Vertragslandwirtschaft
Im Katzhof in Richenthal wächst das etwas andere Gemüse

Jährlich einen fixen Beitrag zahlen und dafür wöchentlich frisches Gemüse ab Hof erhalten. Dieses Modell ist im Kanton Luzern noch rar. Doch es scheint vielversprechend – besonders in Stadtnähe.

Susanne Balli
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Claudia Meierhans und Markus Schwegler Meierhans mit Sohn Mael in ihrem Gemüsegarten.

Claudia Meierhans und Markus Schwegler Meierhans mit Sohn Mael in ihrem Gemüsegarten.

Bild: Boris Bürgisser (Richenthal, 10. November 2017)

Der Katzhof liegt in Richenthal in der sanften Hügellandschaft des Wiggertals zirka 650 Meter über Meer. Zum Betrieb gehören Tierhaltung, Acker- und Futterbau ­sowie Gemüse- und Obstbau. Ein typischer Schweizer Kleinbauernbetrieb, könnte man meinen. Nicht ganz. Das Ehepaar Claudia Meierhans (39) und Markus Schwegler Meierhans (38) hat sich an eine seltene Form der Landwirtschaft gewagt. Im Bereich des Gemüsebaus betreiben die beiden solidarische Landwirtschaft (Solawi, siehe Kasten).

Das Gemüse wächst im Gemeinschaftgarten. Wer es direkt beziehen will, löst jährlich ein ­Gemüseabo, das für einen kleinen Haushalt 1200 Franken pro Jahr kostet und für einen grossen 2400 Franken. Die Abonnenten unterstützen den Gemeinschaftsgarten mit mindestens vier Einsätzen pro Jahr. Im Gegenzug erhalten die Abonnenten wöchentlich eine Tasche mit biologisch angebautem Gemüse.

Für eigenen Hofladen zu abgelegen

«Für uns bringt dieses Konzept mehrere Vorteile», sagt Markus Schwegler. «Wir haben in der Gemüseproduktion finanzielle und planerische Sicherheit.» Damit könne Lebensmittelverschwendung vermieden werden, auch äusserlich nicht perfektes Gemüse werde abgenommen.

Auf die Idee der solidarischen Landwirtschaft kam das Paar, bevor es 2015 den Hof von Claudia Meierhans’ Eltern übernehmen konnte. «Wir wollten unsere Produkte direkt vermarkten. Der Markt wie auch ein Hofladen ­kamen aber nicht in Frage, weil unser Hof zu abgelegen ist», erklärt Schwegler. Zufällig sei ein Lehrgang bei der Kooperationsstelle für solidarische Landwirtschaft in Zürich ausgeschrieben gewesen. «Wir haben ihn absolviert, und es hat uns sofort den Ärmel reingenommen.» Was ihm und seiner Frau besonders daran gefällt, ist der direkte Kontakt und das Mitwirken der Mitglieder ­sowie die Nachhaltigkeit. Die Wertschöpfung bleibt auf dem Hof. Aber es sei auch ein Risiko. Die Herausforderung in der momentanen Aufbauphase ist für das Paar, die Idee der solidarischen Landwirtschaft den Leuten verständlich zu vermitteln. Derzeit hat es 27 Abos, und es ist neben der Landwirtschaft auf den Nebenerwerb von Claudia Meierhans angewiesen, die Dozentin an der Pädagogischen Hochschule Zug ist. «Auf dem Land ist die Nachfrage nach unserem Modell nicht so gross. Die Hälfte unserer Kunden stammt aus der Stadt ­Luzern, wo wir unser Gemüse wöchentlich an einen Verteilpunkt bringen», sagt Schwegler. Zudem funktioniere Solawi bei ihnen zum Beispiel im Bereich des ­Getreideanbaus nicht. «Wir produzieren davon viel zu grosse Mengen und können diese auch gar nicht selber veredeln», erklärt Schwegler. Ein reiner Solawi-Betrieb sei derzeit nicht realistisch.

Auch Rita und Albert Portmann aus Adligenswil leben nicht allein von der regionalen Vertragslandwirtschaft, sondern haben sich als zweites Standbein aufs Kompostieren spezialisiert. Die beiden haben 2011 für den Verein Vertragslandwirtschaft Luzern mit dem Produzieren von Gemüsekörben für die Stadt­luzerner begonnen. Der Verein hat sich in diesem Sommer zwar aufgelöst. Das Projekt «Gmües­chorb» führen die Portmanns aber weiter – und das mit viel Erfolg. Derzeit liefern sie wöchentlich 150 Gemüsekörbe zu ihren Abonnenten. Geliefert wird an drei Standorte in der Stadt. Zudem machen sie in Adligenswil, Udligenswil und Meggen Hauslieferdienst. «Neue Kunden können wir derzeit nicht annehmen. Auf einer Hektare ist es uns nicht möglich, noch mehr Gemüse zu produzieren. Darum führen wir eine Warteliste», sagt Rita Portmann. Zudem sei der Aufwand, die Gemüsetaschen zu packen, sehr gross. Im Sommer bewäl­tigen bis zu sechs Personen die Arbeit, im Winter reichen drei. Die Familie Portmann arbeitet mit weiteren Biobauern zusammen, um eine Gemüsevielfalt zu bieten und die Mengen zu bewältigen. Ursprünglich habe man die Abonnenten für Arbeitseinsätze zu gewinnen versucht. «Das gestaltete sich schwierig, weil viele Leute dafür keine Zeit finden. ­Daher ist der Kontakt zu unseren Kunden nicht so eng geworden, wie ursprünglich geplant war.»

Rita Portmann ist aber überzeugt, dass das Interesse an ­Gemüseabos in Stadt und Agglo weiterwächst. Mittlerweile bietet auch Biobauer Sebastian Ineichen in Kastanienbaum Gemüseabos an (Ausgabe vom 29. Mai).

«Es ist auch ein soziales Experiment»

In anderen Deutschschweizer Kantonen gibt es mehrere reine regionale Vertragslandwirtschafts-Betriebe – und es werden jährlich mehr. So zum Beispiel die Genossenschaft Wädichörbli in Samstagern bei Richterswil, die 2012 gegründet wurde. 169 Personen machen aktiv mit, 134 Genossinnen und Genossen be­sitzen feste Anteile. «Das Wädichörbli ist nicht nur Biogemüse, sondern auch ein soziales Experiment, ein Mehrgenerationenprojekt», sagt Max Talmon-Gros von der Wädichörbli-Betriebsgruppe.

Zu den Grundsätzen gehören unter anderem eine kollektive und saisonale Bewirtschaftung sowie eine gerechte Bezahlung der Gemüsefachkräfte. Aber auch das Wädichörbli muss schauen, genügend Mitglieder zu haben. Max Talmon: «Während in vergleichbaren Genossenschaften in Zürich Wartelisten existieren, müssen wir in einer eher ländlich geprägten Struktur viel Werbung und Überzeugungsarbeit leisten.»