Wo ein Hof die Geschichte von über acht Generationen erzählt
Hinter den Gemäuern des historischen Feldbacher Oberhaus-Hofs verbirgt sich ein kleines, unbekanntes Privatmuseum. An einer Führung der kantonalen Denkmalpflege kamen dessen Schätze aus drei Jahrhunderten zutage.
Das Trottengebäude auf dem Feldbacher Oberhaus-Hof ist an diesem heissen Dienstagabend einer der kühleren Orte. Rund zwei Dutzend interessierte Besucher bilden im zweigeschossigen Raum, in dem früher Wein gekeltert wurde, eine Menschentraube und blicken auf die alten Gegenstände: Rechen, Sensen, Garben, Sicheln, Pfluge, Eggen und sogar einige Kutschen sind dort zu finden. Die Exponate erzählen die Geschichte einer Familie, die in Feldbach Generation für Generation einen Landwirtschaftsbetrieb geführt hatte.
Es ist ein Museum der besonderen Art. Dies erstens, weil es privat ist, und zweitens, weil es nur den wenigsten bekannt sein dürfte. Für die kantonale Denkmalpflege waren dies zwei gute Gründe, eine öffentliche Führung durch den historischen und denkmalgeschützten Hof zu organisieren. Die Denkmalpflege tat dies im Rahmen einer Veranstaltungsreihe, in der sie historische Baudenkmäler an verschiedenen Orten im Kanton Zürich präsentiert.
Geld aus Mehlhandel
Der Oberhaus-Hof erzählt die Geschichte der Familie Bühler, die seit Jahrhunderten in Feldbach ansässig ist. 1418 wurde dort erstmals ein Hans Bühler urkundlich erwähnt. Im Verlaufe der Jahre schlug die weitverzweigte Familie unterschiedliche Wege ein. Aus ihr gingen namhafte Politiker, Industrieunternehmer, Amtsleute, Offiziere und auch Bauern hervor. Am Feldbacher Stammsitz bauten die Bühlers 1630 eine Mühle. Sie war es, welche ihnen zu grossem Wohlstand verhalf.
Während des 30-jährigen Krieges in den Jahren 1618 bis 1648 wurden auf deutschem Gebiet immer wieder Ernten zerstört. Dadurch konnte der Betrieb der Familie Bühler mit Mehllieferungen ins nahegelegene Ausland gutes Geld verdienen. Der spätere Bau der Trotte 1719 sowie des Oberhofhauses 1743, in welchem die Besitzer wohnten und Gäste empfingen, gründete somit zu einem Grossteil indirekt auf Kriegsgeldern.
Kleider und Schuhschachteln
Dieser Reichtum ist im Innern des Oberhauses deutlich zu erkennen. So verfügten Bühlers über einen kleinen Salon, in welchem sie Gäste empfingen. Eine Einrichtung, wie sie im 18. Jahrhundert vor allem in städtischen Familien vorkam. Ausserdem sind in den Wohn- und Schlafräumen seidene Damenkleider und teure Herrenanzüge ausgestellt. Die Büchersammlung in den Stuben verrät, dass die Besitzer sich stark für Geografie, Botanik und Hygiene interessierten.
Das Oberhaus wurde nie verkauft, sondern stets vererbt und entsprechend selten geräumt, wie Stefan Bühler auf der Führung betonte. Er bildet heute – in achter Generation – zusammen mit seiner Schwester eine Erbengemeinschaft, die Eigentümerin des Oberhaus-Hofes ist. Die Eltern der beiden, Albert und Rosmarie Bühler, haben sämtliche Erinnerungsstücke im Haus gepflegt, fein säuberlich sortiert und beschriftet. Sie waren damit quasi die Archivare und Kuratoren des bühlerschen Privatmuseums.
Umfassende Umbauten
Diese Lebensspuren, wie Stefan Bühler sie nennt, sollen erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dafür wurde eine gemeinnützige Stiftung gegründet. «Wir planen, den Hof so umzugestalten, dass er sich finanziell selber trägt und den vorhandenen Lebensspuren genug Raum bietet», sagt Stefan Bühler.
Im alten Trottengebäude sind sechs Wohnungen geplant. Mit dem Bau begonnen werden kann vermutlich Ende Jahr, sobald die Anforderungen bezüglich Statik und Brandschutz erfüllt sind. Was mit dem Oberhaus geschieht, hat die Erbengemeinschaft der Bühlers noch nicht genau geplant. Klar ist einzig, dass hinter diesen historischen Gemäuern genügend Platz für die Erinnerungsstücke aus dem Familienbesitz der letzten acht Generationen bleiben muss, sodass diese weiterhin einem öffentlichen Publikum zugänglich sind.
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