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41 Jahre Sek BülachDer letzte Arbeitstag war der schwierigste für den Schulleiter

Mehr als vier Jahrzehnte lang war das Bülacher Sekundarschulhaus Mettmenriet der Arbeitsplatz von Peter Gerber.

15 Jahre als Sekundarlehrer und 26 Jahre als Schulleiter: Insgesamt 41 Jahre hat Peter Gerber im Bülacher Sekundarschulhaus Mettmenriet gearbeitet. Bei der Frage nach dem emotionalsten Moment während dieser Laufbahn zögert er keinen Moment: «Der Donnerstag vor Weihnachten.» Das war der Tag, als ihn die Schülerinnen und Schüler sowie das Team offiziell verabschiedeten, unter anderem mit einer Ansprache der Schülerorganisation und einem riesigen Plakat, auf dem alle 530 Jugendlichen unterschrieben hatten.

Er wusste bereits im Vorfeld, dass dieser Moment kein einfacher sein würde, wünschte sich, dass an diesem Tag niemand von der Zeitung dabei sein würde. Das Treffen findet deshalb drei Wochen später statt. Aber noch immer spürt man, wie dieser emotionale Moment nachwirkt. Dabei ist die Ära Mettmenriet, – oder Mettmi, wie es in Bülach genannt wird – für Schulleiter Gerber noch nicht ganz zu Ende. Bis zur offiziellen Pensionierung Ende Januar gibt es noch einiges Administratives zu erledigen.

Statt Gold formte er Jugendliche

Dass er einst die grösste reine Sekundarschule des Kantons leiten würde, konnte Peter Gerber nicht ahnen. Aber den Wunsch, Lehrer zu werden, hatte er schon im Kindergarten. In der Sekundarschule brauchte er aber einen Plan B, sollte es mit der Gymiprüfung nicht klappen. «Ich habe mir deshalb eine Lehrstelle als Goldschmied besorgt», sagt Gerber.

Doch sie wollten ihn am Gymi und auf die Matura folgte das Sekundarlehrerstudium an der Uni Zürich, eine Pädagogische Hochschule gab es damals noch nicht. Der Abschluss berechtigte den Junglehrer zum Unterrichten sämtlicher naturwissenschaftlicher Fächer sowie Sport und Musik. Später kamen noch Religion und Kultur sowie nichttextiles Handarbeiten hinzu. «Damals war es üblich, dass eine Klasse von zwei Lehrpersonen unterrichtet wurde, heute sind es sechs bis sieben», sagt Gerber. Nach ein paar Vikariaten trat er seine erste Stelle in Bülach an. Er sollte seinen Arbeitsort nie mehr wechseln. Arbeiteten dort damals 30 Lehrpersonen, sind es heute 70. Die Zahl der Klassen ist von 16 auf 27 gestiegen.

Einer der ersten Schulleiter

Auch nach über vier Jahrzehnten ist seine Begeisterung für «sein Mettmi» spürbar. Die grösste reine Sekundarschule im Kanton mit über 500 Schülerinnen und Schülern und rund 70 Lehrpersonen habe ihm sehr viel geboten. «Hier konnte ich besonders viel bewirken.»

Wie viel Peter Gerber der Schule während dieser Jahre gegeben hat, beschreibt Irene Jaggi, Präsidentin der Sekundarschulbehörde: «Das ‹Mettmi› ohne Peter Gerber ist fast unvorstellbar. Mit Herzblut und überdurchschnittlichem Engagement hat er ‹sein› Mettmi geprägt, immer im Zentrum die Schülerinnen und Schüler. Er habe gelebt, was auf dem Treppenaufgang zum Schulhaus steht: «Miteinander, Füreinander und Voneinander» – und dies 40 Jahre lang.

Peter Gerber beim Aufgang zum Schulhaus Mettmenriet.

Als im Kanton Zürich die Schulleitungen eingeführt wurden, besuchte Gerber 1998 einen der ersten Ausbildungsgänge. Er absolvierte zusätzlich einen Master in Schulmanagement. Der Wechsel von der Rolle des Kollegen in die des Vorgesetzten habe in seinem Fall gut funktioniert. Sein Fazit: «Ich würde die Ausbildung jederzeit wieder machen.» Gerber war Mitbegründer des Verbands der Schulleiterinnen und Schulleiter im Kanton Zürich, den er selbst 15 Jahre lang präsidierte.

«Viel zu viele wollen ans Gymi»

Peter Gerber glaubt an die Sek. Daran ändert für ihn auch der immer grösser werdende Drang ans Gymnasium nichts – im Gegenteil. «Es gehen viel zu viele Kinder nach der sechsten Klasse ans Langzeitgymi», findet er. Nur bei den wenigsten entspreche dies einem ureigensten Wunsch des Kindes. Die Sekundarschule biete den Jugendlichen die Möglichkeit auf der Suche nach einer Anschlusslösung sich selbst, die eigenen Stärken und Interessen kennen zu lernen. Und nirgendwo anders kämen Jugendliche mit derart unterschiedlichem familiären Hintergrund zusammen – «ausser vielleicht in der Rekrutenschule». Seine eigenen drei Kinder hat er deshalb nicht ans Langzeitgymi geschickt, den Doktor- und Mastertitel haben sie mit dem Weg über die Sek erworben.

Gerne sähe es der scheidende Schulleiter deshalb, wenn der Sekundarschule mehr finanzielle Ressourcen zur Verfügung stünden. Doch weil diese fehlen, werden die Klassen momentan wieder grösser: «Bis zu 27 Jugendliche sitzen in einer Sek-A-Klasse, darunter auch Kinder mit besonderen Bedürfnissen.» Um die zur Verfügung stehenden Ressourcen möglichst gezielt einzusetzen, ist unter Gerbers «Amtszeit» das Lern- und Förderzentrum der Sekundarschule Bülach entstanden.

Es gilt im Kanton als Vorzeigemodell. Im Zentrum werden alle sonderpädagogischen Unterstützungsangebote vereint, um möglichst viele Schülerinnen und Schüler davon profitieren zu lassen. «Es entstand ohne riesiges Konzept», sagt Gerber. Er sei kein Freund von zu viel Papier. «Ich mache lieber, und wenn es funktioniert, ist gut», sagt er und fügt mit einem Augenzwinkern an: «Geholfen hat auch, dass ich stets davon ausgegangen bin, dass erlaubt ist, was niemand verboten hat.»

Der wichtige Ausgleich

Klar habe sich in den vier Jahrzehnten Berufslaufbahn viel verändert, sagt Gerber, auch die Schülerinnen und Schüler. «Früher war es sicher einfacher, sie zu begeistern», sagt der Pädagoge. In seiner Zeit als Klassenlehrer hätte er nie mit Anwältinnen und Anwälten zu tun gehabt, heute als Schulleiter im Schnitt alle zwei Monate. Dann gehe es zum Beispiel um die Notengebung. Ins Klagelied über die immer schlimmer werdende Jugend mag Gerber aber nicht einstimmen. «Unfug haben sie schon immer angestellt. Heute machen sie es einfach oft elektronisch.» Die Gewaltbereitschaft habe aber zugenommen, «ein Abbild der Gesellschaft».

Wer so viel mit Jugendlichen zu tun habe, der brauche in der Freizeit einen Ausgleich, am besten mit Erwachsenen. Das rät Gerber auch jüngeren Lehrpersonen. In seinem Fall sei dieser Ausgleich die Walliseller Feuerwehr gewesen.

Bei aller Wehmut sei der Abschied doch auch ein Grund zur Freude: «Ich bin glücklich, meiner internen Nachfolge eine sehr gute Schule mit einem genialen Team übergeben zu können.» Und dann freut sich der bald zweifache Grossvater auf seine entschlackte Agenda. Bis auf weiteres sollen darin keine Verpflichtungen mehr stehen, nur noch Privates. Dazu zählen auch Reisen mit seiner Frau, die ebenfalls als Lehrerin arbeitet und im Sommer pensioniert wird. Dann können es endlich einmal Destinationen sein, die ausserhalb der langen Schulsommerferien attraktiv sind.