Pia Meier
Anfang August, also mitten in den Ferien, war das Baugesuch im «Tagblatt der Stadt Zürich» ausgeschrieben: An der Schärenmoosstrasse 115 und 117 ist ein Übergangszentrum für Geflüchtete mit Aufenthaltszonen im Freien geplant. Als Bauherrin aufgeführt: die Asylorganisation AOZ. Es handelt sich um ein Provisorium bis 21. Januar 2027. Das Quartier und der Quartierverein wurden nicht informiert. «Ich persönlich wünsche mir bei solchen Planungen eine frühzeitige Orientierung der Quartierbevölkerung wie auch des Quartiervereins – dies im Sinne einer höheren Transparenz und zur Förderung des gegenseitigen Vertrauens», teilt Albert Frölich, Präsident Quartierverein Seebach, auf Anfrage mit. Auch die SVP kritisiert die mangelnde Transparenz, wie Martin Götzl, Gemeinderat SVP Kreis 11, schreibt. «Das Vorgehen der AOZ ist unsäglich und inakzeptabel. Die AOZ ist bestrebt, jeglichen Diskurs zu verhindern, arbeitet verdeckt und intransparent. Im stillen Kämmerchen getroffene Entscheidungen werden umgesetzt, Standorte von Asylheimen werden der Quartierbevölkerung ohne Wenn und Aber aufgezwungen.» Die SVP werde dazu einen politischen Vorstoss einreichen, welcher Missstände beheben soll, so Götzl.
«Ordentliches Verfahren»
Die Stadt Zürich hingegen findet, dass alles korrekt ablief: «Die öffentliche Publikation des Projektes entspricht dem ordentlichen Verfahren bei Bauvorhaben. Das heisst, die Unterlagen zum Baugesuch sind öffentlich einsehbar, das Baugesuch wurde im ‹Tagblatt Zürich› vom Mittwoch, 9. August, sowie im Amtsblatt Kanton Zürich am Freitag, 11. August, publiziert und vor Ort wurden zwei Hinweistafeln aufgestellt.» Das Quartier werde selbstverständlich frühzeitig informiert, sobald feststehe, dass das Projekt definitiv realisiert werde.
Hardturm in der Schwebe
Das Sozialdepartement der Stadt Zürich, das für die im Baugesuch aufgeführte Fachorganisation AOZ antwortete, begründet das Übergangszentrum in Seebach wie folgt: «Zwar verfügt die Stadt Zürich gegenwärtig noch über eine Reserve für die mittel- und langfristige Unterbringung – ob das langfristig reicht, ist aber ungewiss.» Der Baustart auf dem Hardturm werde von Einsprachen verzögert, ein genaues Datum stehe nicht fest. «Und gleichzeitig sind wir mit steigenden Flüchtlingszahlen konfrontiert.» Die Übergangswohnsiedlung an der Schärenmoosstrasse sei eine Option unter anderen für die Unterbringung von geflüchteten Menschen. «Die Stadt sucht und prüft laufend weitere Möglichkeiten», hält das Sozialdepartement fest. Der Entscheid, welche Unterbringungsvariante im Bedarfsfall dann die beste Lösung darstelle, hänge massgeblich davon ab, wie sich die Situation im Flüchtlingsbereich entwickle, welche der Alternativen zum Zeitpunkt des Entscheids realisierbar seien und welche Variante nach Abwägung von Kosten und Nutzen sich dann als am besten geeignet erweise.
Für 400 Menschen
Die geplante Übergangswohnsiedlung an der Schärenmoosstrasse bietet eine Kapazität von insgesamt 400 Plätzen zur Unterbringung von Geflüchteten. Die Menschen ziehen frühestens im Frühling 2024 ein. Das Übergangszentrum ist befristet bis 2027. «Die Dauer der Zwischennutzung als Übergangswohnsiedlung für Geflüchtete ist zeitlich auf zwei bis drei Jahre begrenzt. Anschliessend wird die Eigentümerschaft mit den Umbauarbeiten für die definitive Nutzung der beiden Gebäude beginnen», begründet das Sozialdepartement, das unter der politischen Führung von Raphael Golta (SP) steht, die zeitliche Beschränkung. Ab 2028 soll günstiger Wohnraum entstehen. Die Stiftung PWG konnte 2021 von der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR) besagte Gewerbeliegenschaft erwerben. Schlussendlichsoll es Wohnungen geben für etwa 200 Personen. Das Gebäude aus dem Jahr 1962 verfügt laut einer Umbauausschreibung über eine sehr gute Bausubstanz und wurde ausgezeichnet unterhalten, was die Umnutzung erleichtere.
2019 verkaufte die SRG an Swiss Re
In einem Artikel im «Tages-Anzeiger» von 2021 hiess es, dass die PWG beim Hauskauf über eine Maklerin den Zuschlag erhielt. Nicht zum Zuge gekommen war die Stiftung vor über vier Jahren, als die SRG neben dem Fernsehstudio ein unbebautes Grundstück verkaufte. Den Zuschlag für 81 Millionen Franken erhalten hatte der Versicherungskonzern Swiss Re. Die Stadt selber hatte 40 Millionen Franken geboten, das Angebot der PWG war noch tiefer. Der Stadtrat wollte sich das Land für Schulen, Kindergärten und Wohnungen sichern. Das sorgte weitherum für negative Schlagzeilen für die SRG.