verdunstung von der Vege­ta­tions- und Bodenoberfläche, vgl. Kap. Der aktuelle Kronenzustand). ❚ Die Ableitung von Schwellenwerten für eine standörtlich determinierte Baumartenwahl ist nur für etablierte Baumarten möglich, die einen repräsentativen Standortgradienten abdecken. In diesen Fällen ist es zweckmäßig, den Einfluss der Wasserverfügbarkeit auf den Zuwachs in Beziehung zu einem kritischen Referenzwert zu setzen. ❚ Die aus der Pflanzenphysiologie bekannten Zusammenhänge zwischen Nährstoffverfügbarkeit und Trockenstress konnten auch an den Zielbaumarten in den Waldumbaustadien von Kiefern-Beständen nachgewiesen werden.


Die Ergebnisse der umrissenen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben untersetzen die Bedeutung des Systems der Waldklimastationen, um die Baumartenzusammensetzung und insbesondere auch die Struktur von Wäldern durch deren waldbauliche Behandlung kontinuierlich an sich ändernde standörtliche Potenziale anzupassen, Prozesse in Wald-Lebensgemeinschaften zu analysieren sowie die Waldentwicklung als Teil des funktionalen Gefüges der sächsischen Kulturlandschaft unter dem Einfluss des Klimawandels zu gestalten. Die 21 Waldklimastationen ergänzen die bestehenden meteorologischen Messnetze im Geschäftsbereich des SMEKUL und des DWD um wichtige, bisher nicht abgedeckte Standortbereiche. Sachsenforst unterstützt daher intensiv das derzeit laufende Projekt „Multifunktionale Nutzung meteorologischer Messungen“ im Geschäftsbereich des Staatsministeriums sowie die diesbezügliche Weiterentwicklung des regionalen Klimainformationssystems (ReKIS) in enger Zusammenarbeit mit der TU Dresden und dem LfULG.

F) 1) 2) 3)

Literatur Crutzen, J. Paul, 2002: Geology of mankind. Nature, 415, 23. Fromm, E., 2005: Haben oder Sein? 43. Auflage, Dtv 2005. Jeník, J., 1957: Koreňový systém dubu letního i zimního (Quercus robur L. et Quercus petraea Liebl.). (Das Wurzelsystem von Stielund Traubeneiche). Berichte der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, Reihe Mathematik und Naturwissenschaften, 67, 14 (1957), 85 S.

4) Landesforstpräsidium, 2005: Richtlinie zu den Bestandesziel­ typen im Staatswald des Freistaates Sachsen. 5) Oreskes, N., Conway, E. M., 2016: Vom Ende der Welt. Chronik eines angekündigten Untergangs. Oekom, München, 128 S. 6) Steffen, W., Crutzen, J.P., Mc Neill, J. R., 2007: The Anthropocene: Are Humans Now Overwhelming the Forces of Nature? Ambio 36, 614 – 621. 7) Thomasius, H., 1990: Globale und regionale Umweltprobleme – Bezüge des Treibhauseffektes zur Waldökologie und Forstwirtschaft. Forstwirtschaft, 40 (1, 2), S. 18 – 20, 44 – 46. 8) Thomasius, H., 1996: Waldbau im Zeichen starker Umweltveränderungen. Jahrestagung des Dt. Forstvereins, Berlin, 41 S. 9) Thomasius, H., 1998: Umweltveränderungen und waldbauliche Konsequenzen. Waldbau-Seminar des Instituts für Waldbau der ­Georg-August-Universität Göttingen, 38 S. 10) Töpfer, K., 2017: Waldklimafond-Kongress, Keynote. Berlin 14./15. März 2017. 11) UNITED NATIONS 1987: Report of the World Commission on Environment and Development: Our Common Future. 12) Staatsbetrieb Sachsenforst, 2013: Richtlinie zu den Waldentwicklungstypen im Staatswald des Freistaates Sachsen. Teil I, Zielzustände.

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Der aktuelle Kronenzustand Allgemeine Situation

Die Waldzustandserhebung (WZE) ist Teil des forstlichen Umweltmonitorings. Im Jahr 2020 wurden 283 Stichprobenpunkte aufgesucht, um die Belaubungs- und Benadelungsdichte sowie die Kronenstruktur von jeweils 24 Bäumen zu bewerten. Die Erhebung ermöglicht eine landesweite sowie regionale Einschätzung der Stressbelastung von Baumartengruppen. Allein auf Grundlage des erhobenen Kronenzustandes können jedoch keine Ursachen analysiert werden. Dies ist nur durch die Auswertung zusätzlicher Daten möglich. Derartige Datenquellen können beispielsweise das Forstschutzkontrollbuch, das Waldklimamonitoring, die Bodenzustandserhebung (Level I) oder forstliche Dauerbeobachtungsflächen (Level II) sein. In der Waldzustandserhebung wird jeder Baum aufgrund seines Nadelund Blattverlustes in Kombination mit eventuell aufgetretenen Verfärbungen einer Schadstufe zugeordnet. Die insgesamt 6.720 in Sachsen bonitierten Bäume verteilten sich 2020 auf die einzelnen ­Stufen folgendermaßen: ❚ 35 Prozent der Waldbäume mit deutlichen Stresssymptomen (Schad­ stufen 2 bis 4) ❚ 44 Prozent mit schwacher Beeinflussung des Kronenzustandes (Schad­stufe 1) ❚ 21 Prozent ohne erkennbare Beeinflussung des Kronenzustandes (Schadstufe 0) (Abbildung 15; Tabelle 4 und Tabelle 7 im Anhang) Bis vor drei Jahren zeigte der Kronenzustand aller Stichprobenbäume im Erhebungszeitraum keinen eindeutig positiven oder negativen Trend. Beginnend mit dem Jahr 2018 hat sich vor allem aufgrund der Wetterextreme die Situation grundlegend verändert. Über den gesamten Zeitraum vor 2018 schwankte das arithmetische Mittel der Nadelund Blattverluste ein bis zwei Prozentpunkte um das langjährige Mittel von 17,2 Prozent. Schon das erste Trockenjahr 2018 sticht mit einem mittleren Nadel- und Blattverlust von 20,9 Prozent deutlich aus der Reihung heraus, wobei sich dieser Trend 2019 verstärkte und 23,3 Prozent erreichte. Durch die weiterhin angespannte Lage wurde 2020 ein neuer Höchstwert von 26,1 Prozent erreicht. Damit werden die extremen Witterungseinflüsse in Kopplung mit weiteren Schadfaktoren, die in den letzten Jahren bei einzelnen Baumarten und in vielen Regionen spürbar waren, auch über die gesamte Stichprobe hinweg sichtbar. Werden Stichprobenbäume im Rahmen der regulären forstlichen Bewirtschaftung entnommen oder scheiden aus methodischen Gründen (Bewertbarkeit der Krone, soziale Stellung im Bestand) aus, wird in diesen Fällen streng systematisch ein Ersatzbaum ausgewählt.2 In diesem Jahr mussten 197 Bäume älter als 60 Jahre aus folgenden Gründen ersetzt werden:

2 Wellbrock, N.; Eickenscheidt, N.; Hilbrig, L.; Dühnelt, P.; Holzhausen, M.; Bauer, A.; Dammann I.; Strich S.; Engels F.; Wauer, A. (2020): Leitfaden und Dokumentation zur Waldzustandserhebung in Deutschland. 2. Aufl. (Thünen Working Paper, 84.2), 97 S.

❚ 11 Bäume wurden im Rahmen regulärer forstlicher Eingriffe entnommen (6 Prozent). ❚ 165 Bäume schieden außerplanmäßig infolge von Insektenbefall, Sturm- und Schneebruchschäden aus (84 Prozent). ❚ 21 Bäume erfüllten nicht mehr die Anforderungen an einen Stichprobenbaum (10 Prozent). In der Regel gehörten sie nicht mehr zur herrschenden Bestandesschicht. Die Krone war von Nachbarbäumen überwachsen und somit nicht mehr bonitierbar. Für Stichprobenbäume, die zum Zeitpunkt der Erhebung noch im Bestand vorhanden sind oder für die sich eindeutige Hinweise der Schadursache (z. B. Wurzelteller) finden lassen, ist der Grund des natürlichen Ausscheidens zu benennen. Solche außerplanmäßigen Nutzungen traten bis 1996 vor allem in Folge von Immissionen, ab 2003 vorwiegend durch Insektenbefall (Borkenkäfer) und 2007 in hoher Zahl im Zuge des Sturms „Kyrill“ auf. Im Vergleich zu den relativ niederschlagsreichen Jahren 2010 und 2011 stieg die Mortalitätsrate in den trockenen Jahren 2014 und 2015 wieder leicht an. Die Kombination der sich nun im dritten Jahr fortsetzenden Trockenheit gepaart mit diversen abiotischen und biotischen Schadfaktoren sorgte schon 2018 für eine atypische Mortalitätsrate von 5 Prozent bei über 60 jährigen Stichprobenbäumen, die 2019 mit 3,6 Prozent etwas schwächer, aber dennoch hoch ausfiel und nun wiederum bei 3,7 Prozent lag (Abbildung 16). Die Gesamtausfallrate 2020 betrug 4,7 Prozent und liegt leicht unter den zwei vorangegangenen Jahreswerten, jedoch deutlich über dem durchschnittlichen Wert der Zeitreihe. Seit 2018 sind v. a. durch Stürme, Insektenbefall und Schneebruch insgesamt 12,3 Prozent der Stichprobenbäume über 60 Jahre ausgefallen. Diese mehrjährig hohen Werte sind Ausdruck einer sich gegenwärtig weiter aufbauenden Kalamitätsspirale. Die E­ intrittswahrscheinlichkeit von Risiken auf der Ebene ganzer Landschaftseinheiten wird sich ­weiter deutlich erhöhen. In den kommenden Jahren wird dieser Trend auch anhalten, denn aktuell wurden 183 frisch abgestorbene Bäume erfasst, was einen relativ hohen Wert darstellt. Diese toten Bäume heben einerseits den aktuellen Wert der Kronenverlichtung und müssen perspektivisch mit dem verfahrensbedingten Ausscheiden aus der Stichprobe ausgetauscht werden. Als Folge der Stürme 2017/18 sind drei Kontrollpunkte komplett ausgefallen, wobei ein Waldort mit neuer Bestockung weitergeführt werden konnte. Durch Hiebsmaßnahmen war 2019 ein weiterer Stichprobenpunkt ohne Bestockung. Damit ruhen entsprechend dem Erhebungsverfahren aktuell drei Kontrollstichprobenpunkte komplett. Daraus resultiert die Differenz zwischen den 283 zu erfassenden Kontrollpunkten (entspricht theoretisch 6.792 Bäumen) der Waldzustandserhebung und den tatsächlich erfassten 6.720 Stichprobenbäumen.

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1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Abbildung 2019 2020

1990,5

1991,5

1992,5

1993,5

1994,5

1995,5

1996,5

1997,5

1998,5

1999,5

2000,5

2001,5

2002,5

2003,5

2004,5

2005,5

2006,5

2007,5

2008,5

2009,5

2010,5

2011,5

2012,5

2013,5

2014,5

2015,5

2016,5

2017,5

16

2018,5

2019,5

2020,5

0

20

deutlich geschädigt

KV (bis 60 Jahre)

40

 

60

80

 

schwach geschädigt KV (alle Alter)

100 Anteil (%)

ungeschädigt

KV (> 60 Jahre)

Abbildung 15: Schadstufenverteilung und mittlere Kronenverlichtung (KV) aller Baumarten von 1991 bis 2020

 

Anteil (%)

 —

Sturm, Schnee, Eis, Immissionen, Trockenheit Sonstige

Insekten, Pilze Ersatzquote aller Bäume über 60 Jahre

8 7 6 5 4 3 2 1

Abbildung 16: Entwicklung der Mortalität aller Baumarten über 60 Jahre von 1993 bis 2020

Regionale Ausprägung Durch einen Blick auf verschiedene Baumarten, Baumalter und Wuchsregionen wird die Dynamik im Kronenzustand der Bäume Sachsens deutlich. Dabei zeichnen sich die Wuchsregionen durch charakteristische Böden und geländebedingte Standorteigenschaften sowie ausgeprägte Unterschiede in der Baumarten- und Altersklassenverteilung aus (vgl. Tabelle 3, Anhang).

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2019

2020

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

0

Jahr

In die regionsweisen Auswertungen in Abbildung 17 und Tabelle 7 (Anhang) fließen 278 Punkte ein. Aufgrund ihrer standörtlichen Sonderstellung und der geringen Anzahl von nur zwei Punkten wurden die grau hinterlegten Auen von Elbe und Elster von der Betrachtung ausgenommen. In den Diagrammen ist die regionale Entwicklung des mittleren Nadel- und Blattverlustes im Vergleich zum Landesdurchschnitt dargestellt. Die in den Wuchsregionen sichtbaren Trends verdeutlichen die eingetretene Veränderung der Belastungssituation in den bislang 30 Erhebungsjahren.


Die vor allem in den oberen Lagen des Erzgebirges in der Vergangenheit zu verzeichnenden hohen Belastungen durch atmosphärische Stoffeinträge nahmen aufgrund der Luftreinhaltepolitik und die anhaltenden Anstrengungen bei der Sanierung der stark versauerten Waldböden durch die Bodenschutzkalkung ab. In dieser waldreichsten Wuchsregion Sachsens wurden noch bis 1999 überdurchschnittlich hohe Kronenverlichtungen und/oder Verfärbungen registriert. In der Folge zeigte das Erzgebirge seit dem Jahr 2000 aus den genannten Gründen vergleichsweise geringe Nadel- und Blattverluste von im Mittel unter 20 Prozent. Auf Grund der Witterungsextreme überschritt die mittlere Kronenverlichtung jedoch auch in dieser Region 2020 wieder diesen Wert. Die östlichen Gebirge Elbsandsteingebirge und Zittauer Gebirge, das Lausitzer Hügelland und Becken sowie im Westen das Vogtland w ­ eisen einen gegensätzlichen Trend auf. Zu Beginn der Zeitreihe lagen die Werte in diesen Regionen unter dem sächsischen Durchschnitt. Seit dem Trockenjahr 2003 stieg die Kronenverlichtung dort dagegen überproportional an. Nach einem stärkeren Anstieg in den Abbildung 17 Vorjahren erfolgte aktuell im Vogtland bei der mittleren Kronenverlichtung als einziger Region keine weitere Zunahme. Sie liegt deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Trotz leichtem Anstieg der ­mittleren ­Kronen­verlichtung im Erzgebirge liegt der ermittelte Wert unter dem Landesmittel. Dagegen stieg die Kronenverlichtung im Lausitzer H ­ ügelland auf aktuell 27,4 Prozente und noch stärker in den Regionen Elbsandsteingebirge und Zittauer Gebirge um nochmals

40 40 35 35 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 55 00

Das Mittelsächsische Lößhügelland und Erzgebirgsvorland sowie das Westliche und Östliche Tiefland lassen keinen eindeutigen Trend erkennen. Zeitlich versetzt wechselten sich in der Vergangenheit Phasen hoher und niedriger Nadel- und Blattverluste ab. Seit dem Rückgang der Immissionsbelastungen in den frühen 1990er Jahren wirkten entweder Insekten- und Pilzbefall als biotische Einflussfaktoren oder auch ungünstige Witterungsperioden wie v.a. Trockenheit als maßgebliche Ursachen für die Stressbelastung und die Kronenverlichtung. Im Jahre 2019 und 2020 fielen hier begründet durch die regionalen Gegebenheiten die trockenheitsbedingten Belastungen der Vegetation extrem aus. Im Westlichen Tiefland werden seit dem Trockenjahr 2015 nahezu jedes Jahr neue regionale Maxima des mittleren Nadel-/Blattverlustes erreicht. Dies war mit 35,6 Prozent auch 2020 wiederum der Fall. In den 1990er Jahren, als die Emissionen aus dem mitteldeutschen Chemie- und Braunkohlegebiet abklangen, lagen die damaligen ­Maxima bei vergleichsweise niedrigen 24 bis 25 Prozent. Im Tief- und Hügelland, besonders in Nordwestsachsen, bestanden enorme Niederschlagsdefizite auch schon aus den Vorjahren. Deshalb verstärkt die Trockenheit des aktuellen Jahres das kumulierte Defizit nochmals und sorgte für extremen Trockenstress bei den Waldbäumen.

40 35 30 25 20 15 10 5 00

Westliches Tiefland

Östliches Tiefland 1991 1991 1993 1993 1995 1995 1997 1997 1999 1999 2001 2001 2003 2003 2005 2005 2007 2007 2009 2009 2011 2011 2013 2013 2015 2015 2017 2017 2019 2019

1991 1991 1993 1993 1995 1995 1997 1997 1999 1999 2001 2001 2003 2003 2005 2005 2007 2007 2009 2009 2011 2011 2013 2013 2015 2015 2017 2017 2019 2019

40 35 30 25 20 15 10 5 0

40 35 30 25 20 15 10 5 0

7,4 Prozentpunkte weiter deutlich auf 32,9 Prozent. Damit liegen wie schon im Vorjahr die beiden letzteren Gebiete über dem Landesdurchschnitt.

40 35 30 25 20 20 15 15 10 10 5 5 0 0

Mittelsächs. Lößhügelland und Erzgebirgsvorland

Lausitzer Hügelland und Becken 1991 1991 1993 1993 1995 1995 1997 1997 1999 1999 2001 2001 2003 2003 2005 2005 2007 2007 2009 2009 2011 2011 2013 2013 2015 2015 2017 2017 2019 2019

1991 2003 2005 1991 1993 1993 1995 1995 1997 1997 1999 1999 2001 2001 2003 2005 2007 2007 2009 2009 2011 2011 2013 2013 2015 2015 2017 2017 2019 2019

40 40 35 35 30 30 25 25 20 20 15 15 10 10 55 00

Vogtland 1991 1991 1993 1993 1995 1995 1997 1997 1999 1999 2001 2001 2003 2003 2005 2005 2007 2007 2009 2009 2011 2011 2013 2013 2015 2015 2017 2017 2019 2019

 — • Erzgebirge 1991 1991 1993 1993 1995 1995 1997 1997 1999 1999 2001 2001 2003 2003 2005 2005 2007 2007 2009 2009 2011 2011 2013 2013 2015 2015 2017 2017 2019 2019

Sachsen Wuchsregion

Mittlere Kronenverlichtung (%) 40 35 30 25 20 15 10 ElbsandsteinElbsandstein- und und 5 Zittauer Zittauer Gebirge Gebirge 0 #''#

#''% #''"

… in den Jahren von 1991 bis 2020

Abbildung 17: Veränderung der mittleren Kronenverlichtung von 1991 bis 2020 in den sächsischen Wuchsregionen im Vergleich zum Landestrend

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Kronenzustand an Nadelbäumen

Gemeine Fichte (Picea abies) Nahezu zwei Jahrzehnte lang lag der mittlere Nadelverlust der in Sachsen häufigsten Baumart unverändert bei etwa 15 Prozent. Schon im ersten Jahr der Trockenjahre 2018 bis 2020 aber stieg die Kronenverlichtung auf 18,2 Prozent. Diese Entwicklung setzte sich 2019 fort, sodass bei der letztjährigen Erhebung 21 Prozent Nadelverlust ermittelt wurden (Abbildung 18). Dieser Trend hat sich aktuell weiter fortgesetzt und liegt inzwischen bei 26,4 Prozent und damit knapp 10 Prozentpunkte über dem langjährigen Mittel. Dies ist, nach einem insgesamt positiven Trend in den 1990er Jahren, das Resultat gegenläufiger Entwicklungen und maßgeblich durch die anhaltenden Niederschlags­ defizite begründet. In den ersten Jahren der Waldzustandserhebung litten die Fichten in den klimatisch rauen höheren Berg- und Kammlagen der Gebirge unter Frost und hohen Immissionsbelastungen. Akute Schäden traten zuletzt im Winter 1995/96 auf. Die Kalkung der Wälder zum Ausgleich der Abbildung Säurebelastung, das18 wärmere Klima und ausreichende Niederschläge führten hier zu einer durchgreifenden Verbesserung der Benadelung und förderten das Baumwachstum. Dies äußerte sich in den vergangenen 20 Jahren in einem deutlich positiven Trend in der abnehmenden Kronenverlichtung (Abbildung 19).

In den unteren Berglagen und dem Hügelland waren jedoch Engpässe bei der Wasserversorgung häufig das limitierende Element für das Baumwachstum. In Kombination mit zunehmend wärmerer und trockenerer Witterung führte dies immer häufiger zu Trockenstress und bereitet gleichzeitig den Borkenkäfern günstige Bedingungen, um erfolgreich die Fichten zu besiedeln. Hier zeigten die erfassten mittleren Nadelverluste bereits in den letzten Jahren ein deutlich höheres Niveau auf (Abbildung 19). Schon der extrem trockene und heiße Rekordsommer 2018 bedingte in allen drei Höhenstufen einen Anstieg der Kronenverlichtung. Diese für das Baumwachstum ungünstige Situation hatte sich auch 2019 nicht entspannt. Durch die weiteren Defizite im Niederschlag wurde diese Situation eher manifestiert. Daher waren vor allem die Fichten im Tief- und Hügelland vom Wasserstress betroffen. Hier heben sich die Nadelverluste deutlich von den mittleren und höheren Berglagen ab. Für 2019 als auch 2020 war ein Anstieg der Kronenverlichtung in allen drei Höhenstufen festzustellen, wobei dieser Anstieg in den unteren Lagen besonders steil ausfiel. Schon 2018 und wiederholt 2020 hatten sehr viele Fichten eine intensive Ausbildung männlicher Blüten entwickelt. Dies führte wiederum zu weniger neuen Jahrestrieben und verstärkte die Ausbildung schlechter Verzweigungsstrukturen mit entsprechenden Defiziten in der Benadelung. 1990,5 1990,5

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

1991,5 1991,5

1992,5 1992,5

1993,5 1993,5

1994,5 1994,5

1995,5 1995,5

1996,5 1996,5

1997,5 1997,5

1998,5 1998,5

1999,5 1999,5

2000,5 2000,5

2001,5 2001,5

2002,5 2002,5

2003,5 2003,5

2004,5 2004,5

2005,5 2005,5

2006,5 2006,5

2007,5 2007,5

2008,5 2008,5

2009,5 2009,5

2010,5 2010,5

2011,5 2011,5

2012,5 2012,5

2013,5 2013,5

2014,5 2014,5

2015,5 2015,5

2016,5 2016,5

2017,5 2017,5

2018,5 2018,5

2019,5 2019,5

2020,5 2020,5

0

20

deutlich geschädigt

KV (bis 60 Jahre)

40

 

schwach geschädigt KV (alle Alter)

60

80

 

ungeschädigt

100 Anteil (%)

KV (> 60 Jahre)

Abbildung 18: Schadstufenverteilung und mittlere Kronenverlichtung (KV) der Fichte von 1991 bis 2020

| 37


mittlere Kronenverlichtung (%) 40 35 30 25 20 15 Forstliche Klimastufen

10

— — —

Abbildung 20 5

Hoch- und Kammlagen mittlere Berglagen untere Berglagen und Hügelland

2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

0

Jahr Abbildung 19: Mittlere Kronenverlichtung (KV) der Fichte von 1992 bis 2020 in Abhängigkeit von der forstlichen Klimastufe

mittlere Kronenverlichtung [%] 40

35

30

25

20

15 Fichte als Hauptbaumart

10

Fichte als Mischbaumart 5

keine Fichte vorgesehen

2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

0

Jahr Abbildung 20: Mittlere Kronenverlichtung (KV) der Fichte von 1992 bis 2020 in Abhängigkeit vom waldbaulichen Zieltyp

38 |


Abbildung 20 zeigt diese Entwicklungen auf Basis waldbaulicher Zielstellungen für die Verjüngung der Fichte. Auf Standorten, auf denen die Fichte gegenwärtig und in Zukunft als Hauptbaumart vorkommen soll, hat sie auch seit 2008 die geringsten Nadelverluste. Entgegengesetzt weisen die Schwerpunktgebiete des Waldumbaus höhere Nadelverluste auf. Allerdings trat unter derart extremen Witterungsbedingungen wie in den letzten drei Jahren in allen Gebieten eine Zustandsverschlechterung auf. Der Zapfenbehang der Fichten war im aktuellen Jahr mäßig ausgeprägt. Zwar war an fast jeder zweiten Fichte über Alter 60 Zapfenbehang vorhanden, davon stark ausgeprägt aber nur an 2 Prozent der älteren Fichten und an 12 Prozent in mittlerer Intensität. Außerdem zeigten 53 Prozent keinen Zapfenbehang mit der Folge, dass die Fichten in diesem Jahr wenig Samen produzieren.

Abbildung 22

An der Gemeinen Fichte waren, wie auch in den Vorjahren, die rindenbrütenden Borkenkäferarten Buchdrucker (Ips typographus) und Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) die relevanten Schadorganismen. Deren Entwicklung wird in erheblichem Maße durch abiotische Schadereignisse wie Stürme (Wurf- und Bruchholz) und Trockenheit befördert sowie durch Wärme begünstigt. Im Jahre 2018 begann, ausgelöst durch die vorhergehenden Sturmschäden, eine Massenvermehrung, die sich 2020 fortsetzte und deren Ausmaß und künftige Entwicklung noch nicht eingeschätzt werden kann.

Der Buchdrucker ist wie kaum ein anderer Forstschädling in der Lage, unter optimalen Bedingungen durch die Anlage von mehreren Generationen und Geschwisterbruten innerhalb eines Jahres seine Populationsdichte enorm zu erhöhen. Mit zunehmender Populationsdichte steigt gleichzeitig auch die Wahrscheinlichkeit, nicht nur geworfene, gebrochene, dürregestresste oder durch andere Faktoren geschwächte, sondern auch gesunde Fichten erfolgreich zu besiedeln. Im Borkenkäferjahr 2019/20 verursachte der Buchdrucker, z. T. in Kombination mit dem Kupferstecher, landesweit in den Wäldern aller Eigentumsarten eine Befallsholzmenge von über 2.000.000 m³. Diese Menge übertrifft in ihrer Höhe alle bisher registrierten Jahresmengen für Sachsen. Weil im Vorjahr bis in die mittleren Lagen (maximal bis ca. 700 m ü. NN) im August/September eine 3. Käfergeneration Buchdrucker angelegt wurde, war das ganze Schadausmaß erst im Frühjahr dieses Jahres vollständig sichtbar. Neben der routinemäßigen, kontinuierlichen Erfassung des Befallsholzanfalls durch die zustandigen Forstbehörden im webbasierten Forstschutzkontrollbuch (FSKB) wurden 2020 erstmals auch Satellitendaten (Sentinel-2) diesbezüglich ausgewertet. Im Rahmen des Projektes „Erfassung von Waldschadens- und Freiflächen mithilfe von Sentinel-2-Daten“ wurden die infolge von Sturmschäden, Schneebruch und Borkenkäferbefall entstandenen Freiflächen im Wald ­sowie Flächen mit stehendem, von Borkenkäfern befallenen Bäumen („gray attack“- und „red attack“-Stadium), sogenannter Stehend­befall, für den Zeitraum vom Herbst 2017 bis zum Herbst 2020 lokalisiert.

Thalheim/Erzgebirge

Freifläche

2018: Waldbestände vor Sturm „Fabienne“

2019: Sturmflächen „Fabienne“ (Digitale Orthophotos [DOP])

Waldschadensfläche Freifläche

2020: Sentinel-2-Daten (Satelliten)

DOP von 2019 mit Monitoring-Ergebnissen aus Sentinel-2-Daten

Abbildung 21: Ergebnisse des Sentinel-2-Projektes zur Auswertung von Schadflächen durch Stürme und Kalamitäten zwischen 2018 und 2020 am Beispiel von Thalheim im Forstrevier Stollberg, Forstbezirk Chemnitz

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40 | Projekt: „Erfassung von Waldschadens- und Freiflächen im sächsischen Wald mithilfe von Sentinel-2-Daten“

Kompetenzzentrum Wald und Forstwirtschaft Referat 45 – FGIS, Kartographie, Vermessung

46.000 ha / 9.050 ha Waldschadensfläche / Freifläche

Gesamtschäden in SACHSEN

Abbildung 21

Abbildung 22: Vorrangig durch abiotische und biotische Schadfaktoren entstandene Freiflächen und Waldschadensflächen bis April 2020; aufgeschlüsselt nach Forstbezirken in Hektar (ha)


Dazu erfolgte die semiautomatisierte Auswertung von Sentinel 2-Satellitendaten, die in einer hohen zeitlichen Auflösung von der europäischen Raumfahrtagentur (ESA) kostenfrei zur Verfügung stehen. Aufgrund der fehleranfälligen Differenzierung zwischen Stehendbefall und Freiflächen schloss sich an die automatisierte Auswertung der Satellitendaten eine manuelle Nachkorrektur der detektierten Flächen an. Abschließend wurden die Ergebnisse im Rahmen des Qualitätsmanagements validiert und statistische Kenngrößen zur Genauigkeit der ermittelten Schad- und Freiflächen abgeleitet. Mit Sentinel-2-Daten vom April 2020 wurden ungefähr 55.000 Hektar vorrangig durch abiotische und biotische Schadfaktoren verursachte Freiflächen und Waldschadensflächen ermittelt, was einem Anteil von 11 Prozent am Gesamtwald Sachsens entspricht. Unter Freiflächen werden dabei die infolge von Sturmwurf oder Borkenkäferbefallssanierung geräumten Flächen ab einer Flächengröße von ca. 0,3 ha verstanden. Die Waldschadensflächen beziehen sich auf Bäume, deren Kronen Vitalitätsveränderungen aufzeigen, die durch Fernerkundungssensoren erfasst werden können. Dies sind größtenteils Fichtenflächen mit stehendem Borkenkäferbefall, der noch nicht beräumt wurde. Als Schwerpunktgebiete stechen neben den Kiefernwäldern in den Forstbezirken Taura und Oberlausitz die durch die Fichte geprägten Bereiche des Mittleren Erzgebirges sowie der Nationalpark Sächsische Schweiz hervor. In diesen Regionen sind meist großflächige zusammenhängende Bestände von Borkenkäfer-, Sturm- oder Schneebruchschäden betroffen. Darüber hinaus wird jedoch die Betroffenheit der gesamten Waldfläche deutlich, was einem erheblichen Ausweitungspotenzial des Schadgeschehens, insbesondere durch Borkenkäfer, entspricht (Abbildung 22). Im Rahmen der Flächenvalidierung wurde festgestellt, dass circa 87 Prozent der detektierten Schadflächen korrekt lokalisiert, 2 Prozent nicht erfasst, 4 Prozent nicht zugeordnet und 7 Prozent fälschlicherweise als Schaden ausgewiesen wurden. Insgesamt kann somit von einer dem Zweck entsprechenden hinreichenden Genauigkeit des Verfahrens ausgegangen werden. Weil vom November 2019 bis März 2020 flächenhaft nur etwa 80 Prozent der jahreszeitlich üblichen Niederschlagsmengen gefallen waren und sich damit der Trockenstress für alle Waldbestände, insbesondere für die tendenziell flachwurzelnden Fichten, nicht wie üblich im Winter entspannt, sondern weiter verstärkt hatte, bestand zu Beginn der Schwärmzeit 2020 landesweit eine extrem hohe Gefährdung hin­sichtlich einer weiteren Ausdehnung der Schäden durch den Buch­drucker. Das betraf vor allem Gebiete, in denen bereits in den Vor­jahren ein starker Käferbefall auftrat und damit die Ausgangskäferdichten sehr hoch waren. Weil der Winter nicht nur niederschlagsarm, sondern auch relativ mild war, musste auch von einer relativ geringen Wintermortalität der 2019 noch nicht vollständig ausgereiften Käfer­bruten ausgegangen werden. Am sehr warmen Osterwochenende Mitte April begann – mit Ausnahme der kühleren Kammlagen des ­Erzgebirges – der Schwärmflug des Buchdruckers und des Kupfer­ stechers.

Einer der sonnenscheinreichsten, trockensten und wärmsten Aprilmonate seit Beginn der Wetteraufzeichnungen bot den Borkenkäfern (v.a. Buchdrucker) nahezu optimale Bedingungen zur Anlage der 1. Generation. Die Fangergebnisse der lockstoffbeköderten Fallen des landesweiten Buchdrucker-Monitorings wiesen bereits Ende April in den regionalen Schwerpunkten (Oberlausitz, Mittelsachsen, Nationalpark Sächsische Schweiz) hohe bis sehr hohe und weit über den Vorjahreswerten liegende Fangzahlen aus. Lokal wurden bis zu diesem frühen Zeitpunkt kumulative Fänge von über 30.000 Käfer/Dreifallenstern registriert. Weil dieser Wert eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein von Stehendbefall signalisiert, wenn er am Ende der Schwärmperiode erreicht wird, belegt sein Überschreiten schon zu Beginn der Schwärmzeit die Extremsituation. Mitte Mai wiesen 80 Prozent aller Buchdruckerfallen höhere Fangzahlen auf als im Rekordjahr 2019 zum gleichen Zeitpunkt. Mitte Juni trat an vielen Standorten ein ausgeprägtes und zu diesem Zeitpunkt eher unerwartetes Schwärmmaximum auf. Häufig war es das Maximum des Jahres 2020. Vermutlich handelte es sich dabei um Käfer, deren Bruten im Spätsommer 2019 angelegt, die bedingt durch den milden Winter einer geringen Mortalität unterworfen waren und ihre Entwicklung bis zu ausflugbereiten Käfern erst im Frühjahr abschließen konnten. Mit Stand 30.06.2020 betrug die registrierte Stehendbefallsmenge im Gesamtwald in etwa das 2,7-Fache des vergleichbaren Vorjahreswertes. Dabei zeichneten sich deutliche regionale Unterschiede ab, die sich in der Folgezeit weiter verstärkten. Weil die rasche Aufarbeitung und ­Sanierung befallener Bäume nicht zusätzlich – wie dies im vergangenen Jahr der Fall war – durch Sturm- und Schneebruch­ schäden abgelenkt wurde, konnten die Forstunternehmer und Waldbesitzer, in Abhängigkeit von ihrem Leistungsvermögen, entsprechend ­­zielorientiert ­agieren. Die insgesamt etwas kühlere Witterung im Juni und Juli im Vergleich zum Vorjahr und noch deutlicher im Vergleich zu 2018 führte zu einer Verlangsamung der Käferentwicklung. Bis Ende Juli wurde bereits über 0,5 Mill. m³ Stehendbefall und damit das ­1,6-Fache im Vergleich zum Vorjahr registriert. Vor allem in der zweiten Hälfte dieses Monats wurde die 2. Generation des ­Buch­druckers ­angelegt. Die Populationsdichten waren nach wie vor sehr hoch. Dieser Trend setzte sich im August fort. So wiesen am ­Monatsanfang die kumulativen ­Fangzahlen an ­75­ ­Prozent aller ­Monitoringstandorte (ohne ­Nationalpark) weitgehend unabhängig vom Höhengradient höhere Werte aus als 2019 zum gleichen Zeitpunkt. Damit verstetigten sich im Verlauf des Jahres 2020 die extrem hohen Populationsdichten. Die insgesamt jedoch langsamere phänologische Entwicklung verdeutlicht der Vergleich der mittels PHENIPS modellierten Brutentwicklung am Beispiel der Waldklimastation Marienberg (Heinzebank) (zur Lage siehe Abbildung 11). Am 8. August 2018 erfolgte, ausgehend vom vorangegangenen warmen Witterungsverlauf, an diesem Standort die Anlage der 3. Generation. Zum gleichen Zeitpunkt 2020 konnte erst die Anlage der Geschwisterbrut der 2. Generation verzeichnet werden.

Weil im Winterhalbjahr 2019/20 deutlich weniger Wurf- und Bruchholz anfiel als in den Vorjahren, spielte die Besiedelung dieser Bruthabitate nur in den Gebieten mit Schäden durch die Stürme im Februar, vor allem dem Orkan „Sabine“, eine Rolle.

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Buchdrucker-Befallsholz [m³] im Gesamtwald inkl. NLP-Ruhebereich 2.000.000 Schätzung (ungünstigste Variante) Schätzung (optimistische Variante) FSKB per 30.09. (Abfrage: 12.10.2020) historische Daten 1.500.000

1.000.000

500.000

2018

2020

2016

2014

2010

2012

2008

2006

2002

2004

2000

1998

1996

1994

1992

1990

1988

1986

1984

1982

1980

1978

1976

1974

1970

1972

1968

. .

1964

. .

1948

1946

0

Abbildung 23: Langzeitstatistik zum Buchdruckerbefall auf dem Territorium des Freistaates Sachsen (Forstschutzkontrollbuch [FSKB] per 30.09.2020 und Schätzung für das gesamte Borkenkäferjahr 2020/21; inkl. Ruhebereich im Nationalpark Sächsische Schweiz (Erfassung des Befalls im Ruhebereich des Nationalparks))

Im August 2020 wurde im Hügelland und in den unteren Lagen bis ca. 350 m ü. NN die 3. Generation angelegt. Weil beginnend mit der dritten Augustdekade die deutlich kürzer werdenden Tageslängen die Überwinterungsbereitschaft bei den Buchdruckern induziert und in dieser Zeit im Gegensatz zu 2019 eine kühlere Witterungsperiode herrschte, kann davon ausgegangen werden, dass in diesem Jahr in Höhenlagen über 500 m ü. NN keine 3. Generation angelegt wurde. Geschwisterbruten zur 2. Generation waren jedoch in allen Höhenlagen möglich. Die warme Witterung Anfang/Mitte September führte dazu, dass sich diese Bruten bis zum Jungkäferstadium entwickeln konnten und damit sehr gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Überwinterung 2020/21 besitzen werden. Mit 830.000 m³ wurde im August landesweit eine Stehendbefalls­menge festgestellt, die fast der Menge entspricht, die im ersten Jahr dieser Massenvermehrung 2018 für das gesamte Borkenkäferjahr bilan­ziert wurde. Im Vergleich zum Vorjahreswert für August ist es das 1,1-Fache. Im September ging die Schwärmaktivität zurück, war aber noch nicht beendet. Per 30. September wurde landesweit in den Wäldern aller Eigentumsarten eine Stehendbefallsmenge durch Buchdrucker von 1.075.000 m³ (Abbildung 23) regis­triert. Das ist der 0,9-fache Wert im Vergleich zum Vorjahr (1.148.000 m³; Abbildung 24). Mit 625.000 m³ entfielen über die Hälfte der Befallsmenge (58 Prozent) auf den Privat- und Körperschaftswald, wohingegen im Staatswald des Freistaates Sachsen 450.000 m³ ermittelt wurde. Die Abbildung 25 zeigt die regio­nale Verteilung der seit Juni kumulierten, durch Buchdrucker befallenen Holzmenge. Auf die beiden am stärksten betroffenen Reviere Sebnitz und Cunewalde entfällt mehr als ein Viertel der gesamten Befallsmenge.

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Neben den aus dem Vorjahresbefall resultierenden Schwerpunktgebieten wird aus der regionalen Schadverteilung auch deutlich, dass besonders die Bereiche stark vom Buchdrucker befallen waren, in denen die Fichte – besonders im Reinbestand – nicht standortgerecht ist (Abbildung 25). In einigen dieser Gebiete wird jedoch eine Trendwende sichtbar. Diese regionale Abnahme der Befallsholzmenge resultierte hier aber nicht aus einer Entspannung der Gefährdungs­ situation sondern dem inzwischen eingetretenen Ressourcenmangel in Form befallsgeeigneter Fichten. Im südwestlichen Landesteil hat sich 2020 der Befallsanstieg im Vergleich zum Vorjahr nicht bzw. nicht so deutlich ausgeprägt wie in den mittleren und östlichen Gebieten. Neu aufgetreten ist während des Sommers 2020 eine diffuse Ausweitung des Befallsgeschehens des Buchdruckers auf (noch) relativ niedrigem Niveau in bisher weniger betroffene Fichtengebiete des Erzgebirges oberhalb von 400 m ü. NN (Schwerpunkt 400 bis 500 m ü. NN). D ­ iese Zerstreuung könnte eine große Herausforderung bei der möglichst vollständigen Erkennung und Sanierung des Neubefalls im Frühjahr 2021 darstellen. Wie schon in den beiden Vorjahren war der Kupferstecher auch in ­diesem Jahr wieder am Befall in Fichtenbeständen beteiligt. Die bis Ende September gemeldete Befallsmenge von 5.700 m³ ist der dritthöchste Wert in der langjährigen Zeitreihe. Die Populationsdichten der Borkenkäfer an Fichte sind zu Beginn der Überwinterung 2020/21 nach wie vor hoch. Selbst bei normalen Witte­rungsbedingungen im Jahr 2021 muss mit weiterhin hohen Schäden gerechnet werden. Treten zusätzlich noch Extremwetter­ ereignisse wie Stürme, Nassschneefälle oder sich weiter verschärfende Dürre auf, muss mit einem Anstieg der Befallsmengen gerechnet werden.


Stehendbefall im Gesamtwald Zugang [m3]

600.000 500.000 400.000 300.000 200.000 100.000

April

Mai

Januar – März

September

Abbildung 25

Oktober – Dezember

Juli

August

Juni

0

20 20 20/ 20 19/ 202 20 18/ 202 1 20 17/ 201 0 20 16/ 201 9 20 15/ 201 8 1 20 4/ 201 7 20 13/ 201 6 20 12/ 201 5 20 11/ 201 4 1 20 0/ 201 3 20 09/ 201 2 20 08/ 201 1 20 07/ 200 0 0 20 6/ 200 9 20 05/ 200 8 20 04/ 200 7 03 20 6 /2 05 00 4

Befallsjahr Folgejahr

Abbildung 24: Monatlicher Vergleich des durch Buchdrucker befallenen Holzes in Kubikmetern für den sächsischen Wald in den Jahren 2003 bis 2020. ­(Quelle: FSKB per 30.09.2020)

Abbildung 25: Im Borkenkäferjahr 2020 (FSKB-Meldungen im Zeitraum 01.06.-30.09.2020) von Buchdrucker befallenes Schadholz in Kubikmetern in den Landkreisrevieren (alle Eigentumsarten); der „Faktor 19:20“ beschreibt den Quotienten aus dem Befall 2020 zu 2019

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1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 0

20

deutlich geschädigt

KV (bis 60 Jahre)

40

 

60

schwach geschädigt KV (alle Alter)

80

 

Anteil (%)

100

ungeschädigt

KV (> 60 Jahre)

Abbildung 26: Schadstufenverteilung und mittlere Kronenverlichtung (KV) der Kiefer von 1991 bis 2020

Gemeine Kiefer (Pinus sylvestris) Bei Nadelbäumen vollzieht sich der natürliche Alterungsprozess der Nadeln weitgehend unbemerkt an den inneren Zweigen. Ungünstige Witterungsbedingungen können zu einem stärkeren Verlust älterer, photosynthetisch wenig aktiver Nadeln führen. Dies kann auch als aktive Anpassung verstanden werden, um drohendes bzw. einsetzendes Wasserdefizit zu minimieren. Aufgrund der nur zwei bis drei Nadeljahrgänge der Kiefer vermag diese Baumart unter günstigen Bedingungen das Defizit nach Stressperioden rascher als Fichten oder Tannen auszugleichen. Der mittlere Nadelverlust der Kiefer überstieg 2020 mit 25,1 Prozent und zuvor 2019 mit 22 Prozent weiter deutlich den bisherigen Maximalwert des Jahres 1991. Innerhalb einer bogenförmigen Trendlinie (Abbildung 26) liegen zwei kleinere Anstiege für 2007 mit 17,8 Prozent und für 2015 mit 19,1 Prozent. Nach 2015 war noch einmal eine deutliche Erholung erkennbar, die sich von hier ausgehend jedoch mit rasanten Zuwachswerten zu dem aktuell neu erreichten Maximum entwickelte. Diese Verschlechterung im Vitalitätszustand der Kiefer zeigte sich auch in den Kombinationsschadstufen. Erstmals in der Zeitreihe dieser Erhebung wiesen nahezu ein Drittel aller Kiefern eine deutliche Schädigung im Kronenzustand auf, nur noch 16 Prozent haben keine nennenswerten Nadeldefizite. Die Kiefern wachsen vornehmlich auf Sandböden, die Wasser nur in sehr geringem Maße speichern können. Somit hängt die Wasserverfügbarkeit für die Pflanzen auf diesen Standorten stärker vom Niederschlags- oder Grundwasserangebot ab als auf bindigeren Substraten. Ebenso steigt mit einem einsetzenden Wasserdefizit die Anfälligkeit der Bäume gegen weitere Schadfaktoren und hier insbesondere die biotischen. Auch wenn bezogen auf die Gesamtstichprobe der Anteil von toten Bäumen sehr gering war, sind Kiefern ohne Nadeln (Nadel-

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verlust = 100 Prozent) ein deutliches Indiz für das stellenweise Überschreiten baumindividueller Stresstoleranz oder biotische Schäden. In und nach trockenen Jahren steigt der Anteil dieser Bäume regelmäßig spürbar an. So geschehen in den Jahren 2003 und 2004 und noch deutlicher zwischen 2016 und 2018. Schon 2019 vervielfachte sich dieser nominelle Wert auf 22 tote Kiefern. Für 2020 musste nun festgestellt werden, dass es eine weitere Verdoppelung dieses Wertes gab. Allein 46 von 2056 Kiefern wurden in diesem Jahr als frisch abgestorbene Bäume erfasst. Gewöhnlich ist der Behang mit Zapfen bei der Kiefer ziemlich ausgeprägt. Wobei hier auch zu beachten ist, dass durch die Waldzustandserhebung die in diesem Jahr ausreifenden Zapfen erfasst werden, die im letzten Jahr gebildet wurden und nun so groß sind, dass sie mit der visuellen Methode der Waldzustandserhebung aufgezeichnet werden können. Im aktuellen Jahr war der Behang der Kiefern mit sichtbaren Zapfen ausgesprochen gering. An nur zwei von fünf älteren Kiefern (> 60 Jahre) wurden überhaupt Zapfen festgestellt. In etwa 4 Prozent der Kiefern hatten etwas bedeutenderen Zapfenbehang (vgl. Tabelle 5, Anhang). Infolge der extremen Witterungsverläufe der zurückliegenden Jahre stiegen die Befallsholzmengen durch den Sechs- und Zwölfzähnigen Kiefernborkenkäfer, den Großen und den Kleinen Waldgärtner (Abbildung 27), den Blauen Kiefernprachtkäfer (Abbildung 28) sowie durch weitere holz- und rindenbrütende Arten auch in diesem Jahr weiter deutlich an. Per 30.09.2020 wurde durch diese Arten mit mehr als 175.000 m³ bereits ein neuer Rekordwert der Gesamtbefallsmenge zu diesem Zeitpunkt erreicht.


Schwarzer Kiefernbastkäfer (Hylastes ater)

Kleiner Waldgärtner (Tomicus minor)

Zweizähniger Kiefernborkenkäfer (Pityogenes bidentatus)

Marienprachtkäfer Sechszähniger Kiefernborkenkäfer (Ips acuminatus) (Chalcophora mariana)

Achtpunktiger Kiefernprachtkäfer (Buprestis octoguttata)

Großer Waldgärtner (Tomicus piniperda)

Blauer Kiefernprachtkäfer Zwölfzähniger Kiefernborkenkäfer (Ips sexdentatus) (Phaenops cyanea)

Neunfleckiger Prachtkäfer (Buprestis novemmaculata)

Abbildung 27: Einige Borkenkäfer an Kiefer im direkten Größenvergleich

Achtpunktiger Kiefernprachtkäfer (Buprestis octoguttata)

Marienprachtkäfer (Chalcophora mariana)

Blauer Kiefernprachtkäfer (Phaenops cyanea)

Neunfleckiger Prachtkäfer (Buprestis novemmaculata)

Abbildung 28: Blauer Kiefernprachtkäfer im Vergleich zu anderen an Kiefern vorkommenden Prachtkäferarten

Die regionale Verteilung des Befalls durch holz- und rindenbrütende Insekten an Nadelholz (ohne den Buchdrucker) in den Landkreisrevieren für das aktuelle Käferjahr zeigt die Abbildung 29. Sichtbar wird im Vergleich zu 2019 eine Befallszunahme in den nordöstlichen Kieferngebieten. Diese Tendenz war auch im Vorjahr schon feststellbar.

Der häufig auftretende Befall mehrerer Käferarten an einem Baum bzw. an benachbarten Bäumen sowie die dabei unterschiedlich ablaufende Befallssukzession erschweren eine erfolgreiche Bekämpfung durch eine rechtzeitige Erkennung und Sanierung.

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Abbildung 29: Regionale Verteilung des im Zeitraum 01.06.20 – 30.09.20 in den Wäldern aller Eigentumsarten durch verschiedene holz- und rindenbrütende Käferarten (HRB, ohne Buchdrucker (BDR)) angefallenen Stehendbefalls an Nadelbaumarten (vorrangig Kiefer und Lärche), bezogen auf die Struktureinheiten der unteren Forstbehörden

Die Ergebnisse der Winterbodensuche 2019/2020 zeigten für die damit überwachten nadelfressenden Arten für das Jahr 2020 insgesamt unkritische Populationsdichten. Die Dichten der Forleule gingen im Vergleich zum Vorjahr noch einmal deutlich zurück und belegen, dass sich diese Art in Sachsen momentan in der Latenzphase befindet. Auch der Kiefernspanner befindet sich weiterhin in Latenz. Lediglich in vier der 359 Winterbodensuchbestände wurde die Warnschwelle überschritten; dies aber bei relativ niedrigen absoluten Puppendichten. Auch die Dichten von Kiefernspinner und Blattwespenarten bleiben nach wie vor unkritisch und überschreiten nur in wenigen Beständen, auf noch geringem Niveau, die Warnschwellen. Die geringen Ausgangsdichten wurden in der Form bestätigt, dass durch die genannten Arten keine

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Fraßflächen festgestellt worden sind. Lediglich die Anzahl der bei den Bodensuchen registrierten Trieb-Absprünge durch Waldgärtner wiesen analog zum Befallsholzanfall weiterhin auf lokal erhöhte Populationsdichten dieser Borkenkäferarten hin, auch wenn sich diese Entwicklung regional sehr unterschiedlich darstellt. Die Nonne (Lymantria monacha) befindet sich nach der Massenvermehrung in den Jahren 2012 bis 2015 erwartungsgemäß weiterhin in der Latenz. Dies bestätigen die Ergebnisse aus den Pheromonfallenfängen als dem standardisierten Waldschutzmonitoring für diese Art in den Wäldern aller Eigentumsarten.


Sonstige Nadelbäume (Lärchen, Serbische Fichte, Murray-Kiefer) Sonstige Nadelbäume besitzen einen Anteil von vier Prozent an der Waldfläche Sachsens. Die zu dieser Gruppe zählenden Arten sind meist nicht einheimisch und wurden in der Vergangenheit teilweise gezielt zur Umsetzung spezieller waldbaulicher Konzepte angebaut, z. B. zur Wiederaufforstung des Erzgebirgskamms nach dem flächigen immissionsbedingten Absterben der Fichte. Das durchschnittliche Alter der begutachteten sonstigen Nadelbäume ist mit inzwischen 57 Jahren vergleichsweise gering. In der WZE-Stichprobe sind die Europäische Lärche (57 Prozent), die Serbische Fichte (14 Prozent) und die Japanische Lärche (10 Prozent) die häufigsten Baumarten in dieser Gruppe, wobei auch vereinzelt die Stechfichte und Murray-Kiefer mit enthalten sind. Der Trend steigender Nadelverluste in der Gruppe der sonstigen Nadelbäume hielt 2020 vorerst nicht weiter an. Der letztjährige Maximalwert von 20,2 Prozent wurde in diesem Jahr mit 18,3 Prozent leicht unterschritten (Abbildung 30). Damit pegelt sich die mittlere Kronenverlichtung in den vergangenen fünf Jahren zwischen 18 und 19 Prozent auf einem für diese Baumartengruppe hohen Niveau ein.

Abbildung 30

Neben der aktuell angespannten Wasserversorgung ist der ansteigende Trend der Kronenverlichtung maßgeblich dem stetig steigenden Durchschnittsalter in dieser Baumartengruppe geschuldet. Die Entwicklung weist zudem auf eine punktuelle wie baumartenbezogene unzureichende Anpassung an den Standort hin. Einige der genannten Baumarten (bspw. Stechfichte) konnten nicht in die heimischen Ökosysteme integriert werden, waren jedoch zum Zeitpunkt ihres Anbaus die Ultima Ratio zur Erhaltung von mit Bäumen bestockten Waldflächen mit all den damit verbundenen Funktionen. Der Große Lärchenborkenkäfer (Ips cembrae) konnte wie die bereits genannten holz- und rindenbrütenden Käfer an anderen Nadelbaumarten ebenso von den ungünstigen Bedingungen für die Wirtsbaumart durch auslösende Wurf- und Bruchschäden und die Trockenheit in den zurückliegenden Jahren profitieren. So kam es in den Revieren mit höheren Lärchenanteilen zu einem zunehmenden Stehendbefall und lokal zu einer ähnlichen Entwicklung wie bei den Fichtenborkenkäfern (Schadmengen sind in Abbildung 29 enthalten). Die Schadholzmenge weist in der langjährigen Statistik mit derzeit 13.000 m³ (1. Juni bis 30. September 2020) den zu diesem Zeitpunkt dritthöchsten Wert auf.

Die Mortalität, maßgeblich aufgrund abiotischer Ursachen, fiel in den Jahren 2018 und 2019 in dieser Baumartengruppe mit 5,4 Prozent und 3,9 Prozent im Vergleich mit anderen Baumartengruppen ziemlich hoch aus. 2020 reduzierte sich die Ausfallrate wieder auf 2,1 Prozent. Biotische Schädigungen, wie intensiver Insekten- oder Pilzbefall, wurden in der Stichprobe der Waldzustandserhebung kaum festgestellt.

1990,5 1990,5 1990,5

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

1991,5 1991,5 1991,5

1992,5 1992,5 1992,5

1993,5 1993,5 1993,5

1994,5 1994,5 1994,5

1995,5 1995,5 1995,5

1996,5 1996,5 1996,5

1997,5 1997,5 1997,5

1998,5 1998,5 1998,5

1999,5 1999,5 1999,5

2000,5 2000,5 2000,5

2001,5 2001,5 2001,5

2002,5 2002,5 2002,5

2003,5 2003,5 2003,5

2004,5 2004,5 2004,5

2005,5 2005,5 2005,5

2006,5 2006,5 2006,5

2007,5 2007,5 2007,5

2008,5 2008,5 2008,5

2009,5 2009,5 2009,5

2010,5 2010,5 2010,5

2011,5 2011,5 2011,5

2012,5 2012,5 2012,5

2013,5 2013,5 2013,5

2014,5 2014,5 2014,5

2015,5 2015,5 2015,5

2016,5 2016,5 2016,5

2017,5 2017,5 2017,5

2018,5 2018,5 2018,5

2019,5 2019,5 2019,5

2020,5 2020,5 2020,5

0

20

deutlich geschädigt

40

schwach geschädigt

60

ungeschädigt

80

KV (alle Alter)

100 Anteil (%)

Abbildung 30: Schadstufenverteilung und mittlere Kronenverlichtung (KV) der sonstigen Nadelbäume von 1991 bis 2020

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Kronenzustand an Laubbäumen Abbildung 31 Trauben- und Stiel-Eiche (Quercus petraea und robur) Im Vergleich zu den anderen Baumartengruppen zeigte die Eiche in den vergangenen Jahren nahezu kontinuierlich die höchsten mittleren Kronenverlichtungen. Nach 1999 (36,3 Prozent), 2018 (33,0 Prozent) und 2019 (32,2 Prozent) war der für 2020 (32,1 Prozent) ermittelte Wert der vierhöchste in der Zeitreihe und kaum verändert zu den bei-

den Vorjahren. Das absolute Minimum mit 19,6 Prozent wurde im Jahr 2016 festgestellt. Aktuell ging die Häufigkeit der Bäume ohne Schadsymptome um weitere vier Prozentpunkte auf nur noch 3 Prozent zurück. Aber auch der Anteil der deutlich geschädigten Individuen sank wie schon 2018 zu 2019 von 62 Prozent auf 58 Prozent und nunmehr auf 55 Prozent (Abbildung 31). 1990,5 1990,5 1990,5 1990,5

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

1991,5 1991,5 1991,5 1991,5

1992,5 1992,5 1992,5 1992,5

1993,5 1993,5 1993,5 1993,5

1994,5 1994,5 1994,5 1994,5

1995,5 1995,5 1995,5 1995,5

1996,5 1996,5 1996,5 1996,5

1997,5 1997,5 1997,5 1997,5

1998,5 1998,5 1998,5 1998,5

1999,5 1999,5 1999,5 1999,5

2000,5 2000,5 2000,5 2000,5

2001,5 2001,5 2001,5 2001,5

2002,5 2002,5 2002,5 2002,5

2003,5 2003,5 2003,5 2003,5

2004,5 2004,5 2004,5 2004,5

2005,5 2005,5 2005,5 2005,5

2006,5 2006,5 2006,5 2006,5

2007,5 2007,5 2007,5 2007,5

2008,5 2008,5 2008,5 2008,5

2009,5 2009,5 2009,5 2009,5

2010,5 2010,5 2010,5 2010,5

2011,5 2011,5 2011,5 2011,5

2012,5 2012,5 2012,5 2012,5

2013,5 2013,5 2013,5 2013,5

2014,5 2014,5 2014,5 2014,5

2015,5 2015,5 2015,5 2015,5

2016,5 2016,5 2016,5 2016,5

2017,5 2017,5 2017,5 2017,5

2018,5 2018,5 2018,5 2018,5

2019,5 2019,5 2019,5 2019,5

2020,5 2020,5 2020,5 2020,5

0

20

deutlich geschädigt

40

schwach geschädigt

60

ungeschädigt

80

KV (alle Alter)

100 Anteil (%)

Abbildung 31: Schadstufenverteilung und mittlere Kronenverlichtung (KV) der Eiche von 1991 bis 2020

In den zurückliegenden 30 Jahren bewiesen die Eichen eine ausgesprochen hohe Dynamik in ihrer Belaubung. Für die sprunghaften An- und Abstiege wie auch die mehrjährigen Trends kommen verschiedene biotische und abiotische Ursachen in Betracht, die sich zudem gegenseitig verstärken können. Vielfach führen biotische Schadfaktoren, wie der Befall durch verschiedene Pilzerkrankungen an den Blättern (Mehltau und div. Blattbräunen), und der Befall durch Insekten der Eichenfraßgesellschaften zum Verlust von Blättern. In den letzten drei Jahren war die Trockenheit der prägende Faktor. Die Schwerpunkte des Vorkommens von Eichen sind sehr oft extreme Standorte wie die zur Verdichtung neigenden Lößlehme im Hügelland oder steile und felsige Hänge der Flusstäler. Vor allem an den letztgenannten Orten ist Trockenheit nichts Ungewöhnliches. Die Erholungsphasen weisen auf das Anpassungspotenzial der Eichen an den jeweiligen Standort hin. Unter den

momentan nun schon im dritten Jahr gegebenen absoluten Wasser­ stresssituationen reichten allerdings bei manchem Individuum inzwischen der Toleranzrahmen nicht mehr aus, um derartige abiotische Vitalitätseinbußen zu kompensieren. An solchen Eichen waren bereits in den Vorjahren Befälle durch Eichensplintkäfer (Scolytus intricatus) und/oder Eichenprachtkäfer (Agrillus biguttatus) (Abbildung 32) festzustellen. In Verbindung mit der langanhaltenden warm-trockenen Witterung in diesem Sommer konnten sich die genannten Käfer­arten als sekundäre Schädlinge wiederholt schnell entwickeln und von in der Vitalität herabgesetzten – und damit für eine Brut geeigneten – ­Bäumen profitieren. Innerhalb dieser komplexen Wirkungskreise kann dem Schädlingsbefall noch gesunder, vorgeschwächter Eichen nur durch forstsanitäre Maßnahmen an befallenen Bäumen entgegengewirkt werden.

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Abbildung 32: Schlupf eines Eichenprachtkäfers aus der Borke nach der Überwinterung (links) und Draufsicht auf den ausgeschlüpften Käfer (rechts)

Bäume fruktifizieren in warmen Jahren oftmals intensiver. So verdichten sich die Hinweise, dass gerade Eichen mit zunehmend warmen Sommern auch öfter und stärker fruktifizieren. Schon 2018 trugen viele Eichen einen auffällig großen Fruchtanhang, der das Erscheinungsbild der Bäume prägte. Dies war 2019 nicht der Fall, damit ergab sich zumindest in der Kraft- und Reservestoffproduktion bei den Eichen eine kleine Erholungsphase. Aktuell kann wieder eine reichliche Fruktifikation bei unseren Eichen konstatiert werden, denn 56 Prozent der älteren Eichen tragen Früchte, 18 Prozent zeigen stärkeren Fruchtanhang (mittel bis stark). Insofern ist auch die Fruktifikation bei den Eichen ein Ausdruck von Vitalität und Anpassungsfähigkeit. Bleibt zu hoffen, dass die Investition in Kraft- und Reservestoffe zu Gunsten der Eicheln sich nicht auf die Vitalität der bestehenden Bestockung niederschlägt. Insgesamt ist die Dynamik des Blattverlustes der Eiche eher Ausdruck ihrer Anpassungsfähigkeit und Vitalität. So verwundert es nicht, dass hinsichtlich der Mortalität die Eichen (und die Buchen) auch in diesem Jahr unter dem Durchschnitt aller Baumarten liegen. Die im Winter 2019/20 in langjährigen Probebeständen durchgeführte Überwachung der Frostspanner (Erannis defoliaria), als relevantem Vertreter der Eichenfraßgesellschaft, mittels Leimringen ergab im Vergleich zum Vorjahr vereinzelt eine leichte Zunahme der Falterdichten auf noch unkritischem Niveau. Nur in den zwei Monitoringbeständen im Colditzer Forst wurde für 2020 ein maximal merklicher oder starker Fraß an Einzelbäumen prognostiziert. Die steigende Tendenz bei insgesamt noch relativ geringen Dichten wurde im vergangenen Winter durch einen in den Revieren registrierten Anstieg der beobachteten Schwärmaktivität bestätigt. Die Probezweigentnahmen und Schlupfkontrollen zur Prognose des Fraßes durch den Grünen Eichenwickler (Tortrix viridana) als weiterer Vertreterart der Eichenfraßgesellschaft ergaben im Mittel einen leichten Rückgang der Belagsdichten bei ­einem in den Vorjahren bereits ohnehin geringen Dichteniveau. Durch diese Art wurde 2020 folglich kein nennenswerter Fraß erwartet. Die für 2020 gemeldeten Fraßschäden – im Vergleich zum Vorjahr für den

50 |

Eichenwickler rückläufig und für den Frostspanner ansteigend (Abbildung 33, unten) – bestätigten das aktuell geringe Schadniveau beider Arten. Die Überwachung des Schwammspinners (Lymantria dispar) mittels Pheromonfallen erfolgte 2019 in 41 Beständen. Die Warnschwelle in Höhe von 700 männlichen Faltern je Falle in der Gesamtschwarmzeit wurde in den Landkreisen Leipzig, Nordsachsen und Bautzen in acht Beständen überschritten. Die in diesen – und auch die in den 2019 bereits vom Schwammspinner befressenen – Flächen initiierten Ei­schwamm­suchen ergaben ausschließlich im Landkreis Leipzig im Bereich der Schadflächen aus dem Vorjahr – und dort hauptsächlich in Roteichenbeständen – z. T. stark erhöhte Belagsdichten. Für 2020 wurde folglich im Raum Leipzig eine vergleichbare bzw. etwas größere Schadfläche wie im Vorjahr erwartet. Die Größenordnung der Schadfläche bestätigte sich im Frühjahr 2020. Dabei führten auf den aus dem Vorjahr bekannten Befallsflächen sehr hohe Parasitierungsraten an den im April schlüpfenden Larven zu einem Zusammenbrechen der Populationen mit in der Folge nur geringem Fraß. Dafür zeigten sich an einem anderen Ort neue Fraßflächen (siehe Abbildung 34), für die sich aber bereits während der laufenden Saison eine entsprechende Parasitierung andeutete. Weil es sich dabei vorrangig um Roteichen handelte, kann dies als Beleg dafür gewertet werden, dass diese Baumart in die bestehende Biozönose eingebunden ist. Da sie Fraßschäden sehr gut, vermutlich besser als heimische Eichen­arten, toleriert, profitieren diese wahrscheinlich von dem sich in dem System Roteiche-Schwammspinner etabliertenden Antagonistenpotenzial. Bei Berücksichtigung des in der Vergangenheit relativ streng-zyklischen Auftretens der wärmeliebenden Art wäre für 2021, insbesondere unter Berücksichtigung der aktuellen Langfrist-Wetterprognosen, noch einmal eine deutliche Zunahme der Schadfläche und -intensität zu erwarten. Im Juli und August 2020 wurde der Schwärmflug der Schwammspinner mittels Pheromonfallen überwacht. Abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor. In Waldteilen mit einem erhöhten Auftreten erfolgen im kommenden Winter Eigelegesuchen, um den tatsächlich zu erwartenden Schadumfang für 2021 zu prognostizieren.


Befallsfläche (ha) 7.000 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000

stark befressen

1933

1994

0

merklich befressen

Befallsfläche (ha) 3.500 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 Abbildung 34 500 2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2011

2012

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2002

2003

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1992

1991

1990

1989

0

Jahr Abbildung 33: Befallsflächen [ha] durch Eichenwickler (oben) und Frostspanner (unten) von 1989 bis 2020

Abbildung 34: Kahlfraß in Eichenbeständen bei Borna; links: im Vordergrund kahlgefressene Stieleiche mit am Stammfuß befindlicher Raupenaggregation des Schwammspinners und im Hintergrund kahlgefressene Roteichen; rechts: kahlgefressene Roteichenbestände

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Im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge wurde 2020 lokal ein merklicher Flug durch Feld- und Waldmaikäfer (Melolontha spec.) beobachtet (Abbildung 35). Basierend auf historischen Aufzeichnungen und dem letzten Schwarmjahr war dieses Auftreten zu erwarten. Das Auftreten des Eichenprozessionsspinners in Wäldern wurde 2020 nicht in allen bislang bekannten Befallsgebieten bestätigt. Für drei Regionen belegten aktuelle Pheromonfallenfänge und/oder eher zufällige

Abbildung 35: Maikäfer vor dem Abflug

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Eigelege-, Raupen- bzw. Gespinstfunde das Vorkommen dieser Art. Die Falterfänge und Beobachtungen vor Ort deuten im aktuellen Jahr entgegen der erwarteten Ausweitung der wärmeliebenden Art auf einen Rückgang hin. Für den Wald sind ggf. auftretende Fraßschäden bisher unbedenklich. Es erfolgten punktuell mechanische Bekämpfungsmaßnahmen. Die Abbildung 36 zeigt die 2020 von den Forstbehörden registrierte regionale Verteilung im Wald gelegener bzw. z. T. an den Wald angrenzender Nachweise des Eichenprozessionsspinners.


Abbildung 36: Nachgewiesenes Auftreten des Eichenprozessionsspinners in Sachsen 2020 (Daten von den Forstbehörden der Landkreise und kreisfreie Städte (LK/KfS) und von ­Sachsenforst)

Rot-Buche (Fagus sylvatica) Die Buche reagiert in der aktuellen Waldzustandserhebung auf die anhaltende Trockenheit noch immer weniger stark als die anderen Baumarten, insbesondere im Vergleich zur Gruppe der anderen Laubbäume. Ein Grund liegt möglicherweise darin, dass die Zeitreihe aus einem relativ kleinen Baumkollektiv gebildet wird. Deshalb könnten bestimmte, von der Trockenheit weniger stark betroffene Standortbereiche überproportional vertreten sein und das Ergebnis statistisch verzerren. Denn ein Großteil der alten Buchen stockt in klimatisch begünstigten mittleren Berglagen. Zudem wachsen seit einigen Jahren aufgrund des Waldumbaus immer wieder junge, vitale Buchen in die Stichproben ein. So auch 2018, wo der sturmbedingte Verlust eines älteren Bestandes die Anzahl der Buchen in der Stichprobe um zehn Individuen erhöhte. Ebenso ist in diesem Jahr die Zahl der erfassten Buchen in der Gesamtstichprobe um weitere 20 gestiegen. Das mittlere Alter der Buchen stieg deshalb nicht, wie es bei einer konstanten Stichprobe dieser langlebigen Baumart zu erwarten wäre, um ein Jahr an, sondern nahm von 2017

auf 2018 um sieben Jahre ab. 2019 veränderte sich das mittlere Alter der Buchen in der Stichprobe nur marginal, fiel jedoch durch den neuerlichen Zugang inzwischen um weitere vier Jahre. Damit liegt das mittlere Alter nun ganze sieben Jahre unter dem Alter zu Beginn der Erhebung. Damit ist die Buche im Übrigen die einzige Baumart, bei der das mittlere Alter im Laufe der Erhebungszeit gesunken ist. Abgesehen von den sonstigen Nadelbaumarten stagnierte ansonsten das mittlere Alter im Vergleich zum letzten Jahr. Nachdem der mittlere Blattverlust der Buche in den vergangenen Jahren drei Mal in Folge gestiegen war, nahm er verglichen zum Wert 2019 leicht um einen Prozentpunkt ab und liegt jetzt bei 24,5 Prozent. Dies verdeutlicht eine Manifestierung der mittleren Blattverluste bei einer sich zeitgleich verjüngenden Stichprobe auf einem hohen Niveau. Nur in den Jahren 2004, 2009 und 2011 waren die Blattverluste noch höher und hier zudem gekoppelt an eine beachtliche Fruktifikation. Der Anteil der als gesund eingestuften Buchen stieg um 4 Prozentpunkte, der Anteil mit deutlichen Vitalitätseinschränkungen ging um 2 Prozentpunkte auf 38 Prozent zurück (Abbildung 37).

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1990,5 1990,5 1990,5 1990,5 1990,5 1990,5

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

1991,5 1991,5 1991,5 1991,5 1991,5 1991,5

1992,5 1992,5 1992,5 1992,5 1992,5 1992,5

1993,5 1993,5 1993,5 1993,5 1993,5 1993,5

1994,5 1994,5 1994,5 1994,5 1994,5 1994,5

1995,5 1995,5 1995,5 1995,5 1995,5 1995,5

1996,5 1996,5 1996,5 1996,5 1996,5 1996,5

1997,5 1997,5 1997,5 1997,5 1997,5 1997,5

1998,5 1998,5 1998,5 1998,5 1998,5 1998,5

1999,5 1999,5 1999,5 1999,5 1999,5 1999,5

2000,5 2000,5 2000,5 2000,5 2000,5 2000,5

2001,5 2001,5 2001,5 2001,5 2001,5 2001,5

2002,5 2002,5 2002,5 2002,5 2002,5 2002,5

2003,5 2003,5 2003,5 2003,5 2003,5 2003,5

2004,5 2004,5 2004,5 2004,5 2004,5 2004,5

2005,5 2005,5 2005,5 2005,5 2005,5 2005,5

2006,5 2006,5 2006,5 2006,5 2006,5

2007,5

2008,5

2009,5

2010,5

2011,5

2012,5 2012,5 2012,5 2012,5 2012,5

2013,5 2013,5 2013,5 2013,5 2013,5

2014,5 2014,5 2014,5 2014,5 2014,5

2015,5 2015,5 2015,5 2015,5 2015,5

2016,5 2016,5 2016,5 2016,5 2016,5

2017,5 2017,5 2017,5 2017,5 2017,5

2018,5 2018,5 2018,5 2018,5 2018,5

2019,5 2019,5 2019,5 2019,5 2019,5

2020,5 2020,5 2020,5 2020,5 2020,5

0

20

deutlich geschädigt

40

schwach geschädigt

60

ungeschädigt

80

KV (alle Alter)

100 Anteil (%)

Abbildung 37: Schadstufenverteilung und mittlere Kronenverlichtung (KV) der Buche von 1991 bis 2020

Bei den vergleichsweise alten Buchen in der Stichprobe war bislang nur eine geringe Mortalität festzustellen. Auch in diesem Jahr gab es nur zwei Bäume, die ersetzt werden mussten. Daher ist davon auszugehen, dass nach wie vor das Wetter für den überwiegenden Teil der Buchen in Sachsen im Rahmen ihrer Reaktionsnormen liegt. Lokal bis regional zeigten sich 2020 jedoch wiederholt Bestände mit einem nennenswerten Anteil absterbender Buchen. Ähnlich wie bei den Eichen konnten die an diesen Bäumen auftretenden Sekundärschädlinge, insbesondere der Kleine Buchenborkenkäfer und der Buchenprachtkäfer (Abbildung 38), in Verbindung mit der Dürre der Vorjahre und der langanhaltenden warm-trockenen Witterungslage

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auch in diesem Sommer durch schnelle Entwicklungsgänge und in der Vitalität herabgesetzte – und damit für eine Brut geeignete – Bäume profitieren. Bestimmte Witterungskonstellationen während der Knospenbildung im Sommer des Vorjahres determinieren in den Knospen der Buchen, ob Blüten oder Blätter im nächsten Austrieb geschoben werden. ­Warme Sommer begünstigen dabei die Anlage von Blütenknospen. Im Folgejahr tragen die Buchen vermehrt Früchte und weniger Laub. Die lichtere Belaubung stellt weniger Zucker bereit, der zudem für die vermehrten Früchte benötigt wird. Infolgedessen geht das Dickenwachstum der Bäume zurück.


Abbildung 39

Abbildung 38: Brutbild und Käfer des Kleinen Buchenborkenkäfers (links) und junge Larve des Buchenprachtkäfers im Brutbild (rechts)

(%) 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10

mittel

2020

2019

2018

2017

2016

2015

2014

2013

2012

2011

2010

gering

2009

2008

2007

2004

2003

2002

2001

1999

1998

1997

2000

2006

stark

2005

1996

1995

1994

1933

1992

1991

0

Jahr

Abbildung 39: Fruktifikation der älteren (über 60-jährigen) Buchen von 1991 bis 2020

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Nach dem trockenen und warmen Sommer 2015 trat bereits im Sommer 2016 eine stärkere Fruktifikation auf. Im Jahr 2017 war die Fruktifikation gering, was zu einer gewissen Erholung beigetragen haben mag. In den nun schon drei aufeinanderfolgenden warmen Jahren blühte die Buche wieder intensiver, ohne jedoch die Intensitäten von 2009, 2011 und 2016 zu erreichen. Aktuell trägt mehr als zwei Drittel der älteren Bäume zumindest leichten Fruchtbehang. Zirka 40 Prozent der Buchen weisen eine mindestens mittlere Samenausbildung auf (Abbildung 39). Es bleibt zu erwähnen, dass insbesondere Wälder im südwestlichen Teil Sachsens bis hin zu den höheren Lagen im gesamten Erzgebirge erheblich durch massive Spätfrostereignisse um den 10.05.2020 beeinflusst waren und hier sicher vorhandene Blütenknospen nicht nur bei den Buchen verloren gingen (siehe Kapitel Wald und Witterung). In den letzten Jahren ist damit ein steter Wechsel zwischen Jahren mit hohem und niedrigem Fruchtbehang zu verzeichnen. Dies führt zu entsprechenden Belastungen. Andererseits deutet manches darauf hin, dass neben der Sommerwitterung auch der Vorrat an Reservestoffen für die Blüte wichtig ist. Ansonsten würde nach trocken-warmen Sommern eine anhaltend hohe Fruktifikation relativ rasch zu hoher Mortalität führen. Wie schon im letzten musste auch in diesem Jahr beobachtet werden, dass an extrem trockenen Standorten Buchen zum Schutz vor über­ mäßigem Wasserverlust ihre Belaubung manchmal bereits im ­grünen Zustand abwarfen. Diese oft punktuell auftretenden Phänomene ­waren allerdings nur sehr selten bei den Stichprobenbäumen anzutreffen. Sie lassen sich nicht allgemein auf Buchen und Laubbäume sowie deren Überlebensraten übertragen. Auffällig ist, dass viele Bäume insbesondere auf exponierten Standorten partiell erhebliche Ausfälle mit teils absterbenden Kronenteilen gerade im obersten Bereich zeigten. Hier bleibt abzuwarten, ob sich diese Bäume über sekun­däre Kronenbildung wieder erholen oder ob ein Zerfallsprozess beginnt. Ersteres ist aus den Erfahrungen heraus zu vermuten, doch hängt dies maßgeblich von den äußeren Rahmenbedingungen, insbesondere vom weiteren Wetterverlauf ab.

Sonstige Laubbäume (Birke, Ahorn, Esche, Hainbuche, Linde, Erle, Robinie, Pappel) Etwa jeder siebente Baum der Stichprobe gehört zu den sonstigen Laubbäumen, der baumartenreichsten Gruppe. Die Hälfte der sonstigen Laubbäume sind Birken, die damit im Vergleich zu Eiche und ­Buche deutlich häufiger in der Stichprobe repräsentiert sind. Weiterhin sind Berg- und Spitzahorn, Gemeine Esche, Hainbuche, Winter-Linde, Rot-Eiche, Rot-Erle, Eberesche, Robinie, Hybrid-Pappel sowie Aspe häufiger vertreten. Bis 2017 bewegte sich der mittlere Blattverlust dieser Baumarten­ gruppe über zehn Jahre zwischen 17,5 und 19,2 Prozent (Abbildung 40). Im Jahr 2018 verzeichnete diese Baumartengruppe mit 8,7 Prozentpunkten den höchsten bisher beobachteten Anstieg auf 26,2 Prozent; ein neues Allzeithoch. 2019 Jahr schwächte sich dieser Anstieg ab, doch stieg der Absolutwert weiter auf 29,3 Prozent! In der a­ ktuellen Erhebung kann nun eine Konsolidierung festgestellt werden. Der Trend setzt sich 2020 nicht fort. Vielmehr wurde ein mittlerer Blattverlust von 27,9 Prozent, etwa in der Mitte der beiden Vorjahre liegend, ermittelt. Mit diesem Sprung in der mittleren Kronenverlichtung zu B ­ eginn der nun schon drei Trockenjahre ergaben sich auch starke ­Verschiebungen in den Kombinationsschadstufen. In diesem Jahr wurden wieder analog zu 2018 die gleichen Anteile von sonstigen Laubbäumen der

56 |

­ ruppe der gesunden als auch der geschädigten Bäume zugeordnet. G Damit ging der Anteil mit deutlichen Schadsymptomen, der im letzten Jahr um nochmals fünf Prozentpunkte auf 39 Prozent gestiegen war, wieder auf 34 Prozent zurück. Ebenso erholte sich der Anteil ungeschädigter Bäume wieder um drei Prozentpunkte auf 23 Prozent. Hauptursache für Blattverluste und Kronenverlichtung ist wie bei a­ llen anderen Baumarten auch die Trockenheit, auf die viele Baumarten dieser Gruppe mit dem Verlust von Blättern reagieren. Ebenso wie bei den Baumartengruppen Kiefer und Eiche kommen viele dieser Bäume auf Standorten vor, die von Trockenheit und Dürre besonders betroffen sind. Insbesondere bei Linden und Hainbuchen muss aber darauf hingewiesen werden, dass der Laubfall hier nicht mit der Mortalität gleichgesetzt werden kann. Ihr Laubfall ist zunächst eine natürliche Reaktion der Bäume, um die Trockenheit zu überdauern. Erst wenn der Vorrat an Reservestoffen durch Atmung und Angriffe von Schadorganismen verbraucht und kein erneuter Austrieb mehr möglich ist, stirbt der Baum ab. Oftmals steht dies im Zusammenhang mit dem Angriff durch Pilze und Insekten, die der geschwächte Baum nicht mehr abwehren kann. In den letzten Jahren war die Mortalität bereits leicht angestiegen. Schon 2019 stieg sie mit 4,5 Prozent auf einen neuen Höchstwert, der aktuell mit 5,1 Prozent nochmals überschritten wurde. Die Sterblichkeit für die gesamte Baumartengruppe ist damit vergleichbar mit den anderen Baumartengruppen. Noch 2018 resultierten Ausfälle maßgeblich aus Stürmen. Im laufenden wie schon im Vorjahr war allerdings festzustellen, dass gerade Birken auf die starke Belastung durch die Dürre mit Folgeschäden (Nekrosen, Splintkäfer) reagieren, vielleicht auch das Wasserleitsystem im Baum kollabiert und mithin erhöhte Sterberaten aufweisen. Allein in dieser Baumartengruppe sind 2019 27 Individuen und nochmals 30 Bäume in diesem Jahr frisch abgestorben. Die Fruktifikation innerhalb der sonstigen Laubbaumarten ist sehr heterogen. Insbesondere bei manchen Arten wie Pappeln kann die Fruchtbildung gar nicht mehr angesprochen werden, weil die Früchte zum Zeitpunkt der Erhebung schon abgefallen waren. 46 Prozent aller älteren sonstigen Laubbäume zeigten Fruchtbehang, mit 25 Prozent zumeist in leichter Ausbildung. Das vom Eschentriebsterben verursachte Schadniveau ist im Freistaat Sachsen nach wie vor hoch. Der Schädigungsgrad der Individuen innerhalb der Bestände war dabei unterschiedlich stark ausgeprägt. Ein flächiges Absterben konnte bisher nicht beobachtet werden. Örtlich auffällig war in geschädigten Beständen im Raum Leipzig das Auftreten des Großen Eschenbastkäfers. Die durch den Pilz Cryptostroma corticale ausgelöste Rußrindenkrankheit tritt an Ahorn insbesondere in Jahren mit Trockenstress, Wassermangel und großer Hitze vermehrt auf bzw. wird in den Jahren danach durch Fortschreiten auftretender Symptome, bis hin zum Absterben der Bäume, augenscheinlich. Mit einer Zunahme von Klimaextremen in den Sommermonaten mit deutlichen Hitzeperioden und Trockenheit, wie dies insbesondere 2015 und 2018 sowie in den Folgejahren der Fall war, könnte diese Krankheit als Folgeerscheinung derartig vorgeschädigte Bäume häufiger befallen. 2020 setzte sich das Schadgeschehen erwartungsgemäß deutlich fort.


1990,5 1990,5 1990,5 1990,5 1990,5 1990,5

1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

1991,5 1991,5 1991,5 1991,5 1991,5 1991,5

1992,5 1992,5 1992,5 1992,5 1992,5 1992,5

1993,5 1993,5 1993,5 1993,5 1993,5 1993,5

1994,5 1994,5 1994,5 1994,5 1994,5 1994,5

1995,5 1995,5 1995,5 1995,5 1995,5 1995,5

1996,5 1996,5 1996,5 1996,5 1996,5 1996,5

1997,5 1997,5 1997,5 1997,5 1997,5 1997,5

1998,5 1998,5 1998,5 1998,5 1998,5 1998,5

1999,5 1999,5 1999,5 1999,5 1999,5 1999,5

2000,5 2000,5 2000,5 2000,5 2000,5 2000,5

2001,5 2001,5 2001,5 2001,5 2001,5 2001,5

2002,5 2002,5 2002,5 2002,5 2002,5 2002,5 2002,5

2003,5 2003,5 2003,5 2003,5 2003,5 2003,5 2003,5

2004,5 2004,5 2004,5 2004,5 2004,5 2004,5 2004,5

2005,5 2005,5 2005,5 2005,5 2005,5 2005,5 2005,5

2006,5 2006,5 2006,5 2006,5 2006,5 2006,5 2006,5

2007,5 2007,5

2008,5 2008,5

2009,5 2009,5

2010,5 2010,5

2011,5 2011,5

2012,5 2012,5 2012,5 2012,5 2012,5 2012,5

2013,5 2013,5 2013,5 2013,5 2013,5 2013,5

2014,5 2014,5 2014,5 2014,5 2014,5 2014,5

2015,5 2015,5 2015,5 2015,5 2015,5 2015,5

2016,5 2016,5 2016,5 2016,5 2016,5 2016,5

2017,5 2017,5 2017,5 2017,5 2017,5 2017,5

2018,5 2018,5 2018,5 2018,5 2018,5 2018,5

2019,5 2019,5 2019,5 2019,5 2019,5 2019,5

2020,5 2020,5 2020,5 2020,5 2020,5 2020,5

0

20

deutlich geschädigt

40

schwach geschädigt

60

ungeschädigt

80

KV (alle Alter)

100 Anteil (%)

Abbildung 40: Schadstufenverteilung und mittlere Kronenverlichtung (KV) der sonstigen Laubbäume von 1991 bis 2020

| 57


58 |


Anhang 1

Anhang

Level I (Wald- und Bodenzustandserhebung) Raster: 8×8 km (77) Raster: 4×4 km (208)

 

Level II  Dauerbeobachtungsflächen (8)

0

10 20

40

60 Kilometer

Waldklimastationen Bestand (8) Waldbestand/Freifläche (4) Freifläche (14) Forstbezirke Waldfläche

   — 

Anhang 1: Messnetz des forstlichen Umweltmonitorings in Sachsen bestehend aus Level I (Wald- und Bodenzustandserhebung), Level II (Dauerbeobachtungsflächen) und Waldklimastationen

| 59


Tabellen

Tabelle 2: Herleitung der kombinierten Schadstufe aus Kronenverlichtung (KV) und Vergilbung Kronenverlichtung (Prozent)

Anteil vergilbter Nadeln/Blätter (Prozent) 0 – 10

11 – 25

26 – 60

61 – 100

0 – 10

0

0

1

2

11 – 25

1

1

2

2

26 – 60

2

2

3

3

61 – 99

3

3

3

3

100

4

0 = ohne Schadmerkmale 1 = schwach geschädigt 2 = mittelstark geschädigt 3 = stark geschädigt 4 = abgestorben

}

deutlich geschädigt

Tabelle 3: Baumarten- und Altersklassenverteilung der Stichprobenbäume im 4 × 4-km-Raster (entspricht 280 Stichprobenpunkten bzw. 6.720 Bäumen; Angaben in Prozent)

Baumart/Baumartengruppe

Aktuelle Verteilung *

Stichprobe

Altersklasse bis 20

21 – 40

41 – 60

61 – 80

80 – 100

>100

Buche

4,2

4

19

10

5

16

15

35

Eiche

8,6

6

0

6

18

17

12

47

Fichte

34,4

41

2

16

10

23

17

32

Kiefer

28,2

31

0

16

16

28

22

18

sonstige Laubbäume

18,7

14

6

27

13

32

12

10

sonstige Nadelbäume

3,8

4

1

47

21

13

8

10

100

2

18

13

25

17

25

alle Baumarten

60 |

(97,9 + 2,1 Blößen)

* BWI3


Tabelle 4: Schadstufenverteilung nach Baumarten/Baumartengruppen (Angaben in Prozent; Angaben für Trend zum Vorjahr in Prozentpunkten) Schadstufe Baumart/Baumartengruppe Fichte

0 ohne Schadmerkmale

1 schwach geschädigt

2 mittelstark geschädigt

2–4 deutlich geschädigt

3 und 4 stark geschädigt/ abgestorben

Trend zum Vorjahr deutlich geschädigt

25

39

29

7

36

+10

bis 60 Jahre

56

29

11

4

15

+8

über 60 Jahre

13

43

36

8

44

+11

16

52

28

4

32

+8

34

49

16

1

17

+4

7

54

34

5

39

+8

38

44

16

2

18

–3

Kiefer bis 60 Jahre über 60 Jahre Sonstige Nadelbäume Nadelbäume

22

45

28

5

33

+8

Buche

29

33

36

2

38

–2

Eiche

3

42

50

5

55

–3

Sonstige Laubbäume

23

43

24

10

34

–5

Laubbäume

19

41

33

7

40

–4

Alle Baumarten

21

44

29

6

35

+5

bis 60 Jahre

44

38

15

3

18

+3

über 60 Jahre

10

47

36

7

43

+6

Tabelle 5: Häufigkeit (Prozent) des Auftretens von Nadel-/Blattvergilbungen nach Intensitätsstufen, Insekten- und Pilzbefall nach Intensitätsstufen und Blüte/Fruktifikation nach Intensitätsstufen

Baumart/ Baumartengruppe

Anteil vergilbter Nadeln/Blätter

Insektenbefall/ Pilzbefall

Blüte bzw. Fruktifikation alle Alter/über 60 Jahre

11 – 25

26 – 60

> 60

gering

mittel

stark

gering

mittel

stark

1

1

0

3/0

1/0

3/0

33/34

13/12

2/2

Fichte Kiefer

1

1

0

1/0

0/0

3/0

36/36

5/4

0/0

Sonstige Nadelbäume

1

0

0

2/0

1/0

0/0

29/33

8/7

1/2

Buche

2

0

0

2/1

0/0

0/0

19/28

18/24

11/16

Eiche

1

0

0

10/4

1/1

0/0

34/38

13/14

4/4

Sonstige Laubbäume

0

1

0

7/1

1/0

0/0

24/25

14/14

7/7

Alle Baumarten

1

0

0

3/1

1/0

2/0

32/34

11/10

3/3

Tabelle 6: Baumartenverteilung der Stichprobe in den Wuchsregionen (Angaben in Prozent) Wuchsregionen

Ges.

bis 60

über 60

Fichte

sonstige Nadelbäume

Kiefer

Buche

sonstige Laubbäume

Eiche

Westliches Tiefland

11

30

70

0

51

3

5

13

28

Östliches Tiefland

26

37

63

4

77

0

2

5

12

Mittelsächsisches Lößhügelland und Erzgebirgsvorland

10

45

55

43

9

1

6

15

26

Lausitzer Lößhügel­ land und Becken

10

34

66

37

19

5

11

6

22

Vogtland

5

46

54

66

9

5

2

8

10

Erzgebirge

30

27

73

84

1

6

4

0

5

Elbsandstein- und Zittauer Gebirge

7

31

69

39

24

19

6

4

8

Auen (Elbe und ­Weiße Elster)

1

0

100

0

0

0

0

50

50

100

34

66

41

31

4

4

6

14

Sachsen

| 61


Tabelle 7: Schadstufenverteilung in den Wuchsregionen Kollektiv

Wuchsregion

Baumart / Alter

Anzahl

0

1

2–4

744

13

34

53

bis 60 Jahre

226

34

32

34

über 60 Jahre

518

4

35

61

Kiefer

380

11

31

58

sonstige Laubbäume

208

16

33

51

1704

18

54

28

630

34

49

17

1074

9

57

34

1321

17

58

25

bis 60 Jahre

473

35

50

15

über 60 Jahre

848

8

62

30

sonstige Laubbäume

196

24

46

30

Alle

696

21

44

35

bis 60 Jahre

312

42

43

15

über 60 Jahre

384

4

44

52

Fichte

299

27

41

32

Alle

672

15

47

38

bis 60 Jahre

231

32

37

31

über 60 Jahre

441

7

51

42

Fichte

248

12

41

47

Alle

360

33

40

27

bis 60 Jahre

166

60

35

5

über 60 Jahre

194

9

44

47

237

31

40

29

2016

28

39

33

536

63

28

9

1480

16

43

41

1688

29

38

33

368

71

24

5

1320

17

42

41

480

21

43

36

bis 60 Jahre

149

44

26

30

über 60 Jahre

331

10

51

39

190

3

39

58

Alle

Westliches Tiefland

Alle bis 60 Jahre über 60 Jahre Östliches Tiefland

Mittelsächsisches Lößhügelland und Erzgebirgsvorland

Lausitzer Lößhügelland und Becken

Vogtland

Kiefer

Fichte Alle bis 60 Jahre Erzgebirge

über 60 Jahre Fichte bis 60 Jahre über 60 Jahre Alle

Elbsandsteingebirge und Zittauer Gebirge

Schadstufen (Prozent)

Fichte Auen

Alle

48

6

44

50

Sachsen

Alle

6720

21

44

35

62 |


Glossar

Abiotische Schäden Schäden, die durch unbelebte Umweltfaktoren (z. B. Schnee, Sturm, Sonne) hervorgerufen werden Belagsdichte Anzahl vorkommender Individuen einer Art je Bezugseinheit als spezifisches Maß der Populationsdichte, z. B. bei der Winterboden­suche festgestellte Anzahl der Forleulenpuppen je m² Waldboden Biotische Schäden Schäden, die durch belebte Umweltfaktoren (z. B. Wild, Insekten, Pilze) hervorgerufen werden Deposition Ablagerung bzw. Absetzen von gelösten staubförmigen oder gas­ förmigen Luftinhaltsstoffen in ein Ökosystem Emission Freisetzung bzw. Austrag von gelösten staubförmigen oder gas­ förmigen Stoffen

Kronenverlichtung Gutachterlich eingeschätzter Nadel- oder Blattverlust eines Baumes in Prozent im Vergleich zu einem vollbenadelten bzw. belaubten Referenzbaum Latenz Zeitraum zwischen den Gradationen, mit einer niedrigen, wirt­ schaftlich meist unbedeutenden Populationsdichte eines potenziellen Schaderregers Monitoring Dauerhafte systematische Überwachung von Erscheinungen und Abläufen Nutzbare Feldkapazität (nFK) Anteil des Bodenwassers, das für die Pflanze nutzbar. Sie entspricht der Differenz zwischen dem Wassergehalt bei Feldkapazität und dem Totwassergehalt

Feldkapazität Bodenwassergehalt [Vol. Prozent], der sich in einem zunächst wassergesättigten Boden nach drei bis vier Tagen einstellt

Pheromonfallen Speziell konstruierte Fallen, die mit innerartlichen Botenstoffen ­(Pheromone) nachempfundenen Locksubstanzen Schadinsekten ­anlocken und fangen, bekanntestes Beispiel sind sternförmig ver­ bundene Schlitzfallen für Borkenkäfer

Geschwisterbruten Erneute Anlage von Bruten durch Käfer nach Regenerationsfraß und ohne erneute Paarung, die bereits ihre Folgegeneration angelegt haben

Totwassergehalt Anteil des Wassers [Vol. Prozent], das in den Feinporen des Bodens so stark durch Kapillarkräfte gebunden ist, dass es durch die Pflanze nicht aufgenommen werden kann

Gradation/Progradation Zeitlich begrenzter sehr deutlicher Anstieg der Populationsdichte tierischer Schaderreger über das Latenzniveau ( Latenz)/Phase mit exponentiellem Anstieg der Populationsdichte

Wasserspeicherkapazität Wassergehalt des maximal wassergesättigten Bodens [Vol. Prozent], der theoretisch dem Gesamtporenvolumen des Bodens entspricht

Immission Eintrag von gelösten staubförmigen oder gasförmigen Luftinhaltsstoffen in ein Ökosystem Kalamität Großschadereignis, welches durch abiotische (z. B Sturm, Trockenheit) oder biotische (z. B Massenvermehrung (Gradation) von tierischen Schaderregern) Umweltfaktoren verursacht wird Klimatische Wasserbilanz Differenz aus realem Niederschlag und potenzieller Verdunstung; ist sie negativ, können Wasserdefizite im Boden auftreten, ist sie positiv, kann Versickerung und Abfluss stattfinden

Winterbodensuche Monitoringverfahren in Form einer Probesuche zur Dichtefeststellung für eine oder mehrere potenzielle Schädlingsarten anhand deren Überwinterungsstadien mit dem Ziel, Gradationen anhand ansteigender/überhöhter Belagsdichten rechtzeitig abschätzen zu können Wuchsgebiet Gebiet mit ähnlichen Wuchsbedingungen für Pflanzen aufgrund ­vergleichbarer geologischer, klimatischer und reliefbedingter Ausgangsbedingungen; es entspricht dem geografischen Naturraum und vereinigt verschiedene Wuchsbezirke bzw. Großlandschaften miteinander Wuchsregion Gruppe von Wuchsbezirken, in denen vergleichbare boden- und ­geländebedingte Standorteigenschaften vorherrschen

| 63


Herausgeber: Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, ­Umwelt ­und ­Landwirtschaft ­(SMEKUL) 01076 Dresden Bürgertelefon: +49 351 564-20500 Telefax: +49 351 564-2059 E-Mail: info@smul.sachsen.de www.smekul.sachsen.de www.wald.sachsen.de Diese Veröffentlichung wird finanziert aus Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag b­ eschlossenen ­Haushaltes. Redaktion: Staatsbetrieb Sachsenforst, Kompetenzzentrum für Wald und Forstwirtschaft Dr. Dirk-Roger Eisenhauer, Dr. Henning Andreae, Lutz-Florian Otto, Franz Matschulla, Alexander Peters, Frank Jacob Telefon: +49 3501 542-0 Telefax: +49 3501 542-213 E-Mail: poststelle.sbs@smul.sachsen.de www.sachsenforst.de Fotos: Franz Matschulla: Titelbild, S. 15, 45, 50, 51, 52, 55 Raphael Benning: S. 12, 22, 32, 36 Frank Jacob: S. 48, 58 Redaktionsschluss: 30. Oktober 2020 Gestaltung, Satz, Druck: Lößnitz-Druck GmbH, Radebeul Papier: Gedruckt auf PEFC-zertifiziertem Papier Hinweis: Diese Broschüre steht nicht als Printmedium zur Verfügung, kann aber als PDF-Datei unter ­www.­publikationen.­sachsen.­de ­heruntergeladen werden. Verteilerhinweis Diese Informationsschrift wird von der Sächsischen Staatsregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfern im Zeitraum von sechs Monaten vor einer Wahl zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zur Verwendung bei der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, dass dies als Parteinahme des Herausgebers zu Gunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Diese Beschränkungen gelten unabhängig vom Vertriebsweg, also unabhängig davon, auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist. Erlaubt ist jedoch den Parteien, diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden.


Articles inside

Glossar

3min
pages 63-64

Kronenzustand an Laubbäumen

17min
pages 49-58

Jahre Waldklimastationen – Klimawandel diagnostizieren

18min
pages 25-32

Summary

6min
pages 6-7

Shrnuti

5min
pages 8-9

Zusammenfassung

5min
pages 4-5

Der aktuelle Kronenzustand – Allgemeine Situation

8min
pages 33-36

Podsumowanie

5min
pages 10-12

Wirkungen analysieren, Waldumbau als Prozess gestalten

5min
pages 23-24
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