28.02.2014 Aufrufe

Nachrichtendienst des Bundes Papiermühlestrasse 20 3003 Bern 2 ...

Nachrichtendienst des Bundes Papiermühlestrasse 20 3003 Bern 2 ...

Nachrichtendienst des Bundes Papiermühlestrasse 20 3003 Bern 2 ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Regierungsrat<br />

Rathaus / Barfüssergasse 24<br />

4509 Solothurn<br />

www.so.ch<br />

<strong>Nachrichtendienst</strong> <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong><br />

<strong>Papiermühlestrasse</strong> <strong>20</strong><br />

<strong>3003</strong> <strong>Bern</strong><br />

2. Juli <strong>20</strong>13<br />

Vernehmlassung zum <strong>Nachrichtendienst</strong>gesetz<br />

Sehr geehrter Herr Bun<strong>des</strong>präsident<br />

Sehr geehrte Damen und Herren<br />

Sie haben uns mit Brief vom 08. März <strong>20</strong>13 zur Stellungnahme in titelerwähnter Angelegenheit<br />

eingeladen. Wir danken Ihnen für die Gelegenheit zur Meinungsäusserung zum Vorentwurf für<br />

ein <strong>Nachrichtendienst</strong>gesetz (NDG). Wie gewünscht haben wir den Fragekatalog ausgefüllt (siehe<br />

Beilage). Dieser beschränkt sich primär auf Fragen zur Verständlichkeit der Vorlage, zur<br />

transparenten Darstellung vorgeschlagener Verfahren und Präzision der Formulierungen. Dies<br />

wird der Bedeutung der Vorlage nicht gerecht. Eine fundierte Stellungnahme zu einem derart<br />

bedeutsamen Erlass, welcher Massnahmen in einem sensiblen Bereich und mit Grundrechtsrelevanz<br />

regelt, ist im Rahmen der Beantwortung von sechs standardisierten Fragen nicht möglich.<br />

Aus diesem Grund lassen wir Ihnen neben dem Fragekatalog dieses Schreiben zukommen, worin<br />

wir zu Grundsatzfragen, welche die Vorlage aufwirft, wie folgt Stellung nehmen.<br />

1 Grundsätzliche Bemerkungen<br />

1.1 Grundsätzliche Zustimmung zur einer gesamtheitlichen Gesetzesgrundlage für den NDB<br />

Dem Vorhaben, die bisherige Zweiteilung in das Bun<strong>des</strong>gesetz über die Zuständigkeiten im Bereich<br />

<strong>des</strong> zivilen <strong>Nachrichtendienst</strong>es (ZNDG) und das Bun<strong>des</strong>gesetz über Massnahmen zur Wahrung<br />

der inneren Sicherheit (BWIS) aufzugeben, stimmen wir zu. Die Schaffung einer einheitlichen<br />

formell gesetzlichen Grundlage für die nachrichtendienstliche Tätigkeit zugunsten der inneren<br />

Sicherheit der Schweiz ist zu begrüssen. Ein einziges <strong>Nachrichtendienst</strong>gesetz erhöht die<br />

Transparenz sowie die Rechtssicherheit für die Bevölkerung und verbessert die Legitimation der<br />

staatlichen Behörden, welche in diesem politisch sensiblen Bereich tätig sind.<br />

Auch die Überführung der polizeirechtlichen Bestimmungen <strong>des</strong> BWIS in ein künftiges Polizeiaufgabengesetz<br />

ist zu begrüssen. Die nahtlose Überführung der Rechtsgrundlagen für die Massnahmen<br />

gegen Gewalt anlässlich von Sportveranstaltungen, welche der Bund treffen kann (insbesondere<br />

der Betrieb der entsprechenden Datenbank), ist für die Kantone von grosser Bedeutung.


1.2 Fehlende ausdrückliche Grundlage in der Verfassung<br />

Der Bericht vom 02. März <strong>20</strong>12 <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>rates in Erfüllung <strong>des</strong> Postulats Malama 10.3045 vom<br />

03. März <strong>20</strong>10 Innere Sicherheit. Klärung der Kompetenzen (nachfolgend Bericht) stellt fest, dass<br />

mangels einer ausdrücklichen Grundlage in der Verfassung hinsichtlich der Tragweite und <strong>des</strong><br />

Umfangs der Bun<strong>des</strong>kompetenz im Bereich <strong>des</strong> Staatsschutzes vieles im Ungewissen liege. Unklar<br />

sei etwa, welche Gefährdungen Staatsschutzrelevanz haben und von der Staatsschutzgesetzgebung<br />

<strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> erfasst werden sollen. „Soll sich die Staatsschutztätigkeit <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> lediglich<br />

gegen unmittelbare Bedrohungen <strong>des</strong> staatlichen Territoriums, der Bevölkerung und der gesellschaftlichen<br />

und politischen Ordnung richten oder erstreckt sich die Tätigkeit auch auf die Abwehr<br />

von Bedrohungen, welche den Staat mittelbar, z.B. durch Schwächung seiner Wirtschaft, in<br />

seiner Funktionstüchtigkeit treffen?“ (Ziffer 3.2.5 <strong>des</strong> Berichts). Als Fazit wird die Schaffung einer<br />

Verfassungsgrundlage empfohlen, welche Umfang und Tragweite derjenigen Bun<strong>des</strong>kompetenz<br />

im Bereich <strong>des</strong> Staatsschutzes, die auf ungeschriebenem Verfassungsrecht basieren, klar umreisst<br />

(Ziffer 3.2.5.1 <strong>des</strong> Berichts). „Eine ausdrückliche, genügend bestimmte Verfassungsgrundlage,<br />

welche Umfang und Grenzen dieser Bun<strong>des</strong>zuständigkeit aufzeigt, würde die bestehenden Unsicherheiten<br />

beheben und in diesem wichtigen, die Grundrechte stark tangierenden Sachbereich<br />

Transparenz und Klarheit schaffen“ (Ziffer 3.2.5, S. 4582 <strong>des</strong> Berichts).<br />

Wir stellen fest, dass dieser Empfehlung nicht nachgekommen wurde. Die Auseinandersetzung<br />

mit der Thematik der fehlenden ausdrücklichen Verfassungsgrundlage, welche der Bun<strong>des</strong>rat ein<br />

Jahr zuvor festgestellt hat, ist unseres Erachtens unzulänglich (Ziffer 1.9 und 7. Kapitel <strong>des</strong> Erläuternden<br />

Berichts zum Vorentwurf). Ein ausdrücklicher Hinweis auf diese Problematik und insbesondere<br />

auf die Gründe, weshalb die Gelegenheit nicht genutzt wurde, um der Empfehlung <strong>des</strong><br />

Bun<strong>des</strong>rates nachzukommen, fehlt. Vielmehr beantwortet der Vorentwurf implizit die nicht geklärten<br />

Fragen zu Umfang und Grenzen der Aufgaben und Kompetenzen <strong>des</strong> Staatsschutzes,<br />

indem er <strong>des</strong>sen Aufgabenkatalog im Vergleich zu den bisherigen Aufgaben <strong>des</strong> NDB nach BWIS<br />

erweitert. Unabhängig von der Beurteilung der vorgeschlagenen neuen Aufgaben und Kompetenzen<br />

ist dieses Vorgehen zu hinterfragen: Als inkonsistent werten wir es, wenn eigenen Empfehlungen<br />

ohne jegliche vertiefte Auseinandersetzung nicht nachgekommen wird. Als intransparent<br />

beurteilen wir es, wenn die Vorlage auf den impliziten Verzicht, eine Verfassungsgrundlage<br />

zu schaffen, nicht hinweist.<br />

Unter Berücksichtigung der im Bericht festgestellten grossen Grundrechtsrelevanz erachten wir<br />

die Entscheidung als solche, die Aufgaben <strong>des</strong> Staatsschutzes ohne entsprechende ausdrückliche<br />

Verfassungsbestimmung auszudehnen, als staatspolitisch nicht opportun, mithin als einen<br />

Schwachpunkt der Vorlage, welcher politisch die Zustimmung zu den neuen Beschaffungsinstrumenten<br />

(welche wir an sich begrüssen; siehe dazu unten Ziffer 1.3) gefährden kann. Zur Vornahme<br />

der Massnahmen nach Vorentwurf, welche teilweise stark in die Grundrechte eingreifen,<br />

bedarf es unseres Erachtens einer ausdrücklichen Bestimmung in der Bun<strong>des</strong>verfassung, die Ausführungen<br />

auf S. 15 f. <strong>des</strong> Erläuternden Berichts zum Vorentwurf vermögen uns nicht zu überzeugen.<br />

1.3 Zu den neuen Kompetenzen<br />

Im Lichte der seit Einführung <strong>des</strong> BWIS im Jahre 1997 entstandenen neuen Bedrohungsformen<br />

(Terroranschläge durch radikalisierte Einzeltäter, Angriffe auf kritische Infrastrukturen, etc.) wie<br />

auch angesichts der neuen technischen Möglichkeiten einer weltweiten und verdeckten Kommunikation,<br />

ist der notwendige Einsatz von Informationsbeschaffungsinstrumenten für den<br />

nicht öffentlichen Bereich ausgewiesen. Dies in der Überzeugung, dass Einzeltätern oder Gruppierungen<br />

vom Zuschnitt eines Mohammed Merah (Attentäter von Toulouse), einer Zwickauer<br />

Zelle oder auch der Attentäter <strong>des</strong> Boston-Marathons vom 15. April <strong>20</strong>13 mit den eingeschränkten<br />

Mitteln <strong>des</strong> heutigen BWIS nicht mehr beizukommen ist. Allfällige Hinweise einer ausländischen<br />

Regierung auf eine Person mit kritischen, die öffentliche Sicherheit gefährdenden Tendenzen<br />

können mangels Rechtsgrundlage nicht anhand geheimer nachrichtendienstlicher Überwachungsmassnahmen<br />

überprüft werden. Auch der Einsatz geheimer Überwachungsmassnahmen<br />

nach der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO) ist in solchen Konstellationen noch nicht<br />

zulässig und kommt demzufolge nicht in Frage. Die derzeit dem NDB zur Verfügung stehenden<br />

2 / 7


Instrumente sind für die heutige veränderte internationale Bedrohungslage nicht geeignet und<br />

ungenügend, weil damit den Sicherheitsherausforderungen <strong>des</strong> 21. Jahrhunderts nicht wirkungsvoll<br />

genug begegnet werden kann.<br />

Die Zustimmung zu den neuen (genehmigungspflichtigen) Informationsbeschaffungsmassnahmen<br />

machen wir jedoch von drei Voraussetzungen - derzeit im Vorentwurf vorhanden - abhängig,<br />

welche für uns essentiell sind:<br />

Erstens begrüssen wir, dass die verschiedenen Bedrohungen und Aufgabenfelder <strong>des</strong> NDB differenziert<br />

betrachtet werden und sich dies auch in <strong>des</strong>sen Kompetenzen niederschlägt. Angesichts<br />

der unterschiedlichen Gefährlichkeit der Bedrohungen in den verschiedenen Aufgabenfeldern<br />

<strong>des</strong> <strong>Nachrichtendienst</strong>es und der unterschiedlichen Schwere von Grundrechtseingriffen für Betroffene<br />

in diesen Aufgabenfeldern erscheint die grundsätzliche Unterscheidung <strong>des</strong> Gesetzes<br />

zwischen gewalttätigem Extremismus mit Bezug zur Schweiz einerseits und den übrigen Bedrohungsfeldern<br />

und Aufgaben andererseits nicht nur sinnvoll, sondern für die politische Akzeptanz<br />

der Vorlage geradezu notwendig.<br />

Zweitens stellen wir bei Datenbearbeitungsvorgängen mit einem derart grossen Gefährdungspotential<br />

aufgrund der erheblichen Grundrechtseingriffe hohe Anforderungen an die Normdichte.<br />

Das NDG weist, mit einer Ausnahme (siehe unten Ziffer 2.1), diesen geforderten hohen Detaillierungsgrad<br />

auf, was zu begrüssen ist.<br />

Drittens ist für uns das zweifache Genehmigungsverfahren, welches die Zulässigkeit der konkreten<br />

Massnahme aus juristischer und politischer Optik prüft, zentral.<br />

1.4 Entschädigung der Kantone<br />

Eine besondere Regelung erfahren sollte die finanzielle Abgeltung der Leistungen der Kantone<br />

im vorliegenden Bereich. Im Erläuternden Bericht zum Vorentwurf (S. 16) wird der zusätzliche<br />

Personalbedarf für die Umsetzung der neu vorgeschlagenen Beschaffungsmassnahmen auf 16<br />

Stellen veranschlagt, wobei diese Mittel offensichtlich nur die Bun<strong>des</strong>verwaltung betreffen. Die<br />

Finanzierung der voraussichtlich nötigen, zusätzlichen Stellen bei den kantonalen Vollzugsbehörden<br />

ist vorliegend nicht geregelt, obwohl die Instrumente und Verfahren <strong>des</strong> neuen NDG<br />

auch den kantonalen Vollzugsbehörden deutlich mehr Aufwand bescheren (vgl. Art. 25 Abs. 1<br />

lit. d: Auch die kantonalen Vollzugsbehörden werden mit der Durchführung genehmigungspflichtiger<br />

Beschaffungsmassnahmen betraut werden können; ebenso Art. 30 Abs. 1). Hier sollte<br />

der Bund präzisieren, dass er bereit ist, diese zusätzlichen Aufwendungen der kantonalen Vollzugsbehörden<br />

für konkrete Einzelfälle entsprechend zu entschädigen.<br />

Ansonsten nehmen wir den Beibehalt der pauschalen Abgeltung der Kantone für erbrachte Leistungen<br />

mit Befriedigung zur Kenntnis. Dabei gehen wir davon aus, dass die neu aufgenommene<br />

Relativierung „im Rahmen der bewilligten Kredite“ zu keiner Reduktion der Pauschale führen<br />

wird. Nicht klar ist ferner, ob der Vorentwurf bewusst auf Artikel 28 Absatz 3 BWIS, der dem<br />

Schweizerischen Polizeiinstitut Neuenburg Finanzhilfen für die im Interesse <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> erbrachten<br />

Leistungen gewährt, verzichtet.<br />

2 Zu einzelnen Artikeln<br />

2.1 Artikel 2: Verpflichtete Behörden und Personen<br />

Nicht befriedigend gelöst scheint die Regelung der Tätigkeit der kantonalen Vollzugsbehörden.<br />

Nach den ausdrücklichen Bestimmungen <strong>des</strong> Vorentwurfs werden diese - wie bis anhin - durch<br />

die Bun<strong>des</strong>behörden beauftragt (Art. 7 Abs. 2) und bezahlt (Art. 73 Abs. 5), arbeiten künftig für<br />

den Bereich der beauftragten Tätigkeit neu ausschliesslich auf Bun<strong>des</strong>datenbanken (Art. 41 Abs.<br />

1) und werden durch verschiedene Bun<strong>des</strong>stellen - bis hin zur Geschäftsprüfungsdelegation der<br />

Eidgenössischen Räte - kontrolliert (Art. 65 ff). Die nachrichtendienstliche Weiterbildung erfolgt<br />

ebenfalls durch den NDB (Art. 73 Abs. 3).<br />

3 / 7


Die statuierte Regelung entspricht im Wesentlichen der heutigen Situation, wonach die Mittel<br />

der kantonalen Nachrichtenbeschaffungsdienste mehrheitlich zugunsten der Aufgaben nach<br />

dem BWIS eingesetzt werden (so erfolgen Auftragserteilung, fachliche Führung, Kontrolle, Verantwortung<br />

und Steuerung der Dienste im Wesentlichen durch den NDB). Daneben sind die kantonalen<br />

Vollzugsbehörden auch im Rahmen der sicherheitspolizeilichen Aufklärung im Vorfeld<br />

polizeilicher Ordnungsdiensteinsätze tätig, welche der Steuerung der entsprechenden Kantonspolizei<br />

unterliegen. Obwohl die kantonalen Vollzugsbehörden wichtige Instrumente <strong>des</strong> NDB<br />

darstellen, sind diese im neuen Gesetz kaum erwähnt. Vielmehr wird mehrheitlich nur vom NDB<br />

gesprochen. Als Beispiele hierfür sind zu nennen: Grundsätze der Informationsbeschaffung (Art.<br />

3), Aufgaben (Art. 4), Beobachten an öffentlichen und allgemein zugänglichen Orten (Art. 12),<br />

Ausschreibung von Personen und Fahrzeugen zwecks Aufenthaltsfeststellung (Art. 14) etc. Dieser<br />

Widerspruch wird weder durch Artikel 2 (Verpflichtete Behörden und Personen) noch durch Artikel<br />

73 (Vollzug durch die Kantone) befriedigend gelöst.<br />

Das NDG sieht erhebliche Grundrechtseingriffe vor, weshalb hohe Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot<br />

zu stellen sind (vgl. auch geforderte Normdichte in Ziffer 1.3., oben). Nachdem<br />

die Bun<strong>des</strong>kompetenz zur Legiferierung im Bereich der nachrichtendienstlichen Tätigkeit der<br />

Kantone im Rahmen der inneren Sicherheit der Schweiz unbestritten ist (vgl. Erläuternder Bericht<br />

zum Vorentwurf, S. 18), steht der Klärung dieser Kompetenzfrage nichts im Wege. Es sollte<br />

zwingend geklärt werden, dass nicht nur der in Artikel 14 genannte NDB als berechtigte Stelle<br />

gilt, sondern auch die kantonale Vollzugsbehörde (vgl. auch Bemerkungen zu Art. 25, unten).<br />

In diesem Sinn wäre der Vorentwurf mit einem neuen Artikel 7 Absatz 3 wie folgt zu ergänzen:<br />

„Die kantonalen Vollzugsbehörden haben im Rahmen ihrer Tätigkeit für dieses Gesetz die analogen<br />

Befugnisse zur Informationsbeschaffung nach Art. 11 bis Art. 21 wie der NDB.“<br />

2.2 Artikel 8: Information der Kantone<br />

Für die Lagebeurteilungen bei ausserordentlichen sicherheitspolizeilichen Lagen - insbesondere<br />

im Rahmen <strong>des</strong> unfriedlichen Ordnungsdienstes - sind die Polizeikorps auf umfassende Informationen<br />

zu den bevorstehenden Ereignissen angewiesen. Dies gilt nun nicht nur für die Ereignisse<br />

wie das WEF oder den 1. Mai, sondern ebenso für Ereignisse mit kantonaler oder sogar lokaler<br />

Bedeutung (Tanz dich frei, reclaim the street-Aktionen, etc.). Regelmässig nehmen Vertreter der<br />

Vollzugsbehörden der Kantone an den entsprechenden Lagebeurteilungen teil. Mit ihrem Wissen<br />

tragen sie zu einem umfassenden Lagebild bei, ohne dass sie dabei heikle Daten wie Personendaten,<br />

Angaben zu Operationen oder andere nicht für die unmittelbare Bewältigung <strong>des</strong><br />

Ereignisses notwendige Angaben preisgeben müssen. Da es sich dabei dennoch um qualifizierte<br />

Informationen handelt, wäre eine gesetzliche Ermächtigung für die Verwendung der Informationen<br />

aus der nachrichtendienstlichen Tätigkeit im Auftrag <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> zu begrüssen. Artikel 48<br />

erwähnt zwar das Informationssystem zur elektronischen Lagedarstellung. Die Nutzung von<br />

nachrichtendienstlichen Informationen zur Steuerung und Umsetzung von sicherheitspolizeilichen<br />

Massnahmen (der Kantone) sollte als Aufgabe bereits im 2. Kapitel <strong>des</strong> NDG beschrieben<br />

sein, weshalb Artikel 8 entsprechend zu ergänzen ist.<br />

2.3 Artikel 12: Beobachtungen an öffentlichen und allgemein zugänglichen Orten<br />

Artikel 12 Absatz 1 erlaubt Beobachtungen von Vorgängen und Einrichtungen an öffentlichen<br />

und allgemein zugänglichen Orten sowie das Aufnehmen auf Bild- und Tonträger. Dazu können<br />

Flugzeuge und Satelliten eingesetzt werden. Nicht erwähnt wird der eventuell gängigere Einsatz<br />

technischer Mittel zur Beobachtung (Peilsender). Absatz 1 übernimmt hier die bestehende Regelung<br />

von Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe f BWIS. Der Einsatz technischer Mittel zur Beobachtung<br />

(Peilung) sollte ebenfalls in das NDG aufgenommen werden.<br />

Die StPO und die neueren kantonalen Polizeigesetze zeigen, dass systematische und länger dauernde<br />

Beobachtungen (Observationen) besonderen Voraussetzungen und Einschränkungen unterliegen.<br />

Dies basiert auf der Überlegung, dass Observationen Grundrechtseinschränkungen<br />

darstellen. Dabei präzisiert zwar das Bun<strong>des</strong>gericht, dass der Eingriff in die Rechte der Betroffenen<br />

jedenfalls dann gering sei, wenn sich die Observation auf den öffentlichen Raum beschränke.<br />

Angesichts dieser Entwicklung im Polizei- und im Strafprozessrecht muss vorliegend die Frage<br />

gestellt werden, ob nicht auch an die nachrichtendienstliche Observation gewisse Anforderun-<br />

4 / 7


gen gestellt werden müssen. Analog der polizeigesetzlichen Regelung, welche insbesondere zur<br />

Gefahrenabwehr eingesetzt werden kann, sollte eine Aktion, deren Dauer ein gewisses Mass<br />

überschreitet, durch eine vorgesetzte Stelle genehmigt werden. Diese Stelle müsste zwingend im<br />

NDB auf einer hohen Führungsebene angesiedelt sein.<br />

2.4 Artikel 15 und 16: Legendierung<br />

Die beiden Artikel sehen den Einsatz von Angehörigen der kantonalen Vollzugsbehörden im<br />

verdeckten Einsatz vor, welcher durch den Bund angeordnet werden kann (zumin<strong>des</strong>t wird für<br />

eine solche Möglichkeit die gesetzliche Grundlage geschaffen). Aus Sicht <strong>des</strong> Kantons ist es<br />

zwingend, dass als Bedingung das Einverständnis <strong>des</strong> kantonalen Vorgesetzten <strong>des</strong> fraglichen<br />

Mitarbeiters vorausgesetzt wird, denn denkbar ist, dass dieser Mitarbeiter im Einsatz einem nicht<br />

unerheblichen Risiko ausgesetzt wird.<br />

2.5 Artikel 17 ff.: Auskunftsrechte und -pflichten<br />

Wie oben dargestellt, erwähnt der Gesetzesentwurf die Vollzugsbehörden der Kantone nur in<br />

den wenigsten Ermächtigungsnormen explizit als Berechtigte. Im Gegensatz zur heutigen Bestimmung<br />

(Art. 13 ff. BWIS) kommt diesem Umstand im Bereich der Auskunfts- und Meldepflicht<br />

von Behörden und Privaten (Art. 17 ff.) besondere Brisanz zu. Das Einholen von Auskünften bei<br />

anderen Behörden und gewissen Privaten (Einwohnerkontrolle, Steueramt, Post, etc.) gehört zur<br />

normalen Arbeit der Mitarbeitenden der kantonalen Vollzugsbehörden. In den vergangenen<br />

Jahren wurden diese von den angesprochenen Stellen immer häufiger nach der gesetzlichen<br />

Grundlage für die gewünschte Datenherausgabe gefragt. Eine entsprechende, ausdrückliche<br />

Kompetenznorm drängt sich <strong>des</strong>halb auf und sollte eingefügt werden.<br />

2.6 Artikel 17 Absatz 1: Auskunftspflicht bei konkreten Bedrohungen<br />

Vorgeschlagen wird die ausnahmslose Begründung je<strong>des</strong> Auskunftsersuchens. Dies erscheint uns<br />

äusserst heikel, da Fälle denkbar sind, in denen entsprechende Begründungen eine notwendige<br />

Massnahme vereiteln könnten. Dementsprechend sollte eine Ausnahmeregelung vorgesehen<br />

werden, welche eine nachträgliche Mitteilungspflicht vorsieht (analog zu genehmigungspflichtigen<br />

Überwachungsmassnahmen gemäss Art. 29 Abs. 2). Ausserdem sollte in der Botschaft ergänzt<br />

werden, dass an die Begründung keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen,<br />

weil die kantonalen Vollzugsbehörden, welche im Auftrag <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> Auskünfte einholen (müssen),<br />

selber kaum je über umfassende Fallkenntnisse verfügen.<br />

2.7 Artikel 18 Absatz 1: Besondere Auskunfts- und Meldepflichten<br />

Den Behörden der Finanzmarktaufsicht und der Mel<strong>des</strong>telle für Geldwäscherei kommt bei der<br />

Bekämpfung <strong>des</strong> Terrorismus grosse Bedeutung zu. Der entsprechenden Ergänzung <strong>des</strong> Katalogs<br />

der auskunfts- und meldepflichtigen Behörden und Amtsstellen (Art. 18 Abs. 1 lit. j) ist <strong>des</strong>halb<br />

zuzustimmen. Auch Steuerbehörden und Sozialversicherungen sollten in diesen Katalog aufgenommen<br />

werden.<br />

2.8 Artikel 22: Genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen<br />

Die neu vorgesehenen genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen erachten wir als<br />

notwendig und zweckdienlich. Aus Sicht <strong>des</strong> Kantons respektive der kantonalen Vollzugsorgane<br />

ergibt sich allerdings ein Klärungsbedarf betreffend Beteiligung der Kantone an der Umsetzung<br />

der durch den NDB angeordneten Massnahmen.<br />

Artikel 25 Absatz 1 Buchstabe d eröffnet dem NDB die Möglichkeit, kantonale Vollzugsbehörden<br />

mit der Durchführung der von ihm angeordneten genehmigungspflichtigen Beschaffungsmassnahmen<br />

zu beauftragen. Weder der Gesetzestext noch der Erläuternde Bericht zum Vorentwurf<br />

geben Auskunft über den Umfang dieser Verpflichtung der Kantone und über die Entschädigung.<br />

Wir machen beliebt, an dieser Stelle zu klären, ob genehmigungspflichtige Beschaffungsmassnahmen<br />

grundsätzlich nur durch den NDB oder auch durch die kantonalen Vollzugsbehörden<br />

durchgeführt werden dürfen. Wir stehen dieser Möglichkeit durchaus offen gegenüber,<br />

erachten allerdings eine zusätzliche finanzielle Entschädigung für besonders aufwendige Beschaffungsmassnahmen<br />

als gerechtfertigt.<br />

5 / 7


2.9 Artikel 41: Datenbearbeitung in den Kantonen<br />

Die Bestimmung stipuliert, dass die kantonalen Vollzugsbehörden keine eigenen Datensammlungen<br />

in Anwendung <strong>des</strong> NDG mehr führen dürfen; dies ist zu begrüssen. Zum einen wird damit<br />

klargestellt, dass es sich bei den durch die Vollzugsbehörden im Auftrag <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> bearbeiteten<br />

Daten um Bun<strong>des</strong>daten handelt. Damit wird die lang ersehnte Klarheit über Zuständigkeit<br />

betreffend Datenschutzkontrolle bei den kantonalen Vollzugsbehörden geschaffen. Zum anderen<br />

wird damit die Datensicherheit im Bereich <strong>des</strong> <strong>Nachrichtendienst</strong>es erhöht.<br />

Gerade in Bereichen wie vorliegend, welche Bun<strong>des</strong>- und Kantonskompetenzen betreffen, ist die<br />

operative Tätigkeit der kantonalen Vollzugsbehörden nicht unnötig zu beschränken und zu<br />

komplizieren. Es sollte <strong>des</strong>halb eine Lösung gefunden werden, wie die niederschwellige Erfassung<br />

und Auswertung sogenannter Vorfelddaten durch die kantonalen Vollzugsbehörden möglich<br />

bleiben. Ansonsten drohen wertvolle Informationen zur Lageeinschätzung verloren zu gehen.<br />

Der Bund sollte eine Regelung schaffen, so dass die kantonalen Vollzugsbehörden auf die<br />

Lageeinschätzungen eines Kantons zugreifen können.<br />

2.10 Artikel 49: OSINT-Portal<br />

Im dritten Abschnitt <strong>des</strong> Gesetzes sind die nachrichtendienstlichen Informationssysteme und die<br />

entsprechenden Zugriffsberechtigungen geregelt. Die kantonalen Vollzugsbehörden werden nur<br />

beim INDEX NDB (Art. 46) als Zugriffsberechtigte erwähnt, nicht aber bei den anderen Systemen.<br />

In den entsprechenden Bestimmungen werden nur die Mitarbeitenden <strong>des</strong> NDB als zugriffsberechtigt<br />

aufgeführt. Aufgrund dieser Tatsache und dem Umstand, dass abweichend von den übrigen<br />

Bestimmungen <strong>des</strong> Gesetzesentwurfs nicht mehr vom „NDB“, sondern von „den Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern <strong>des</strong> NDB“ die Rede ist, muss davon ausgegangen werden, dass entgegen<br />

dem Wortlaut von Artikel 2 (Verpflichtete Behörden und Personen) die kantonalen Vollzugsbehörden<br />

keinen Zugang zu diesen Systemen erhalten sollen. Aus Sicht <strong>des</strong> Kantons ist dies<br />

zu beanstanden.<br />

Insbesondere das Zugangsportal öffentliche Informationsquelle (OSINT-Portal) sollte den kantonalen<br />

Vollzugsbehörden offen stehen. Oftmals sind die Mitarbeitenden der kantonalen Vollzugsbehörden<br />

im Auftrag <strong>des</strong> NDB mit Abklärungen in öffentlich zugänglichen Informationsquellen<br />

beschäftigt. Bei der vorliegenden Regelung besteht die Gefahr, dass unter Umständen<br />

Informationen erhoben werden, welche in der Datenbank bereits erfasst sind. Da es sich hier um<br />

jedermann zugängliche Daten handelt, erscheint die Zugriffsberechtigung für die kantonalen<br />

Vollzugsbehörden als unkritisch.<br />

2.11 Artikel 70: Kantonale Aufsicht<br />

Mit dieser Regelung hält der Bun<strong>des</strong>rat am bisherigen Konzept der geteilten Aufsicht von Bund<br />

und Kantonen über die kantonalen Vollzugsbehörden fest. Dies ist zu begrüssen, hat sich die<br />

Regelung nach Art. 35 V-NDB doch bewährt. Eine integrale Bun<strong>des</strong>lösung mit der Übernahme<br />

der Mitarbeitenden der kantonalen Vollzugsbehörden in die Bun<strong>des</strong>verwaltung wäre mit gravierenden<br />

Nachteilen behaftet und würde unserem Verständnis der verfassungsmässigen Aufgabenteilung<br />

im Sicherheitsbereich nicht gerecht.<br />

Aufgrund unserer Ausführungen zu verschiedenen Artikeln sind wir der Ansicht, dass namentlich<br />

die Zusammenarbeit <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> mit den kantonalen Vollzugsbehörden wie auch deren Tätigkeit<br />

im Einzelnen noch besser geregelt werden sollte.<br />

6 / 7


Wir danken Ihnen für die angemessene Berücksichtigung unserer Überlegungen bei der weiteren<br />

Behandlung <strong>des</strong> Geschäftes.<br />

IM NAMEN DES REGIERUNGSRATES<br />

sig. Esther Gassler<br />

Frau Landammann<br />

sig. Andreas Eng<br />

Staatsschreiber<br />

Beilage<br />

Fragekatalog<br />

7 / 7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!