Das Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg- Zentraler
Bestattungsplatz einer Siedlungskammer in der vorrömischen Eisenzeit?
Von Peter Ettel
Mit der Eisenzeit kam es in Mitteleuropa zu kulturellen und sozialen Umschichtungen, die zur
Entstehung verschiedener Kulturgruppen führten, die sich in Sachbesitz, Bewaffnung, Tracht,
Wirtschaftsformen, Siedeiverhalten und Bestattungsbrauchtum unterschieden. Die südlichen
Kulturgruppen im Alpen- und Mittelgebirgsraum mit Hallstatt- und Latenekultur, also die Kelten, sowie die Kulturgruppen nördlich der Mittelgebirge, die mit dem Begriff "J astorf-Kultur"
umschrieben werden, gingen dabei verschiedene Wege. Beide Kreise standen in gewissem
Kontrast zueinander, beeinflußten sich jedoch zu jeder Zeit, wenn auch in unterschiedlicher
Intensität und Wirkung sowie wechselnder Richtung. War es zunächst die Hallstatt- und frühe
Latenekultur, die nach Norden hin ausstrahlte, so waren es gegen Ende der vorrömischen
Eisenzeit Einflüsse aus dem Elbegebiet, die im Mittelgebirgsraum und südlich davon entscheidende Veränderungen bewirkten.
Das Gräberfeld von Mühlen Eichsen, etwa 20 km nordwestlich von Schwerin, liegt im
Kernbereich der J astorf-Kultur. Die J astorf-Kultur, die ihrenNamenvom eponymen Fundort
Jastorf im nordwestlichen Niedersachsen erhielt, ist ein Sammelbegriff für brandbestattende
Gruppen im nördlichen Mitteleuropa während der vorrömischen Eisenzeit. Sie entstand im 6.
Jahrhundert aus dem bronzezeitlichen Milieu des norddeutsch-südskandinavischen Raumes
und gliedert sich in mehrere, regionale, zentrale und periphere Untergruppen1•
Zu den Kerngebieten gehören Südjütland, Schleswig-Holstein, N ordniedersachsen,
Mecklenburg, die Altmark und Nordwest-Brandenburg. Die westliche Peripherie bildet die
Nienburger Gruppe, die südliche Peripherie nehmen die mitteldeutschen Jastorf-Gruppen
an Mitteleibe und Saale, Mulde, Elster und Elbe ein. Das Kerngebiet seinerseits untergliedert
sich nochmals in die Jastorf-Gruppen im engeren Sinne mit Holstein, Nordostniedersachsen,
der Westprignitz, der westlichen Altmark und Westmecklenburg, auch als Unterelbe-Gruppe
bezeichnet. Hierzu gehört der Fundplatz Mühlen Eichsen am östlichen Rand dieser Gruppe.
Östlich schließt die Warnow-Odermündungs-Gruppe an, die vom Schweriner See bis zur
Uecker reicht, südöstlich die Seengruppe sowie die Mittelelbe-Havel-Gruppe in NordwestBrandenburg und westwärts bis in die östliche Altmark (Abb.l).
In der zeitgleichen Hallstatt- und Latenekultur kennen wir überwiegend Körperbestattungen in meist kleineren Gräberfeldern und eine soziale Differenzierung von einfachen Gräbern
1
R. MüLLER, Jastorf-Kultur. In: RGA' 16 (B erlin, New York 2000) 43-55 . - H . KEILING, Die Entstehung der
Jastorfkultur und zeitgleicher Gruppen in Rhein-Weser-Gebiet und deren geographische Verbreitung. In: B. Krüger
(Hrsg.), Die Germanen. Geschichte und Kultur der germanischen Stämme 1. Von den Anfängen bis zum 2. Jahrhundert
u.Z. (Berlin 1976) 86-105.- Regionale Gliederung nach H. SEYER, Siedlung und archäologische Kultur der Germanen
im H avel-Spree-Gebiet in den Jahrhunderten vor Beginn u.Z. Sehr. Ur- u. Frügesch. 34 (Berlin 1982) 93 Abb.41 ; zuletzt
J. BRANDT, Jastorf und Latene. Kultureller Austausch und seine Auswirkungen auf soziapolitische Entwicklungen in
der vorrömischen Eisenzeit. Internat. Arch. 66 (Rahden / Westf. 2001) 25 ff. Karte 1.
146
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
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Mühlen Eichsen
150 km
Abb.l. Regionale Gliederung der Jastorf-Kultur mit Mühlen Eichsen: 1-2 Nord- und mitteljütische
Gruppe; 3 südjütische Gruppe; 4 Unterelbe-Gruppe; 5 Warnow-Odermündungsgruppe; 6 Seengruppe;
7 Mittelelbe-Havel-Gruppe; 8 Eibe-Saale-Gruppe; 9 Nienburger Gruppe (nach SEYER [Anm.l] 93
Abb.14).
bis zu Prunkbestattungen wie diejenigen am Glauberg und in Hochdorf2. Eindrucksvoll sind
große Grabhügel, die in einigen Fällen mit 50-100m Durchmesser und bis zu 10m Höhe im
Gelände weithin sichtbar waren. Ein Blick in die rekonstruierte, ehemals ca. 20m2 große Grabkammer von Hochdorf zeigt den Reichtum des hier Bestatteten. Auf dem vierrädrigen Wagen
stand das Bronzegeschirr, der Kessel in der Ecke war mit 4001 Met gefüllt, die Trinkhörner für
ein Symposium mit neun Personen waren an der Kammerwand aufgehängt, der Tote selbst lag
2
Zusammenfassend zuletzt S. S!EVERS, Alt-Europatritt ins Licht der Geschichte. In: U. v. Freeden/ S. v. Schnurbein (Hrsg.), Spuren der Jahrtausende. Archäologie und Geschichte in Deutschland (Stuttgart 2002) 210 ff.; J. BIEL, Der
Keltenfürst von Hochdorf (Stuttgart 1985); DERS. /S. RIECKHOFF (Hrsg.), Die Kelten in Deutschland (Stuttgart 2002);
Das Rätsel der Kelten vom Glauberg. Glaube- Mythos - Wirklichkeit. Ausstellungskat. Frankfurt a.M. (Stuttgart
2002).
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
147
auf einer Kline nach oberitalischem Vorbild in fein gewebter Kleidung mit Dolch und goldenem
Halsring als Standeszeichen.
In der keltischen Kultur kam es zudem zur Ausbildung von befestigten Höhensiedlungen, sogenannten Fürstensitzen, wie der Mont Lassois in Ostfrankreich, der Marienberg in
Würzburg, der Ipf bei Bopfingen mit planiertem Gipfelplateau undWallanlagen auf der flachen
Seite im Vorfeld des Plateaus oder die Heuneburg mit der nach südlichem Vorbild errichteten
Lehmziegelmauer und dem mit den Grabungen erfaßten Handwerkerviertel in der Südostecke3 •
In der Spätlatenezeit schließlich erbauten die Kelten Viereckschanzen und Oppida, die von
Frankreich bis Tschechien verbreitet sind 4• Der kleine Gleichberg im Süden von Thüringen
wird dazugehören5 • Das besterforschte oppidum stellt sicherlich Manching bei Ingolstadt an der
Donau dar mit insgesamt 380 ha Ausdehnung, allseitig geschützt und bewehrt mit einer Mauer,
in der ersten Phase ein murus gallicus, wie ihn Cäsar in seinem Gallienfeldzug beschreibt. Die
Innenbebauung setzt sich teils aus landwirtschaftlichen Gehöften, aber auch aus Handwerkervierteln und sakralen Bereichen mit mehreren Tempeln zusammen.
All diese Erscheinungen fehlen in der Jastorf-Kultur, zumal die Siedlungsforschung hier
noch meist in den Anfängen steckt. Hier stellt innerhalb der regional differenzierten Kulturgruppen vorrangig das Bestattungsbrauchtum ein einheitliches und verbindendes Merkmal
dar mit relativ einfachen Brandgräbern unterschiedlichen Typs, meist mit bescheidenen
Trachtbeigaben. Prunkgräber mit Waffen, Bronzegeschirr, Sporen, Wagen usw. treten hier
erst am Ende der Entwicklung an der nördlichen Peripherie auf6• Anhand der ausgedehnten
Gräberfelder in der Jastorf-Kultur wird dagegen oftmals eine langandauernde Kontinuität und
Platzkonstanz sichtbar, die von der Bronze- bis zur Kaiserzeit reicht, wie sie beispielweise für
die Gräberfelder SchwisseF oder Börnicke 8 nachgewiesen ist. Dies gilt in besonderem Maße
auch für das Gräberfeld von Mühlen Eichsen.
Das ausgedehnte Gräberfeld der vorrömischen Eisen- und frühen Kaiserzeit östlich der Stepenitz (Abb. 2) wurde bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts beim Bau der Chaussee von Mühlen
Eichsen nach Schwerin bei der Gewinnung von Pflastersteinen entdeckt. Auf der Suche nach
3
SIEVERS (Anm.2); BIEL/RIECKHOFF (Anm.2); Heuneburgstudien I-IX. RGF 25, 33, 34, 37, 42, 45, 47, 51,
53, 56, 59 (Berlin, Mainz 1962-2000); W. KIMMIG, Die Heuneburg an der oberen Donau. Führer arch. Denkmäler in
Baden-Württemberg (Stuttgart 1983 ); Luxusgeschirr keltischer Fürsten. Griechische Keramik nördlich der Alpen.
Ausstellungskat. Würzburg (Würzburg 1995).
4
G. WIELAND (Hrsg.), Keltische Viereckschanzen. Einem Rätsel auf der Spur (Stuttgart 1999); SIEVERS (Anm. 2);
DIES., Manching. Aufstieg und Niedergang einer Keltenstadt. Ber. RGK 80, 1999, 5-24.
5 R.
SPEHR, Archäologische Topographie der Steinsburg bei Rörnhild (Dresden 1980); K. PESCHEL, Bemerkungen
zur eisenzeitlichen Besiedlung der Steinsburg bei Römhild. Zeitschr. Arch. 16, 1982, 23-51; G. N EUMANN, Vor- und
Frühgeschichte. In: Das Gleichberggebiet [Festschr. W . Unverzagt] . Werte Dt. Heimat 6 (Berlin 1963) 14-57; TH.
GRASSELT /W. GALLIG. STOI, Die Ausgrabungen am Kleinen Gleichberg in den Jahren 1989-1990. Alt-Thüringen 27,
1993, 125-152.
6
K. RADDATZ, Das Wagengrab der jüngeren vorrömischen Eisenzeit von Husby, Kreis Flensburg. Offa-Bücher
20 (Neumünster 1967); DERS., Husby. Ein Gräberfeld der Eisenzeit in Schleswig. Teii2.Katalog, Tafeln und Plan des
Gräberfeldes. Offa-Bücher 30 (Neumünster 1974); 0 . H ARCK, Zur Herkunft der nordischen Prachtwagen aus der
jüngeren vorrömischen Eisenzeit. Acta Arch. 59, 1988, 91-111; M. ScHÖNFELDER, Das spätkeltische Wagengrab von
Boe. Studien zu Wagen und Wagengräbern der jüngeren Latenezeit. Monogr. RGZM 54 (Mainz 2002) 96ff. 131 ff.; W.
WEGEWITZ, Bestattungen in importiertem Bronzegeschirr in den Urnenfriedhöfen der jüngeren vorrömischen Eisenund der älteren römischen Kaiserzeit im Gebiet beiderseits der Niederelbe. Hammaburg N . F. 7, 1984/8 5, 69-132; 0.H. FREY, Einige Überlegungen zu den Beziehungen zwischen Kelten und Germanen in der Spätlatenezeit. In: Gedenkschrift für Gero von Merhart zum 100. Geburtstag. Marburger Stud. Vor- u. Frühgesch. 7 (Marburg 1986) 45-79
7
R.-H. BEHRENDS, Schwissel. Ein Urnengräberfeld der vorrömischen Eisenzeit aus Holstein. Urnenfriedhöfe
Schleswig-Holstein 1 = Offa-Bücher 22 (Neumünster 1968).
8
E. REINBACHER, Börnicke. Ein ältereisenzeitlicher Urnenfriedhof im Havelland. Teil 1 (Berlin 1963 ). - H .
SEYER, Siedlung und archäologische Kultur der Germanen im Havei-Spree-Gebiet in den Jahrhunderten vor Beginn
u.Z. Sehr. Ur- u. Fri.ihgesch. 34 (Berlin 1982) 12f.
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100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
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Grabungsareal1994-2001 / Grabung 2002
••
Urnengräber
Urnengräber mit Steinsetzungen
0
25
50
75
100m
Abb.2. Mühlen Eichsen. Plan des Gräberfeldes und der Siedlung.
wertvollen Gegenständen zerstörte man damals wohl über 200 Bestattungen. 1907 unternahm
Robert Beltz eine Grabung auf dem Gräberfeld (Abb. 3)9. Die Funde von diesen ersten Grabungen müssen leider zum Großteil als verschollen und zerstört angesehen werden, einige von
ihnen liegen wenigstens zeichnerisch dokumentiert vor. Anschließend geriet der Fundplatz
lange Zeit in Vergessenheit.
Im November 1993 entdeckte dann ein ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger, daß beim
Zupflügen einer Gasleitung ca. 20 Bestattungen zerstört worden waren. Bei einer Begehung
des Ackers und der anschließenden Notbergung durch Mitarbeiter der Unteren Denkmalschutzbehörde konnten weitere, durch Tiefpflügen zerstörte Gräber lokalisiert werden. Eine
anschließende Grabung des Landesamtes für Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern
zeigte, daß ein großer Teil des Friedhofes bislang unentdeckt und unversehrt geblieben war.
Die Bestattungen liegen allerdings in einigen Bereichen nur noch wenige Zentimeter unter der
heutigen Ackeroberfläche und sind so durch die landwirtschaftliche Nutzung des Geländes
in extremem Maße bedroht. Um der fortschreitenden Zerstörung des Bodendenkmals durch
landwirtschaftliche Nutzung zuvor zu kommen, unternahm das Landesamt für Bodendenkmalpflege von 1994 bis 1998 jährlich eine Grabung mit ABM-Mitteln in einem Umfang von etwa
acht bis zehn Arbeitern unter der Leitung eines Grabungstechnikers. Mit diesen Grabungen
wurden an die 900 Bestattungen freigelegt und dokumentiert; eine vollständige Untersuchung
des Gräberfeldes, wenn auch angestrebt, hätte so allerdings erst nach Jahrzehnten abgeschlossen
' R. BELTZ, Mühlen Eichsen. In: Reallexikon der Vorgeschichte 8 (Berlin 1927) 325; P. Enu/ V. MAlER, Archäologische Rettungsgrabung des eisenzeitlichen Gräberfeldes von Mühlen-Eichsen, Lkr. N ordwest-Mecklenburg. Arch.
Ber. Mecklenburg-Vorpommern 7, 2000, 72-81.- J. PARSCHAU, Einblicke zwischen Schaalsee und Stepenitz 3. Bodendenkmalpflege und ur- und frühgeschichtliche Besiedlung im Kreis Gadebusch (Gadebusch 1993).
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
149
Abb. 3. Mühlen Eichsen. Grabungsaufnahme von 1907.
werden können-angesichtsder landwirtschaftlichen Nutzung des Geländes ein unkalkulierbares und untragbares Risiko.
So entschloß sich das Landesamt für Bodendenkmalpflege 1999 im Einvernehmen mit
den Arbeitsämtern Schwerin und Gadebusch, jährlich eine Grabungskampagne mit bis zu 40
Arbeitern unter der örtlichen wissenschaftlichen Leitung von Frau Viola Maier durchzuführen.
Seit 2000 wird das Projekt in Kooperation des Archäologischen Landesmuseums MecklenburgVorpommern (Dr. Friedrich Lüth) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena weitergeführt.
So finden jährlich nun auch begleitend Lehrgrabungen mit Jenaer Studenten statt, erweitert
durch Teilnehmer aus anderen Ländern, so z.B. 2000 im Rahmen eines Studienpraktikums
des DAAD durch chinesische Studenten (Abb. 4)' 0 • In einer Lehrveranstaltung in Jena werden
schließlich jährlich von den an der Grabung beteiligten Studierenden einige Gräber, die sie
selbst ausgegraben haben, weiter aufgearbeitet und bis hin zur Publikation ausgewertet und
auch die anthropologische Bestimmung der Leichenbrände durchgeführt 11 •
10
Teilnahme unter Leitung von Professor Wu. Das Studienpraktikum erfolgte in Kooperation des Archäologischen Landesmuseums Mecklenburg- Vorpo mmern, der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts
und des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Friedrich-Schiller-Universität]ena. Chinesische Studierende hatten so
die Möglichkeit, die in Deutschland üblichen Ausgrabungsmethoden, Grabungstechniken und die Fundauswertung zu
erfahren und kennen zu lernen. Andererseits hatten angehende deutsche Archäologen die seltene Chance zu erfahren,
mit welchen wissenschaftlichen Mitteln in China gearbeitet wird.
11
P. EITEL u. a., Zur Weiterführung der Ausgrabungen auf dem eisenzeitlichen Gräberfeld von Mühlen Eichsen,
Lkr. Nordwest-Mecklenburg. Arch. Ber. Mecklenburg-Vorpommern 8, 2001, 53-64; P. EITEL u. a., Die Ausgrabungen
im Jahr 2001 auf dem eisenzeitlichen Gräberfeld von Mühlen Eichsen. Ebd. 9, 2002, 66-78; V. MAlER, Nachbau eines
Keramikbrennofens auf der archäologischen Ausgrabung in Mühlen Eichsen, Lkr. Nordwestmecklenburg. Ebd. 26-31.
-Einige der hierbei erzielten Ergebnisse haben die Studierenden 2001 in einer kleinen Präsentation im Foyer der FSUJena mit Postern gezeigt, u.a. Herr Häckel seine anthropologische Auswertung.
150
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
Abb. 4. Mühlen Eichsen. Grabungskampagne 2000 mit Studenten ausJenaund China.
Mit den erweiterten Grabungen ab 1999 sollte als erstes Ziel die Gesamtausdehnung des
Gräberfeldes festgestellt werden, um die weitere Vorgehensweise festlegen zu können. Gestützt
auf Geländebegehungen mit Studenten der Universitäten Würzburg und Rostock im Rahmen
einer Lehrgrabung 1998 und Suchschnitten nach Süden, Osten und Westen - im Nordosten
wurde die Grenze des Gräberfeldes bereits mit den Flächengrabungen 1994 bis 1998 erreicht
- gelang dies mit großer Wahrscheinlichkeit (Abb. 2). Um die Ausdehnung des Gräberfeldes
exakter zu erfassen, wurden zudem von St. Kroll und E. Erkul geophysikalische Prospektionsmethoden- Geomagnetik, Georadar und Geoelektrik- eingesetzt, u. a. auch im Rahmen eines
Projekts, das die Anwendbarkeit dieser Verfahren allgemein bei verschiedenen Geländedenkmälertypen bei unterschiedlichen Böden in Mecklenburg-Vorpommern untersucht. Georadar,
ein elektromagnetisches Reflektionsverfahren, bei dem im Untergrund mit elektromagnetischen
Weilen Störkörper registriert werden, erwies sich dabei als die Methode mit den bislang besten
Ergebnissen. Mit diesem V erfahren lassen sich bei einem geringen Profillinienabstand von
5 cm die Steinsetzungen der einzelnen Grabanlagen eindeutig darstellen, so daß zum einen die
Ausdehnung eines Gräberfeldes zumindest anhand der Steinsetzungen klar umrissen werden
kann, zum anderen die nachfolgenden Grabungen erleichtert werden (Abb. 5). Die Prospektion
des Nordbereichs mit Georadar ist noch nicht endgültig abgeschlossen; die ersten Ergebnisse
mit nachfolgender Ausgrabung im Jahr 2001 haben in einem Streifen von 150m x 40 meinige
partielle Korrekturen im Nordwesten erforderlich gemacht: Das Gräberfeld reichte hier etwa
noch 20-30 m weiter als erwartet. Inwieweit sich das Gräberfeld auch jenseits der Straße weiter
erstreckt, wie anhand der Entdeckung beim Straßenbau 1907 zu erwarten ist, wurde mittels
Georadar auf einer Fläche von 50 m x 20m prospektiert. Im Bereich der Kiesgrube wird man
ehemals vorhandene Gräber voraussetzen dürfen, die beim Kiesabbau teils schon im frühen 20.
Jahrhundert zerstört wurden.
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
151
Abb. 5. Mühlen Eichsen. Links Ausschnitt des geomagnetischen Befundes, rechts der Befund nach der
Ausgrabung 2001.
Die Ergebnisse zusammengefaßt: Das Gräberfeld liegt auf einem Areal von etwa 350m
Länge und 100-175 m in der Breite; dabei ist die mutmaßliche Erstreckung im Bereich der
Straße und östlich darüber hinaus nicht einmal berücksichtigt. Das Gräberfeld besaß demnach
eine Größe von ca. 4 ha und zählt so flächenmäßig mit Abstand zu den größten Gräberfeldern
in Mecklenburg-Vorpommern und darüber hinaus in ganz Norddeutschland.
Im Verlauf der letzten Grabungskampagnen gelang es, die Grenzen des Gräberfeldes im
Südosten und Südwesten vollständig zu erfassen, so daß nun der Südostbereich komplett und
mit 3 ha etwa drei Viertel des Gräberfeldes ausgegraben sind. Dank verbesserter Organisation
und Aufstockung auf bis zu 40 Grabungsarbeiter ab dem Zeitraum 1999/2000, konnten jährlich
knapp 900 Gräber geborgen und dokumentiert werden, so daß zum jetzigen Zeitpunkt etwa
3 730 Gräber bekannt sind 12 • Überträgt man die bisherige Belegungsdichte im Südostareal auf
die noch zu untersuchenden Flächen, so wird man insgesamt über 5 000 Bestattungen auf dem
Gräberfeld von Mühlen Eichsen erwarten dürfen.
Betrachtet man die Belegungszahlen der Gräberfelder im Bereich der Jastorf-Kultur,
so wird trotz der bekannten Problematik von Altgrabungen, zerstörter und teiluntersuchter
Nekropolen nach der kürzlich zusammenfassenden Betrachtung von J. Brandt deutlich, daß es
Gräberfelder gab, auf denen vergleichsweise wenige Personen bestattet wurden, daneben aber
auch viele Nekropolen mehrere hundert oder gar tausend Gräber aufweisen können 13 • Auf der
Abbildung 6 sind Gräberfelder mit 100-500, 500-1000 sowie Gräberfelder mit mehr als 1000
Bestattungen unterschieden. Finden sich Nekropolen bis zu 500 Bestattungen nahezu im gesamten Bereich der Jastorf-Kultur, so sind die großen Nekropolen mit 500-1000 und mehr als
1 000 Bestattungen vor allem aus dem Gebiet der J astoder Kerngruppe und aus der Nienburger
12
Bei insgesamt 5 750 Befundnummern, die auch Verfärbungen, Leichenbrandstellen, Feuerstellen usw. um-
13
BRANDT (Anm.l) 27ff. Karte 4 u. 5.
fassen.
152
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
Abb. 6. Gräberfelder der vorrömischen Eisenzeit mit Gräberanzahl und regionale Gliederung der JastorfKultur (nach BRANDT [Anm. l] Karte I u. IV-V).
Gruppe bekannt. Dazu gehören die Fundplätze von Arupgard 14 und Husbyl 5 in der mittelbzw. südjütischen Gruppe, Ehestorf-Vahrendorf16 und Leese 17 an der westlichen Peripherie in
der Nienburger Gruppe, sowie Putensen 18, Hornbek19 , SchwisseF0 und Groß-Timmendorf21
14
E. ] 0 RGENSEN, Tuernes mysterier. Skalk 1975, 3-10; C.K. ]EN SE N , Chronologische Probleme und ihre Bedeutung für das Verständnis der vorrömischen Eisenzeit in Süd- I Mitteljütland. Prähist. Zeitschr. 71, 1996, 197 ff.
15
RADDATZ (Anm.6, 1967); DERS. (Anm. 6, 1974).
16
W. WEGEWITZ, Der Urnenfriedhof von Ehestorf-Vahrendorf im Kreise Barburg aus der vorrömischen Eisenund älteren Kaiserzeit. Urnenfriedhöfe Niedersachsen 6 (Hildesheim 1962).
17
K. TACKENBERG, Die Kultur der frühen Eisenzeit (750 vor Christi Geburt) in Mittel- und Westhannover.
Urnenfriedhöfe Niedersachsen 1,3-4 (Hildesheim, Leipzig 1934); R. MAlER, Ein eisenzeitlicher Brandgräberfriedhof
in Leese, Ldkr. Nienburg (Weser). In: K. Wilhelmi (Hrsg.), Ausgrabungen in Niedersachsen. Archäologische Denkmalpflege 1979-1984. Ber. Denkmalpfl. Niedersachsen Beih. 1 (Stuttgart 1985) 181-185.
18
W. WEGEWITZ, Das langobardische Brandgräberfeld von Putensen, Kreis Harburg. Urnenfriedhöfe Niedersachsen 10 (Hildesheim 1972).
19
A. RANGS-BORCHLING, Das Gräberfeld von Hornbek in Holstein (2.Jahrhundert vor bis 2.Jahrhundert nach
Christi Geburt). Offa-Bücher 18 (Neumünster 1963); B. BERNHARDT, Das eisenzeitliche Gräberfeld von Hornbek, Kreis
Herzogtum Lauenburg. Gräber und Funde der Bergungen 1972-75 (Ungedr. Magisterarbeit Kiel1992).
20
BEHRENDS (Anm. 7).
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
153
in der Unterelbe-Gruppe, wozu am Ostrand auch Mühlen Eichsen gehört. Einige dieser Gräberfelder sind fortlaufend, z. T. mit Schwerpunkt in der Römischen Kaiserzeit belegt, so daß
die Bestattungszahlen für die vorrömische Eisenzeit z. T. weniger als 1 000 betragen können; in
Groß-Timmendorf sind aber für die vorrömische Eisenzeit über 1 000 Gräber nachgewiesen,
und das Gräberfeld Schwissel weist knapp 2 500- 3 000 Gräber für den Zeitraum der älteren und
jüngeren Eisenzeit auf. Das größte Gräberfeld für die vorrömische Eisenzeit stellt bislang aber
Mühlen Eichsen mit 3 700 gegrabenen und über 5 000 zu vermutenden Bestattungen dar.
Bestattungen wurden in Mühlen Eichsen-den Urnenformen und Beigaben nach- von der
vorrömischen Eisenzeit bis in die ältere Kaiserzeit hinein angelegt, d.h. von ca. 550v. Chr.
bis 100 n.Chr., also über einen Zeitraum von ca. 700 Jahren- wenn auch sicherlich nicht mit
immer gleicher Intensität. Inwieweit schon in der ausgehenden Bronzezeit Urnengräber angelegt wurden, worauf einige Altfunde und wenige Befunde22 hinzuweisen scheinen, muß noch
fraglich bleiben. Gesichert setzt das Gräberfeld mit Gräbern der Stufe Ia ein. Legt man die von
H. Keiling 1969 für Westmecklenburg erarbeitete Chronologie zugrunde 23, die auch heute noch
im wesentlichen Gültigkeit hat, so wurden nach einer vorläufigen Durchsicht der Befunde, die
angesichts der Zahl der Bestattungen freilich nur unter Vorbehalt gültig sein kann, während der
gesamten älteren Eisenzeit, d. h. den Stufen Ia, b und c, und auch in den folgenden Stufen der
jüngeren Eisenzeit Ila und b Gräber angelegt. Gegen Ende der vorrömischen Eisenzeit nimmt
die Belegung ab, eine sichere Beurteilung der Stufe Ilc ist bislang problematisch, Waffengräber
fehlen. Das Ende bilden Gräber der frührömischen Kaiserzeit mit entsprechenden Rallenkappenfibeln der Stufe B1 dazu Knochennadeln und Spinnwirtel. In dieser letzten Belegungsphase der frührömischen Kaiserzeit gehört Mühlen Eichsen zur sogenannten Grevesmühlener
Gruppe, die in Nordwest-Meeklenburg verbreitet ist und sich von der südlich anschließenden
Körchower Gruppe laut Keiling deutlich absetzt24 •
Eine immer wieder postulierte Zugehörigkeit der Siedlungsregion auch von Mühlen Eichsen zum Gebiet der Langobarden, die sich für das 1.-4. Jahrhundert n. Chr. aus dem Vergleich
schriftlicher Nachrichten von antiken Autoren wie Velleius Paterculus, Strabon und Tacitus
sowie archäologischen Funden mit großer Wahrscheinlichkeit an der unteren Elbe, d. h. dem
Gebiet der Körchower Gruppe und vielleicht auch der Grevesmühlener Gruppe mit Mühlen
Eichsen, lokalisieren lassen, sei dahingestellt (Abb. 7)2 5 • Die weitere Entwicklung - der Zug
21
H . HINGST, Urnenfriedhöfe der vorrömischen Eisenzeit aus Südostholstein. Urnenfriedhöfe Schleswig-Holstein 12 = Offa-Bücher 67 (Neumünster 1989) 12 ff. 81 ff.; L. FISCHER, Das Gräberfeld der vorrömischen Eisenzeit von
Groß Timmendorf, Kr. Ostholstein. Untersuchungen zu Chronologie, räumlicher Struktur und gesellschaftlichem
Wandel (Ungedr. Diss. Kiel2000); DERS., E meridie Iux? Zur Frage eines südlichen Einflusses bei der Herausbildung
der Jastorfkultur. Arch. Korrbl. 31,2001, 411-427; DERS., Das große Vorbild? D er Übergang zur jüngeren vorrömischen
Eisenzeit im Kerngebiet der Jastorfkultur und das Verhältnis zum keltischen Süden. Arch. Inf. 24, 2, 2001,247-270.
22
U .a. eine bronzene Nadel mit kleinem Kugelkopf aus Bef.35.
23
H. KEILING, Die vorrömische Eisenzeit im Elde-Karthane-Gebiet (Kreis Perleberg und Kreis Ludwigslust).
Beitr. Ur- u. Frühgesch. Bez. Rostock, Schwerin, Neubrandenburg 3 (Schwerin 1969), z. T. erweiternd DERS., Kolbow.
Ein Urnenfriedhof der vorrömischen Eisenzeit im Kreis Ludwigslust. Beitr. U r- u. Frühgesch. Bez. Rostock, Schwerin,
Neubrandenburg 8 (Berlin 1974); DERS., Glövzin. Ein Urnenfriedhof der vorrömischen Eisenzeit im Kreis Perleberg.
Beitr. Ur- u. Frühgesch. Bez. Rostock, Schwerin, Neubrandenburg 12 (Berlin 1979).
24
In der Grevesmühlener Gruppe beginnt die Urnenfeldbelegung nach Keiling bereits in den Jahrhunderten
vor Christus: H. KEILING, Eisen- und frühkaiserzeitliche Fundplätze auf der Gemarkung Holdorf, Kreis Gadebusch.
Jahrb. Bodendenkmalpfl. Mecklenburg 39, 1991, 73-119 bes. Karte S.116.- Zur Stufe IIc allgemein: H. KEILING, Zum
Belegungsabbruch auf Jastorf-Friedhöfen in Westmecklenburg und der westlichen Prignitz. In: U. Masemann (Hrsg.),
Forschungen zur Archäologie und Geschichte in Norddeutschland. Festschrift für Wolf-Dieter Tempel zum 65. Geburtstag (Rotenburg/Wümme 2002) 103-115.
25
H. KEILING, Die Langobarden in Mecklenburg. In: R. Busch (Hrsg.), Die Langobarden. Von der Untereibe
nach Italien. Veröff. Hamburger Mus. Arch. u. Gesch. Harburg, Helms-Mus. 53 (Neumünster 1988) 35-38; W.
MENGHIN, Die Langobarden. Archäologie und Geschichte (Stuttgart 1985) Vorsatz; KRüGER (Anm. 1) 53 Abb. 5; A.
154
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
Abb.7. Siedlungsgebiete und Wanderungen der Langobarden (nach W. M ENGHIN in: v. FREEDEN/
v. ScHNURBEIN [Anm.2] 294 Abb.SOS).
der Langobarden von der unteren Elbe über die Altmark, Böhmen, Mähren, Niederösterreich,
Südwest-Slowakei, Pannonien bis nach Italien mit der Gründung des Langobardenreiches 568
- ist bekannt.
Ohne einer eingehenden Analyse vorgreifen zu wollen, scheint der Belegungsschwerpunkt
in Mühlen Eichsen am Übergang von der älteren zur jüngeren Eisenzeit zu liegen, darauf wird
am Beispiel des Südostbereiches noch zurückzukommen sein.
Das Beigabenspektrum entspricht den von H. Hingst und H. Keiling für das Gebiet
Holstein und W estmecklenburg zusammengestellten Übersichten26 • Es handelt sich neben den
Urnengefäßen vor allem um Trachtzubehör, Nadeln, später Fibeln, vor allem vom Mittellateneschema, dazu Gürtelhaken in unterschiedlich entwickelten Formen, vereinzelt in der älteren
Eisenzeit noch Arm- und Halsringe sowie selten Ohrschmuck Die Unterelbe-Gruppe, zu
der Mühlen Eichsen gehört, charakterisieren gestreckte eiserne Nadeln mit rundlichem Kopf,
Flügelnadeln vom J astorf-Typ, Holsteiner Nadeln und deren Vorformen, Kropfnadeln mit
großem Ringkopf, Bombenkopfnadeln, Segel- und Spiralohrringe, Tinsdahler und Heitbraker Fibeln, Flügelnadelfibeln, Ösenringe, Haftarmgürtelhaken sowie rechteckige Fibeln vom
GENRICH, Die Wohnsitze der Langobarden an der Niedereibe nach den schriftlichen Nachrichten und den archäologischen Quellen. Die Kunde N.F. 23, 1972,99-114.
26
KEILING (Anm.23, 1969) Taf.69-71; H . HINGST, Die vorrömische Eisenzeit. In: Geschichte SchleswigHolsteins II 3 (Neumünster 1964); DERS., Vorgeschichte des Kreises Stormarn. Veröff. Landesamt Vor- u. Frühgesch.
Schleswig. Vor- u. Frühgesch. Denkmäler u. Funde Schleswig-Holstein 5 (Neumünster 1959); DERS., Die vorrömische
Eisenzeit. In: K.W. Struve / H. Hingst / H. Jankuhn (Hrsg.), Geschichte Schleswig-Holsteins II: Von der Bronzezeit
bis zur Völkerwanderungszeit (Neumünster 1979).
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
155
Mittellateneschema. Mühlen Eichsen reiht sich hier ein (Abb. 8). Dazu kommen Fundstücke,
die Verbindungen in die angrenzenden Regionen belegen, wie z. B. die Pommersehe Fibel, die
vor allem im östlich anschließenden Gebiet Vorpommerns und Polens verbreitet ist27 . Für die
Untereibegruppe hingegen sind Bombenkopfnadeln typisch, von denen in Mühlen Eichsen,
an der östlichen Grenze des Verbreitungsgebietes nach Vorpommern hin, bereits mehrere
Exemplare aus Gräbern stammen. Es handelt sich dabei um Nadeln mit eisernem Schaft und
einem aus zwei halbkugeligen Bronzeschalen bestehenden Kopf, der eine Verzierung aus kreuzförmigen Linienbändern auf Ober- und Unterseite aufweisen kann28 . Dank einer sorgfältigen
Restaurierung29 wissen wir über die innere Konstruktion solcher Nadeln Bescheid, wobei
offensichtlich ein vierstabiges Gestell mit Endknöpfen zur Befestigung der beiden bronzenen
Halbkugeln diente. Ebenfalls Verbindungen nach Westen, nach Holstein und Niedersachsen
zeigen dreigliedrige Gefäße vom sogenannten Todendorfer Typ mit hohem Hals, Trichterrand
und schwarzer Oberfläche30 .
Daneben gibt es eine Reihe von Funden, vor allem Arm- und Halsringe sowie Fibeln
vom Früh- und Mittellatenetypus, die Kontakte in den Süden bis in den keltischen Kreis belegen31. Hierbei kommt gerade dem thüringischen Gebiet, das in der gesamten Vorgeschichte
eine Drehscheibe der Kulturen darstellt, als Vermittler zwischen dem nördlichenJastorf-Kreis
und dem südlichen Kulturkreis, den Kelten, eine entscheidende Rolle zu. Dies betrifft sowohl
materielles Sachgut wie Trachtgegenstände unterschiedlicher Art als auch Ideen, soziale und
religiöse Vorstellungen, die sich im Norden, wenngleich oft nur in Ansätzen, niederschlagen.
Kennzeichnend für Mühlen Eichsen ist im Vergleich zu anderen Gräberfeldern der vorrömischen Eisenzeit eine relativ große Vielfalt von Beigaben. Dies zeigt in besonderem Maße
ein Kettenplattenschmuck mit Fibeln aus Grab 1474, der vor allem im mittleren Eibegebiet
beheimatet war und in der Literatur als Altmärker Gehänge bekannt ist. Dabei handelt es sich
um mehrere Ketten, die in Halteplatten eingehängt und diese wiederum an den Spiralen zwei er
in der Regel typgleicher Fibeln befestigt sind. Es datiert nach Keiling 32 in die Stufe Ic (Abb. 9),
damit an das Ende der älteren vorrömischen Eisenzeit. Eine Parallele liegt aus Paserin vor33.
Anregungen zur Herstellung dieser Fibelkettengehänge sind auf hallstättisch-frühlatenezeitlichen Einfluß, insbesondere aus dem östlichen Kreis, zurückzuführen. In der Jastorf-Kultur
sind sie charakteristisch für die am reichsten ausgestatteten Gräber einer Nekropole.
Gleiches gilt für Gräber der jüngeren Eisenzeit mit Holsteiner Gürteln 34 . In Mühlen
Eichsen ist neben drei weiteren Ausstattungen Grab 936 der Stufe Ilb/c anzuführen mit den
27
KEILING (Anm. 23, 1969) 67 ff. u. Karte 9 Taf. 72c.
Ebd. 47 f. Karte 7.
29
Die Metallfunde wurden in Jena bis 2002 von Frau Storch, danach von Frau Reifarth restauriert und konserviert. Die Keramik wird teils von der Grabungsmannschaft im Winter, teils in der Restaurierungswerkstatt des
Landesmuseums Mecklenburg-Vorpommern in Schloß Wiligrad, Lübstorf zusammengesetzt, beschriftet und soweit
möglich gezeichnet.
30
Befund 3599: ETIEL u. a. (Anm.11, 2002) 70f.; KEILING (Anm.23, 1969) 58; W. WEGEWITZ, Der Urnenfriedhof
der älteren und jüngeren vorrömischen Eisenzeit von Putensen, Kreis Harburg. Urnenfriedhöfe Niedersachsen 11
(Hildesheim 1973) 113 f. Taf.31; 87 Nr. 432 (Putensen); BRANDT (Anm.1) 139. - Nach BEHRENDS (Anm.7, 1968) 75
erscheinen in Schwissel die dreigliedrigen Töpfe mit weiter Mündung und linsenförmigem Körper besonders oft als
Kinderurne, was auch bei diesem Befund der Fall ist.
31
KEILING (Anm. 23, 1969) 44 ff.; BRANDT (Anm. 1) 68 ff.; K. PESCHEL, Zum Flachgräberhorizont der Latenekultur
in Thüringen. Alba Regia 14, 1975, 203-214; DERS., Zur Latenezeit in Sachsen und Thüringen und ihren Beziehungen
benachbarten Osten und Südosten. Arbeits- u. Forschber. Sächs. Bodendenkmalpfl. 22, 1977, 289-301.
32
H. KEILING, Eine besondere Kettenplattenschmuckform der vorrömischen Eisenzeit von Tangermünde, Kreis
Stendal.Jahrb. Bodendenkmalpfl. Mecklenburg 1971, 127-178; BRANDT (Anm.1) 138f.
33
I. GRIESA/ R.-M. WEISS, Hallstattzeit. Die Altertümer im Museum für Vor- und Frühgeschichte 2 (Mainz
1999) 143.
34
H. HINGST, Zur Typologie und Verbreitung der Holsteiner Gürtel. Offa 19, 1962, 69-90; K. H ucKE, Die
Holsteiner Gürtel im nordöstlichen Teile ihres Verbreitungsgebietes. Ebd. 47-68; HINGST (Anm.21, 1989) 57ff. Karte
28
156
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
Abb. 8. Mühlen Eichsen. Zusammenstellung von Fibeln, Nadeln und Keramik aus dem Gräberfeld. Verschiedene Maßstäbe.
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
157
Verbreitung des
Kettenplattenschmuckes
e
ein Fund
@
zwei und mehr Funde
ME Mühlen Eichsen
Abb. 9. Mühlen Eichsen. Kettenplattenschmuck aus Befund 936, Rekonstruktion, Verbreitung des Kettenplattenschmucks (Verbreitung nach KEILING [Anm. 32] Abb. 8, ergänzt).
158
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
beiden nach Hingst klassischen GürteltypenD und E (Abb.JO). Sie wurden, wie schon der
Name besagt, vor allem im Holsteiner Gebiet getragen- Mühlen Eichsen liegt am östlichen
Rand ihres Verbreitungsgebietes. Ein Plattengürtelhaken bildet zusammen mit der Mittelplatte
und Lederführungszwingen den eigentlichen Gürtel, von dem vermutlich die Gürtelkette aus
vier bronzenen Ringen und vier mit Bronzeblech belegten Eisenplatten herabhing. Die mögliche Rekonstruktion, ebenso Zeitstellung und kulturelle Bedeutung dieses Fundes wie auch
des Kettenplattenschmuckes werden zur Zeit in einer Jenaer Abschlußarbeit behandelt35 •
Die Herstellung solcher Gürtel in der Jastorf-Kultur wird ebenfalls auf keltische Anregungen zurückgehen, die über die mitteldeutschen Gürtelketten nach Norden in das Gebiet der
U nterelbe-Gruppe mit Holstein bis nach Jütland führten. Inwieweit die Holsteiner Gürtel im
Jastorfkreis zum Kultzubehör zu rechnen sind- wie eine Textstelle bei Strabon vermuten läßt,
in der mit eisernen Gürteln geschmückte Priesterinnen bei Kimbern und Teutonen erwähnt
werden36 - , mag dahingestellt sein.
Beide Ausstattungen, Kettengehänge wie Holsteiner GürteP, geben vielleicht den Hinweis auf das Vorhandensein einer sozialen Oberschicht mit entsprechenden Statussymbolen
am Ende der älteren und in der jüngeren vorrömischen Eisenzeit, wie sie ansonsten erst in der
späten Eisenzeit mit Gräbern, die Waffen, Bronzegefäße enthalten, faßbar wird. Diese kennzeichnenden Funde bleiben in Mühlen Eichsen aber bislang aus.
In der vorrömischen Eisen- und frühen Kaiserzeit war es üblich, die Toten zu verbrennen, den
Leichenbrand anschließend aus dem Scheiterhaufen auszulesen und anschließend in Urnen
oder einfachen Grabgruben teils unter Steinpackungen zu deponieren (Abb.ll) . Die allgemeine Entwicklung der Grabformen in der vorrömischen Eisenzeit in der Untereibe-Gruppe
ist durch die Arbeiten von Hingst, Keiling, Wegewitz und Behrends für Schwissel grundsätzlich
bekannt38 - zu Beginn der älteren Eisenzeit werden Bestattungen unter Hügeln sehr schnell von
Flachgräberfeldern völlig verdrängt, Knochenlager und Bestattungen mit Steinschutz nehmen
in Ib und Ic zu, ab Ila jedoch schon wieder deutlich ab. Die Entwicklung wird aber sicherlich
mit der Auswertung der großen Nekropole von Mühlen Eichsen noch einmal zu prüfen sein,
genauso die bisherigen chronologischen Vorstellungen für die Unterelbegruppe.
Auch in Mühlen Eichsen kennt man neben den "einfachen" Urnen- und Brandschüttungsgräbern zahlreiche Bestattungen in kleinen, eingegrabenen Steinkisten und unter sorgfältig
angelegten Steinpflastern aus Rollsteinen (Abb.12). Diese in der Regel einlagigen Steinpflaster
sind meist rund, mit einem Durchmesser von bis zu 5 m. Die Steinabdeckung kann dabei flächig angelegt sein mit einem durch Verwendung größerer Steine abgesetzten abschließenden
Steinkranz, sie kann aber auch nur aus einem ein- oder zweifachen Steinring bestehen. Daneben
treten in Mühlen Eichsen auch rechteckige Gräber von etwa 3m x 4 m auf. Bei dieser Grabform
kann die Steinabdeckung konkordant zu runden Grabformen ebenfalls flächig angelegt sein mit
einer randlichen, durch größere Steine abgesetzten Einfassung oder sich aber nur aus einfachen,
28; H . KEILING, Neue Holsteiner Gürtel aus Mecklenburg und die Verbreitung der rechteckigen Plattengürtelhaken.
J ahrb. Bodendenkmalpfl. Mecklenburg 1977, 83 f.; BRANDT (Anm. 1) 111 f.
35
Magisterarbeit von Frau C. Tschierschnitz.
36
Strab. 7,2,3; KEILING (Anm.34) 88.
37
Die Objekte sind 2002 I 2003 in der Ausstellung "Menschen- Zeiten- Räume. Archäologie in Deutschland"
in Berlin und Bonn zu besichtigen.
38
HINGST (Anm. 21, 1989); KEILING (Anm.23, 1969); BEHRENDS (Anm. 7, 1968); WEGEWITZ (Anm. 30, 1973); DERS.
(Anm. 16, 1962); DERS., Der Urnenfriedhof von Hamburg-Marmstorf. Urnenfriedhöfe Niedersachsen 7 (Hildesheim
1964 ); DERS., Der Urnenfriedhof von Hamburg-Langenbek. Urnenfriedhöfe Niedersachsen 8 (Hildesheim 1965); DERS.,
die Urnenfriedhöfe der jüngeren Bronze- und der vorrömischen Eisenzeit im Kreis Harburg. Urnenfriedhöfe Niedersachsen 13 (Hildesheim 1977). - Zur Struktur und Verbreitung allgemein: A. LEUBE, Eisenzeitliche Steinsetzungen im
nördlichen Mitteleuropa. Zeitschr. Arch. 13, 1979, 1-22.
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
159
\) H
Abb.10. Mühlen Eichsen. Holsteiner Gürtel Typ D und E aus Befund 1474, Rekonstruktion, Verbreitung
der Gürtelketten (Verbreitung nach BRANDT [Anm.1] Karte 14, ergänzt).
160
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
Abb. 11. Mühlen Eichsen. Oben Ausschnitt aus dem südlichen Bereich des Gräberfelds; unten Luftbild
der Grabung 2001.
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
161
2
3
4
5
6
"\
Abb.12. Zusammenstellung von Bestattungsarten im Gräberfeld Mühleh Eichsen: 1 Urnenbestattung;
2 Urne in Steinkiste; 3 runde Steinpackung; 4 rechteckige Steinpackung; 5 Bestattung im Steinkreis;
6 rechteckige Steineinfassung mit Bestattung.
162
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
rechteckig angelegten Steinreihen zusammensetzen. Leider ist durch Erosion und fortschreitende landwirtschaftliche Tätigkeiten der Erhaltungszustand der Grabanlagen, insbesondere
auf den leichten Erhebungen und Kuppen in dem flachwelligen Gelände, oftmals schlecht, mit
teils großen fehlenden Partien in den Steinpackungen. Gerade in den letzten Grabungskampagnen wurden jedoch bei entsprechender, leicht lehmiger Bodenkonsistenz mehrmals in situ
Standspuren von ehemals vorhandenen Steinen entdeckt, so daß Steinpflaster und Steinkreise
in einigen Bereichen nun für die anschließende Auswertung z. T. vollständig rekonstruiert
werden können.
Bei den runden und rechteckigen Grabformen mit Steineinfassung muß offen bleiben, ob
der Innenbereich zur obertägigen Kennzeichnung nicht mit einer Erdschüttung gefüllt war,
die heute nicht mehr klar zu erkennen ist. Dies ist insbesondere bei den Bodenverhältnissen in
Mühlen Eichsen zu erwägen, wo eine Kolluviumsbildung es bislang erschwert bzw. verhindert,
eine Trennung von Grab- bzw. Hügelschüttung und umliegendem Kolluvium zu erkennen.
Daß die Gräber ehemals obertägig gekennzeichnet waren, dürfte außer Zweifel stehen, denn
ein Blick auf den Gesamtplan (Abb. 13) zeigt, daß die Gräber einander nicht stören, sondern
Rücksicht nehmen und mit ausreichendem Abstand zueinander errichtet wurden. Dieses
System hat offensichtlich über einen Zeitraum von mehreren hundert Jahren funktioniert,
d. h. bei Anlage eines Grabes müssen die früheren Gräber deutlich und klar erkennbar und
sichtbar gewesen sein. In welcher Form die Gräber obertägig gekennzeichnet wurden, ob mit
Erdhügel, hölzernen Grabmalen wie Holzkreuzen, Steinen, Marksteinen oder Steinstelen, ist
bislang nicht zu erkennen39 • Wie solch eine Nekropole ehemals ausgesehen hat, vermitteln vielleicht Luftbilder von großen Nekropolen wie Pestrup in Niedersachsen aus dem Bereich der
Nienburger Gruppe40 • Hier wurde zumeist auf eine Urne für die Toten verzichtet und die Reste
des Scheiterhaufens mit flachen Erdhügeln überdeckt. Die frühesten Bestattungen stammen aus
der Bronzezeit, die meisten der über 500 Hügel wurden in der vorrömischen Eisenzeit angelegt. Daß Hügelbildung in Mühlen Eichsen nicht unbekannt war, zeigt ein 1999 angetroffener
Befund mit mehrlagiger flächiger Steinpackung41 , der an den Übergang von älterer zu jüngerer
Eisenzeit datiert und damit zeitgleich zu den zuvor genannten Grabformen ist.
In der Regel wurde unter den Gräbern mit runder oder rechteckiger Steinpackung zentral
eine Bestattung niedergelegt. In einigen Gräbern finden sich jedoch auch mehrere Bestattungen unter einer Steinpackung meist rechteckiger Form (Abb.J4) - zentral und im näheren
Umfeld, teils auch an oder unter der randliehen Steinsetzung eingebracht42 • Ergänzt wird der
Bestattungsritus schließlich durch Bestattungen mit Miniaturgefäßen oder aneinander gereihten
Beigefäßen, während ansonsten Beigefäße43 genauso wie Deckschalen relativ selten auftreten.
Angesichts der großen Zahl der in Mühlen Eichsen bestatteten Toten stellt sich natürlich
die Frage, wo und wie die Toten verbrannt wurden. Leider gibt es hierzu in Mühlen Eichsen
selbst noch bislang wenige Hinweise. Einzelne Befunde am Südwestrand der Nekropole, darunter ein ovaler, etwa 2,50 m langer und 1,60 m breiter sowie 0,40 m eingetiefter Befund mit
verziegeltem Lehm und Holzkohleresten, am Rand mit Steinen begrenzt oder eingefaßt, kann
39
Horizontal- oder vertikalstratigraphisch verwertbare Beobachtungen in Form von aneinandergebauten Steinpackungsgräbern bzw. übereinander angelegten Gräbern gibt es kaum.
40
Infrarotaufnahme von 0. Braasch in v. FREEDEN /v. ScHNURBEIN (Anm. 2) 205 Abb. 359.
41
Datiert nach VEZ Ic/Ila nach Keiling, zur Hügelbildung in der vorrömischen Eisenzeit allgemein: H. KEILING,
Ein Steinhügelgrab mit Steinkreis aus der vorrömischen Eisenzeit von Mankmoos, Kreis Sternberg. Jahrb. Bodendenkmalpfl. Mecklenburg 1972, 85-125 bes. 91. Danach sollen Hügelaufschüttungen aus Erde v. a. aufJütland, an der
Westküste Schleswig-Holsteins und im Weser-Aller-Gebiet verbreitet gewesen sein.
42
Die Auswertung wird Aufschluß über die chronologische und anthropologische Zusammensetzung dieser
Mehrfachbestattungen im Gräberfeld erbringen.
43
Befund 2169: ETIELIMAIER u.a. (Anm.11, 2001) 62ff.
Peter Ettel
•
163
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
260
240
180
1----+----1160
Abb.13. Mühlen Eichsen. Ausschnitt aus dem Gesamtplan des Gräberfeldes mit der Südgruppe (gestrichelte Linie).
164
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
+228N
520 E
+223N
520 E
1m
Abb.14. Mühlen Eichsen. Mehrfachbestattung in rechteckiger Steinpackung.
u. U . als ein Verbrennungsplatz gedeutet werden 44 • Näheren Aufschluß geben uns andere Gräberfelder wie Lanz in Südwest-Mecklenburg45 • Hier kamen bei den Ausgrabungen insgesamt
neun Ustrinen zutage, die sich teils regellos zwischen den Bestattungen auf dem gesamten Gräberfeld verteilen, teils im Mittelfeld des Bestattungsplatzes eng beieinander liegen (5 Ustrinen)
und einen zentralen Verbrennungsplatz markieren. Ihre Größe und Form stimmen mit dem
Befund von Mühlen Eichsen überein. Auf solch zentralen Verbrennungsplätzen fand die Einäscherung des Leichnams statt. Die verbliebenen Knochenfragmente wurden eingesammelt und
44
Befund 2804 am Südostrand des Gräberfeldes, u . U. auch der wenig entfernte Befund 2770. Die Auswertung
und weitere Aufdeckung dieses Areals wird erweisen, ob hier auch Feuerstellen vorliegen, eventuell Feuerstellenreihen
ähnlich Schwissel: BEHRENDS (Anm. 7, 1968) 23 f. Karte 36; J.-P. Sc HMIDT, Ein Feuerstellenplatz der älteren vorrömischen Eisenzeit bei Schmarl, Hansestadt Rostock. Arch. Ber. Mecklenburg-Vorpommern 9, 2002, 42-48; DERS., Jungbronzezeitliche Befunde und Funde. In: G. Bemmann, Badow. Ein Gräberfeld der jüngeren vorrömischen Eisenzeit und
älteren römischen Kaiserzeit im Landkreis Nordwestmecklenburg. Beitr. Ur- u. Frühgesch. Mecklenburg-Vorpommerns 34 (Lübstorf 1999) 28 f. - Zur Bedeutung von Feuerstellenreihen: F. H o RST, Zedau. Einejungbronze-und eisenzeitliche Siedlung in der Altmark. Sehr. Ur- u. Frühgesch. 36 (Berlin 1985) 118 ff. Abb. 70 Liste 13; S. HEIDELK-SCHACHT,
Jungbronzezeitliche und früheisenzeitliche Kultfeuerplätze im Norden der DDR. In: F. Schlette/D. Kaufmann (Hrsg.),
Religion und Kult in ur- und frühgeschichtlicher Zeit (Berlin 1989) 225-240; R. THöRN, Elstadtssystem- Fysiska spar
av bronsälderskult.- C-uppsats i arkeologi Universität Lund (Lund 1993); J.-P. ScHMJDT, Eine jungbronzezeitliche
Feuerstellenreihe bei Krempin, Lkr. Bad Doberan. Arch. Ber. Mecklenburg-Vorpommern 7, 2000, 59-64.
45
H . KEIL!NG, Ein Bestattungsplatz der jüngeren Bronze- und vorrömischen Eisenzeit von Lanz, Kreis Ludwigslust. Jahrb. Bodendenkmalpfl. Mecklenburg 1962, 41 ff. Abb. 8; ferner Gielow: U. SCHOKNECHT, Ein Gräberfeld mit
neolithischen und früheisenzeitlichen Bestattungen von Gielow, Kreis Malchin.Jahrb. Bodendenkmalpfl. Mecklenburg
1963, 93-154 bes. 110 Abb.72.
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
165
zusammen mit den beigegebenen Trachtgegenständen, meist Nadeln, Fibeln oder Gürtelhaken,
die teils mit dem Leichnam mitverbrannt wurden, teils auch erst nach der Verbrennung dem
Toten zugedacht wurden, nach den beschriebenen Methoden in Urnen beigesetzt, in der Regel
in einer kleinen Grube, manchmal auch auf den anstehenden Boden gestellt.
Schließlich sei an dieser Stelle ein erst im Herbst 2002 gänzlich aufgedeckter Befund vorgestellt46. Es handelt sich um eine von Gräbern weitgehend ausgesparte kreisförmige Fläche von
ca. 17m Durchmesser (Abb.15). In der Mitte fand sich, in den anstehenden Boden eingetieft,
ein Steinkistengrab von knapp 1 m Ausmaß mit einer Bodenplatte und seitlich aufgestellten,
zugearbeiteten Steinplatten. Leider war die Zentralbestattung bereits gestört oder beraubt, von
der Bestattung sind nur mehr Reste des Leichenbrandes eines männlichen, adulten Individuums
und eine Handvoll Scherben übrig, die keine genauere Ansprache als jungbronze- I eisenzeitlich
erlauben. Eine Zuweisung in die jüngere Bronzezeit Periode IV-VI, vielleicht noch beginnende
ältere Eisenzeit Ia ist wohl am wahrscheinlichsten, da Hügelgräber in der älteren Eisenzeit
schnell von Flachgräbern verdrängt werden und in dieser Größe schon gar nicht mehr vorzukommen scheinen, wenn man vergleichbare Gräberfelder sieht, wo die bronzezeitliche Belegung kontinuierlich in die ältere Eisenzeit übergeht wie z. B. in Bordesholm47 . Doch damit ist
es bei dem Befund in Mühlen Eichsen nicht getan, denn hier fanden sich am zu postulierenden
Hügelfuß insgesamt fast 160 Bestattungen, teils Urnen oder auch Knochenlager mit und ohne
geringfügigen Steinschutz in Form von wenigen Steinen. Eine erste Durchsicht dieser Bestattungen48 ergab, daß hier Tote von der Stufe Ia/b bis Ila beigesetzt wurden, also die gesamte
entwickelte ältere und beginnende jüngere Eisenzeit hindurch.
Eine 14 C-Datierung des Leichenbrandes aus der Zentralbestattung liegt inzwischen vor,
die allerdings wegen des ausgedehnten wiggle- Bereiches vom 8. bis 5. Jahrhundert v. Chr.
keine genaueren Datierungshinweise als 760-680 (29,6%) bzw. 557-407 (57,2%) liefert49 • Die
archäologische Datierung würde sich damit auf Periode V spät/VI früh bzw. Ia eingrenzen
lassen - Gräber am Hügelfuß scheinen bereits am Übergang Ia/b einzusetzen und bieten für
das Zentralgrab einen terminus ante quem. Damit muß die Frage offen bleiben: Wurde hier ein
jungbronzezeitlicher Grabhügel in der älteren Eisenzeit wieder aufgesucht zur Bestattung von
zahlreichen Toten am Hügelfuß als Teil einer großen eisenzeitlichen Nekropole? Oder wurde
hier zu Beginn der älteren Eisenzeit ein Grabhügel noch in jungbronzezeitlicher Tradition
errichtet - wofür vielleicht auch die bislang sehr geringen Hinweise auf jungbronzezeitliche
Bestattungen im Areal der Nekropole sprechen könnten- und am Hügelfuß dann zahlreiche
Tote beigesetzt? Letzteres würde aufgrund des weitaus geringeren zeitlichen Abstandes der
vielleicht nur wenig später angelegten Nachbestattungen einen interessanten Interpretationsrahmen eröffnen: Die Deutungsmöglichkeiten reichen von direkten Angehörigen eines
Familienverbandes bis hin zu Mitgliedern einer Siedlungs-, Wirtschafts- oder Kultgemeinschaft, die sich bei entwickeltem, ausgeprägtem Traditions- und Zusammengehörigkeitsgefühl
46
Befund 5535 Zentralgrab. Im Winter 2000/2001 wurde die Südhälfte, im Sommer 2002 mit Jenaer Studenten
die Nordhälfte des Kreises ausgegraben.
47
H .SAGGAU, Bordesholrn. Der Urnenfriedhof arn Brautberg bei Bordesholm in Holstein. Teil1: Text und
Karten. Offa-Bücher 60 (Neurnünster 1986).- Zu Bestattungsarten und Grabbau in der jüngeren Bronzezeit: J.-P.
SCHMIDT, Studien zur jüngeren Bronzezeit in Schleswig-Holstein und dem nordelbischen Harnburg. Universitätsforsch.
Prähist. Arch. 15 (Bonn 1993) 10ff. bes. 11 Abb.5,1. Steinkisten datieren demnach an den Übergang Periode IV/V bis
VI. Primärbestattungen in Grabhügeln treten erstmals arn Ende von Periode IV auf, überwiegend und flächendeckend
vor allem in Periode V/VI mit Durchmessern von teils über 20m und Höhen über 1,50rn.
48
Die vorläufige Begutachtung hat dankenswerterweise Frau Maier vorgenommen.
49
Datierungsergebnisse der Holzkohle-Probe KIA 20128 von Prof. Dr. P.M. Grootes, Leibniz-Labor für Altersbestimmung und Isotopenforschung an der Christian-Albrechts-Universität Kiel vorn 20.5.2003: Radiocarbon Age:
2445±23 BP.- Calibrated Age: cal.BC535, 534, 518.- Two sigrna Range (Probability 95,4 %): 760-680 (Probability
29,6%), 667-634 (Probability 6,7%), 591-578 (Probability 1,9 %), 557-407 (Probability 57,2%).
166
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
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Abb.15. Mühlen Eichsen. Oben Plan des Grabhügels mit Zentralgrab und ca. 160 Bestattungen; unten
Zentralgrab, Befund 5535, aus dem Grabhügel.
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
167
am Grab des Ahnen in räumlicher gegenseitiger Nähe bestatten ließen bzw. bestattet wurden.
Eine Klärung und gesicherte Interpretation kann hier nur die vollständige Auswertung dieses
und gleichartiger Befunde erbringen, zeigt aber auch einmal mehr die chronologischen Unsicherheiten am Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit im J astorf-Kreis 50 •
Befunde ähnlicher Art lassen sich in den Gruppen der Jastorf-Kultur durchaus konstatieren, so im Urnenfriedhof am Brautberg bei Bordesholm in Holstein (Abb.16), wo die Belegung
mit Hügeln in der Steinzeit beginnt, in der Bronzezeit mit großen Hügeln andauert, sich kontinuierlich in der älteren vorrömischen Eisenzeit mit flachen und kleineren Hügeln fortsetzt
und schließlich mit zahlreichen zwischen und auch am Fuß der Grabhügel angelegten Bestattungen endet51 • Gleiches läßt sich, wenn auch in veränderter Form, auf anderen Gräberfeldern
wie Soderstorf, Kr. Lüneburg52, Tostedt-Wüstenhöfen53, Putensen54 und Ehestorf-Vahrendorf
im Landkreis Harburg 55 oder Sörup im Kr. Flensburg56 beobachten, wo sich die eisenzeitliche
Belegung an ältere Hügelgräber anlehnt oder diese mit Urnenbestattungen überzieht; wie
jene der Kaiser- und Völkerwanderungszeit im Hügel20 von Sörup. Die Bestattung mehrerer
Toten, darunter Männer, Frauen und Kinder, ist in dem einzigartigen Befund von Mankmoos,
Kr. Sternberg aus der Warnow-Odermündungsgruppe zu beobachten: Hier wurden 29 Gräber
mit 31 bestatteten Personen am Übergang von Ib/Ic in einem mehrlagigen Steinhügel von 12m
Durchmesser und 0,70 m Höhe mit einem großen Steinkreis angelegt; eine Bestattung lag am
Südwestrand direkt am Steinkreis 57 • In Malehin und Gielow lagen eisenzeitliche Gräber inmitten von Steinkreisen mit bis zu 5,50 m Durchmesser ohne Innenflächenfüllung, in Malehin
fanden sich zudem 39 Gräber der jüngeren vorrömischen Eisenzeit unter bzw. neben einem
Steinkreis von 6-7 m Durchmesser mit nicht datierbarem Zentralgrab 58 • Daneben gibt es vor
allem in der älteren vorrömischen Eisenzeit Bestattungen in Steinkreisen aus einzeln stehenden
aufrechten Steinen, z.B. in Boitin, Kr. Bützow mit bis zu 13m Durchmesser und Netzeband,
50
ScHMIDT (Anm.47, 1993) 118f. 146ff.; H. HINGST, Jevenstedt. Ein Urnenfriedhof der älteren Eisenzeit im
Kreise Rendsburg-Eckernförde, Holstein. Urnenfriedhöfe Schleswig-Holstein 4 =Offa-Bücher 27 (Neumünster 1974)
48f.; 0. HARCK, Nordostniedersachsen vom Beginn der jüngeren Bronzezeit bis zum frühen Mittelalter. Materialh.
Ur- u. Frühgesch. Niedersachsen 7 (Hildesheim 1972-73) 22 ff. Tab.1; K.-H. WILLROTH, Untersuchungen zur Besiedlungsgeschichte der Landschaften Angeln und Schwansen von der älteren Bronzezeit bis zum frühen Mittelalter. Eine
Studie zur Chronologie, Chorologie und Siedlungskunde. Siedlungsarch. Untersuchungen Angeln u. Schwansen 1 =
Offa-Bücher 72 (Neumünster 1992) 79; 127ff.; R. HEYNOWSKI, Die imitierten Wendelringe als Leitform der älteren
vorrömischen Eisenzeit. Prähist. Zeitschr. 71, 1996, 28- 45 bes. Abb.12; FISCHER (Anm. 21, Arch. Korrbl. 2001) 251 ff.
Abb.1; J. MERTENS, Die vorrömische Eisenzeit in Südskandinavien. Probleme und Perspektiven. Prähist. Arch. 71,
1996, 217-243.- Der Übergang von der Bronze- zu Eisenzeit muß aufgrundder neuen chronologischen und kulturhistorischen Ergebnisse im Urnenfelder-Hallstattkreis - Phase CO 800-700 v. Chr. - auch dort neu überdacht und
untersucht werden.
51
SAGGAU (Anm.47) Karte 2 sowie Kartenbeil.1-2 (Kartenbeil.2 mit Detail); H. HINGST, Der eisenzeitliche
Urnenfriedhof am Brautberg in Bordesholm, Kr. Rendsburg-Eckernförde. Offa 28, 1971, 121-123; auch Geesthacht,
Ortsteil Grünhof-Tesperhude: ScHMIDT (Anm.47, 1993) 18 Kat.-Nr.29 LA 84.- Zur Problematik allgemein: M Sorr,
Die Wiederaufnahme älterer Bestattungsplätze in den nachfolgenden vor- und frühgeschichtlichen Perioden in Norddeutschland. Antiquitas R. 3, 39 (Bonn 1999).
52
H.-J. HÄSSLER, Ein Urnenfriedhof der vorrömischen Eisenzeit bei Soderstorf, Kreis Lüneburg, in Niedersachsen. Grabungsabschnitt1 Text und Katalog. Urnenfriedhöfe Niedersachsen 12 (Hildesheim 1976) Plan Grabungsabschnitt 1.
53
W. WEGEWITZ, Rund um den Kiekeberg. Vorgeschichte einer Landschaft an der Niederelbe. Hammaburg N. F.
7, 1984/85 (1988) Abb.137.
54
WEGEWITZ (Anm.30, 1973) 27ff. Abb.24 u. 26.
55
WEGEWITZ (Anm.16, 1962) Abb.4.
56
Sörup 1: K. RADDATZ, Sörup I. Ein Gräberfeld der Eisenzeit in Angeln. Offa-Bücher 46 (Neumünster1981)
Abb.3.
57
KEILING (Anm.41, 1972) 85-125.
58
U . ScHOKNECHT, Mehrfachbestattungen der vorrömischen Eisenzeit aus Malehin und Waren. Jahrb. Bodendenkmalpfl. Mecklenburg 1971, 273-282; unpubliziert und freundliche Mitteilung von U. ScHOKNECHT, Waren (Malchin Fundplatz 54); ScHOKNECHT (Anm.45, 1963) (Gielow- Stufe Jastorf a,b).
168
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
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Abb. 16. Der Urnenfriedhof am Brautberg bei Bordesholm in Holstein: unten Nordteil; oben Gesamtplan
(nach SAGGAU [Anm.47] KartenbeiL 1: Nordteil u. Karte 2).
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
169
Kr. Greifswald mit weit über 100 Bestattungen der jüngeren vorrömischen Eisenzeit, die in
der Mitte eines Steinkreises von ursprünglich neun Steinen verteilt sind und sich um die älteste, im Mittelpunkt der Anlage liegenden Bestattung aus der älteren vorrömischen Eisenzeit
gruppieren. Eine breite Randzone blieb frei von Gräbern59 • Eine vergleichbare kreisförmige
Konzentration von Gräbern am Hügel wie in Mühlen Eichsen mit 160 Gräbern läßt sich jedoch
nicht erkennen. Auch im Kulturkreis der frühen Kelten gibt es Beisetzungen sowohl an älteren Hügeln wie z. B. in Drosendorf in Franken, wo frühlatenezeitliche Körperbestattungen
tangential am Fuß eines hallstattzeitliehen Hügels angelegt sind, als auch im Hügel selbst wie
beim Magdalenenberg bei Villingen mit über 100m Durchmesser und ursprünglich 10-12 m
Höhe, einer der größten Grabhügel der Hallstattzeit in Mitteleuropa60 • Hier wurden in relativ
kurzer Zeit nach Anlage des Zentralgrabes im Hügel kreisförmig angeordnet insgesamt 126
Nachbestattungen eingebracht. Ähnliches kennen wir mit den "Familiengrabhügeln" aus dem
südostalpinen Kreis von Sticna und Novo Mesto 61 • Der Befund in Mühlen Eichsen bleibt jedoch
auch hier ohne Parallele.
Inwieweit andere, von Gräbern weitgehend ausgesparte, annähernd kreisförmige Freiräume im Areal der Nekropole von Mühlen Eichsen als Hügelgräber anzusprechen sind, mag
bei einigen Fällen vorerst spekulativ bleiben, nach der Aufdeckung des gezeigten Befundes ist
eine solche Deutung zumindest nicht abwegig (Abb. 17). Nimmt man in Mühlen Eichsen die
Existenz jungbronze- I früheisenzeitlicher Grabhügel als Hypothese an, so scheint sich die eisenzeitliche Belegung bewußt an diese Grabhügel anzulehnen und sich um diese zu gruppieren.
Läßt man die möglichen Grabhügel außer Betracht, so wird auf dem Plan (Abb. 3) des bislang
ausgegrabenen und digital erfaßten, 3 ha großen Gräberfeldareals auch so deutlich, daß die
Nekropole in einzelne Gräbergruppen gegliedert ist.
Diese Gruppen bestehen einerseits aus Bestattungen unter runden bzw. rechteckigen
Steinsetzungen, andererseits aus einfachen Urnengräbern, die in den Freiräumen zwischen den
großen Steinpackungen liegen oder sich randlieh darum konzentrieren und somit eine Gruppe
gleichsam abgrenzen. Fünf bis sechs solcher Gruppen lassen sich im Gräberfeld ausmachen,
die einen Umfang von jeweils 500 bis 800 Bestattungen aufweisen. Die Auswertung dieser
Gruppen bzw. Bestattungsareale wird erweisen, ob hier auch chronologische, soziale oder
geschlechtsorientierte Gründe vorliegen - wofür bislang, auch von anthropologischer Sicht,
keine Hinweise bestehen - oder ob sich vergleichbar anderer Gräberfelder in den Gruppen
parallel genutzte Belegungskerne einzelner Familien- oder Siedlerverbände niederschlagen, die
ihre eigenen Bestattungsareale in diesem zentralen Friedhof besaßen62 •
59
Boitin: R. BELTZ, Mecklenburg 24, 1929, 100-103.- Netzeband: H. KEILING, Arch. Deutschland H. 2, 1992,
48f.
60
Drosendorf: P. ETTEL, Gräberfelder der Hallstattzeit in Oberfranken. Materialh. Bayer. Vorgesch. Reihe A 72
(Kallmünz I Opf. 1996) Taf. 13 (Hügel 5); B.-U. ABELS, Der frühlatenezeitliche Bestattungsplatz von Drosendorf, Lkr.
Bayreuth. In: H. KüsTER/ A. LANG/ P. SCHAUER (Hrsg.), Archäologische Forschungen in urgeschichtlichen Siedlungslandschaften. Regensburger Beitr. Prähist. Arch. 5 (Regensburg, Bonn 1998) 515 ff.- Magdalenenberg: K. SPINDLER, Der
Magdalenenberg bei Villingen. Ein Fürstengrabhügel des 6. vorchristlichen Jahrhunderts. Führer Vor- u. Frühgesch.
Denkmäler Baden-Württemberg 5 (Stuttgart 1976); zur Belegungsabfolge: H. PARZINGER, Germania 64, 1986, 391 ff.;
J. MüLLER, Zur sozialen Gliederung der Nachbestattungsgemeinschaft vom Magdalenenberg bei Villingen. Prähist.
Zeitschr. 69, 1994, 175-221.
61
St. GABROVEC, Zur Hallstattzeit in Slowenien. Germania 44, 1966, 1 ff.; P.S. WELLS, Mecklenburg Collection,
Part III: The Emergence of an Iron Age Economy. The Mecklenburg Grave Groups from Hallstatt and Sticna. Am.
School Prehist. Research Bull. 33 (Cambridge/Massachusetts 1981); B. KRIZ, Novo Mesto V. Kapiteljska njiva- gornila
IV in gomila V. Carniola Arch. 5 (Novo Mesto 2000).
62
Grabgruppierungen, allerdings mit geringem Ausmaß, sind in Lanz mit insgesamt 397 Bestattungen nach
Keiling mit Bestattungsbereichen von Familien identisch, die in unterschiedlichen Zeitstufen einsetzen und auch enden:
KEILING (Anm.44, 1962) Abb. 8-9; DERS., Zur Bedeutung von Leichenbrandbestimmungen für die Auswertung von
mecklenburgischen Urnenfriedhöfen durch die Archäologen. In: J. Herrmann (Hrsg.), Archäologie als Geschichts-
Peter Ettel
•
n
%
Infans 1
69
Infans 2
11
frühes Juvenil
0
spätes Juvenil
10
4
Juvenil
frühes Adult
2
spätes Adult
12
Adult
9
frühes Matur
76
mittleres Matur
45
18
spätes Matur
frühes Senil
1
fortgeschrittenes Lebensalter64 17
ausgewachsenes Individuum 65 120
keine Diagnose
144
12,8
2,0
0
1,8
0,7
0,4
2,2
1,7
14,1
8,4
3,3
0,1
3,1
22,3
26,7
Altersgruppe
171
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
Bestimmungsergebnis
vermutlich männlich
Tendenz männlich
schwache Tendenz männlich
vermutlich weiblich
Tendenz weiblich
schwache Tendenz weiblich
keine Diagnose
n
%
9
18
21
39
53
60
338
1,7
3,3
3,9
7,2
9,8
11,1
62,8
Tabelle 1. Mühlen Eichsen. Anthropologische Leichenbrandbestimmungen in der Südgruppe (nach
W. Blume). Links Aufschlüsselung der Zugehörigkeit zu den Altersklassen nach Anzahl (n) und prozentualem Anteil (% ); rechts Aufschlüsselung der Geschlechtszugehörigkeit nach Anzahl (n) und prozentualem Anteil (% ).
mit einigen Gräbern in der frühen Kaiserzeit. Von den 780 Bestattungen wurden inzwischen
von Wilfried Blume 538 Leichenbrände, also 69% untersucht, was zumindest schon einen
Hinweis auf die anthropologische Zusammensetzung der hier bestatteten Personengruppe zu
geben vermag66 • Wie die Aufschlüsselung nach Altersklassen (Tab.l, links) zeigt, wurden hier
von Infans I mit immerhin 69 Individuen (= 12,8%) bis frühes Senil Personen jeden Alters
bestattet. Sehen wir uns dazu die Gliederung der Ergebnisse nach Geschlechtszugehörigkeit
(Tab.l, rechts) an, so wurden, wenngleich die Bestattungen ohne Geschlechtsbestimmung mit
62% recht hoch liegen, demnach in der Südostgruppe sowohl Männer (9%) als auch Frauen
(28 %) bestattet.
64
Unter einem fortgeschrittenen Alter ist das eines Individuums zu verstehen, dessen biologisches Alter mindestens spätes Matur, ab ca. 53/54 Jahre beträgt.
65
Unter einem ausgewachsenen Individuum versteht man ein biologisches Alter von mindestens frühem Adult,
ab 20 Jahre.
66
Dr. Wilfried Blume, Schwerin.- In der vorliegenden Leichenbrandauswertung ist ein vorläufiger Auszug aus
der noch zu fertigenden Gesamtauswertung aller zur Südgruppe gehörenden Leichenbrandpositionen zu sehen. Die
Ergebnisse beruhen auf der Auswertungsmethodik, die auch in der jüngeren Vergangenheit bei der Bearbeitung von
Urnenfeldern angewendet wurde (W. BLUME, Anthropologische Bearbeitung der Leichenbrände. In: G. Bemmann,
Badow, ein Gräberfeld der jüngeren vorrömischen Eisenzeit und älteren römischen Kaiserzeit im Landkreis Nordwestmecklenburg. Beitr. Ur- u. Frühgesch. Mecklenburg-Vorpommern 34 [Lübstorf 1999] 259-283) und die einen
unmittelbaren Vergleich mit anderen, archäologisch gleich alten Urnenfeldern gestattet. Wenn sich auch die folgenden
Übersichten im Verlaufe der weiteren Bearbeitung zahlenmäßig verändern müssen, darf behauptet werden, daß die
Relationen der Ergebnisse grundsätzlich tendenziell gleich bleiben werden, so daß die derzeitigen Daten eine ausreichende Arbeitsgrundlage bilden. Auf die Erstellung einer Sterbetafel, die zwar grundsätzlich zur Rekonstruktion einer
ehemaligen Bevölkerungsstruktur beitragen kann, wird an dieser Stelle verzichtet, da das anthropologische Fundgut
zumindest bisher nicht geeignet ist, sämtliche Verstorbene der ehemaligen Population( -en) der Südgruppe einem definierbaren Alterszeitraum zuzuordnen und alle Altersklassen ausreichend zu repräsentieren .
172
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
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Abb.l8. Mühlen Eichsen. Oben Umfeld des Gräberfeldes; unten Luftbild des Umfeldes.
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
173
Dies spricht dafür, daß wir es hier mit "normalen" Bevölkerungsgruppen zu tun haben,
die nach Auswertung der gesamten Nekropole hoffentlich auch einmal Aussagen zur demographischen Entwicklung der Bevölkerungsgruppen von Mühlen Eichsen zulassen werden67 •
Diese Gräbergruppe mit etwa 780 Bestattungen zeigt einen Querschnitt der bislang für
Mühlen Eichsen typischen Bestattungsarten. Auffallend häufig vertreten sind Mehrfachbestattungen in runden, insbesondere aber rechteckigen Grabbauten, die teils bis zu sieben Bestattungen mit Beigefäßen aufweisen können. Darunter befinden sich Männer, Frauen und Kinder
mit nach vorläufiger Durchsicht unterschiedlicher Zeitstellung, so daß davon auszugehen ist,
daß gerade im untersuchten Südostbereich des zentralen Friedhofes von Mühlen Eichsen ein
mehrschichtiger und relativ differenzierter Grabbrauch vorherrschte.
Zuletzt ist auf die Frage der Siedlungen, der Struktur der Besiedlung und des Besiedlungsablaufes um Mühlen Eichsen einzugehen - eine wichtige Fragestellung, die sich schon angesichtsder Größe und Belegungsdauer der Nekropole stellt. Wo und wie haben die Bevölkerungsgruppen gelebt, die in dieser Nekropole bestattet wurden, die schon aufgrundihrer Größe
und Belegungsdauer als Zentralfriedhof anzusprechen ist mit einzelnen Bestattungsarealen,
deren Belegungsumfang mit 600-800 Gräbern der Größe einzelner Gräberfelder entspricht?
Worin bestand die zu vermutende Zentralfunktion? Benutzten verschiedene, verstreut siedelnde Verbände, die vielleicht auch innerhalb eines gewissen Territoriums einer Siedeikammer
verlegt wurden, einen gemeinsamen Bestattungsplatz? Oder weist das Zusammenwachsen der
Bestattungsgemeinschaft auf ein Zusammenwachsen der Siedlungsgemeinschaft, das Entstehen von großen Zentralsiedlungen hin? Dies sind Fragen, die sich beim derzeitigen Stand der
Siedlungsforschung der Jastorf-Kultur allgemein und auch beim derzeitigen Stand in Mühlen
Eichsen nicht einmal im Ansatz beantworten lassen 68 • Obwohl in den letzten Jahren von der
Grabungsmannschaft, teils in Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde, z. T.
sehr intensive systematische Geländebegehungen im Umfeld des Gräberfeldes unternommen
wurden, ist das Bild (Abb.18) mehr als lückenhaft und unvollständig 69 • Für die Bronzezeit
sind einige Siedlungsstellen festzustellen, für die vorrömische Eisenzeit sind bislang nur drei
Fundstellen gesichert, genauso für die Kaiserzeit.
Auf eine der umliegenden Siedlungen, die ihre Toten wohl in diesem zentralen Friedhof
bestatteten, stieß man aber bereits 1994 südwestlich angrenzend an das Areal des Gräberfeldes 70
(Abb. 3). Um Ausdehnung und Qualität der Erhaltung dieses etwa 1 ha großen Siedeiplatzes
zu erkunden, wurden 1999/2000 Sondageschnitte angelegt, die Herdstellen, Pfosten- und Siedlungsgruben mit Keramik der älteren Kaiserzeit erbrachten71 • Weitere surveys und Sondage-
67
Allgernein zu Leichenbranduntersuchungen und ihren Aussagemöglichkeiten in Mecklenburg: KEILING
(Anrn. 62, 1977) 187-211.- Zur Problematik der Männer- und Frauenfriedhöfe: H .-J. H ÄSSLER, Zur inneren Gliederung und Verbreitung der vorrömischen Eisenzeit im südlichen Niederelbegebiet. Teil!. Materialh. Ur- u. Frühgesch.
Niedersachs en 11 (Hildesheirn 1977) 99ff.; A. ScHWEPPE, Von der Mono graphie zum Begriff. "Der Urnenfriedhof bei
Darzau in der Provinz Hannover" aus forschungs-und rezeptionsgeschichtlicher Sicht. Offa 54/ 55, 1997/ 98, 221-288;
W. ADLER, Studien zur Germanischen Bewaffnung. Waffenmitgabe und Kampfesweise im Niedereibegebiet und im
übrigen freien Germanien um Christi Geburt. Saarbrücker Beitr. Altkde. 58 (Bonn 1993); BRANDT (Anrn.1) 172ff.
68 Zur Problematik: H ARCK (Anrn.51, 1972/ 73) 131ff. u. Karte 19; BRANDT (Anrn. 1) 171f.; H. WILLLIAMS,
Cerneteries and Central places - Place and Identity in Migration Period Eastern England. Acta Arch. Lundensia 39,
2002,341-362.
69 Die Karte beruht auf dem Ortsaktenverzeichnis des Landesamtes für Bodendenkmalpflege in Schwerin und
den surveys der Grabungsrnannschaft, angeleitet durch V. Maier (Stand Ende 2002).
70
Vergleichbarer Befund von Siedlung und Gräberfeld: Cosa (FENSKE [Anrn.62) 34 Abb.2) und in den Reichturnszentrender späten Völkerwanderungs -, frühen römischem Kaiserzeit wie Hedeg:ird (0 . MADSEN, s. v. H edeg:ird.
In: RGA' XIV [Berlin, New York 1999) 99-101).
71 EITEL I MAlER (Anrn. 9) 75 f. Abb. 3).
Peter Ettel
•
175
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
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Abb.19. Eisenzeitlicher Siedlungskomplex von Gmntoft (nach BECKER [Anm.75, 1982] Abb.13;
v. FREEDEN/ v. Sc HNURBEIN [Anm.2] 197 Abb.335).
wurde im 5.-4. Jahrhundert v. Chr. im Nordwesten angelegt, darauf folgten jüngere Siedlungen,
zuletzt umzäunt bis etwa 200 v. Chr., die eine Verlagerung der Siedlung weiter nach Südosten
anzeigen. Die Verlagerung der Siedlung wird neben sozialen Veränderungen vor allem in der
Erschöpfung der siedlungsnahen Äcker oder erneuerungsbedürftigen Häusern begründet sein.
Zu den Siedlungen gehörten auch zwei Gräberfelder, in denen die Toten aus den Siedlungen
bestattet wurden.
Vielleicht darf man sich die Vorgänge in der Siedeikammer von Mühlen Eichsen mit dem
zentralen Friedhof ähnlich vorstellen.
Mit dem Komplex der Siedlungsgeschichte verbunden ist die Frage nach der Entwicklung der
Landschaft im Bereich der Siedeikammer mit dem zentralen Friedhof, der wohl vor allem am
Übergang von der älteren zur jüngeren Eisenzeit eine hohe Belegungsdichte aufwies. Wie sah
Studien zur europäischen Frühgeschichte [Festschr. H . Jankuhn] (Neumünster 1968) 74-82; S. H vAss, Settlement. In:
S. Hvass/ B. Storgaard (Hrsg.), Digging into the Past. 25 Years of Archaeology in Denmark (Aarhus 1993) 187-194; R.
MüLLERI H . STEUER, Gmntoft. In: RGN (Berlin, New York 1999) 73-75; D.M. MIKKELSEN, Single Farm or Village?
Reflections on the Settlement Structure of the Iron Age and the Viking Period. In: Ch. Fabech / J. Ringtved (Hrsg.),
Settlement and Landscape. Proceedings of a Conference in Arhus, D enmark, May 4-7, 1998 (Aarhus 1999) 177-193;
P.O. RINDEL, Development of the Viilage Community 500BC- 100AD in WestJutland, Denmark In: Ebd. 79-103;
DERS., Regional Settlement Pattern and Central Places on Late Iron Age Zealand, Denmark 500v.Chr.-1200n.Chr.
Acta Arch. Lundensia 39,2002 185-196.
176
100-Jahr-Feier der Römisch-Germanischen Kommission
Abb.20. Mühlen Eichsen. Profil mit Kolluvium und Steinpackung einer Bestattung der vorrömischen
Eisenzeit.
die Landschaft vor Beginn der Belegung, zur Zeit der Belegung und nach Ende der Belegung
bzw. Besiedlung aus? In den Profilen im Bereich der Nekropole (Abb. 20) wird bereits ersichtlich, daß landschaftsgeschichtliche Veränderungen seit dem Neolithikum wirksam waren 76 • In
dem flachwelligen Gelände erodierten vermutlich durch Waldschlag die Kuppen und füllten
sich die Senken mit Kolluvium auf. Diese Kolluviumsbildung schließt im unteren, älteren Bereich des Profils Spuren einer jungneolithischen I frühbronzezeitlichen Nutzung, vielleicht eine
Besiedlung des Geländes, ein, wie Funde von entsprechenden Löffelschabern und Pfeilspitzen
usw. zeigen 77 • Darauf folgt eine weitere Schicht Kolluvium, bis sich darüber der Horizont
der Grabanlagen aus der vorrömischen Eisenzeit im Profil deutlich abhebt. Wie die Schicht
darüber belegt, hat eine Kolluviumsbildung auch nach Ende des eisenzeitlichen Gräberfeldes
noch stattgefunden.
Um diese Erosionsvorgänge zu verstehen und deuten zu können, sind mit Bohr- und
Pollenprofilen Untersuchungen zur Sedimentabfolge, landschaftsgeschichtlichen Entwicklung,
Vegetationsgeschichte sowie zu möglichen Veränderungen in der Landwirtschaft im Umfeld
des Zentralfriedhofes, d.h. in der Siedelkammer, notwendig und mit Kollegen der Universität
Jena 78 auch geplant- einhergehend mit surveys und Sondageschnitten im Bereich der umliegenden Siedlungen zur Klärung der Siedlungsstruktur.
Profil 0 - W von 2001.
Die Bestimmung und Datierung erfolgte dankenswerterweise von Dr. H . Lübke, Schwerin: Flintspitzen mit
eingezogener Basis aus Befunden 1403, 1838,2010, Löffelschaber aus Befunden 3515,3569, 1350, Nackenbruchstücke
eines teilweise geschliffenen Flintbeiles aus Befund 3551.
78
Prof. Mäusbacher, Prof. Schalten, Dr. Schneider.
76
77
Peter Ettel
•
Gräberfeld von Mühlen Eichsen in Mecklenburg
177
Schluß
Mit dem Gräberfeld von Mühlen Eichsen ist die Gelegenheit gegeben, ein Gräberfeld der vorrömischen Eisen- und frühen Kaiserzeit vollständig zu untersuchen und damit differenzierte
Aussagen und Interpretationen zum Bestattungsbrauch und den religiösen Vorstellungen der
Menschen zu erhalten, die hier vor 2 000 bis 2 500 Jahren lebten. Wie die Aufdeckung der jungbronze- I früheisenzeitlichen Grabhügel zeigt, wurde dieser Platz schon zuvor zur Anlage von
Gräbern genutzt - der Ort besaß also bereits eine Tradition in der Ahnenverehrung mit sakraler
Bedeutung und wurde in der vorrömischen Eisenzeit dann zu einem zentralen Bestattungsplatz
erweitert. Kennzeichnend ist nach den bisherigen Grabungsergebnissen eine langwährende
Tradition der Bestattungssitten mit kaum spürbarem Wandel im Bestattungszeremoniell und
in der materiellen Ausstattung - ohne Anzeichen für abrupten Kulturwechsel oder fremde Einwanderung, wenngleich Verbindungen und Austausch mit den benachbarten Kulturgruppen
bis hin zu den Kelten nachweisbar bestanden haben. Wie die Struktur des Bestattungsplatzes
mit mehreren Gruppen, gleichsam Bestattungsarealen, zudem zeigt, handelt es sich um ein
zentrales Gräberfeld von überregionaler Bedeutung, auf dem mehrere umliegende Siedlergruppen von Einzelgehöften bis Weilern in einer Siedeikammer von etwa 5 km Durchmesser
ihre Toten - vielleicht in eigens für ihre Siedeigemeinschaft bestimmten Arealen- bestattet
haben. Weitere Einblicke wird die vollständige Ausgrabung und Auswertung des gesamten
Gräberfeldes sowie die geplante wissenschaftliche Untersuchung der Siedlungskammer und
ihrer Landschaftsgeschichte erbringen.
Anschrift des Verfassers:
Peter Ettel
Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte
F riedrich -Schiller-Universität Jena
Löbdergraben 24a
07743 Jena
p.ettel@rz.uni-jena.de