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Typische Dorflebensräume
Auf dem Dorferlebnispfad werden
elf typische Dorflebensräume und ihre Bedeutung für unsere tierischen und pflanzlichen
Mitbewohner dargestellt:
Trockenmauer
Mit ihren Ritzen,
Spalten und Hohlräumen in unterschiedlichen Größen und Formen bieten
Trockenmauern Pflanzen- und Tierarten Lebensraum, die an diese extremen
Bedingungen angepasst sind. Vorwiegend sind es Arten, die in der freien Natur
an Felsbereichen leben, die hier einen Ersatzlebensraum gefunden haben. Je
nach Standort (trocken, feucht, sonnig, schattig) bilden sich spezielle
Pflanzengesellschaften heraus. Aber auch schon auf engstem Raum, von Mauerfuß
zu Mauerkrone, wechseln die Bedingungen. Arten wie Habichtskraut,
Schöllkraut, Mauerpfeffer und seltene Farne, Moose und Flechten kann man
entdecken, aber auch in Steingärten gerne gepflanzte Arten wie das Blaukissen
siedeln sich an. Eidechsen, Kröten, Molche, Hummeln, Wildbienen usw. finden
Unterschlupf und Nahrung.
Trockenmauern
sind nicht nur eine Anhäufung von Steinen, sondern wahre Kunstwerke. Unsere
Vorfahren waren Meister im Mauerbau und schufen Mauern mit einer
erstaunlichen Haltbarkeit und Belastbarkeit. Als Material wurden bei uns auf
Grund des Gesteinsuntergrunds vorwiegend Steine aus Phyllit verwendet, auch
Granitsteine findet man. In der Regel wurden die Steine waagerecht verbaut,
aber auch senkrecht aufeinandergeschichtete Steine kann man entdecken. Leider
ist die sehr arbeitsaufwendige Kunst des Trockenmauerbaus aus der Mode
gekommen und wird durch Bauwerke aus anderen Materialien ersetzt. Diese mögen
ihre Vorteile haben, an Schönheit und an ökologischem Wert können sie sich
mit Trockenmauern keinesfalls messen.
Trockenmauern wurden in
der Vergangenheit zu den verschiedensten Zwecken errichtet. In grauer Vorzeit
dienten sie zusammen mit Hecken und Holzzäunen der Einpferchung des Nutzviehs
und dem Schutz vor wilden Tieren. Eine wichtige Rolle spielten sie auch bei
der Markierung von Besitz und Grenzen, sowohl in der freien Feldflur als auch
im Ort. Vielfach wurden sie für Stütz- und Bachmauern verwendet.
Alle diese Funktionen
werden heutzutage in der Regel mit anderen Mitteln gelöst und so verwundert
es nicht, dass Trockenmauern immer seltener werden, besonders an Bachläufen
ist der Rückgang gravierend. Damit geht nicht nur Lebens- und Nahrungsraum
für viele Pflanzen und Tiere verloren, sondern ein wichtiges Kulturgut und
Zeugnis für die Handwerkskunst unserer Vorfahren.
In Bockau sind
Trockenmauern noch in erstaunlicher Vielzahl und Vielfalt anzutreffen und es
wird deutlich, wie ideenreich und flexibel sie eingesetzt werden können. Und
so lässt sich neben den „ganz normalen“ Trockenmauern auch so manche
Besonderheit und Rarität finden. Beispielsweise eine um einen Felsen
herumgebaute Mauer, eine, die sich sozusagen mit einer alten Esche vereinigt
hat und sogar ein komplettes „Trockenmauer-Haus“.
Interessant ist auch, dass viele Feldscheunen,
Gartenhäuschen oder ähnliche Bauten in Hanglage auf hohen Natursteinsockeln,
also sozusagen auf Trockenmauern, stehen.
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Dorfbach
Naturnahe Fließgewässer gehören zu den stärksten
Verlierern unter den Lebensräumen in Mitteleuropa. Fast keines ist vor
Eingriffen verschont geblieben, auch die Dorfbäche nicht. Früher waren die
Bäche im Siedlungsbereich voll in das menschliche Leben miteingebunden, als
Energie- und Rohstofflieferant, als Wasch- und Badeplatz, als Viehtränke und
auch zur Entsorgung von Abwasser und Abfall. Sie waren aber auch
unerschöpfliche Spiel- und Beobachtungsorte für Kinder und Jugendliche. Die
Dorfbäche sind mittlerweile fast vollständig in ein Korsett gezwängt und
völlig leblos. Nur noch selten, vor allem an den Dorfrändern, findet man
naturnahe Bereiche mit zahllosen Kleinorganismen, die wiederum
Nahrungsgrundlage für größere Tiere sind, beispielsweise Insektenjäger wie
Schwalben und Fledermäuse. Die Wasseramsel hat sich sogar auf den Lebensraum
Bergbach spezialisiert. Der Wert eines Baches als Lebensraum für Tiere und
Pflanzen ist umso größer, je mehr standortgerechte Ufergehölze vorhanden
sind. Bei uns findet sich vorwiegend die Roterle, die eine wichtige Rolle bei
der Uferbefestigung spielt.
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Unbefestigter Weg
Unsere Siedlungen sind heute von vielen Straßen
und Wegen durchzogen, die den Lebensraum vieler Tierarten stark einschränken und
so manchem Tier den Tod bringen. Dabei ist Weg nicht gleich Weg. Asphaltierte
Wege stellen für die meisten Arten ein unüberbrückbares Hindernis dar, die
Bilanz unbefestigter Wege ist hier schon besser. Haben sie dazu noch einen
grünen Mittelstreifen und ausreichend breite Wegränder, dann bringen sie
sogar positive Effekte. In unserer intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaft
sind nämlich unbewirtschaftete Altgras- oder Ruderalflächen zur Seltenheit
geworden, sind aber unverzichtbare Voraussetzungen für das Überleben
bestimmter Arten. Wegränder können hier einen gewissen Ersatz bieten und zu
wichtigen Rückzugs-, Nahrungs- und Überwinterungsräumen für viele gefährdete
Pflanzen und Tiere werden, etwa Schmetterlingen und Bienen. Zudem geben
Wegränder ein schönes Bild ab, weil hier noch viele Pflanzen zum Blühen
kommen.
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Hauswiese
Die Wiese am Haus diente früher der
Futtergewinnung für Hasen, Schafe, Ziegen oder Rinder. Ob als Grünfutter, Heu
oder Grummet, jeder Quadratmeter war wertvoll. Auf diese Bewirtschaftung
stellten sich die Pflanzen und Tiere ein. Das Ergebnis waren blütenbunte
Wiesen mit einem regen Leben an tierischen Besuchern wie Schmetterlingen,
Bienen, Hummeln und Grashüpfern. Es surrte, summte und zirpte nur so und war
eine Wohltat fürs Auge. Wo noch Tierhaltung betrieben wird, kann man auch
heute noch solche Oasen finden, aber für gewöhnlich erstreckt sich ums Haus
ein monotoner Kurzrasen mit eingestreuten Koniferen, das Wirkungsfeld von
Vatis zweitliebstem Spielzeug, dem Rasenmäher, der sich alle paar Wochen über
die Pflanzen hermacht. Dem sind nur wenige Grasarten gewachsen, Blüten haben
hier keinerlei Chance, kein Tier kann sich hier verstecken, keinerlei Nahrung
ist zu finden. Viele Lebensmöglichkeiten für Pflanzen und Tiere gehen
schleichend verloren.
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Obstgarten
Schon seit Jahrhunderten sind die Obstbäume
Begleiter des Menschen und prägen unsere Dörfer. Jeder Quadratmeter Boden
musste ausgenutzt werden. Dabei waren Hochstammobstbäume geradezu ideal, da
sie eine Bewirtschaftung in zwei Etagen ermöglichten. Der Boden konnte als
Wiese oder Weide genutzt werden und das Obst der Bäume war eine notwendige
Bereicherung des Speisezettels, als Tafel-, Most-, Dörr- oder Brennobst, zu
Marmelade oder Kuchen verarbeitet. Heute
bekommt man Obst und Obstprodukte aus aller Welt billig im Supermarkt, das
Obst aus dem Garten verliert an Attraktivität. Bedauerlich, denn nur durch
die Verwendung des Obstes für die menschliche Ernährung können unsere
Obstwiesen langfristig erhalten werden. Und ganz nebenbei erhält man damit
einen der vielfältigsten und artenreichsten Lebensräume Mitteleuropas.
Über 5.000 Pflanzen- und Tierarten leben in Streuobstwiesen, über 3.000
Obstsorten gibt es. Obstbäume sind „lebende Kalender“, die uns durch das Jahr
führen und zu allen Zeiten ein prächtiges Bild abgeben, vor allem zur
Obstbaumblüte.
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Hausbaum
Bäume am Haus und im Garten wurden früher als
Schutz gegen Witterungsunbilden und Brände sowie zur Holznutzung gepflanzt.
Dabei waren es vor allem Laubbäume, die in der Gunst der Leute standen.
Selbst das Laub wurde geschätzt, als Viehfutter oder zur Düngung der Wiesen
und Äcker. Diese Zeiten sind lange vorbei. Koniferen und Nadelbäume sind in
Mode, Zwerge und „Baumkinder“, die auf keinen Fall groß werden sollen. Die
Angst geht um vor Stürmen und Schäden durch umfallende Bäume, das Herbstlaub
ist nur noch störender Abfall. Die „Wohlfahrtswirkungen“ von Laubbäumen
werden dabei wenig bedacht. Sie filtern Staub und Abgase, schützen vor Lärm,
erzeugen Sauerstoff, beeinflussen das Kleinklima, spenden Schatten und sind
nicht zuletzt wunderschön in ihrem jahreszeitlichen Wandel.
Gravierend sind auch die Auswirkungen auf die Tierwelt der Städte und Dörfer. Von
der Vielzahl der Vögel, Säuger und Insekten (von der Stieleiche leben
beispielsweise 200 Insekten- und 28 Vogelarten), die sich auf das
„Zusammenleben“ mit Laubbäumen eingestellt haben, kommen nur wenige ohne sie
zurecht. Artenverarmung ist die Folge: Schmetterlinge werden seltener, der
abendliche Flug der Fledermäuse verschwindet, viele Stimmen ziehen sich aus
dem Vogelchor zurück. Erst wenn ein alter Laubbaum gefällt wurde fällt uns
auf, wie nackt und einsam das Gebäude dasteht.
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Alte Scheune
Alte Scheunen haben ihre ehemalige Bedeutung zur
Lagerung des Erntegutes und zum Unterstellen der Gerätschaften meist
verloren. Als Brutplatz und Unterschlupf für viele Tierarten sind sie aber
weiterhin wichtig. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die reichlich
vorhandenen
Einschlupf- und Versteckmöglichkeiten erhalten
bleiben. Dann kann sich ein vielfältiges, interessantes Tierleben erhalten,
das hier auch bedenkenloser geduldet wird als im Wohnhaus. Speziell die durch
den Rückzug der Landwirtschaft bedrohte Rauchschwalbe baut ihr Nest gerne in
Ställe, Schuppen und Scheunen. Aber auch andere Vögel wie Hausrotschwanz oder
Säugetiere wie Fledermaus, Igel, Mauswiesel, Marder, Garten- und
Siebenschläfer nehmen das Angebot „Scheune“ dankend an.
Scheunen oder andere Nebengebäude sind zudem ideal,
um an den Außenwänden oder im unmittelbaren Umfeld weitere „Tierwohnungen“ zu
schaffen, beispielsweise Kunstnester für Mehlschwalben oder Nistkästen für
andere Vogelarten, Fassadenbegrünungen, Holzstapel, Laub-, Riesig- und
Steinhaufen.
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Hecke und Zaun
Zäune und Hecken im Dorf und seinem Umfeld haben
eine lange Geschichte und stehen im Zusammenhang mit dem Wunsch des Menschen
nach Schutz und Abgrenzung sowie der Darstellung des Eigentums. Zum Zaunbau
wurde vor allem Holz verwendet, das auch heute noch typisch für unsere Region
ist, obwohl mittlerweile Zäune aus den unterschiedlichsten Materialien zu
finden sind.
Hecken als „lebende Zäune“ dienten dem gleichen
Zweck. Zusätzlich konnten sie zur Brennholzgewinnung genutzt werden, das Laub
wurde verfüttert oder als Streu verwendet, verschiedene Beeren wurden
gesammelt sowie Blüten und Blätter als Naturheilmittel eingesetzt.
Hecken haben einen weiteren riesigen Vorteil, sie
bieten einer Vielzahl von Tieren Lebensraum, Unterschlupf-, Nahrungs- und
Brutmöglichkeiten, vor allem, wenn sie aus heimischen Laubgehölzen bestehen.
Je breiter und vielfältiger eine Hecke ist, desto reichhaltiger ist die
Wirkung auf die Tier- und Pflanzenwelt. Aber angesichts der oft beschränkten
Platzverhältnisses im Siedlungsbereich bringt auch eine schmale Schnitthecke
aus Hasel, Hainbuche oder Weißdorn schon viel.
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Haus und Garten
Haus und Garten sind untrennbar mit der
menschlichen Kultur verbunden. Je nach Gegend haben sie unverwechselbare,
typische Gesichter, findet man viele landschaftstypische Formen und
Eigenheiten.
Von Anfang an haben bestimmte Tiere an und in
unseren Gebäuden einen Ersatzlebensraum gefunden. Oft leben sie versteckt und
unbemerkt in unserer Nähe. Aber auch auffälligere Fledermaus- und Vogelarten haben sich dem Menschen
angeschlossen, insbesondere Rauch- und Mehlschwalbe, Haussperling und
Hausrotschwanz. Allerdings können sie nur dann eine „Wohnung“ finden, wenn es
die menschlichen Bewohner der Häuser zulassen, Einflugöffnungen offen lassen,
Nischen, Verstecke und Nisthilfen anbieten. Natürlich muss auch das Umfeld stimmen und reichlich Nahrung
bieten. Das beginnt schon in den Gärten, die eine lange Tradition haben. Eine
Vielzahl von Nutz-, Heil- und Zierpflanzen wurden gemeinsam angebaut und
sorgten nicht nur für unnachahmliche, bunte Bilder, sondern auch für ein
reichhaltiges Nahrungsangebot für unsere tierischen Mitbewohner.
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Feldgehölz
Feldgehölze mitten im Dorf oder am Dorfrand sind
nicht mehr in allen Dörfern zu finden. Früher waren sie aller Orten vertreten
und dienten als Holzreserve und zur Viehweide. Viele mussten mittlerweile dem
wachsenden Platzbedarf der Menschen weichen. Gibt es sie noch, so können sich
die Bewohner glücklich schätzen, denn Feldgehölze sind beliebtes Ausflugsziel
für die Dorfbewohner und attraktiver Spielplatz für die Kinder.
Sie sind wahre Paradiese für die Tierwelt der
Dörfer, vor allem, wenn ein ausgeprägter Bestand an alten Laubbäumen
vorhanden ist. Dann lässt sich neben den typischen „Dorfbewohnern“ auch so manche
Art entdecken, die man sonst nur im Wald findet. Man braucht keine langen
Wege zu machen, um das Hämmern des Buntspechts zu hören, den winzigen
Zaunkönig zu bewundern oder das Eichhörnchen beim Turnen zu beobachten.
Feldgehölze haben zu allen Jahreszeiten ihren Reiz, aber besonders der Herbst
malt uns Bilder, die kein Künstler je übertreffen wird.
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Friedhof
Friedhöfe sind Stätten des Erinnerns und Gedenkens
an Verwandte und Freunde, Orte der Ruhe und inneren Einkehr, bei deren
Betreten das „Lebenstempo“ automatisch einen Gang zurückgeschaltet wird.
Friedhöfe sind aber auch Stätten des Lebens für Tiere und Pflanzen und haben
eine hohe ökologische Bedeutung, vor allem, wenn viele Bäume und Sträucher
aus heimischen Laubgehölzen vorhanden sind, die ausreichend Nahrung,
Brutplätze und Verstecke bieten. Das Vogelleben ist oft so mannigfaltig, dass
der Friedhof im Frühjahr zur „Konzerthalle im Dorf“ wird. Amsel, Drossel,
Fink und Star und die ganze Vogelschar wetteifern um die Gunst des Publikums.
Aber auch die Kirche selbst kann Zufluchtsort für
bestimmte
Tierarten, z.B. Fledermäuse und Vögel werden, wenn ihnen die Menschen dies
gestatten und nicht alle Einschlupfmöglichkeiten verbauen.
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