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Zu viele Neuinfektionen Thüringer Landesregierung erhöht Druck auf Corona-Hotspot Greiz

Seit Tagen reißt der Landkreis Greiz die neue Obergrenze für Corona-Infektionen. Doch die Entscheidung über Schutzmaßnahmen wird immer wieder vertagt. Die Thüringer Landesregierung fordert nun einen Plan bis Mittwoch.
Altstadt von Greiz: "das höchste Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus in ganz Deutschland"

Altstadt von Greiz: "das höchste Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus in ganz Deutschland"

Foto: Bodo Schackow/ dpa

Die Thüringer Landesregierung fordert den Landkreis Greiz auf, am Mittwoch ein Schutzkonzept gegen die weitere Verbreitung des Coronavirus vorzulegen. Man werde dann prüfen, ob die Maßnahmen ausreichend seien, um das Infektionsgeschehen ausreichend einzudämmen, sagte Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) am Dienstag in Erfurt.

Der Landkreis Greiz liegt seit Tagen über der kritischen Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage. Bund und Länder hatten am vergangenen Mittwoch beschlossen, dass ab dieser Grenze eine Notbremse greifen solle, die auch eine Abriegelung des Gebiets bedeuten könnte. Bisher überschreiten fünf Landkreise die Grenze, darunter gehört neben Greiz in Thüringen auch der Landkreis Sonneberg.

Einen konkreten Plan, wie Greiz mit der Überschreitung umgehen will, gibt es bisher nicht - obwohl der Landkreis die Grenze schon seit dem Beschluss der Ministerpräsidenten reißt. Vielmehr verkündete Landrätin Martina Schweinsburg (CDU), sie wolle dieselben Lockerungen umsetzen wie überall in Thüringen. Lediglich das Besuchsverbot solle bei Pflegeeinrichtungen, die besonders betroffen sind, aufrechterhalten werden.

Weisung des Landes in allerletzter Konsequenz

"Zunächst sind die Landkreise in der Pflicht, tätig zu werden", sagte Gesundheitsministerin Werner. Wenn ein Konzept des Landkreises am Mittwoch vorliege, werde man "entscheiden, ob die Maßnahmen ausreichend sind". Sollte das nicht der Fall sein, werde man dem Landkreis empfehlen, über dieses Konzept hinauszugehen. Wenn der Landkreis diese Empfehlungen nicht umsetze, müsse das Gesundheitsministerium tätig werden. "In allerletzter Konsequenz müsste es auch eine Weisung des Landes geben, wenn wir hier eine Gefährdung der Bevölkerung sehen", so Werner.

Inzwischen vertagte der Pandemiestab des Landkreises Greiz ein drittes Mal die Entscheidung, wie man mit den hohen Infektionszahlen umgehen will. Am Freitag hatte es von der Pressestelle geheißen, eine Entscheidung solle am Montag fallen, dann am Dienstag, nun ist es der Mittwoch. Nach SPIEGEL-Informationen hofft die Landrätin, die Zahlen könnten in den nächsten Tagen unter die Grenze von 50 Neuinfektionen fallen. Aktuell liegen sie aber weiterhin bei 75.

Als erster Nachbarlandkreis reagiert nun der sachsen-anhaltische Burgendlandkreis auf das Agieren der Landrätin. Dort wurde nun eine Reisewarnung an die Bürger ausgesprochen, wie die "Ostthüringer Zeitung" berichtet. Über das Warn- und Informationssystem Katwarn hat das Landratsamt über den Vorgang andere Landkreise informiert, wie der Landkreis dem SPIEGEL bestätigt. Eindringlich wird davor gewarnt, sich im Thüringer Nachbarkeis Greiz aufzuhalten, da dort derzeit "das höchste Ansteckungsrisiko mit dem Coronavirus in ganz Deutschland" bestehe. Kontakte sollten auf das absolute Mindestmaß beschränkt werden.

Erstmals tagte am Dienstag eine Taskforce des Thüringer Gesundheitsministeriums, die die Zahlen der Landkreise nun prüfen soll und die Kreise unterstützen wird. Dies werde schon bei 35 Neuinfektionen geschehen, sagte Ministerin Werner.

Der Jenaer Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP) hält die Absenkung der Obergrenze für den Freistaat für richtig. "Die Zahl 50 wäre zu hoch angesetzt. Ich begrüße es, wenn die Regelung bereits bei 35 Fällen greift", sagte Nitzsche gegenüber dem SPIEGEL. Und ergänzte mit Blick auf Greiz: "Nun sind vor allem wir Kommunen gefragt, uns an diese Regelung zu halten." Nitzsche hat es mit strikten Maßnahmen in Jena geschafft hat, seit Wochen keine Neuinfektionen mehr zu verzeichnen.